Zuletzt hat sie geweint

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5437
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 18.02.2015, 00:06

Verstecken ist aktiviert
Um diesen versteckten Text lesen zu können, mußt du registriert und angemeldet sein.
Zuletzt geändert von birke am 22.02.2015, 10:35, insgesamt 1-mal geändert.
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 18.02.2015, 16:46

Liebe birke,

ich finde den Text sehr berührend, sehr schön.
Mir ist im ersten Moment fast nicht aufgefallen, dass du schreibst "... vor ihren Augen verloren ging." - einen halben Satz später dann habe ich innegehalten und dachte mir: Moment, wie das? Ich finde das mit Blick auf den Rest des Textes eine ganz wunderbare Formulierung, LyrIch ist offenbar so vieles verloren gegangen in diesen Jahren, und alles läuft in dieser Puppe zusammen. Ganz toll.
Auch die Puppensammlung greift natürlich wunderbar. Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich über die Formulierung "zu ruhigerem Atem finden" denken soll - beim ersten Lesen bin ich darüber gestolpert, aber eigentlich vermittelt es eine sehr nachvollziehbare, fühlbare Atmosphäre und Situation. Je länger ich darüber nachdenke, desto besser finde ich es. Glaube ich.
"Die Erinnerung ist gestochen scharf" - Hiermit habe ich so meine Probleme. Die Erinnerung woran? Den Tod der Mutter? Aber gerade das scheint mir ein Teil der verlorenen Dinge zu sein (womit ich nicht sagen will, dass es für mich wirkt, als hätte Anna hätte den Tod und die Umstände vollständig vergessen, aber sie als klar und gestochen scharf zu bezeichnen passt für mich nicht zu den aufgestauten, unverarbeiteten, verknoteten Gedanken und Gefühlen) Aber vielleicht ist es auch nicht der Tod der Mutter, sondern eine andere Erinnerung und ich bin nur gerade mit Blindheit geschlagen. Die Erinnerung an die Puppe würde für mich in den Rahmen passen, dann aber nicht an dieser Stelle, an der über die Mutter gesprichen wird. Vielleicht aber soll Anna auch nur denken, die Erinnerung sei gestochen scharf (den Gegensatz zum Sehvermögen finde ich übrigens sehr schön!) - wenn es so ist, kommt mir der Satz zu erzählerisch vor, klingt eher beschreibend als nach einer persönlichen Einschätzung des LyrIchs. Insgesamt stört es mich aber nicht sehr, es (unter-)bricht jedenfalls nicht die Stimmung. Ich hoffe es ist halbwegs verständlich warum ich darüber gestolpert bin, aber wie gesagt, vielleicht komme ich da auch einfach gerade nicht auf einen grünen Zweig und es ist definitiv die einzige Stelle des Textes an der ich tatsächlich hängen bleibe :-)
Die relativ nüchterne Schilderung von Annas Reaktion auf den Besuch am Grab ihrer Mutter finde ich auch gut. Ich ganz persönlich würde vielleicht nur Grab, statt Kriegsgrab sagen, das ergibt für mich einen sanfteren Anstieg hin zur wortwörtlichen Bombe am Ende: Grab (oh, sie ist tot) - 1945 (aha, Krieg!) - Bombe (oh...). Den in die Landschaft geweinten Fluss finde ich im Vergleich mit der restlichen Schilderung fast zu poetisch, fast. Irgendwie passt es aber auch, denn sie wird ja davon geschwemmt von den Erinnerungen, und es löst sich ja nun der Knoten. Insofern ist das auch sprachlich hier festgehalten, und das gefällt mir eigentlich gut.

Wie gesagt insgesamt ein sehr schöner Text, der mir wirklich gut gefällt. Ich habe ihn jetzt gerne mehrmals gelesen :-)

LG,
Ellie

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5437
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 18.02.2015, 21:16

hab dank, ellie, für diese schöne ausführliche rückmeldung, freue mich sehr darüber.
also, gemeint ist die erinnerung an die mutter. (was ja plausibel wäre, meine ich.) das scheint aber nicht so hundertprozentig rauszukommen. eventuell müsste ich diese stelle noch präzisieren …?
und das kriegsgrab … ich habe schon solch ein massengrab oder sagen wir spezielle gräber von kriegsopfern vor augen … aber vielleicht ist das für den text ja gar nicht so wichtig? es nimmt natürlich etwas vom schluss vorweg so, stimmt. muss ich mal sacken lassen.
danke sehr nochmals! :smile:
liebe grüße
birke

edit: vielleicht würde es reichen, wenn ich schreibe: "... an diesem besonderen grab" ...?

