während die räucherstäbchen brennen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.05.2008, 19:59


während die räucherstäbchen brennen

tanzen die fächer in deinen händen
lässt du die hayashiflöte sprechen
hält der obi seiden deinen kimono
bist du lebendes kunstwerk

Max

Beitragvon Max » 29.05.2008, 19:59

Liebe Mucki,

mir geht es da ähnlich wie Lisa. Ich hatte bei der Lektüre des Textes den unguten Eindruck einer Art Information aus zweiter Hand, es erinnerte mich an Dein Haiku über den Samurai. Die Lektüre Deiner Kommentare bestätigen dieses Gefühl. Das Problem hierbei ist, dass man vermutlich als westlich gepägter Mensch viel zu wenig weiß und fühlt, um Authetisches über Geishas oder Samurais in ein Gedicht gießen zu können.

Du sagst, Du wollest mit einem Klischee über Geihsas brechen, aber auch gleichzeitig Spielberg habe Dich zu diesem Gedicht animiert ... bei mir schwingt da mit, dass Du zwar mit dem einen Klischee brechen kannst, aber nicht ohne es durch ein anderes zu ersetzen. Der Text gibt mir das Gefühl, dass alle Informationen, die ich über Geishas bekomme, Bilder von Bilder von Bildern sind, die durch so vieles Überliefern zur Vorlage, eben zum Klischee wurden.

Liebe Grüße
Max

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 29.05.2008, 20:10

Hallo mucki,

vielleicht liegt im letzten Satz sry, der Hund begraben. Da verlässt die Kamera den Text und ein ÜBerich tritt wertend auf. Deshalb mag ich die ersten drei Zeilen, die letzte nicht. Die transportieren für mich mühelos Tanz und Musik. (hab übrigens nur die Vorschau gesehen und nicht den Film).

Als besonders irritierend empfinde ich das "Kunstwerk" Das ist ein sehr steifes Wort, um einen so bewegten Text abzuschließen.

Gruß

Sneaky

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.05.2008, 20:41

Hallo Max,

die Inspirationen zu Texten kommen nunmal aus allen Richtungen, ob Film, Musik, ein Geruch, eine Farbe, eine Erinnerung oder was auch immer. Hier kam sie halt vom Film.
Der Text wäre m.E. wirklich Klischee gewesen, wenn
1.
Im Titel das Wort Geisha stände
2. ich Worte wie weißes Puder, rote Lippen oder kleine Schuhe oder Füße benutzt hätte.
Dies habe ich aber nicht, sondern mich auf das konzentriert, was die Geisha tut, ihre Kunst.
Wie auch immer. Ich lasse es so. Für mich ist es stimmig. Und wenn es für dich und Lisa nicht stimmig ist, ist das doch ok. Man kann nicht immer einer Meinung sein, hm?

Hi Sneaky,

Kunstwerk als Wort für sich allein ist steif, ja. Ich schrieb jedoch "lebendes Kunstwerk", und das ist für mich ein großer Unterschied. Dadurch wird die Statik m.E. doch gerade weggenommen.
Danke euch beiden für euer Feedback!
Saludos
Mucki

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 29.05.2008, 20:56

Liebe Mucki,

ob kurzer oder langer Text, ich hätte sicher zu einer Diskussion angesetzt - der lange Text hätte vielleicht durch seine Länge spüren lassen, dass der Hintergrund fehlt, beim kurzen wird es eben durch die einsparung deutlich, zudem: warum willst du sie vermeiden?

ich denke Max hat nochmal gut angeknüpft. Und noch etwas (auch zu dem Link): Man kann doch gar nicht einschätzen, ob das Klischee (Geisha = Prostituierte) mit dem Gedanken, dass die Geisha weit mehr ist als eine Protituierte nicht durch ein neues ersetzt wurde, mir scheint das eine unechte Erhöhung wie es auch bezüglich der Frau nach ihrer seelischen niederkeit gegenüber dem mann in europa geschah - das ist für mich auch eine (nicht weniger gewaltätige) form der unterdrückung. ich kann mir gut vorstellen, dass europa sowas ein zweites Mal macht, ohne es zu merken (oder merken zu wollen), gerade in Bezug auf eine ihr relativ fremde Kultur, die einst ~"kolonial" behandelt wurde. und dann - könnte man nur annährernd mit dem zeitaufwand, der einem zur verfügung steht in das thema angemessen eintauchen - wer weiß, vielleicht ist die überhöhung sogar in japan, und dabei ist es mir schnuppe wie alt die tradition ist, selbst eine unterdrückung oder pseudolisierung. Ich finde einfach, dass sich bei mir alle diese Fragezeichen auftürmen.
Dieser Kommentar soll jetzt nicht dazu dienen, dich davon zu überzeugen, dass der Text nicht trägt - das wäre zuviel des Guten. Ich wollte nur nochmal auf die Diskussion eingehen (weil ich so etwas interessant finde) - und keine Argumente für oder wider den Text anführen. Ich hoffe, das war OK.

sneakys lösung kann ich im übrigen nicht zustimmen - der text wäre noch weniger aussage und zudem willst du ja gerade auf die aussage der letzten Zeile hinaus - das wäre für mich gemäß deiner Intention ein Stich in die Hautpschlagader des Textes.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 29.05.2008, 20:57

Liebe Mucki,

klar, Du benutzt nicht das gängige Klischeeeiner Geisha ... für mich ist es eben das Klischee derer, die kein Klischee von Geishas benutzen wollen ;-).
Naja, sind wir halt nicht einer Meinung ..
Liebe Grüße
Max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.05.2008, 21:08

Hi Lisa,
Ich finde einfach, dass sich bei mir alle diese Fragezeichen auftürmen.

das ist ja auch in Ordnung und dein gutes Recht.
sneakys lösung kann ich im übrigen nicht zustimmen - der text wäre noch weniger aussage und zudem willst du ja gerade auf die aussage der letzten Zeile hinaus - das wäre für mich gemäß deiner Intention ein Stich in die Hautpschlagader des Textes.

genau. "Hauptschlagader des Textes" trifft es gut.

Hi Max,
für mich ist es eben das Klischee derer, die kein Klischee von Geishas benutzen wollen ;-).

*g*
Naja, sind wir halt nicht einer Meinung ..

Das ist wohl oft so, wenn Autor und Leser darüber reden,-)
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 29.05.2008, 23:50

Hi,

Natürlich ist das Kunstwerk etwas Statisches, das Lebendige steckt innen oder ist die unsichtbare Seele der Geisha, die dazu erzogen wurde (soweit ich das sehe), dem Mann zu Diensten zu sein durch ihre vielseitigen Künste. Was sie fühlt unter der Maske, hinter den verstümmelten Füßen interessiert nicht die Bohne (also den Mann).

Und deswegen gefällt mir der Text gut. Es wird das Äußere gezeigt, das Kunstwerk. Dass dahinter etwas "lebendes" steckt, zeigt sich nur in der Andeutung: lebendes Kunstwerk.

Lieben Gruß
ELsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.05.2008, 00:05

Danke dir, liebe Elsie,
und wenn mein Textlein nur einen anspricht, dann habe ich doch etwas erreicht :-)
Saludos
Mucki


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