kein entrinnen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 18.05.2007, 21:11

kein entrinnen

auf deinen lippen
verblaßt das gestern
im fahlen lichtschein
schatten die geister

und du

weißt für diese eine nacht
brennen die zeiger
fesseln dich
flamme und schwert

und er

der aus dem nebelreigen steigt
ergreift deine schaudernde hand
und führt dich den weg
der dunkelnden wasser...

1. Version

auf deinen lippen
verblaßt das gestern
im fahlen schein der lampe
schatten die geister und du

weißt für diese eine nacht
brennen die zeiger
fesseln dich
flamme und schwert

und er

der aus dem nebelreigen steigt
ergreift deine schaudernde hand
und führt dich den weg
der schweigend schwarzen wasser...

Änderungen aufgrund der Hinweise von scal. Danke!
scarlett, 2007
Zuletzt geändert von scarlett am 23.05.2007, 12:51, insgesamt 2-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 18.05.2007, 22:25

hallo scarlett!
schon in der ersten strophe fällt mir "schatten die geister" angenehm auf. dagegen verblassen dann allerdings für mich formulierungen wie "verblasst das gestern".
ganz stark für mich die zweite strophe. auch wenn sie grammatikalisch ein wenig in die irre führen will.
"nebelreigen" liegt mir persönlich nicht so. ich muss an grillparzer denken und schubertsche vertonungen
das ende kommt ein wenig mystisch daher, aber mir gefällts.

lieben gruß: Niko

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 18.05.2007, 22:49

Liebe scarlett,

ich kann nicht behaupten, dass ich die Aussage Deines Textes verstanden habe, ich mutmaße noch und werde wohl öfter lesen müssen. Vor allem die letzten beiden Verse der zweiten Strophe verschließen sich mir noch. Die letzte Strophe scheint mir da schon etwas klarer, aber ich werde mich jetzt trotzdem mit meinen Deutungsversuchen noch zurückhalten.

Dennoch sprechen mich Deine Verse sehr an und vor allem freue ich mich, Dich endlich hier wieder zu lesen!!!

Liebe Grüße
Jürgen

Herby

Beitragvon Herby » 18.05.2007, 23:16

Hallo scarlett,

ich bitte um Nachsicht, wenn meine Wortmeldung jetzt nichts Tiefsinniges zu Deinem Gedicht enthält, da es mir ähnlich wie Jürgen und zum Teil Niko ergeht. Die zweite Strophe mag mich noch nicht :confused:

Ich wollte eigentlich nur loswerden, dass ich es sehr schön finde, dass Du wieder da bist!

Herzliche Grüße
Herby

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 18.05.2007, 23:26

Liebe Scarlett,

das ist ja richtig unheimlich!
Ich denke an einen toten Ritter, der die Liebste ins Totenreich entführt.

Kann das sein?

Lieben Gruß
ELsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.05.2007, 01:38

Liebe scarlett,

schön, dich wieder zu lesen,-)

Dein Gedicht ist wirklich richtig unheimlich. Ja, ich denke auch ans Totenreich. Dass der Geist des früheren Geliebten das LI mit sich nimmt.

Mir gefällt, wie du den Schatten hier zum Verb machst und das "weißt" hier auch anders verwendest.
Nebelreigen könnte man vielleicht durch Nebelschwaden ersetzen?
Saludos
Mucki

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 19.05.2007, 08:29

Hallo scarlett,

das gefällt mir sehr, die "schwarze" Stimmung ist schön in Szene gesetzt.

Vielleicht überdenkst du das "fahl" in Strophe 1. Das ist (für mich) nicht stark genug.

der aus dem Nebelreigen steigt gefällt mir, erinnert mich an die erste Kurzgeschichte von Stephen King, die ich gelesen hab (Kinder des Mais).

Gruß

reimerle

Maija

Beitragvon Maija » 19.05.2007, 17:53

Liebe scarlett,

Also gruselig (unheimlich) finde ich dein Gedicht nicht. Eher versunken in den Tiefen und mich erinnern die Bilder an Heine: "Ich bin das Schwert, ich bin die Flamme" und natürlich, Nietzsche.

der schweigend schwarzen wasser...


Ich grübel mal noch ein wenig, werde dein Gedicht später nocheinmal lesen.

Gruß, Maija

Max

Beitragvon Max » 19.05.2007, 21:07

Liebe Scarlett,

ich lese das Gedicht nicht schaurig, sondern als ein Gedicht vom Abschied.
Dabei sticht in meinen die 2. Strophe qualitativ heraus und spricht micht am meisten an. Besonders die brennenden zeiger halte ich für ein sehr originelles und mir unbekanntes Bild.

Bei den "nebelreigen" und dem
schweigend schwarzen wasser


kommst du mir trotz alliteration ein wenig dicht an Schauergeschichten heran.

Liebe Grüße
Max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.05.2007, 22:36

Max hat geschrieben:ich lese das Gedicht nicht schaurig, sondern als ein Gedicht vom Abschied.

Bei den "nebelreigen" und dem
schweigend schwarzen wasser


kommst du mir trotz alliteration ein wenig dicht an Schauergeschichten heran.

Liebe Grüße
Max


also doch schaurig, Max?

Also, ich finde es schaurig gut, liebe scarlett,-)
Saludos
Mucki

scarlett

Beitragvon scarlett » 20.05.2007, 11:10

Einen wunderschönen Sonntagmorgen,

und habt alle lieben Dank für eure Gedanken und Anregungen zu meinem Gedicht.

