Lieber carl,
deine Rückmeldung hat mich – wieder einmal berührt – danke für diese nahe Lesart des textes. Ich will diesmal versuchen, nicht sprachlos zu bleiben.
Zum Anfang: Dein Verweis, dass der Anfang ein Selbstgespräch sei, hat mich entgültig überzeugt, den Anfang stehen zu lassen wie er steht, ich habe da lange geschwankt, einfach, weil mir beides relativ möglich erschien. Ich glaube, ich arbeite gerade noch daran, herauszubekommen, wie ich diese Passagen allgemein sprachlich in dem Text einlasse. Vielleicht ergibt sich das erst nach und nach. Selbstgespräch trifft es für mich aber sehr, weil es auch ein „bewusstes“ (im Sinne von trotzig) Ausgrenzen von anderen Perspektiven beinhaltet.
Auch beim grasen gebe ich dir recht, besonders, da du den Bezug zum Park erwähnst, mir ist nämlich wichtig, dass man keine Vorgärten damit assoziiert. Auch die Verbindung von äsen und „scheu“ hat mir noch mal gezeigt, dass das bewusst schief Idyllische dadurch wohl nicht klar genug wird.
Allgemein überlege ich an dieser Stelle, weil ja einige die Passage „positiv“ idyllisch gelesen habe, dort entweder noch mit einem adjektiv zu arbeiten oder mit einem „anstatt“, was gewagt wäre, aber zu dem gewagtem „gewitter unter ihre Schwingen zu ahnen“ passen würde, also vielleicht:
Diese Stadt
in deren Gärten
öde (tote, starre???) Bronzefohlen grasen
Oder
Diese Stadt
in deren Gärten
Bronzefohlen
anstatt grasen
Ich weiß, das wäre wieder sehr waghalsig....aber eigentlich gefällt es mir. Bitte hier Rückmeldung von anderen auch!
Mit dem „im“ und „in“ bin ich jetzt (scarlett, du hattest das in ja auch geschützt?) verunsichert...ich will sagen, dass ...ja, wie wenn ich sage: Der Baum, der Tisch der Mann wird nass vom Regen, wobei es ein starker Regen ist. Im Regen stehen sagt man ja auch im übertragenen Sinne...achherje, hier bin ich nun unentschlossen, tendiere aber immer noch zu im.
Was du zu dem Gebrauch der Verben schreibst, gefällt mir, ja, du hast für mich die Nuance gut getroffen – und das beim ersten Lesen der Verdacht eines Tipp- oder Schreibfehlers auftaucht macht mir nichts, das macht auch der Kontext hier. Stände der text in einem Buch mit dem Titel: „Wichtige Texte der Weltliteratur zur ergötzenden Interpretation bereitgestellt“ und stände darunter ein wichtiger Name, würde es sicher keiner für Unabsichtlichkeit halten. Eine Lisa in einem Lyrikforum kann allerdings (und das völlig zurecht! Siehe im/in

, ich meine das ernst!) schon mal so anmuten, als sei das unabsichtlich, weil mir eben auch Dinge unabsichtlich passieren.
Mit der Unterteilung in Touris und lyr. Ich und die verschiedenen Wahrnehmungen bin ich dagegen nicht ganz einverstanden, wenn du mich darauf auch darauf gebracht hast, diesen Unterschied nachzuspüren, den ich da kennzeichne...es ist nämlich eher der eigene Blick des lyr. Ich’s auf die vielleicht zunächst schön zu nennenden Orte in der Stadt – ein wenig das pendeln zwischen lieben, verwunschen sein, zuhause und hassen...die Schwere spüren...aber du hast recht, es wird auch nach gewünscht, diesen Blick nach außen zu tragen, um anderen es zu zeigen – (entgegenwirken der Zeile: Und keiner kennt dich)
Dazu eine Anmerkung: Wenn Du, Lisa, Sprache über den üblichen Sinn hinaus gebrauchst (was ja auch mit Aufgabe eines Gedichtes ist), müsste das sprachliche Mittel zwei-, besser dreimal wiederholt werden, damit es als stilbildend wirkt und der Leser es als solches erkennt. Ich bewege mich als Interpret sonst ins frei Phantastische, wenn ich sage:
Das lyrische Ich lässt die Dinge, die Landschaft etwas für sich aussprechen, dass es niemals sebst sagen würde!
Und gleichzeitig versucht es diese Spur zu vertuschen.
Carl, ich finde finde diese Anmerkung sehr stark und hilfreich, ichs timme dir voll zu!, ich versuche daran wirklich noch mehr zu arbeiten, ich springe noch zu sehr in den Bildern umher, letztlich schreibe ich die Texte für seinen noch stärkeren Aufbau auch zu schnell – ohne „genauere Überprüfung“ der Bildabfolge, des Gebrauches...du hast absolut recht...
Lieber aram an dieser Stelle: ich glaube das ist auch der wichtigste Punkt, auf den ich bei dir eingehen möchte – ich hoffe, dass ich in Zukunft an der Verknüpfung und dem Aufbau des Textes noch stark arbeiten werde, auch wenn du letztlich schon um Teil von dem Text ergriffen wirst, denke ich, dass ich daran noch arbeiten kann und muss. Auch wenn ich eine gewisse Indifferenz sicher immer beibehalten werde, denn von ihr „bin ich geprägt“...danke an dieser Stelle auch für all deine Ausführungen...interessant ist auch, welche Passage du als „saugut“ kennzeichnest...die wohl am offensten und ehrlichsten (in meinen Augen aber auch am wehleidigsten, womit ich mich sehr schwer tue
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)....ich glaube auch solche Ausdrücke muss ich noch ausarbeiten...wobei ich persönlich ja die pfennige am mir am nächsten finde

Erst beim dritten Lesen ging mir nämlich das ungeheuerliche, das sublim gewaltsame der Eulen auf, die lautlos bei Nacht ihre Krallen in den Schlaf treiben!
Und niemand anders legt ihnen die wahnsinnige Spannung eines Gewitters zur stillschweigenden Verwahrung unter die Flügel als:
das lyrische Ich selbst!
Erst durch das Alarmsignal der Busse aufgeschreckt, die als zweite Entsprechung und Bestätigung dieses Gewaltaktes an der Grenze (unbedigt Singular!) zur Kindheit zerschellen, aufgeschrekt aus dem wehmütig melancholischen Erinnerungston des Gedichts, habe ich dann die Ungeheuerlichkeit der beiden vorangehenden Bilder wahrgenommen!
Ja! Da kann ich wirklich nur „ja“ sagen. Hilfst du mir auf die Sprünge, warum es für dich Singular heißen muss? Für mich sind es durchaus mehrere grenzen, ganz verschiedener Art, die unterschiedlich stark reflektiert sind und unterschiedlichen Anspruch und Niveau haben...aber ich wäre mehr als gespannt, warum unbedingt eine Grenze?
Lieber carl, tausend dank!
Lieber bela: dir natürlich auch für das Lob, das tut sehr gut!
PS: Hast du eigentlich gesehen, dass dein Totenbuch den zweiten Platz bei der letzten Wahl gemacht hat? Ich mag den text wirklich sehr!