während die räucherstäbchen brennen

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.05.2008, 19:59


während die räucherstäbchen brennen

tanzen die fächer in deinen händen
lässt du die hayashiflöte sprechen
hält der obi seiden deinen kimono
bist du lebendes kunstwerk

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 28.05.2008, 21:56

Liebe Mucki,

das ist aber hübsch! Ich sehe sofort eine tanzende Geisha mit weiß geschminktem Gesicht liebreizende Schritte machen.

In der Tat ein lebendes Kunstwerk, denn was die Dame denkt, wird sie nicht verraten.

Gern gelesen. Eine Sache ist mir nicht ganz klar, wenn die Fächer in den Händen tanzen, wie kann sie eine Flöte halten?

Lieben Gruß
ELsie
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.05.2008, 22:00

Danke dir, liebe Elsie,

ich freu mich, dass es dir gefällt:)
Sie tanzt erst, dann spielt sie die Flöte. Es geschieht ja noch viel mehr, "während die Räucherstäbchen brennen". Der Tanz und das Flötenspiel sollen nur zwei Aspekte aufzeigen.
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 28.05.2008, 22:05

Aha! Ok, jetzt verstehe ich, das ist eins nach dem anderen.

Lieben Gruß
ELsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.05.2008, 22:31

Genau, Elsie.
Sie beherrscht ja diverse Instrumente und Tänze, auch die Teezeremonie, die Kunst der Konversation, etc. etc.
Und die Zeit, in der sie tätig ist in den diversen Künsten, wird gemessen an den Räucherstäbchen, die währenddessen verbrennen.
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 28.05.2008, 23:43

Ja, eben, sie kann als "Kunstwerk" eben alles, was den Mann erfreut :-)

Lieben Gruß
ELsie
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 29.05.2008, 12:48

Liebe Mucki,

also ich habe Schwierigkeiten mit diesem Text - zugebenermaßen auch, weil ich natürlich nicht den Hintergrund für diesen Text habe - was aber wol für die meisten Leser deines Textes gilt. Was ich aber vermisse ist eine Balance oder sagen wir besser etwas Drittes zwischen dem Bild und dem, was ausgesagt werden soll, es erscheint mir eher wie eine Zitierung von bekannten Bildern, die aber zu keiner eigenständigen Schilderung gedeihen, sondern jemand aus einem fremden Kulturkreis gibt etwas wieder, von dem er Bilder gesehen hat (was vielleicht auch ein "importiertes" Bild eines Bildes einer anderen Kultur war) - dieses Wiedergeben und dieser fremde Zugriff wird aber weder thematisiert noch sehe ich eine übertragene Ebene in dem Text. Dafür sprechen in meinen Augen auch die Räucherstäbchen im Titel: Räucherstäbchen sind wirklich das Accessoire, was ich am meisten damit verbinde, dass fremde Bräuche, Traditionen konsumiert/gebrauct werden, ohne dass es einen wirklicen Bezug zum eigentlichen Kontext gibt.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.05.2008, 13:11

Hallo Lisa,

die Schwierigkeit, ein bestimmtes Thema anzugehen, zu dem schon viel geschrieben wurde, ist, dass man dieses nie ausschöpfend bedichten oder beschreiben kann, weil man ihm dann nicht gerecht wird.
Deshalb habe ich mich hier ganz bewusst zurückgenommen und fast ohne Adjektive und auch ohne Übertragung, sondern so neutral wie möglich, sozusagen fragmentarisch geschrieben.
Inspiriert wurde ich zu diesen Zeilen durch "Die Geisha" von Steven Spielberg. Der Film wurde vor einigen Tagen im TV gezeigt und hat mich sehr beeindruckt.
Dies ist der Kontext.
... sondern jemand aus einem fremden Kulturkreis gibt etwas wieder, von dem er Bilder gesehen hat

Genau so ist es.
Ich konnte und wollte hier keine eigene Betrachtungs/Interpretationsebene hineinbringen aus o.g. Gründen.
Die brennenden Räucherstäbchen spielen im Leben einer Geisha eine große Rolle.
Deshalb nahm ich dies als Titel und nicht z.B. "Die Geisha", das wäre mir zu anmaßend gewesen.
Saludos
Mucki

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 29.05.2008, 14:11

Liebe Mucki, ich stolpere hier:

hält der obi seiden deinen kimono


Das versteh ich nicht - der Obi ist doch der Gürtel, oder? (Weiß nicht Bescheid ...) Sollte es dann nicht "hält der obi deinen seidenkimono" heißen oder ist "seiden" in diesem Fall als Adverb gemeint, etwa in der Art wie sanft oder glatt?

Wollenen Gruß *g*
Zefira
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(Ikkyu Sojun)

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 29.05.2008, 14:17

Liebe Mucki,

inspiriert wurde ich zu diesen Zeilen durch "Die Geisha" von Steven Spielberg. Der Film wurde vor einigen Tagen im TV gezeigt und hat mich sehr beeindruckt.


.. sondern jemand aus einem fremden Kulturkreis gibt etwas wieder, von dem er Bilder gesehen hat


mh - ja eben, das ist ja meine Kritik.

