splitterweg

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.04.2007, 00:14

3. Fassung

splitterweg

barfuß
tritt sie in die scherben
spitzen bohren
durch und durch


und doch

geht sie
blutend
immer weiter

solange ihr rot fließt
spürt sie
leben


2. Fassung

splitterwege

barfuß
tritt sie in die scherben *
spitzen bohren
durch und durch

und doch

geht sie
blutend
verbissen
weiter
immer weiter

solange ihr rot fließt
spürt sie
leben

* "die" vor Scherben wieder eingesetzt


1. Fassung

splitterwege

langsam
ganz langsam
trete ich weiter
in blutscherben
immer weiter
und weiter

spitzen bohren
und bohren
barfuß
durch und durch

solange
ich den schmerz spüre
lebe ich

© Mucki
30.03.2007
Zuletzt geändert von Mucki am 04.04.2007, 22:42, insgesamt 3-mal geändert.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 04.04.2007, 19:11

Hm. Ich schreibe zwar immer mal wieder ein kritisches Wort, aber im Endeffekt gefallen mir die "ersten Fassungen" dann doch immer besser als die "Reparaturversuche"....

Da du ja um einen Vorschlag meinerseits gebeten hattest, erlaube ich mir, an deinem Text ein wenig herumzuschrauben. Nur so als Anregung das "durchbohren" statt "und bohren" in Abschnitt 2, Zeile 2; Das "variiert in der Wiederholung" im Falle des Bohrens, und du hast ein "und" weniger im Text. Den Schlussabschnitt habe ich etwas anders aufgeteilt und den Artikel weggelassen; dadurch kommt für mich die mir so unangenehme Formelhaftigkeit weniger durch, auch weil nun (zumindest für mich) auch die Zeilen für sich betrachtet etwas bieten, die Zusammenstellungen "ich schmerz" und "spüre lebe".

So. Ich hoffe sehr, ich habe nicht noch weiter für Verwirrung gesorgt. Insgesamt, wie gesagt, würde ich deine erste Fassung vorziehen - mit oder ohne einer meiner Anregungen ;-)



splitterwege

langsam
ganz langsam
trete ich weiter
in blutscherben
immer weiter
und weiter

spitzen bohren
durchbohren
barfuß
durch und durch

solange
ich schmerz
spüre lebe
ich
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.04.2007, 19:49

Hallo ferdi,

oft kommt man zur Urfassung zurück, stimmt.

Doch sehe ich meine 2. Fasssung nicht als "Reparaturversuch". Ich habe die dritte Person gewählt und das barfuß ganz nach oben gesetzt und zudem den Schluss komplett geändert. Ich sehe darin eine ganz andere Fassung.

Dein Vorschlag überzeugt mich nicht, ferdi. Es führt durch das "durchbohren" und die Umstellung am Schluss, meiner Meinung nach, nicht zu einer Veränderung. Ist "quasi" identisch.
Trotzdem danke dir,-)
Saludos
Mucki

scarlett

Beitragvon scarlett » 04.04.2007, 20:23

Liebe mucki,

das gefällt mir jetzt noch um längen besser!

Ob nun 3. oder 1. Person- das kannst allein du entscheiden!

Aber barguß am anfang und das fließende rot - ich bin begeistert!

scarlett

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leonie
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Beitragvon leonie » 04.04.2007, 21:20

Liebe mucki,

ich gucke hier gerade mal wieder vorbei und finde auch, dass Dein Gedicht sehr gewonnen hat durch die Änderungen. Klasse!

Liebe Grüße

leonie

Perry

Beitragvon Perry » 04.04.2007, 21:26

Hallo Mucki,
ich möchte auch gerne noch ein paar Gedanken zu diesem tief berührenden Text loswerden.

Einmal könnte ich mir eine Konkretisierung der Scherben durch einen Artikel hier gut vorstellen, weil z.B. "die Scherben" einen metaphorischen Bezug zu ihrem Leben herstellen könnten.

Weiter ist mir das "verbissen" zu deutlich, weil es mir die Möglichkeit nimmt andere Bewegründe Gründe für mich als Leser zu erahnen. Das zwanghafte Weitergehen liest sich auch so zwischen den Zeilen.

LG
Manfred

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 04.04.2007, 21:28

Hallo Mucki

Und ich verwirre jetzt vollkommen, wenn ich schreibe, dass ich die ursprüngliche Fassung besser finde. Sie erschien mir griffiger. Wichtig ist aber, dass es Dir gefällt und für Dich stimmig ist.

