Atlantiktief – rückseitig

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leonie
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Beitragvon leonie » 14.03.2008, 18:52

Weiden kämmen sich
im Meereswind
an ihren Zweigen
zwinkern Tropfen
glätten spiegelnd
dem Morgen die Stirn

Schatten winken
scheinen begehbar
zwischen ihnen
sinkt der Fuß
in frühes Licht.

Wolken federn ostwärts.
Der Himmel
war er auch gestern
so groß, so weit -

ein Wort: genug
sich in den Tag zu lieben.


Erstfassung:

Weiden kämmen sich
im Meereswind
an ihren Zweigen
zwinkern Tropfen
und glätten spiegelnd
dem Morgen die Stirn

Schatten winken
scheinen begehbar
zwischen ihnen
sinkt der Fuß
in frühes Licht.

Wolken federn ostwärts.
Der Himmel
war er auch gestern -
so groß, so weit:

ein Wort

genug um sich
in den Tag zu lieben.
Zuletzt geändert von leonie am 18.03.2008, 17:57, insgesamt 2-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.03.2008, 13:31

Liebe leonie,

aha - das ist dann ein zwar etwas verzwickter, da zu kennender, aber feiner Titel!
Ich würde vielleicht - wenn du das "und" und "um" wegstreichst - den Umbruch auch fortnehmen?
Die anderen Überlegungen kann ich gut nachvollziehen. Bleibt so oder so ein schöner Text.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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leonie
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Beitragvon leonie » 16.03.2008, 22:42

Liebe Lisa,

ich kann im Moment von den Umbrüchen schwer weg. Dann kommt die Überlegung, doch lieber die gestrichenen Worte drin zu lassen. Ich weiß noch nicht ganz genau, warum das so ist. Ich glaube, ohne Umbrüche wird es mir "zu schnell". Ich behalte es im hinterkopf und lasse es sacken.

Danke nochmal!

Liebe Grüße

leonie

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 16.03.2008, 23:12

Hallo leonie,

wunderbarer Text, hier die Wermutstropfen eines Pharisäers:

da ist also auflandiger Wind. Kann ich glauben, da das Tief vom Atlantik her kam. Kann auch sein, dass die Weiden halt ein wenig mehr landeinwärts stehen, auch wenn sie das Gedicht eröffnen und damit bild/textlich dem Meeresufer nah sind, obwohl sie da botanisch eher nicht hingehören?

Der zweite Tropfen ist das

der Himmel
war er auch gestern-
so groß so weit

"gestern" beziehe ich auf das Tief, das hat bestimmt dicke Wolken mitgebracht. Kann da der Himmel weit gewesen sein?

Nun aber Schluss mit dem metereologischen und botanischen Geplärre.

War wunderbar zu lesen

Sneaky

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leonie
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Beitragvon leonie » 17.03.2008, 17:32

Lieber Sneaky,

vielen Dank für Deine Rückmeldung, freut mich, dass der Text Dir gefällt.
Ich hatte gar nicht an einen Standort in der Nähe des Meeres gedacht, die Tiefausläufer reichen ja weit darüber hinaus und treiben ihr Wesen auch im Landesinnern.

Zu dem zweiten Punkt: Ich selber lese diese Stelle als Frage.
Der Himmel war so weit, ja, er ist ja immer so weit. und gleichzeitig war er, wenn das Tief aktuell ist, nicht so weit, weil nicht sichtbar so weit...

Liebe Grüße

leonie

Anton

Beitragvon Anton » 18.03.2008, 00:00

hallo leonie,

die umbrüche sollten, finde ich, erhalten bleiben.

es schwebt ja.

in frühes Licht


'frühes' sagt, finde ich, in verbund mit 'licht' wenig aus; es ist ja eigentlich nicht das licht, das 'früh' ist, sondern der fuß, der ins immerwährende(wenn auch durch standort/wolken/erddrehung verdeckte) 'sinkt'.

vielleicht ginge auch:

'Schatten winken
scheinen begehbar
zwischen ihnen
sinkt der Fuß
ins Licht. '


gruß
a.

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leonie
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Beitragvon leonie » 18.03.2008, 15:31

Lieber Anton,

vielen Dank Dir!

Hm, mit dem frühen Licht geht es mir so, dass es eine Menge Assoziationen auslöst, mehr als "Licht" allein das täte. Deshalb würde ich es ungern streichen...

Vielleicht sagt noch jemand was dazu, wie er/sie es empfindet.

Ich jedem Fall freu ich mich über Deine Rückmeldung!

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 18.03.2008, 15:46

Liebe leonie,

ich meinte -falls das nicht deutlich geworden ist -in letzterem Fall nur den Umbruch des vorletzen Verses. Findest du nicht, dass wenn man die Stimme anhebt, der Bruch seltsam zu lesen wäre?


ein Wort

genug sich
in den Tag zu lieben.


Ich finde


ein Wort

genug
sich in den Tag zu lieben.


oder

ein Wort

genug sich in den Tag zu lieben.






oder


ein Wort: genug
sich in den Tag zu lieben


(mein Favorit)

oder etwas ähnliches intuitiver als deine Setzung, probiere ich es "mit Stimme". Was natürlich keien Nötigung sein soll, ich sags nur nochmal, weil ich nicht weiß, ob ich missverstanden wurde, weil ich ja eingangs sagte, dass ich mir die Umbrüche auch insgesamt anders vorstellen könnte.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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leonie
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Beitragvon leonie » 18.03.2008, 17:56

Liebe Lisa,

ja, das überzeugt mich! (Ich dachte, Du meinst ganz ohne Umbruch.) Ich glaube, ich mag auch die letzte version am liebsten. Ich probiere es mal damit!

Danke Dir!

Liebe Grüße

leonie

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 18.03.2008, 19:31

Liebe leonie,

Lisas Argument (Umbruch) ist plausibel, in der neuen Fassung kommt das sehr gut.

Was die Frage zum "frühen Licht" betrifft, ja, das ist etwas anderes als nur "Licht", frühes Licht schimmert kühler, blasser, diffuser.

Ich finde die 2. Fassung richtig fein!

Lieben Gruß
Elsa
Schreiben ist atmen

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leonie
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Beitragvon leonie » 20.03.2008, 23:24

Liebe Elsa,

danke!!!! :-) !!!

Ich mag es jetzt auch so!

Liebe Grüße

leonie


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