herbstkiesel

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 17.11.2009, 15:27

im wald wind, blätter, verrostetes blech
im plötzlichen lichtstrahl fahriges flimmern,
vögel wirbeln,
entblößt tanzen bäume.

die stimme stockt
kiesel unter der zunge
versteinert.

(versteinert,
gebeugt über den erlentisch,
das licht ist kalt,
im keller rauschen schwarze röhren.
alles hängt nun an einer tasse grünem tee,
dem lichtspiel im tee)
Zuletzt geändert von wüstenfuchs am 19.11.2009, 12:15, insgesamt 1-mal geändert.

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 19.11.2009, 23:48

Liebe Flora,

jetzt hast du mich erwischt ;-)
Ich weiß noch nicht recht warum, aber auch das bringt mich nicht von meiner Lesart ab. Darüber muss ich noch nachdenken, vielleicht kann ich das irgendwann begründen.


Lieber Ben,
das klingt schön. Irgendwo ist da wohl beides drin.

LG,
Ellie

Lydie

Beitragvon Lydie » 20.11.2009, 11:10

Hallo Ben,

Ich find's weiterhin toll und immer besser. Im erneuten Lesen habe ich gedacht, es könnte dadurch noch gewinnen, dass du das erste versteinert weglässt.

die stimme stockt
kiesel unter der zunge

(versteinert, ...

Herzlichst,

Lydie

aram
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Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 20.11.2009, 11:57

hallo ben,

lydies vorschlag finde ich gut. "keller" ist eine unvermittelt auftauchende ortsbezeichnung und ein stark konnotiertes wort, das für mich die bildwelt des textes durchbricht, nachdem bereits der ortswechsel in die 'klammerszene' an den erlentisch stattgefunden hat. ich schriebe eher "unten" z.b.

die 'kiesel unter der zunge', ironisch als 'herbstkiesel' bezeichnet, und der grüne tee, and dem alles hängt - dazwischen ist kein übergang, wenn sich nichts löst, bleibt der tee unangerührt;
auf sein lichtspiel beschränkt, die entfernung von der materie, vom körperlichen, dem der tee verbinden sollte - oder ist das koketterie? vielleicht beides, und der moment des gefangenseins darin.

eine unmittelbare beklemmung, etwas unausgedrücktes, das der text angibt,

und eine selbstbetrachtung, die versucht, sich an der beschreibung eines sekundären geschehens zu stützen -

so kommt dieser text bei mir an.

gern gelesen. liebe grüße.

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leonie
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Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 20.11.2009, 12:34

Lieber Fux,

ich würde diesen Text auch am liebsten so lesen wie er ist. Allenfalls das eine "versteinert" streichen.

Für mich kommt dies dunkle Stimmung gut rüber, die Rettung in der Tasse Tee und ihrem Lichtspiel , das finde ich eine originelle Idee und sehe das Bild vor mir, spüre die Wärme und den darin offerierten Trost.

Ich habe das sehr gerne gelesen!

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 21.11.2009, 11:15

Hai Füx,

was ich an diesem Text besonders schätze: Dass er exemplarisch zeigt, dass Du hier im Salon eine ganz eigene Stimme hast. Bei anderen sind die Herbstblätter beispielsweise golden, kupfern oder aus Messing, bei Dir sind sie verrostetes Blech - und diese ganz unpathetische, nicht verklärende Art, die sich auch leichterhand darüber hinwegsetzen kann ein Wort wie "Tee" nicht gleich zweimal in zwei Versen zu verwenden, mag ich sehr.

Mein Lieblingssatz in diesem Text ist für mich


versteinert,
gebeugt über den erlentisch,
das licht ist kalt,
im keller rauschen schwarze röhren.


Das bringt für mich Poesie und Alltag beinahe magisch zusammen.

Liebe Grüße
Max


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