1. halte ich so jemanden wie Spielberg nicht dafür geeignet, mir oder irgendwem etwas fein-Kulturelles näher zu bringen! Es gibt eine Menge (interessante!) Kritiken zu Spielbergs Filmwelten, die zeigen, dass er nicht gerade dokumentarisch/direkt arbeitet, noch dazu der Unterhaltungsfokus...er mag (mir nicht besonders wichtige) Qualitäten haben, aber Themen über fremde Kulturen verwendet er sicher nicht, um sie angemessen näher zu bringen, sondern um amerikanisches und europäisches Publikum ihre Werte (unreflektiert) dort hineinlegen und erleben zu lassen.

2. willst du nichts zu den Bildern dazu tun, weil du es es nicht konntest

Aber was sind deine Bilder dann? inwiefern haben sie -um es streng zu sagen - berechtigung? stell dir vor, ein Inder dreht einen bollywoodfilm über dich oder anhand von material zu dir einen über deutsch-chilenen. eine art muckikultrezeption setzt in indien ein, wodurch jemand die gesten der schauspielerin, die dich darstellen soll und die kostümkleidung, die sie anhat, kopiert oder in einem bild malt oder in einem gedicht aufzählt - würde dir das angenehm sein, fühltest du dich getroffen oder fändest du, dass deine Kultur damit repräsentativ vertreten wäre?

Dein Text kann so ohne Verweis auf seine Nicht-Reflexion oder eine bewusste Bearbeitung so für mich nicht als Text funktionieren. Natürlich ist er harmlos, aber er trägt für mich zu einer Rezeption von kulturellem bei, das das Kulturelle nicht würdigt. aus ähnlichen gründen würde ich auch keinen dieser vielen Yogakurse oder afrikanisches figurenschnitzen an der Volkshochschule besuchen (natürlich gibt es ausnahmen), obwohl ich generell denke, dass in form eines wirklich informativen, tiefen und eingestimmten Zugangs fast nichts der seele besser tut, als die gängigen muster mitilfe von kontrasteindrücken und -werten von ihrer übertriebenheit zu "heilen" - aber so weiß ich überhaupt nicht, was dein Text sagen soll - eigentlich spricht er mit der stimme eines echos von stimmen, die niemand kennt.

Ich habe ja schon bei anderen Texten (Beas Grönemeyertext etc.) gewettert, ich weiß, ich bin da sehr grundsätzlich, aber ich kann da nicht mit dir mitgehen (was ja auch kein Beinbruch ist).

liebe Grüße,
Lisa
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 29.05.2008, 14:20

ps: brennen räucherstäbchen? vielleicht eher glühen oder glimmen? das würde auch zur szene passen, finde ich
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.05.2008, 14:21

Hi Zefi,

ja, der Obi ist der Gürtel. Und er ist auch aus Seide wie der Kimono. Da der Kimono aus Seide ist, wie ja jeder weiß, hab ich das "seiden" als Adverb zum Obi eingesetzt, jep. Und obwohl der Obi ziemlich fest geschnürt wird, sieht er an der Geisha sehr sanft aus, eben nicht gepresst oder einschnürend. Das wollte ich damit ausdrücken.
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.05.2008, 14:46

Hallo Lisa,

genau so eine Diskussion wollte ich vermeiden, deshalb die Kürze des Textes.

also erst mal zum Film und Spielberg:
Er hat in der Tat einige Regiefehler begangen, hat nicht richtig recherchiert. Da sind grobe Schnitzer drin. Insofern stimme ich dir zu, was Spielberg betrifft.

Zum anderen hat mich der Film dennoch sehr beeindruckt, weil er nicht durchgehend reißerisch gedreht wurde wie Jurrasic Park und Konsorten, sondern auch in vielen Sequenzen sehr still erzählt. Und genau diese Sequenzen haben mich so beeindruckt.
Nachdem ich den Film sah, begann ich selber über Geishas nachzulesen und suchte nach allem, was ich finden konnte.
Meine Intention ist:
Ich möchte mit dem Klischee brechen: Geisha = Kurtisane.
Aber ohne, dass ich das explizit im Text schreibe.

Es gibt heute welche, die Kurtisanen sind, ja, doch das sind keine Geishas, das sind Prostituierte. Aber die hier gemeinte ist eben keine. Sie ist eine echte Geisha, eine Künstlerin, verzaubert durch ihre Bewegungen, ihr Spiel auf den diversen Instrumenten, durch ihre Art der Konversation, etc. Sie ist eine künstlerische Unterhalterin, bedient jedoch keine Männer im sexuellen Sinne. Das Honorar für ihre künstlerische Darbietung richtete sich nach der Brenndauer der Räucherstäbchen. Deshalb wählte ich "brennen" und nicht glühen oder glimmen.
Vielleicht kannst du mir ein bisschen folgen. Wenn nicht, kann ich es nicht ändern ...
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.05.2008, 15:23

Hallo Lisa,

hier noch ein Link zum Thema Geisha:

http://www.asien-kultur.de/japanische-t ... eisha.html

Saludos
Mucki


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