erwart von keiner wüste

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Hakuin

Beitragvon Hakuin » 05.06.2009, 07:33

erwart’ von keiner wüste


erwart’ von keiner wüste
dass sie blüht

erst wenn der regen
und auch nicht

erst wenn der regen
fällt - genug

erwart’ von keiner wüste
dass sie blüht


© hakuin09


ich hab mal drei nägel in den text geschlagen, auf anraten ;-)
Zuletzt geändert von Hakuin am 09.06.2009, 15:50, insgesamt 2-mal geändert.

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 05.06.2009, 10:36

Lieber Hakuin,

ich erwarte mir schon das Wüstenblühen, und seien es Salzrosen ;-)

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 05.06.2009, 13:24

Hallo Hakuin,

das gefällt mir sehr gut, da man es nicht nur auf die Wüste, sondern auch auf einen Menschen beziehen kann. Diese zweite, offene, in Frage stellende Strophe, stellt für mich ein Zweifeln dar, ein Hinauszögern, das unweigerlich zur dritten Strophe führt. Schön komponiert!

Saludos
Gabi

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 05.06.2009, 14:48

Schau mal, Hakuin:
especialmente para ti, und sie blüht doch ,-)

Bild

Saludos
Gabi

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 06.06.2009, 14:01

hey mucki,
sehr wundervoll ;-)

da gabs mal sonen film....die wüste lebt....hieß der glaube ich....daran bin ich grad erinnert...

salve
hakuin

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 06.06.2009, 14:04

Hey Hakuin,

ja, das war toll. Ich hab es 1984 in der Wüste Chiles aufgenommen. Einen Tag vorher war da nichts, absolute Dürre. Dann hat es nur ein ganz bisschen genieselt. Und dann sah es wenige Stunden später so aus.
Ja, den Film "Die Wüste lebt" habe ich mindestens 5 Mal gesehen, er ist fantastisch!

Saludos
Mucki

Benutzeravatar
Mnemosyne
Beiträge: 1336
Registriert: 01.08.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mnemosyne » 06.06.2009, 14:44

Kennt ihr die Fortsetzung: "Die lebte wüst"? :-)
Ansonsten: Gut komponiert und dicht bis zur Kernschmelze - ein echter Hakuin eben. Erinnert mich ein bißchen an Nietzsches "Die Wüste wächst" und enthält wie dieses Teile, die mir sicher noch lange im Gedächtnis bleiben werden.
Liebe Grüße
Merlin

Max

Beitragvon Max » 06.06.2009, 19:04

Lieber Hakuin,

von allen Texten, die ich von Dir kenne, gefällt mir dieser mit am besten. Er ist nicht nur sehr komrimiert, das sind ja viele Texte von Dir, Du hast mit dem Zusammendrücken auch rechtzeitig aufgehört scheint mir ...

Die Wiederholungen geben eiene rhythmische Verstärkung, also ich bin inhaltlich und kompositorisch angetan.

Liebe Grüße
Max

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 06.06.2009, 20:34

Lieber Hakuin,

ich stimme zu, ich finde diesen Text von dir auch mit am besten abgestimmt, was seinen Destillationsgrad angeht! Und das Bild der nichterwartung einer blühenden Wüste mag ich. Und ich mag sogar, dass es dann doch tatsächlich blühende Wüsten gibt, finde nicht, dass dadurch deine Metapher nicht mehr funktioniert, sondern dass der Drang deines Textes, der das Hoffen ja durch eine Negierung in Form eines eigentlichem Dochs ausdrückt, durch diese Überraschung oder magische Ausnahme sogar noch etwas stärkt - energetisch.
Oder, ein bisschen anders, aber vielleicht eher in deine Denkrichtung gesprochen: Wenn man es nicht hofft, wird das ganze zu etwas anderem und auf einmal sind Blüten da.

