mit dem lineal

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.05.2008, 15:25

.
Endfassung

mit dem lineal
reiht er dosen auf kante
sortiert reißzwecken nach größe

millimeterleben


2. Fassung

im sog des lineals
reiht er dosen auf kante
sortiert reißzwecken nach größe

millimeterleben


1. Fassung

im wahn des lineals
reiht er dosen auf kante
sortiert reißzwecken nach größe

millimeterleben


© Mucki
05/2008
Zuletzt geändert von Mucki am 15.05.2008, 19:19, insgesamt 3-mal geändert.

Herby

Beitragvon Herby » 14.05.2008, 22:57

Liebe Mucki,

was den "Wahn" betrifft, geht es mir wie Elsa. Der Titel nimmt mir zuviel vorweg, ist zu deutlich, zu wuchtig. Warum reicht nicht "Lineal" und danach eine Satzumstellung:

er reiht dosen auf kante
...

Der Wahn, der Zwang geht aus dem Folgenden hervor, spätestens aus dem letzten Vers.

Oder als Titel "maßlos", "maßvoll?

Lieben Gruß
Herby

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leonie
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Beitragvon leonie » 14.05.2008, 23:25

Liebe Mucki,

mir geht es wie herby, ich finde den Titel auch sehr wuchtig. Mein zweiter Kritikpunkt bezieht sich auf das "millimeterleben": Das scheint erst einmal eine Wertung von außen zu sein. Wemnn das so ist, finde ich es schwierig, weil eine Zwangsneurose ja eine Erkrankung ist, nichts, was man selber steuern könnte.
Ich weiß, dass Zwangsneurotiker sehr unter ihren Zwängen leiden. Aber ob sie selbst ihr Leben als Millimeterleben empfinden?
Wenn es aus der Perspektive eines Zwangsneurotikers geschildert sein sollte, fände ich es besser, das deutlich zu machen und die Ich-Form zu nehmen.

Liebe Grüße

leonie

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 15.05.2008, 00:20

Hallo Mucki!

Ich habe auch so meine Probleme mit dem Titel. Allerdings nicht, weil er zuviel verrät, sondern weil es mir "Im Wahn + Genitiv" grammatikalisch seltsam erscheint... "Im Bann des..." scheint mir da unauffälliger :)

Ansonsten ein schönes Stück.

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 15.05.2008, 00:28

Mir geht es wie Elsa. Es ist schlimm, nicht zu merken, wie abgedreht man sich benimmt, aber noch schlimmer ist es, dem Zwang ganz bewusst unterworfen zu sein. Ich hätte vielleicht "im druck des lineals" gewählt, um diesen Aspekt mit einzubeziehen. (Das wäre allerdings auch kein ganz sauberer Genitiv.)

Gruß von Zefira, zwanghaft unordentlich ...
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.05.2008, 01:04

Hallo Herby,
Der Wahn, der Zwang geht aus dem Folgenden hervor, spätestens aus dem letzten Vers.

ja, inzwischen habt ihr mich überzeugt. Der Wahn muss raus aus dem Titel. Auch nach dem, was Elsie schrieb, ist mir klar geworden, dass Wahn hier gar nicht passt, weil jemand, der sich in einem Wahn befindet dies selbst nicht bewusst erlebt, ein von Zwängen Betroffener jedoch sehr wohl bewusst erlebt, sich aber dagegen nicht wehren kann.
Oder als Titel "maßlos", "maßvoll?

Eine Zeile sollte es bleiben. Wenn da nur ein Wort steht, müsste ich alles umschreiben, kann den Titel nicht in den Text integrieren, was ich jedoch gerne möchte.

Hallo leonie,

wg. Titel, s.o., werde ich ändern.

Mein zweiter Kritikpunkt bezieht sich auf das "millimeterleben": Das scheint erst einmal eine Wertung von außen zu sein.

insofern ist es wertend, weil "millimeterleben" traurig konnotiert ist, ja. Es ist jedoch keine Wertung im Sinne von einem erhobenen Zeigefinger. Die würde ich auf keinen Fall wollen.
Aber ob sie selbst ihr Leben als Millimeterleben empfinden?

Ich denke schon. Ich habe mal eine Dokumentation in Drei-Sat gesehen über einen Menschen mit vielen Zwängen. Es war schlimm, wie dieser Mensch darunter gelitten hat. Er sagte, als er sein Leben beschreiben sollte sinngemäß etwas wie: "ich lebe nicht, die Zwänge leben mich und ich kann nichts dagegen tun."
Wenn es aus der Perspektive eines Zwangsneurotikers geschildert sein sollte, fände ich es besser, das deutlich zu machen und die Ich-Form zu nehmen.

Davon halte ich nichts. Das würde mir zu sehr nach Betroffenheitslyrik aussehen.
Danke euch für euer Feedback.
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.05.2008, 01:10

Hallo Ferdi,

zum Titel, s.o.
Allerdings nicht, weil er zuviel verrät, sondern weil es mir "Im Wahn + Genitiv" grammatikalisch seltsam erscheint... "Im Bann des..." scheint mir da unauffälliger :)

Ansonsten ein schönes Stück.

Danke dir!

Hallo Zefi,
Ich hätte vielleicht "im druck des lineals" gewählt, um diesen Aspekt mit einzubeziehen.

