Ich hab mit meinem Tiger...

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 10.04.2008, 01:25

Ich hab mit meinem Tiger
heut die letzte Nacht gerungen.
Wir leckten uns das Abschiedsblut
von den spracherschlafften Zungen.

Wohin streifst du?
"Immer tiefer ins Dickicht hinein,
bis dorthin, wo Du vergessen hast,
dass meine Augen im Dunkeln vielleicht
wieder aus dem Blattwerk funkeln."

Und wohin streife ich?
Zurück zur festen Straße, denn
von dort kam ich gekrochen.
Auf meinem Rückweg nage ich
an meinen Illusionenknochen.

Ich hab mit meinem Tiger
heut die letzte Nacht gerungen.
Auf meinen Brüsten schmerzen
noch seine Krallenspuren.
Das verheilt bald,
nur die Zeit behält Blessuren.


Änderungen:

1. Aus den "Illusionenknochen" wurde ein "Perspektiveknochen" und wieder "Illusionenknochen" :spin2:

2. Die erste Zeit habe ich im letzten Vers gestrichen (danke, max!)

3. Der Dialog in S2 ist jetzt sogar in Dialogform :smile: .

4. siehe Lisas Meinung zu "gekrochen" und "Heimweg"
Zuletzt geändert von Louisa am 15.04.2008, 18:00, insgesamt 5-mal geändert.

Peter

Beitragvon Peter » 10.04.2008, 15:54

Lou, ich lese etwas von einer Elster. Kann das sein?

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 10.04.2008, 22:28

Hallo, du Miitelmeerdame am Rande der Zitronenhaine!

Erstmal fände ich es gut wenn du an der Form etwas besser werden würdest, auch wenn ich verstehe, daß dies Thema ein erregendes ist.

Ich erinnere mich an einen Leoparden aus dieser Gegend, für die weibliche Perpektive.

Ansonsten ist hier eine Erfahrung im Busch und auf der Strasse, die auch aus der männlichen Sicht nicht ohne Reiz ist.

Bien tout, oder so, oder?

Moshe

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.04.2008, 17:58

Elster?

Form?

Genauer, bitte :smile: ...

Ich weiß nicht, ob das erregend ist. Eher abgeregt. Leider.

Merci!
l

Max

Beitragvon Max » 11.04.2008, 22:01

Liebe ringende Lou,

was mir gefällt: Das Bild hält durch ... es trägt das ganze Gedicht.

An ein paar Stellen stolpere ich noch:

wortzermürbten Zungen


Ich weiß kein besseres Wort, aber sich die Zunge zu zermürben, ist ja nicht direkt ein geflügeltes Wort, oder? Leider kann ich auch noch kein Bild damit verbinden.

Auf meinem Heimweg nage ich
an meinen Illusionenknochen.


Für mich klingt "Illusionsknochen" runder ...
(vielleicht gibt es auch noch etwas noch Runderes)

Das verheilt bald mit der Zeit,
nur die Zeit behält Blessuren.



Hier würde ich auf jeden Fall die erste "Zeit" weglassen, also


Das verheilt bald,
nur die Zeit behält Blessuren.


Liebe Grüße
Max, der Löwe

PS: Wenn es von allem so viel gäbe, wie von Tigern ...

Max

Beitragvon Max » 11.04.2008, 22:02

Lieber Peter,

PS: Deinen Elsterkommentar lese ich erst jetzt ... es würde mich auch sehr interessieren, woher bei dir dieser Vogel geflattert kommt (oder meinst du das gleichnamige elektronische Steuerformular ;-) ).

Liebe Grüße
Max

Peter

Beitragvon Peter » 11.04.2008, 22:36

Lieber Max,

ich hatte nur so ein gewisses Déjà Vu. Aber wenn Lou nicht dahinterkommt, möchte ich es auch nicht sagen.

Liebe Lou,

mir kommt das Gedicht, verzeih, nicht besonders wirklich vor. "Tiger", ich weiß nicht wohin ich mit dem Wort soll. Am Ende vielleicht ein Kosenamen, mir fehlen die Krallen. Ich glaube, dass du etwas einspannst in die Zeilen, das aber dann nicht ... aufblüht, es wird eher verborgen von den Bildern (behindert).

Für mich stellt dieses Sagen einen Umweg dar, und ich würde mir hier, ausnahmsweise, etwas Direktes wünschen.

Liebe Grüße,
Peter

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.04.2008, 23:59

Danke, Max :blumen: !

Ich habe deine Vorschläge umgesetzt (siehe Gedicht). Was meinst du nun :smile: ?

Ach ja, die Zungen: Zuerst hieß es "spracherschlafft" - Ist das gelungener?

Danke.

Peter,

ich habe keine Ahnung, was Du mit der Elster meinst... achso :smile: ... Weil sie eine Diebin ist? Weil Du auch einen Tiger-Traum hattest?

Daran habe ich absolut nicht gedacht. Ich hatte gestern nur eine verwundete Lippe, Kratz-und Beißspuren...sodass ich mich an einen Ringkampf mit einem Tiger erinnert fühlte.

Deshalb ist dieses "Wort" für mich nicht nur ein fernes Bild, mal eben ausgedacht. Schade, wenn es so wirkt -

Naja, es werden wohl noch ähnliche Texte im Themenfeld Liebesleiden folgen :smile: .

Gute Nacht!

Tigerlose

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.04.2008, 08:14

Hallo Louisa,

ich finde die Tiger-Mensch Vermischung hier auf der Bildebene irritierend, weil es mich weder den Tiger sehen lässt noch den Mensch, oder beide so verzerrt, dass ich sie nicht wirklich ernst nehmen kann. Für mich wäre es ein starkes Bild, wenn du dich auf die Tiger einlassen würdest und das Menschliche sich daraus ergeben könnte, ohne benannt zu sein (also keine wortzermürbten Zungen, keine Illusionen- oder Perspektiveknochen und keine Brüste .-)).

Bei S2 und S3 habe ich etwas Schwierigkeiten die Antworten LIch oder LDu zuzuordnen, entsteht da ein Dialog?

bis dorthin, wo ich vergessen habe

Das scheint mir zeitlich nicht richtig, finde ich aber auch sprachlich nicht so sehr gelungen.

nur die Zeit behält Blessuren

Finde ich interessant, weil es ja nicht stimmt.

liebe Grüße smile
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Max

Beitragvon Max » 12.04.2008, 12:12

Liebe Lou-isa,

ja, ich finde "spacherschlafft" besser, denn "erschlaffen" passt zu Zungen viel besser als "zermürben".

Auch die anderen Korrekturen sind in meinen Augen ein Fortschritt (klar, ich habe ja auch rumgenörgelt ;-) )

Liebe Grüße
Max

Louisa

Beitragvon Louisa » 12.04.2008, 15:33

Hallo Smile!

Das ist interessant, was du meinst. Eigentlich wollte ich ausdrücken:

Er Tiger, ich Mädchen :smile: . Meiner Ansicht nach war das Du ja auch sehr tierisch beschrieben, im Gegensatz zum Ich eben - oder?

Wobei man auch nicht darauf beharren kann: "Er Tiger" - Denn es ist ja klar, auch wenn ich mich noch so sehr "auf den Tiger einlasse", wie du meintest...das es im Grunde das Bild eines Menschen ist. Ein bisschen wie der Fuchs in der Fabel. Hier eben der Tiger im Urwald (...)

Ja, es sollte ein Dialog sein (S2) - Wäre dir mit kursiver Schrift oder Anführungszeichen geholfen? So ist es sehr vermischt, ich weiß.

"Bis dorthin, wo ich vergessen habe"... Was erscheint dir daran falsch?

Er möchte dorthin ziehen, wo ich ihn vergessen habe. Das soll eine Neuschöpfung sein- Als Gäbe es einen entfernten Ort, der auch die Erinnerung entfernen kann.

Und wieso "stimmt" es nicht, dass die Zeit verletzt zurück bleibt?

Meiner Ansicht nach stimmt es. Die intensive Erinnerung an eine unwohle Zeit weckt in mir immerzu noch alte Schmerzen auf, egal wie oft ich schon getrauert oder geseufzt habe... Die Zeit bleibt verletzt. Ich sage nicht, dass das schlecht sein muss.

Nur meine Meinung!

Danke Dir und Max natürlich auch! Ich denke Du hattest Recht :smile: ! Nörgel ruhig weiter!

tigerin :smile: !?

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.04.2008, 17:33

Liebe Louisa!

Eine einfache Nörgelei: Ich kann mit der Handhabung der Groß- und Kleinschreibung nichts anfangen, sie in keinen Sinn setzen.

(Die Umgebung scheint Auswirkungen zu haben. :pfeifen: )

MlG

Moshe

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.04.2008, 21:10

Hallo Louisa,

Er Tiger, ich Mädchen . Meiner Ansicht nach war das Du ja auch sehr tierisch beschrieben, im Gegensatz zum Ich eben - oder?

:eek: Wir scheinen unterschiedliche Vorstellungen von menschlich und tierisch zu haben. ;-)
Das Ich-Mädchen leckt also Abschiedsblut, kriecht und nagt an Knochen?
Ja, es sollte ein Dialog sein (S2) - Wäre dir mit kursiver Schrift oder Anführungszeichen geholfen? So ist es sehr vermischt, ich weiß.

Ja, dann wäre es deutlicher, wobei ich mir immer noch nicht sicher bin, wer hier wer ist. Den Gedankenstrich würde ich auf jeden Fall rausnehmen, weil es sonst doch beides mal der Gleiche ist, oder?
Wohin streifst du?
Immer weiter ins Dickicht hinein,
bis dorthin, wo ich vergessen habe,
dass deine Augen im Dunkeln vielleicht
wieder aus dem Blattwerk funkeln -

Er möchte dorthin ziehen, wo ich ihn vergessen habe. Das soll eine Neuschöpfung sein- Als Gäbe es einen entfernten Ort, der auch die Erinnerung entfernen kann.

Aber wenn er ins Dickicht hineingeht, ist das doch seine Antwort, also müsste da doch dann stehen: "wo du vergessen hast, dass meine Augen im Dunkeln..." oder? Sonst vergisst doch der Tiger. Du verwirrst mich völlig. :verwirrt:

Und wieso "stimmt" es nicht, dass die Zeit verletzt zurück bleibt?

Meiner Ansicht nach stimmt es. Die intensive Erinnerung an eine unwohle Zeit weckt in mir immerzu noch alte Schmerzen auf, egal wie oft ich schon getrauert oder geseufzt habe... Die Zeit bleibt verletzt.

Mmmmh, antwortest du dir hier nicht selbst? Man selbst bleibt innerlich verletzt, und es ist die Erinnerung an eine Zeit, die den Schmerz wieder aufflackern lässt. Die Zeit selbst bleibt doch aber davon völlig unangetastet.

Für mich funktioniert es so einfach nicht. Auch oder erst recht nicht mit Tiger-Du und Mädchen-Ich (ich fürchte diese Begegnung würde das Mädchen nicht überleben ;-)). Aber das mag ja für andere ganz anders sein.

liebe Grüße smile
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Max

Beitragvon Max » 12.04.2008, 21:29

Mmmmh, antwortest du dir hier nicht selbst? Man selbst bleibt innerlich verletzt, und es ist die Erinnerung an eine Zeit, die den Schmerz wieder aufflackern lässt. Die Zeit selbst bleibt doch aber davon völlig unangetastet.

Für mich funktioniert es so einfach nicht.


Liebe Smile,

mir schien das eher ein Kunstprodukt zu sein.
Eine künstliche Trennung von Ich und Zeit, von dem auch lyr. Ich und Autorin wissen, dass diese nicht funktioniert, weil die Zeit eben ans Ich genäht ist und eine Verletzung der zeit auch immer eine Verletzung des Ich ist ... Die Verletzung ist nur so nahe, dass man sie nicht zugeben kann ...

Liebe Grüße
Max


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