Ich finde sie sehr interessant, man kann diese Zeilen sicher als etwas Mystisches lesen, als "Schauergeschichte", als etwas, was mit dem Totenreich zu tun hat und doch:
etwas ist außer Acht geblieben, nämlich etwas, was man oft die "Vorstufe" zu Tod usw. nennt, nämlich den Schlaf, den Traum...

Es ging mir um diesen Schwebezustand zwischen Wachsein und Traum, wo sich die Grenzen verwischen zwischen konkret/real (etwa der Schein der Lampe Indiz für Abend/Nacht, sowie das "du weißt") und phantastisch/imaginär/surreal (der Rest), der Moment bevor man endgültig "hinübergleitet" in die manchmal düstere Welt der Träume.

Aber nun zu den einzelnen Aspekten:

"schatten die Geister" --- natürlich ist das eine Verdrehung von geistern die Schatten.
Das können zum einen ganz konkrete Schatten sein, es können aber in dem oben erwähnten Kontext auch die Schatten der Vergangenheit sein, die Erinnerungen, die hochkommen.

Das „fahl“, reimerle, hab ich deswegen gewählt, um zu verdeutlichen, daß selbst der schwache Schein der Lampe ausreicht, um alles Vorherige (das Gestern, was bei Tage klar zu sein scheint) zu verwischen, auszulöschen. Was würdest du dafür als Ersatz vorschlagen?

„du // weißt für diese eine Nacht“ ---- daß diese Schatten, die Vergangenheit, die Erinnerungen, ergänzt um Phantasien die Oberhand gewinnen werden, daß das lyrIch sich ihnen überlassen wird, daß sie es gleichsam mitnehmen werden.

„brennen die Zeiger“ ----- d h die Zeit ist aufgehoben, „zählt“ nicht mehr, ist der Moment, wo sich alles verwischt, wo alles ineinander übergeht. Für diese Zeile gebührt Niko mein Dank, meine „Ur-version“ hatte an dieser Stelle eine zu deutliche Formulierung und kein richtiges Bild. Ich weiß zwar nicht, Niko, ob du dieses Bild so verstanden wissen wolltest, aber für mich hat es 100% gepaßt!

„es fesseln dich“ und „schaudernde Hand“ ---- soll den Gegensatz zwischen Faszination einerseits und Angst/Widerwillen sich fallenzulassen verdeutlichen

„Flamme und Schwert“ ----- kommen sicherlich etwas „martialisch“ daher aber: im Zusammenhang mit einem „er“ – dem große Bedeutung zukommt, (was allein schon an der Setzung abzulesen ist, vielmehr aber noch, dass es ebenso wie die beiden als drittes Subjekt zu „fesseln“ gehört) hatte ich bei diesen Worten an die leidenschaftlichen, "heißen" aber gefährlichen, fast schon destruktiven Elemente der Beziehung gedacht, die ebenso faszinieren wie abstoßen können.
Ihnen überläßt sich das Ich schließlich – im Traum, in der Phantasie kann es das ja tun – geht mit

den Weg „der schweigend schwarzen Wasser“.....

(Hihi.... grade denke ich auch sehr „erotisch“ darüber –)

Der Titel schließlich soll auf das Ausgeliefertsein des Ich in dieser Situation hinweisen.

„Nebelschwaden“ hatte ich auch mal angedacht, Mucki, aber die kamen mir zu bekannt, deswegen wieder verworfen.

So, das wars zunächst mal von meiner Seite.

Euch allen, Niko, Jürgen, Herby, Elsa, Mucki, reimerle, Maija, Max ....

ganz liebe Sonnengrüße,


scarlett

Scal

Beitragvon Scal » 20.05.2007, 12:24

Liebe scarlett,

vielleicht ist die Schlusszeile mit dem

schweigend schwarzen Wasser

ein etwas zu starkes Bild in diesem Zusammenhang.

"der dunkelnden Wasser"

z.b. könnte ich mir als Möglichkeit gut vorstellen.

Vom der Stimmung her und vom Lesefluss aus gesehen wäre eine Alternative zu

im fahlen schein der lampe:

in fahlem Lichtschein

(was ja auf Lampenlicht hinweisen würde).

Nach

weißt

wäre dann ein Zeilenumbruch denkbar.

Statt

ergreift

nur greift ?

Na ja, eine Variante halt. Spannend, deine Zeilen.

Lieben Gruß
Scal

scarlett

Beitragvon scarlett » 20.05.2007, 14:06

Hallo scal,

ja im "fahlen Lichtschein" würde mir gefallen.

Zu den "dunkelnden Wassern" - gefällt mir zwar, aber darüber will ich noch nachdenken, es ist nicht so stark wie meine Variante, hätte aber deutlicheren Bezug zur Nacht, zu den Träumen, die ja auch eigentlich allmählich einsezten, das leistet das Präsenspartizip hier besser. Hmmm.... mal sehen.

Den Zeilenumbruch will ich eigentlich so belassen, wie er jetzt ist.

Eine Frage noch: wo genau siehst du den Unterschied zwischen "greifen" und "ergreifen"?

Liebe Grüße und Danke!

scarlett

scarlett

Beitragvon scarlett » 23.05.2007, 12:52

Hallo,

ich habe jetzt nochmal leicht geändert und dabei scals Vorschläge aufgenommen.

Ich denke, jetzt ist es fertig und ok.

Grüße,

scarlett


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