Schönen Abend

Jürgen

Max

Beitragvon Max » 04.04.2007, 22:03

Liebe Mucki, lieber Jürgen,

mir geht es ähnlich, insbesondere empfinde ich einige der zwischendurch diskutierten Versionen als besser. Für mein Gefühl distanziert sich das Gedicht in der dritten Person von seiner Aussage weg.

Liebe Grüße
Max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.04.2007, 22:25

Liebe scarlett,

fein, dass dir die 2. Fassung besser gefällt!

Ob nun 3. oder 1. Person- das kannst allein du entscheiden!


Ich hab mich für die 3. Person entschieden, ist stimmiger für mich.
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.04.2007, 22:29

Liebe Leonie,

ich gucke hier gerade mal wieder vorbei und finde auch, dass Dein Gedicht sehr gewonnen hat durch die Änderungen. Klasse!


das freut mich, danke dir!

Lieber Manfred,

Einmal könnte ich mir eine Konkretisierung der Scherben durch einen Artikel hier gut vorstellen, weil z.B. "die Scherben" einen metaphorischen Bezug zu ihrem Leben herstellen könnten.


Ich hatte "die" drin, habs dann wieder rausgeworfen, aber du hast Recht, es muss doch rein *g*.

Weiter ist mir das "verbissen" zu deutlich, weil es mir die Möglichkeit nimmt andere Bewegründe Gründe für mich als Leser zu erahnen. Das zwanghafte Weitergehen liest sich auch so zwischen den Zeilen.


An dieser Stelle überlege ich noch, ob ich dieses Passus so lasse oder nicht. Hab mir sozusagen die Zähne an diesem "verbissen" ausgebissen ;-)
Saludos
Mucki

Max

Beitragvon Max » 04.04.2007, 22:34

Liebe Mucki,

Ich hab mich für die 3. Person entschieden, ist stimmiger für mich.


so weit hatte ich es mir gedacht - nur warum?

Liebe Grüße
max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.04.2007, 22:37

Hallo Jürgen und Max,

im Moment ist die 2. Fassung für mich stimmig.

Max, die dritte Person ist für mich stimmiger, rein intuitiv. Ich kann das nicht konkret begründen.

Evtl. nehme ich das "verbissen" noch raus und das "immer weiter". Den Titel werde ich gleich noch ändern in "splitterweg".
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.04.2007, 22:46

So, habe jetzt eine 3. Fassung eingestellt.
Die ist es für mich. Das "verbissen" habe ich doch gecancelt und ein "immer".
Danke euch für die vielen Kommentare,-)
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 09.04.2007, 18:54

Liebe Mucki,

Ich finde die 1. Fassung sehr berührend. Es mag am "Ich" liegen und auch daran, dass
ich das "langsam" bedeutend finde für die Schmerzverstärkung, die signifikant für Selbstverletzung ist.

Blutscherben würde ich auch lieber als Scherben und blutende Füße sehen.
Das Ende würde ich verändern:

nur wenn
ich den schmerz spüre
lebe ich


oder

nur durch schmerz weiß
ich mich am leben


wäre meine Wahl. Denn darum geht es eigentlich in derartigen Situationen.

Lieben Gruß
ELsie
Schreiben ist atmen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.04.2007, 20:01

Liebe Elsie,

Ich finde die 1. Fassung sehr berührend. Es mag am "Ich" liegen und auch daran, dass
ich das "langsam" bedeutend finde für die Schmerzverstärkung, die signifikant für Selbstverletzung ist.


ich weiß, du denkst an SVV und BDS, aber dies ist hier eben nicht das Thema.

nur wenn
ich den schmerz spüre
lebe ich

oder

nur durch schmerz weiß
ich mich am leben

wäre meine Wahl. Denn darum geht es eigentlich in derartigen Situationen.


Wenn es um BDS ginge, ja. Aber hier ist das Ich eben nicht aktiv in dem Sinne, dass es sich selbst den Schmerz zufügt, sondern das Leben tut es und das Ich geht weiter, immer weiter, von Tag zu Tag, kämpft sich jeden Schritt weiter, im Wissen, es lebt noch. So lange es die Schmerzen noch spüren kann, "lebt" das Ich, ist noch nicht tot. Verstehst, wie ich das meine?

Den letzten Passus habe ich geändert (von der Ursprungsfassung, damit nicht die Assoziation kommt, die weiter oben genannt wurde).

Sicher, in Ich-Form ist es noch sehr viel intensiver. Max fragte ja auch, warum ich auf die dritte Person änderte. Ich brauche hier die Distanz, deshalb habe ich die 3. Person gewählt.
Saludos
Mucki


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