Ich denke die ganze Zeit über ein anderes Wort nach, das so etwas wie Druck aussagt und komme im Moment zu dem Ergebnis, dass "Sog" passen würde. Sog drückt dieses Müssen, getrieben werden, sich nicht entziehen können, gut aus, glaube ich und ist nicht zu wuchtig.
Ich stelle oben mal eine zweite Fassung mit diesem Titel ein.
Danke auch dir für dein Feedback.
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 15.05.2008, 12:17

Liebe Mucki, liebe leonie

leonie denkt über "millimeterleben" nach und:
Aber ob sie selbst ihr Leben als Millimeterleben empfinden?


das habe ich ganz anders gelesen, nämlich bezogen auf den Zwang, alles akkurat ausrichten zu müssen (millimetergenau) und nicht auf das Leben des Betroffenen selbst. Daher war ich verblüfft über die Leseweise.

Lieben Gruß
ELsa
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Beitragvon Elsa » 15.05.2008, 12:28

Hm, Mucki, Sog trifft es für mich auch nicht recht. Weil es im Zusammenhang mit Lineal eher merkwürdig klingt, da ist Bann noch treffender.

Eigentlich ist es ja ein Götze im Leben des Zwänglers, nicht wahr? Das Lineal steht auf einem Podest, ohne es würde der Mensch nichts ertragen können. Das Lineal hat die Macht über ihn.

Vielleicht führt dieser Gedankengang zum richtigen Wort im Titel?

Lieben Gruß
ELsie
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annette
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Beitragvon annette » 15.05.2008, 12:46

Mucki, wie wäre denn "Im Takt des Lineals"?
Für mich würde das den Text dynamischer machen: Die Tätigkeit des Aufreihens würde sowohl räumlich (Lineal) als auch zeitlich (Takt) einer vorgegebenen Ordnung folgen. Ich kann mir das als Kurzfilm vorstellen, in dem jemand im Takt einer Musik Dinge sortiert und gleichzeitig ein Gesichtsloser im Hintergrund im selben Takt das Lineal klatschend in seine Hand schlägt.

Gruß - annette

scarlett

Beitragvon scarlett » 15.05.2008, 12:52

Ja, das hat was, liebe Mucki, im Takt des Lineals ...
Von allen Varianten gefällt mir Annettes Vorschlag am besten!

Völlig unsortierte und unaufgeräumte Grüße,
Monika
:-)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.05.2008, 14:11

Liebe Elsie,
Elsie hat geschrieben:leonie denkt über "millimeterleben" nach und:
Zitat:
Aber ob sie selbst ihr Leben als Millimeterleben empfinden?

das habe ich ganz anders gelesen, nämlich bezogen auf den Zwang, alles akkurat ausrichten zu müssen (millimetergenau) und nicht auf das Leben des Betroffenen selbst. Daher war ich verblüfft über die Leseweise.

Ja, das "Millimeterleben" bezieht sich natürlich auf den Zwang, alles millimetergenau ausrichten zu müssen. Daher kam ich ja überhaupt auf dieses Wort. Da jedoch eben dieser Zwang das Leben des Betroffenen so einengt, muss es sich logischerweise auch auf das Leben desjenigen beziehen, das eine geht ohne das andere m.E. gar nicht.
Das Lineal hat die Macht über ihn.

Ja, deshalb dachte ich, das Sog es gut treffen würde. Ich könnte im Titel auch das Wort "Macht" nehmen.
Die Macht des Lineals
lässt ihn u.s.w. , hm, aber das wäre wohl wieder zu wuchtig, oder?
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.05.2008, 14:20

Hallo Annette,
Mucki, wie wäre denn "Im Takt des Lineals"?
Für mich würde das den Text dynamischer machen: Die Tätigkeit des Aufreihens würde sowohl räumlich (Lineal) als auch zeitlich (Takt) einer vorgegebenen Ordnung folgen. Ich kann mir das als Kurzfilm vorstellen, in dem jemand im Takt einer Musik Dinge sortiert und gleichzeitig ein Gesichtsloser im Hintergrund im selben Takt das Lineal klatschend in seine Hand schlägt.

Hm, ist das nicht zu positiv besetzt? Das klingt so, als ob der Betroffene es mit Freude täte.

Monika, du meinst auch, dass Takt es am besten trifft. Oje, wieso ist es hier bloß so schwierig, den richtigen Titel zu finden? Ich stelle mal beide untereinander:

im takt des lineals
reiht er dosen auf kante
sortiert reißzwecken nach größe

millimeterleben

oder

die macht des lineals
lässt ihn dosen auf kante einreihen
reißzwecken nach größe sortieren

millimeterleben

oder

die macht des lineals

er reiht dosen auf kante
sortiert reißzwecken nach größe

millimeterleben


Hm, mit "Macht" ist das nix, oder?
Grübelnde Grüße
Mucki

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annette
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Beitragvon annette » 15.05.2008, 14:38

Mucki hat geschrieben:Hm, ist das nicht zu positiv besetzt? Das klingt so, als ob der Betroffene es mit Freude täte.


Wenn jemand von einem Takt angetrieben wird, noch dazu vom leblosen Takt des Lineals finde ich das nicht so positiv. Andererseits würde ich durchaus unterstellen, dass derjenige eine gewissen Freude an der Präzision seines Handelns hat. Anderenfalls wäre das Verhalten pathologisch, aber vielleicht wolltest Du das ausdrücken?

Gruß - annette

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 15.05.2008, 14:41

Diktat?

Wäre auch nicht schlecht.

LG
ELsa
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