...und edit 2: die erinnerung an ihre kindheit gestochen scharf?

ich glaube fast, das ist es.
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5437
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 22.02.2015, 10:36

so, zwei kleine änderungen:
ich denke, der erste satz erfordert das plusquamperfekt, nicht das perfekt.
im titel lasse ich es trotzdem so, weil es sich ja sowohl auf den anfang als auf den schluss bezogen lesen lassen sollte.
die stelle mit dem grab habe ich auch geändert.
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 22.02.2015, 15:49

hallo birke,

das Grab gefällt mir so auf jeden Fall besser! :) In meinem Kopf ist es auch ganz klar so ein Kriegsgrab, kein normales Einzelgrab.
Wegen der Erinnerung habe ich nochmal nachgedacht: Vielleicht würde es helfen eine spezifische Erinnerung zu nennen, wie etwa die Erinnerung an ihre Stimme, Umarmungen, das Lachen, ... dann wäre der Bezug zur Mutter ganz klar, aber auch die Abgrenzung zu der verknoteten Erinnerung an ihren Tod. Was meinst du dazu?

Liebe Grüße,
Ellie

DonKju

Beitragvon DonKju » 22.02.2015, 16:46

Hallo Diana,

Du mal in der Kurzprosa unterwegs - interessant.

Ich husche erst mal über den Text:
Verstecken ist aktiviert
Um diesen versteckten Text lesen zu können, mußt du registriert und angemeldet sein.

Aber Du kennst das ja: Es gibt keine Abnahmepflicht. Ich mache lediglich Vorschläge, die vielleicht auch in Deinen Augen dem Text den letzten Feinschliff geben. Die Geschichte selbst ist atmospärisch dicht und nimmt den Leser mit.

In diesem Sinne sei herzelich gegrüßt vom DonKju

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5437
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 22.02.2015, 22:19

hey, ellie, danke nochmals!
ja, die erinnerung ...
vielleicht die erinnerung an "den liebevollen blick"??
oder ist das zu viel/ verquer/ zu gewollt mit den augen, dem sehen und dann noch dem blick??


lieber donkju,
herzelichen dank auch dir!

also, die makuladegeneration (ja, leider ein sperriger begriff) muss bleiben, fürchte ich, zumal diese augenkrankheit, die ja oftmals im alter auftritt, möglicherweise auch von der mangelernährung im krieg herrühren könnte (wie neueste forschungen wohl ergaben). aber vielleicht ist deine umformulierung etwas weniger sperrig
"... ganz im gegensatz zu ihrem abnehmenden sehvermögen aufgrund einer makuladegeneration"?

ich werde mal sacken lassen, so wie auch deine anderen vorschläge. :smile:

liebe grüße
birke
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 23.02.2015, 00:04

Hallo birke,
das könnte tatsächlich etwas viel Sehbezogenes sein, dann. Aber du findest schon was passendes :)
Zu DonKjus Vorschlägen muss ich ehrlich sagen, dass sich der Text so zwar flüssiger liest, aber für mich an Charakter und Ausdruckskraft verliert. Das ist aber sicher Geschmackssache :)

Liebe Grüße

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5437
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 23.02.2015, 21:35

ja, über die erinnerung werde ich noch nachdenken müssen.

ansonsten sehe ich das doch auch wie du, ellie (danke!), dass sich der text zwar flüssiger lesen lassen würde, lieber hannes, aber zu viel verlieren würde. er wäre mir zu glatt, verlöre in meinen augen an profil.
(im übrigen bin ich hier durchaus ab und zu anzutreffen in der kurzprosa! :smile: )

liebe grüße
birke
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

DonKju

Beitragvon DonKju » 24.02.2015, 18:36

Hallo Diana,

nun, unterschiedliche meinungen sind das salz in der suppe. allerdings meine ich persönlich, dass ein guter text sich schon glatt herunterlesen lassen sollte und dadurch keineswegs verliert - aber ok, so denke ich. wenn vor allem die autorin anderer meinung ist, dann akzeptiere ich das selbstredend, denn schlußendlich entscheidet sie über ihren text.

und ich lese auch deine nächsten text in der kurzprosa gern und gebe meinen senf dazu ab.

dazu grüßt der donkju

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5437
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 24.02.2015, 18:52

DonKju hat geschrieben:und ich lese auch deine nächsten text in der kurzprosa gern und gebe meinen senf dazu ab.

das sollte das nicht heißen, lieber donkju. :smile:
du schienst nur so überrascht. ;-)
danke noch mal!
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5437
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 25.02.2015, 08:10

DonKju hat geschrieben: allerdings meine ich persönlich, dass ein guter text sich schon glatt herunterlesen lassen sollte und dadurch keineswegs verliert - aber ok, so denke ich.


hallo hannes,
noch mal dazu, ja, natürlich hast du recht, ein text sollte sich gut lesen lassen.
allerdings habe ich mit dem "glatt" so meine probleme.
in diesem falle werde ich den text wohl so lassen, wie er ist, weil er so für mich stimmt, bzw. deine vorschläge ihn aus meiner sicht nicht "besser" machen würden.
(und da mir zu der erinnerung auch nicht so recht etwas einfallen will derzeit, lasse ich diese stelle auch erstmal so stehen.)
trotzdem herzlichen dank nochmals, hannes!
liebe grüße von der birke
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 7 Gäste