In meiner hohlen Hand

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 13.05.2006, 10:48

Manchmal möchte man die Welt
einfach aus dem Fenster werfen
gelassen zusehen wenn ihr Blut
auf Bordsteinschwellen tropft.

Doch die Welt ist nur aus Wasser
nicht zu greifen, nicht zu fassen
sie rinnt mir aus den Händen
im Fahrtwind kalter Stunden.

Manchmal möchte man die Zeit
unter eine Guillotine bringen
friedlich zusehen wenn ihr Kopf
sinkt wie überladene Zitronenäste

Doch in meiner hohlen Hand
wankt es sonnenschimmernd-
Die Glasperlen glitzern nicht
so klar wie dieses bisschen Welt.

Meine Finger sind so fest geschlossen
und meine Hand zittert von der Angst
das zu verlieren, nie wieder zu fühlen-
Wir beginnen schon heute zu zerfließen.

Obgleich die Sonne gerne darin schwimmt
flechte ich bunte Dächer aus Kornblumen
verstecke ich sie, wenn der Sturm aufzieht

Bedecke ich sie mit Wiesen immerzu
denn die Welt in meiner hohlen Hand
bist Du.
Zuletzt geändert von Louisa am 15.05.2006, 18:15, insgesamt 3-mal geändert.

Julek

Beitragvon Julek » 13.05.2006, 11:47

Ziemlich heftig.... aber schön,
sehr schön §blumen§

Julek

Beitragvon Julek » 13.05.2006, 12:05

hier fließt wirklich alles,
zerfließt.
Groß!

Louisa

Beitragvon Louisa » 13.05.2006, 12:38

Hallo Julek!

Ich reiche das Sräußchen wieder zurück. Vielen Dank! (Jetzt werden sie wieder alle aufstöhnen...aber eigentlich wollte ich es ja löschen O:) )

Das ist wirklich sehr nett von Dir

Mittägliche grüße, louisa


An den Inhalt meiner Hand: Siehst Du wie sich die Äste heute wiegen und anstoßen? Als ob die Blätter wild miteinander tanzen. Ich wandere jetzt in die Welt hinaus. Heute können wir denselben Sommerwind in der Handfläche auffangen, m. s. D.!

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.05.2006, 14:56

Hallo Louisa,

dein Text trifft mich gut.
Drei kleine vorsichtige Änderungsfragen:

1. sie rinnt mir aus den Händen
2. Zitronen anstatt Zitrusfrüchte
3. Wir beginnen heute mit zerfließen

????

moshe.c

Trixie

Beitragvon Trixie » 13.05.2006, 15:57

Servus Louisa!

Also, ich finde ja all deine Gedichte fabelhaft und wunderschön. Sie haben so eine Eigenart an sich, die einen eigentlich nicht stört. Eigentlich... Aber fast jedes Gedicht (oder ist es jedes?) spricht von einer Beschreibung der Zweisamkeit, der Liebe. Da dieses in der freien Kategorie steht, war ich somit ein wenig überrascht, die letzten beiden Strophen überhaupt noch zu lesen! Für mich was das Gedicht seltsamerweise nach der fünften Strophe fertig und perfekt. Einfach ein "Zeit/Welt" Gedicht und nicht ein "Liebes"gedicht. Aber das ist natürlich nur meine Meinung und ich glaube, in jedem deiner Gedichte steckt sehr viel von dir drin inhaltlich, weswegen du da wahrscheinlich nichts ändern willst. Weil das ja wahrscheinlich deine eigentlich Intention war: Eine Beschreibung an das und des Lyrische Du... Trotzdem ist es schön. Das mit den Zitrusfrüchten würde ich auch so lassen. Alles in allem: Ein sehr schön verträumtes, leicht melancholisches Louisa-Gedicht.

lg Trixie

Max

Beitragvon Max » 13.05.2006, 17:51

Liebe Louisa,

Trixie hat recht: fast alle Deine Gedichte sind Gesänge der Liebe. Vielleicht auch deshalb ist mir das, was Julek als heftig bemerkt nicht ganz heftig genug. Vielleicht sind wir auch verschiedenen Temperaments, aber wenn ich eine Wut auf die Wedlt und die Zeit habe, dann ist sie schwärzer, sinnloser, rasender. Das Wort, an dem ich das festmachen würde, ist der Marterpfahl. Den verbinde ich so sehr mit Indianerspielen (und gar nicht mir der Tortur, der Marter), dass mir die ganze Wut nicht so recht ernst vorkommen mag. Vielleicht nur eine Frage des Temperaments, wie gesagt ;-)

Liebe Grüße
Max

Louisa

Beitragvon Louisa » 13.05.2006, 18:21

Hallo liebe Lyrikfreunde!

Ich kann euch nur recht geben. Ich weiß nicht, ob das ein großer Nachteil ist, wenn ich so oft von der Liebe flöte, aber sie beschäftigt mich schon sehr. Genauso wie das Leben, die Zeit, der Tod und die kleinen unscheinbaren Dinge unserer Welt.

Zu moshe.c: Deinen ersten Vorschlag übernehme ich, aber ich glaube Zitrusfrüchte passt besser in den Rhythmus und "Wir beginnen mit..." hört sich vielleicht nicht so schön an oder?

