Fische sterben stumm

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 27.07.2007, 15:44

Fische sterben stumm


Wachst du eines Morgens auf
und ich liege als Fisch neben dir
dann bring mich schnell zum Wasser

Leg mich nicht in die Badewanne
und gib mir keine Fliegenlarven
ich brauche nur die Weite des Meeres

Liegt eines Abends ein anderer
in der Beuge deiner Arme dann
denke an die Stille unseres Ozeans


1. Fassung:

Fische sterben stumm


Wenn du eines Morgens aufwachst
und neben dir ein Fisch im Bett liegt
dann bring ihn schnell zum Meer

Leg ihn nicht in die Badewanne
und füttere ihn mit Fliegenlarven
er würde sterben ohne Salz im Wasser

Wenn eines Abends ein anderer
in der Beuge deiner Arme liegt
dann denke an die Stille des Ozeans
Zuletzt geändert von Perry am 29.07.2007, 11:42, insgesamt 1-mal geändert.

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 30.07.2007, 00:35

daran dachte ich auch schon, mucki, daß die stummheit des fischs für die sprachlosigkeit und letzlich das scheitern in der beziehung steht. dann schimmert allerdings eine gute portion wehmut durch. und das am ende. deshalb kriegt für mich das gedicht nicht richtig die kurve.

chiqu.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.07.2007, 00:41

Auch ein Liebesgedicht kann doch wehmütig enden, warum nicht?
Die Liebeserklärung bestünde dann quasi darin, dass der Verflossene dem LyrDu sagt, wie es die neue Liebe erhalten kann.

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 30.07.2007, 00:51

mit wehmut, mit wehmut, mucki. gut, auch so kann ein liebesgedicht enden und ich schrieb nicht wenige von dieser sorte. ich wurde allerdings meist eines besseren belehrt - diese gedichte waren zu nah an meinem empfinden. zu selten schaffte ich den sprung weg von meiner gefühlsmeierei hin zu einem gescheiten gedicht. ich spreche also durchaus aus eigener erfahrung.
ich kann oft nicht loslassen. oft ist ein gedicht alles, was ich von einer alten liebe noch habe.
insofern verstehe ich perry. sein gedicht ist auch nicht wirklich schlecht. mit dem fisch-sein erklärt und schafft er ein wunderbares bild, das viele assoziationen zuläßt.

chiqu.

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Sethe
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Beitragvon Sethe » 30.07.2007, 08:06

Ich finde die 2.Fassung einfach wunderbar. Einfach lesen und auf sich wirken lassen. Wunderbar.
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

Perry

Beitragvon Perry » 30.07.2007, 10:41

Hallo ihr Lieben,
eigentlich haben Nihil und Mucki, die Aspekte mit der "Sille unseres Ozeans" bereits gut interpretiert, ich will aber trotzdem noch einmal meine Intention deutlich machen. Es geht mir um das Bewahren der Erinnerung an eine Liebe die "still" gestorben ist. Ja Mucki, vielleicht können beide etwas daraus lernen.
Danke für die engagierte Diskussion und LG
Manfred

Trixie

Beitragvon Trixie » 30.07.2007, 13:40

Hallo,gutenMorgen,

neuer Tag-neues Glück: Ja, jetzt verstehe ich. Klar, als Mahnung. Wieso auch sollte das Lyrich wollen, dass seine Verflossene an ihn denkt, während sie mit einem Neuen im Bett liegt?! Ja, jetzt ergibt es einen Sinn!!

Danke für die Auflösung ;-) .

Unstumme Grüße
Trixie

Nihil

Beitragvon Nihil » 30.07.2007, 20:03

ok, die Stille war es also .. dann hatte ich dein Gedicht verkehrt interpretiert .. irgendwie finde ich diesen Schluss aber ein wenig sonderbar .. oder meinst du es in dem Sinne, dass sie sich der Vergänglichkeit der Liebe bewusst sein soll, um sich in der Gegenwart in Achtsamkeit zu üben?

LG

Nihil

Perry

Beitragvon Perry » 31.07.2007, 00:19

Hallo Sethe,
freut mich, dass du dich in diese besondere Stimmung aus Dankbarkeit und Wehmut hineinversetzen konntest.
Danke und LG
Manfred

Hallo Trixie,
schön, dass du jetzt auf dem Stillen Ozean mitschipperst. :smile:
Danke für dein Interesse und LG
Manfred

Hallo Nihil,
nicht unbedingt "Achtsamkeit", das wäre zu belehrend, eher wertschätzend und wissend.
Danke für dein Engagement und LG
Manfred


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