Ansichten (vorher Entdecker)

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Jürgen

Beitragvon Jürgen » 28.01.2007, 21:09

Während Du
den mächtigen Baum
betrachtest,
seine majestätische Krone
bewunderst,
dich aufrichtest,

beuge ich mich
und streiche
über das Moos,
lasse meine Hände
atmen.

Was kriechst Du auf der Erde,
höre ich dich fragen.
Ich lächle.


Erste Version

Während Du
den mächtigen Baum
betrachtest,
seine majestätische Krone
bewunderst,
dich aufrichtest
und größer scheinst
als Du bist,

beuge ich mich
und streiche
über das Moos,
lasse meine Hände
atmen.

Was kriechst Du auf der Erde,
höre ich dich fragen.
Ich lächele.
Zuletzt geändert von Jürgen am 31.01.2007, 22:13, insgesamt 2-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 29.01.2007, 22:16

Wie wäre "Am Boden" oder "Fingerspitzen(gefühl)" "Oben und Unten" oder "Unten und Oben", "Von unten", irgendetwas in dieser Art.

Ich finde es übrigens auch gut, dass Du den Schluss so lässt!

Liebe Grüße

leonie

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annette
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Beitragvon annette » 29.01.2007, 22:23

Ja, Jürgen, der direkte Anschluss "dich aufrichtest, / beuge ich mich" macht das Bild noch viel deutlicher. Ich sehe jetzt das Du, das etwas braucht, das es bewundert, zu dem es aufblickt, während das Ich sich gerne zu etwas hinablässt. Das ist sehr schön herausgearbeitet.

Ich sehe jetzt auch, dass die Wertungen in gewissem Maße genau so gemeint sind. Das zeigt das Lächeln als wortlose Antwort des Ich, das natürlich in gewisser Weise auch dem Du gegenüber herablassend ist.

Dann stimmt es auch für mich so.

Gruß, annette

Gast

Beitragvon Gast » 29.01.2007, 22:44

Lieber Jürgen,

was mächtig und majestätisch angeht habe ich gestern extra noch einmal nachgesehen, weil auch ich glaubte, die Wortbedeutung sei so gut wie identisch.

Hier:
majestätisch:
http://www.canoo.net/services/Controlle ... et&lang=de
Duden
1. ma|jes|tä|tisch <Adj.>: a) Erhabenheit, Größe erkennen lassend: der -e Anblick der Berge; b) hoheitsvoll, ...


mächtig:
http://www.canoo.net/services/Controlle ... et&lang=de

Duden:
1. mäch|tig <Adj.> [mhd. mehtic, ahd. mahtig]: 1. a) große →Macht, Gewalt besitzend od. ausübend, ...

Vielleicht kannst du damit etwas anfangen.

Liebe Grüße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.01.2007, 23:59

Hallo Jürgen,

mit der zweiten Fassung hast du eine gute Lösung gefunden!
Du hast Recht, lässt du den dritten Vers weg, fehlt die zusätzliche Ebene der Verständnisprobleme zwischen den beiden.
Saludos
Magic

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 30.01.2007, 10:12

Hallo Magic, pandora, Annette, Gerda, Leonie,

ja, ich denke auch, so ist es bis auf den Titel stimmiger.

Danke pandora und leonie für Eure Vorschläge bezüglich des Titels, aber so ganz spricht mich das Genannte noch nicht an. Ich suche noch.

Danke Gerda für Deine Infos. So kenne ich die Bedeutung der beiden Wörter.

Euch allen nochmal Danke :daumen:

Schönen Tag

Jürgen

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 30.01.2007, 15:58

Lieber Jürgen,

wieder ein toller zarter Vergleich, ohne belehrend (die gestrichenen Verse tragen dazu bei) zu wirken, die Seele deiner lyr. Ichs gefällt mir! Es ist ganz schön schwer, solche Aussagen wie deine in einem Gedicht zu transportieren, ohne banal zu werden - das schaffst du jedes Mal sehr gut!

Ich fände es eine Überlegung wert, das "dich aufrichtest" in ein "aufblickst" zu ändern, was zwar weniger ein körperlicher Akt ist als das aufrichten, aber letzlich die gleiche Bedeutung hat und so auch als Gegenspieler zum beugen (hinab dazu?) bleibt (sonst vielleicht streckst?), ich assoziiere nämlich mit dem aufrichten hier (weil es sprachlich keine Bezüge hat?) sexuelle Anspielungen, die hier nicht so gemeint sind (aber wahrscheinlich geht das nur mir so und ich schäm mich auch dafür :love: , wollte es aber trotzdem anmerken).

Zudem finde ich aufsehen als suggestiver, denn es gibt ja nicht nur die Ebene Baum (allgemein angesehenes Symbol, majestätisch) vs. Moos (Unkraut, am Boden, unansehnlich), sondern auch die Ebene, wie die Wahl bezüglich dessen, was er als ansehnlich empfindet, von einem Mensch auf ihn selbst zurückwirkt und seine eigeen Ansehnlichkeit bestimmt!
Menschen, die Bäume als stattlich emfpfinden, sind in deinem Text auch die die selbst größer (aufrichten) werden, also im übertragenen Sinne dem Baum ähneln, also angesehener sind. Hinabbeugen verkleinert (das Ansehen).

Vielleicht wäre, wenn dir das aufblickst als Wort nicht gefällt, weil es den Vergleich nicht klar genug zeiht, auch die Variation möglich:

Während Du
den mächtigen Baum
betrachtest,
seine majestätische Krone
bewunderst,
dich streckst
und doch nicht
an die süßen Früchte kommst

beuge ich mich (hinab)
und streiche
über das Moos,
lasse meine Hände
atmen.

Was kriechst Du auf der Erde,
höre ich dich fragen.
Ich lächle.


Nur so eine Idee, die mir kam...

Als Titel gefiele mir "Ansichten" oder "Ansehen" ganz gut, danach gefallen mir Entdecker und pans Unterschiede am besten.

Ich hab das gern gelesen,
Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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leonie
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Beitragvon leonie » 30.01.2007, 16:11

Liebe Lisa,

nicht böse sein, aber die süßen Früchte gefallen mir in diesem Zusammenhang gar nicht. Ich denke an eine uralte Linde, Eiche, Buche, gerade auch wegen des Mooses. Eher an Wald als an Obstgarten. OUnd einzelne Obstbäume sehe ich immer mit Wiese drumrum, eher ohne viel Moos.
Ich finde, der Text sagt auch ohne Früchte alles aus.

Liebe Grüße

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 30.01.2007, 16:17

Liebe leonie,
na da bin ich doch nicht böse! Unsere Obstbäume im Garten hatten immer besonders viel Moos an sich und um sich (wie in Ulm ;-)). Aber mächtig, ja stimmt schon, Obstbäume sind eher klein, das passt nicht.
Ich plädiere trotzdem gegen (kann man das? @gegen, wenn nicht, nehme ich stimme) das aufrichten. Wie wäre es denn das bewundern zu einem partizip zu machen?

Während Du
den mächtigen Baum
betrachtest,
dich zu/in Richtung seiner
majestätischer Krone
bewundernd aufrichtest

? Hm, vielleicht auch noch nicht rund?

(Mein Baum, den ich bewundern würde, hätte immer Früchte ;-))

Liebe Grüße,
Lisa
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leonie
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Beitragvon leonie » 30.01.2007, 16:26

Liebe Lisa,

echt? Naja, Eichen und Buchen haben ja auch Früchte, aber eben unscheinbarer und nicht süß. Komisch, mir geht es genau anders, ich bewundere die Bäume am meisten, die keine Früchte haben, die für den Menschen (besonders) nützlich oder wohlschmeckend sind. (Vielleicht hängt das damit zusammen, dass ich in den letzten Jahren zu oft im "Alten Land" gewesen bin und die zurechtgestutzten "Obstbäume" dort einfach nur furchtbar finde. Ein Bild dessen, was Menschen anrichten, wenn sie aus allem möglichst viel Profit schlagen wollen. Hm, war jetzt ziemlich off-topic...)

Liebe Grüße

leonie

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Beitragvon leonie » 30.01.2007, 16:30

Hm, gerade fällt mir als Titelidee (von Lisa inspiriert) noch "Angesehen" ein.

Liebe Grüße

leonie

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 31.01.2007, 22:12

Hallo nochmal

@ Lisa
Vielen Dank für Deinen Kommentar. Du bringst mich immer noch mal zum Reflektieren. Finde ich toll.
Zum Wort "Aufrichtest". An Deine Assoziation habe ich ehrlich gesagt, überhaupt nicht gedacht :-) . Was mich an "Aufblicken" stört, ist das der Inhalt meines Erachtens unterschiedlich ist. Ich wollte beschreiben, wie LyrDu beim Anblick des Baumes sich aufrichtet, die Brust herausgestreckt. Aufblicken finde ich zu wenig. Außerdem gefällt mir der Übergang aufrichtest - beuge inzwischen richtig gut (Danke nochmal an die Anderen für die Hilfe). Ich möchte das lieber so lassen.

Ansichten trifft es als Titel besser als Entdecker. Das möchte ich gerne übernehmen.

Übrigens, ich dachte auch eher an Eichen, Buchen und ähnliches (mächtig, majestätisch) aber das soll der Leser assoziieren, wie er/sie gerne mag.

Schönen Abend

Jürgen


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