Zu Trixie: Vielen Dank, das ist sehr freundlich von Dir! Aber haben nicht alle Gedichte etwas Persönliches an sich? Oft, wenn ich berühmte oder weniger berühmte Gedichte lese, meine ich, einen kleinen Einblick in die Seele des Schreibers werfen zu können.
Das fängt schon bei der Zeilenanordnung an. Ich glaube auch nicht, dass der Inhalt unserer Gedichte von ganz weit her geholt ist. Es hat doch meist etwas mit persönlichen Gedanken und Erlebnissen zu tun.

Wenn das bei mir manchmal zu persönlich ist, werde ich demnächst verfremden... Aber es scheint euch ja (glücklicherweise) nicht zu stören.

Zu Max: Soll ich etwas anderes als Marterpfahl nehmen? Für meine Verhältnisse war das schon ein hohes Aggressionspotential O:) . Man könnte ihr natürlich auch die Eingeweide ausreißen-

Danke für eure psychoanalytische Bewertung meiner Texte und natürlich auch für das charmante Lob !

Es wird in der anderen Hand aufgefangen.

Flötende Grüße, louisa

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.05.2006, 18:59

Louisa, danke für die Annahme meines ersten Vorschlags.

Irgendetwas ist um dich, was von Kürze spricht.

Als ich an der Schauspielschule schreiben von einem alten Herrn lernte, trieb der mich mit Kürze fast zum Wahnsinn. davon zehre ich bis heute.

Schreib doch mal was für diese Rubrik hier in diesem Forum!

Ich blaube, das wäre was.
moshe.c

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.05.2006, 21:25

Louisa,

wo ich jetzt hier so sitze und den Tag an mir vorbeistreichen lasse, bin ich traurig, daß du keine Zitronen magst, sondern so allgemein von Zitrusfrüchten sprichst.

Hast du schon mal eine vollreife Zitrone vom Baum gepflückt, ohne Chemie und Wachs, an ihr gerochen, den Saft dann in einem Salat verwendet, oder die Schale dann zur Bereitung einer Zitronen-Lasangne verwendet?????


Ohne Scheu Zitronen zu verwenden


moche.c

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leonie
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Beitragvon leonie » 13.05.2006, 21:46

Liebe Louisa,

das ist ein tolles Gedicht, Du hast einfach unglaublich gute Ideen und verbindest sie mit überraschenden Bildern, beeindruckend!

Liebe Grüße

leonie

Louisa

Beitragvon Louisa » 13.05.2006, 22:36

Guten Abend liebe Lyrikfreunde!

An moshe.c: (Ganz im Geheimen:) Zuerst stand da "Zitronen" aber ich dachte: "Mm...Zitronen...das braucht vier Silben. Nehmen wir einfach die allgemeine Variante."

-Ja, ich habe schon oft Zitronen vom (Terassen-) Baum gepflückt und ja, ich habe auch schon meinen Salat damit beträufelt O:) .

Aber die Zitrone (oder Zitrusfrüchte an sich) haben ja auch etwas Unangenehmes, man bedenke den PH-Wert (habe vergessen, was das bedeutet...Chemie abgewählt.)!

Wenn die Zeit einen Geschmack hätte, wäre er unterträglich sauer, meine ich. Deshalb.

Zu Leonie: Ich fühle mich sehr geschmeichelt. Vielen Dank! Ich hoffe Deine Zeit schmeckt nach Nektarinen.

Nochmals vielen Dank! louisa

PS: Ja, ich werde mich auch an einem gewürzten Kurzbeitrag probieren...obwohl es mir meist schwer fällt, wenn die Gedanken auf mich herein prasseln


An das stille Wässerchen: Hast Du heute auch den Regenfall gespürt? Die Luft schmeckt noch immer nach ihm. Wenn Du ganz genau auf das graue Wolkenpapier schaust, siehst Du die vielen bunten Worte, die meine Stimme auf sie zeichnet. Sei nicht traurig, m. s. D.! Die Hoffnung sitzt in allen grünen Baumkronen und winkt Dir zu (habe sie gesehen).

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.05.2006, 23:08

Nein, ich widerspreche dir, Du hast noch nie ein vollreife Zitrone vom südlichen Strand des Mittelmeeres gekostet. Die sind nicht sauer, und von ph verstehen sie nichts.

Ich bin auch nicht sauer, sondern weiterhin sehr angetan von deinem Gedicht.
Was habe ich für ein Glück nicht in deiner hohlen Hand zu sein. Ich weiß, du hast auch volle.
Und das gefällt mir
So werde ich gern weiter lesen was du schreibst, und ggf. meinen süßen Zitronensaft dazugeben.


moshe.c

Louisa

Beitragvon Louisa » 13.05.2006, 23:16

Dankeschön und guten Appetit !

(Die hohle Hand ist ja gefüllt...)

Eine zitronensüße Nacht und bis bald!

louisa


Natürlich an den Einen: Dir wünsche ich die schönste aller Nächte, die heute auf dieser Welt verlebt werden! Wir schlafen unter demselben Blaubeerhimmel...ob Dich das freut, weiß ich nicht. Mich schon, m. s. D.!


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