Im Dom, vorher: Mosaik

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leonie
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Beitragvon leonie » 26.09.2007, 16:47

Im Dom

I.

Wir gingen auf leuchtenden Mosaiken
als sei es eine hohe Zeit
Im Faltenwurf meines Kleides:
Schatten, die unsere Zukunft erdeten

Deine Augen warfen mir blau
den Himmel entgegen
und unter unseren Füßen
fügten sich Steine zu
begehbaren Träumen

Die reichten weit in den Sommer hinein


II.

Heute zerrinnen mir die Wege
zu Pfützen, darin müde Blätter,
denen der erste Herbststurm
unser Bildnis nahm.




Erstfassung:

Mosaik

Wir gingen auf den Bildern
als sei es der Tag unserer Hochzeit
Im Faltenwurf meines Kleides lagen
Schatten, die unsere Zukunft erdeten

Deine Augen warfen mir blau
den Himmel entgegen
und unter unseren Füßen
fügten sich Steine zu
begehbaren Träumen

Die reichten weit in den Sommer hinein

Heute zerrinnen mir die Wege
zu Pfützen, darin müde Blätter,
denen der erste Herbststurm
ihr Bildnis nahm.
Zuletzt geändert von leonie am 02.10.2007, 16:57, insgesamt 8-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.09.2007, 16:16

Liebe leonie,

ja, der Titel und die erste Zeile finde ich so sehr gut!
Mit dem "erden" dachte ich mir schon, war nur so eine Idee,-)
Saludos
Mucki

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 27.09.2007, 16:26

Hallo Leonie,

ja, ich meine das ist dichter an deiner Intention. :-)

(Der Herbststurm hat schon wieder ein s verloren)

liebe Grüße smile

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 27.09.2007, 16:27

Liebe leonie,

auch ich finde es wunderschön dich wieder zu lesen und man erkennt gleich den Klang! Lang genug hat es gedauert! Insgesamt ein feiner Text, bei dem mir aber trotzdem einige Ideen (viel zu viele, pick dir einfach raus...falls was..etc.) gekommen sind, das ist mir schon lange nicht mehr passiert, bitte versteh es nicht miss, ich bin einfach nur voll eingestiegen.


Mosaik: ich fänd die erste Zeile als Titel schöner als Mosaik, erstens weil Mosaik sehr oft bemüht wird (noch dazu von Esoterik oder Autoren mit zu engen Horizonten, wie du es keine bist!, ich finde dem Wort Mosaik haftet genau das 'Hausfrauenhafte' an, was keine Hausfrau sein möchte, wenn es nicht gesichert wird durch klaren, frischen Kontext, Zweitens, weil es nicht wirklich im Text auf etwas referiert, nur im Übertragenen, das Wort wirkt als übergreifender Repräsentant auf mich immer zu mächtig, zu antik, zu bunt etc.). (ich verstehe, dass sie über Bilder auf Steinen laufen, wohl gemalt, da nun fort, etc., trotzdem)

Weiterhin finde ich die von dir gewählten Umbrüche seltsam, völlig meiner Lesart nicht entsprechend


Wir gingen auf den Bildern
als sei es der Tag unserer (einer) hohen Zeit (nur eine Idee*)
Im Faltenwurf meines Kleides:
Schatten, die unsere Zukunft (oder wie Original, aber keinen Umbruch vor Schatten)

Deine Augen warfen mir blau den Himmel (entgegen) (warfen spielt zwar mit der Phrase Blick zuwerfen etc., für mich klingt es hier aber etwas hart, weil es gerade sich gegen die Wende so abzeichnen muss und das der PhrasenKontext gesprengt ist)
und unter unseren Füßen fügten sich
Steine zu begehbaren Träumen (betretbaren? berührbaren? begehbar klingt etwas umständlich)

Die reichten weit in den Sommer






Die letzte Strophe könnte auch fallen(sie ist nicht ungelungen, fällt auch nicht ab, ich meine nur in Hinsicht auf die Stärke des Gesamttextes), wie ich finde, gerade weil der Satz Die reichten weit in den Sommer hinein rhythmisch und sprachlich fulminant gesetzt ist! (Das ist ganz ganz toll, finde ich, diese Art Takt -- wäre ein umso schöner Schluss @volle Entfaltung seiner Wirkung). Und er enthält ja, die Wende (dass es heute nicht mehr so ist (zudem finde ich bringt die Strophe sprachlich nichts Neues, ohne wirkt es einfach toll)

(das hinein könnte man zudem noch streichen)


Das Wort Bildnis empfinde ich als zu gewichtig, es wirkt auf mich unecht, und darum (weil zuviel) ohne poetische Kraft.




* weil du Hochzeit schon in einigen Texten verwendest hast...ich würde es mal neuer schöpfen und es klingt für mich gut an der stelle?


Liebe Jongliergrüße,
Lisa

edit: Oh, da war ich zu langsam? Bezieht sich alles auf "eben noch nur eine Fassung da ,-))"
Zuletzt geändert von Lisa am 27.09.2007, 16:30, insgesamt 2-mal geändert.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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leonie
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Beitragvon leonie » 27.09.2007, 20:37

Liebe Lisa,

danke Dir für Deinen ausführlichen Kommentar.
Ich probiere Deine Vorschläge für mich aus, vor allem an der "Hochzeit" überlege ich noch.
Ebenso, ob ich die letzte Strophe streichen kann.

Vieles ist so sehr meine Sprache, meine Art zu schreiben (vielleicht auch die verqueren Umbrüche), das scheint mir für mich so zu stimmen. Hm, ich denke nochmal darüber nach.

Liebe Grüße
leonie

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Beitragvon leonie » 29.09.2007, 14:37

Liebe Lisa,

ich habe mal versucht, Deine Anregungen umzusetzen. Aber bin mir selbst mal wieder unsicher, was ich besser finde. Es kommt mir so ein wenig "nackt" am Ende vor. Ich denke weiter drüber nach...

Liebe Grüße
leonie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.09.2007, 15:02

Liebe leonie,

hier:

Wir gingen auf leuchtenden Mosaiken
als sei es eine hohe Zeit


würde ich dann "unsere" hohe Zeit schreiben, wobei mir

"als sei es der Tag unserer hohen Zeit" noch besser gefiele.

Die letzte Strophe fehlt mir bei der neuen Fassung.
Saludos
Mucki

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leonie
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Beitragvon leonie » 29.09.2007, 17:09

Liebe Mucki,

ja, das hatte ich auch überlegt, aber dann hätte ich in der ersten Strophe zwei "unsere/r". Ich muss doch nochmal überlegen, aber in der vierten Zeile möchte ich es ungern streichen...

Danke Dir und liebe Grüße

leonie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.09.2007, 18:04

hm, stimmt leonie,

mir ist jetzt erst aufgefallen, dass du in den vorherigen Versionen zweimal "unsere" in der ersten Strophe geschrieben hast.
Saludos
Mucki

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Beitragvon leonie » 29.09.2007, 18:09

Stimmt, Mucki, das war mir auch gar nicht aufgefallen. Ach, irgendwie ist immer noch der Wurm drin,
Ich überlege auch noch wegen des Schlusses.

Liebe Grüße
leonie

Max

Beitragvon Max » 29.09.2007, 19:31

Liebe Leonie,

ich habe immer mal wieder auf dein Gedicht gelinst, weil ich gelegentlich Anmerkungen hatte und doch nicht den Eindruck geben wollte, als gefiele mir das Gedicht nicht.

Das ganze hat einen Vorteil: meine Einwände haben sich nach und nach verflüchtigt und nun kann ich Dir für dieses in der Endfassung ganz und gar gelungene Gedicht loben. Das offene Ende, in dem die Anfangsideen wieder aufgegriffen werden, gefäält mir sehr.

Liebe Grüße
Max

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Beitragvon leonie » 29.09.2007, 22:57

Lieber Max,

danke Dir. Auch wenn ich selbst noch etwas unentschlossen bin, freue ich mich über Dein Lob.

Liebe Grüße

leonie

Gast

Beitragvon Gast » 30.09.2007, 19:47

Liebe leonie,

mit deiner vorläufigen (End) ;-) Fassung kann ich mich sehr anfreunden.
Die Titeländerung finde ich äußerst gelungen, so bekommt das Gedicht Weite und die Verbindung zwischen "erden" und "Himmel(s)-Augen" trägt dazu bei.
Besonders gefällt mir, dass nun am Ende so viel offen bleibt. "Hohe Zeit" ist um vieles besser als "Hochzeit"...

Einen schönen Sonntagabend
Gerda

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Beitragvon leonie » 30.09.2007, 20:44

Liebe Gerda,

danke Dir, ja, nach längerem Hin-und herüberlegen glaube ich, dass ich es tatsächlich (erstmal?) so lasse.

Liebe Grüße
leonie

Max

Beitragvon Max » 30.09.2007, 20:51

Liebe Leonie,

worauf bezieht sich denn dann genau die Unentschlossenheit? Damit ich wneigstens weiß, wo ich Kritik ansetzen sollte ;-)

Liebe Grüße
Max


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