wandeln

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.08.2007, 11:09

 

wandeln


warum,
wenn ich schreibe
fällt mir das vertrauen
in grünen scherben
aus dem herz

als wäre da ein loch

innenschau,
aushalten bis zur antwort
handgeschliffen
fangen sie das licht ~ weich
wie meerglas am sätzestrand

und heilen



 

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 14.08.2007, 12:56

Hallo Smile,

fantastisches Bild, gefällt mir blendend. Es erscheint mir außerdem dynamisch, ich sehe förmlich eine in langsamer lyrischer Zeitlupe verlaufende Explosion aus bizarren grünen Glasstücken (die grüne "Wörter"-Metapher finde ich ebenfalls originell). Auch das Textlayout bildet die Ausbreitung ab. Am Schluß führt der Zyklus aus dem emotionalen Geben-Nehmen, beziehungsweise Aufschließen-Abschließen heilend wieder zur nächsten Anstauung, die aber auch wieder geheilt werden wird ... Ein schönes optimistisches Gedicht, meine ich.

Exquisit, für meinen Geschmack. Höchstens würde ich vielleicht vor "vertrauen" kein "das" setzen.


Cheers

Pjotr


Edit: "Explosion in Zeitlupe" ist der falsche Begriff, denn ich sehe ein wirklich sanftes Bild, so ein sanftes Fliegen der Scherben in der Schwerelosigkeit, die Scherben fallen in meiner spontanen Wahrnehmung nicht nach unten, sondern in alle Richtungen schwerelos, und glitzernd, und dahinter eine strandartige Umgebung ...

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.08.2007, 09:23

Hallo Pjotr,

das ist ein wunderschöner Kommentar. Danke! Auch für dein Bild, das sich bei deinem lesen entwickelt hat. Diese in Schwerelosigkeit schwebenden Scherben (in lyrischer Zeitlupe, das ist ein toller Begriff!) gefällt mir sehr gut. Ich denke auch, dass es ein optimistisches Gedicht ist. Und den Zyklus hast du sehr fein erfasst.

(Über das "das" bin ich mir noch nicht schlüssig. Im Moment brauche ich es noch.)

liebe Grüße smile

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 15.08.2007, 10:25

Hallo Smile,

danke ebenfalls. Ich meine nun auch, wahrscheinlich wie Du, dass dieses "das" nicht fehlen darf wegen der Bestimmtheit. Nur vom Klang her fand ich die Zeile, verglichen mit dem Rest, klanglich einen winzigen Hauch zu kantig. Um ohne "das" auszukommen, aber das "Vertrauen" trotzdem nicht allgemein deuten zu lassen, könnte es vielleicht so gehen:

fällt mein vertrauen

Edit: Nein, vergiss es. Da fehlt die richtungsweisende "mir"-Quelle. Dein Original ist viel besser.


Cheers

Pjotr


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