Ich würde einzig überlegen, ob du nicht erwarte schreiben möchtest - ich habe so an den anfang gesetzt das wort im ersten Lesen gar nicht erkannt, ohne diese Irritation wäre man noch dichter dran?

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 07.06.2009, 11:32

ja, der stil hat rhytmus und ist finde ich selbst, irgendwie poetischer - viele andere texte von mir sind das nicht ;-) die sind halt was anderes...

lisa, das e stört, wenn der text laut gelesen wird....
erwarte von keiner wüste / erwart von keiner wüste....
probier das mal aus laut zu lesen und dann sag mir doch noch einmal was besser klingt....

euch für den zuspruch allen einen großen dank!

vielleicht liegt hierin eine inspiration mehr poetisch zu schreiben, eher in richtung haipo(eti)ku :-)

mal sehen, bitte nicht festnageln. wo ist der hammer?

gegrüßt, hakuin

Benutzeravatar
ferdi
Beiträge: 3260
Registriert: 01.04.2007
Geschlecht:

Beitragvon ferdi » 07.06.2009, 12:12

Hallo Hakuin!

Schöner Text, nicht so sinnlich kaputtgespart wie oft bei dir, sprich, hier kommt auch die Sprache zu ihrem Recht und nicht nur die Mitteilung :-)

"erwarte von keiner Wüste" liest sich sehr gut laut (ich lese alles laut ;-)) - ist halt ein anderer Rhythmus. Zur Not hast du ja noch die Möglichkeit

erwart'

Ferdigruß ;-)
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 07.06.2009, 13:27

Lieber Hakiun,

das Lautlesen-Argument stimmt schon ein bisschen, nehme ich die zweite Zeile dazu, klingt es schon kurz für mich runder. Was wäre denn mit dem ' `? Oder wäre das nicht deins?

liebe Grüße,
Lisa

(ich leih dir im Notfall eine Zange .-))
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 09.06.2009, 14:36

ferdi, lisa
ich hab doch hammer und nagel benutzt ;-)

gruß
hakuin

Sam

Beitragvon Sam » 12.06.2009, 16:13

Hallo Hakuin,

ich schließe mich ferdi und auch max insoweit an, als dass dieses Gedicht mir von all deinen bisherigen am besten gefällt.

In einem alten Schinken von Otto Knörrich über die deutsche Lyrik seit 1945 fand ich die Aussage, dass lyrischer Lakonismus mehr ist, als nur Abreviatur. Und genau so empfinde ich viele deiner Gedichte - als Verkürzung hin bis zu einer einzigen Note, die alle anderen Töne in sich enthalten soll (die ich aber meistens nicht höre)

Bei diesem Gedicht ist es etwas anderes. Hier finde Lakonie, also mehr ausgesprochen, als eigentlich gesagt.

Es gibt zwei Aussagen:

1. Erwarte von keiner Wüste, dass sie blüht wenn es regnet.
2. Erwarte von keiner Wüste, dass sie blüht, wenn es genug regnet.

Automatisch denke ich an Menschen, die immer sagen: Ja das mache ich wenn...
Solche, die das Notwendige hinausschieben auf den scheinbar günstigsten Zeitpunkt. Der wäre, wenn es regnet. Aber fallen dann ein paar Tropfen, sagen sie: Ja, wenn es GENUG regnet.

Es ist ein Abschieben der eigenen Verantwortung auf die Gunst der Stunde und der Umstände. Man könnte es auch einfach vom Wetter abhängig machen.
Nein!, man muss die Dinge selbst in die Hand nehmen. Wenn man will, dass die Wüste blüht, darf man nicht auf Regen und auch nicht auf genug Regen warten, man muss selbst bewässern.

Ein Gedicht mit einer moralischen Botschaft, aber so verpackt, dass es nicht aufstößt. Weil es auch ohne diesen Sinngehalt, vom ästehtischen Standpunkt aus gesehen, für sich besteht.

Liebe Grüße

Sam


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste