-

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 17.04.2007, 10:55

"Mit Geniflung der Moderation" gelöscht.
danke für alle Kommentare (ich habe sie gesichert!) der Text wandert vorerst in die Schublade
Zuletzt geändert von Ylvi am 02.05.2007, 21:07, insgesamt 5-mal geändert.

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 21.04.2007, 10:18

Hallo Klara,
Hoffentlich nimmst du mir diese ungebetenen Ratschläge nicht übel?

Nein, danke dafür. Ich glaube ich weiß, was du meinst, weiß nur nicht wie. :confused:
Die schwersten Texte sind oft die, bei denen man am meisten lernt (ist wie mit Männern ,-)) :nicken:



Ich werde deine Anregungen mal sacken lassen. Schön ist zumindest schon mal, dass ich der Mutter im letzten 3. Teil etwas mehr Raum gegeben habe, was ja soweit ich das jetzt aus euren Kommentaren herauslese auch wichtig war.
Danke für deine Ermutigung weiter daran zu arbeiten.

liebe Grüße smile

Gast

Beitragvon Gast » 21.04.2007, 12:47

Liebe smile,

Klaras und Sams Hinweise sind sehr wertvoll. Auch ich möchte dir zurufen: Nicht aufgeben ! ... Und noch eines, mich interessiert was aus Paula und Lutz wird, ja, sonst hätte ich nicht schon im Teil 1 nach einer Forstsetzung gefragt.

Auf meine persönlichen Erfahrungen im Umfeld mit Männern/Jungen greife ich nicht 1:1 zurück, es fließt indirekt in meine Texte ein. Ich schreibe sie nicht um Erlebtes zu verarbeiten.

Ich habe sehr viel was ich mir vorstellen kann, skurile, schreckliche, schöne, usw. Dinge.
Aber bei den Charakteren, die du hier zeichnest habe ich w. o. b. Probleme.

Vielleicht darf ich dir raten, dich vom "Erleben und Erfahren" ins Reich der Phantasie, der pot. Möglichkeiten begeben ...

Liebe Grüße
Gerda

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 21.04.2007, 13:14

Hallo Gerda,
Vielleicht darf ich dir raten, dich vom "Erleben und Erfahren" ins Reich der Phantasie, der pot. Möglichkeiten begeben ...

Ich bin schon im Reich der Phantasie: Ich bin nicht Paula! ;-)
Allerdings halte ich es generell für schwierig Phantasie völlig losgelöst vom erleben zu entwickeln. (Zum erleben gehört für mich auch das Lesen, Sehen, Beobachten, also im Prinzip alles, was von außen auf mich einwirkt.)
Auf meine persönlichen Erfahrungen im Umfeld mit Männern/Jungen greife ich nicht 1:1 zurück, es fließt indirekt in meine Texte ein. Ich schreibe sie nicht um Erlebtes zu verarbeiten.

Ich sehe das so: Ich schreibe u.a., um zu verarbeiten, was ich denke. Und manche Dinge denke ich nun mal, weil ich sie erfahren habe. Wobei wir wieder bei dem Thema "Betroffenheitslyrik" sind. Ich weiß nicht so genau, ob man die Qualität eines Textes oder Gedichtes daran erkennen kann, in wie weit er mit emotionaler Distanz geschrieben ist. Wäre Paulas Geschichte besser (glaubwürdiger), wenn sie 1:1 autobiographisch wäre oder schlechter?

Danke, dass auch du mir Mut machst. Ich bin schon kurz vor den Nihilschen Anwandlungen und mach einen Pfeifesmilie draus.

liebe Grüße smile

Gast

Beitragvon Gast » 21.04.2007, 13:27

Liebe smile,

smile hat geschrieben:Wäre Paulas Geschichte besser (glaubwürdiger), wenn sie 1:1 autobiographisch wäre oder schlechter?



Man kanns nicht allgemeingültig sagen was besser ist.
(außer bei Sachbüchern) ;-)

Fest steht, dass es besser ist, etwas zu erfinden, was der Leser glaubt, als dass man etwas schreibt, und der Leser sich dauernd fragt, was soll, das? Das kauf ich dem Autor nicht ab, will er eigenens hier verarbeiten?
Es kommt darauf an, dass der Autor es dem Leser glaubhaft - nachvollziehbar - vermittelt, der Leser sollte sich nie die Frage stellen müssen: Kann das sein, ist das möglich?
Der Text sollte so geschrieben sein, dass der Leser dem Autor das Erzählte abnehmen kann.
Du kennst das doch bestimmt vom Lesen oder auch von Filmen, dass einem plötzlioch klar wird, warum eine das Ganze langweilt ... diese Gefühl der fehlenden gGaubwürdigkeit eben ...

Möglich, dass du diese Version wirklich zur Seite legen solltest und neu ansetzen ...
Gönn dir Zeit und Ruihe, lass alles sacken.

Liebe Grüße
Gerda

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 23.04.2007, 09:30

Liebe smile,

lach mal wieder :-)
Manche Texte hängen durch, auch wenn man selbst darin etwas sagen will, und es ärgerlich ist, dass die Leser das nicht recht annehmen können.

Ich leider auch nicht. Allzu diffus, nicht griffig ist dieser Paula Teil. Ich kann das Mädel nicht richtig wahrnehmen, auch nicht den Lehrer, der ihr nachstellt. Und der Traum, dieser wiederkehrende Traum erhellt die Sache für mich auch nicht. Der Text ist ein Blitzlicht, das bei mir keine Gefühle anspricht. Ich stehe ratlos da, obwohl ich ihn nun mehrmals versucht habe, zu enträtseln. Ehrlich gesagt, stufe ich Paula (der erste Teil hat mir so gut gefallen!) als leicht paranoid ein. Wie kann es sein, dass sie so schillernd ist, dass sich dauernd erwachsene Männer in sie vergucken?
Das kann ich einfach nicht nachvollziehen. Sie ist ja irgendwie noch ein Kind. Und sie quält sich mit eigenartigen Gedanken herum. Träumt sie, dass alle Männer sie haben wollen?

Auch die Reaktion der Mutter, das ist eine Klischeereaktion. Wir wissen, dass es solche Mütter gibt, aber muss Paula auch so eine haben?

Mir ist dein Text nicht "handfest" genug, ergeht sich in diffusen Gedankenqualen. Alles dreht sich im Kreis und ich kann nicht erkennen, was der Kern ist.

Bitte nicht böse sein, ich wollte nur auch meinen Eindruck schildern, weil es vielleicht bei der Überarbeitung helfen kann.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 24.04.2007, 10:36

Hallo Elsa,
Frustriert weiß ich leider nicht, ob Paula nun klarer wird.
Auch die Reaktion der Mutter, das ist eine Klischeereaktion. Wir wissen, dass es solche Mütter gibt, aber muss Paula auch so eine haben?

Ja, das muss sie, weil sonst die Geschichte in sich zusammenfällt.

An alle:
Ich würde mich sehr über Rückmeldung freuen, auch wenn sie Paula in den Müll verfrachtet.
Damit die Geschichte nun ihr Ende hat, stelle ich auch Teil 3 ein. Dann kann ich mich wieder mit Lyrik befassen und die Prosa anderen überlassen. Vielleicht werde ich dann auch wieder meinem "smile" gerecht.

liebe Grüße smile

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 24.04.2007, 12:48

Liebe smile,
ich habe jetzt die ersten beiden Teile gelesen, um auch den dritten lesen zu können. Den ersten kannte ich ja schon, da ist mir nur noch aufgefallen, dass du an einer Stelle Paule statt Paula schreibst (einfahc mit suchen und ersetzen suchen) und einmal ein Komma fehlt, das ich aber nicht mehr fand, als ich ausgelesen hatte (bei einem Relativsatz).

Der zweite Text - weiß jetzt nicht, was hier schon diskutiert wurde, ich würde überlegen ihn "Paula versucht aufzuwachen" zu nennen, denn für mich ändert sich die Figur gar nicht. Schon im ersten Teil wollte sich das mit Lutz ja nicht mehr, war shcon auf der Zurückweisenseite, die allerdings nicht "rein" durchführbar ist. Das ist ja nichts Neues.

Gut finde ich die Idee - Paula kann nicht sagen, was wirklich ihre Wunde ist, also erzählt von einer anderen (der Lehrer) ...gegen die sie normal auch nicht kämpfen sollen müsste, aber es vielleicht sogar könnte. Von Lutz kommt kein Wort. (Dabei finde ich den Kontrast von Lutz und dem Lehrer gut). Die Mutter kommt mir allerdings bei ihrem Unverständnis reichlich oberflächlich vor...die Unterhaltung würde ich mir feinsinniger wünschen und trotzdme mit "schlechtem" Ausgang. Ich glaube nicht, dass du die ganzen Klischeeängste aufzählen müsstest, um die Blindheit der Mutter zu erzählen...lass das doch ruhig etwas heftiger werden. Ich könnte mir sogar erzählen, dass die Mutter ein lehrer/Elterngespräch führt und der lehrer es anders hinbiegt und Paula am Ende als albern dasteht...auch dass Paula mit dem Lehrer übertreibt, fände ich gut...wenn das ganze indifferneter wäre, ob der Lehrer nun wirklich was von ihr will (also was richtiges) oder nur ein wenig Voyeur ist, aber keien realen Schritte tut wie ihr ein geständnis zu machen oder tatäschlich überzugreifen. Und Paula reagiert etwas über (wegen der Lutzsache)...die Grenzen sind nicht klar zu erkennen...für mich würde das die Geschichte interessanter machen, weil Paula dann mehr allein wäre als in deiner Variante...

Sprachlich finde ich die Geschichte an einigen Stellen (der häufige Vergleich mit Leben und Traum, das häufige Bild des Frierens bzw. der Kälte als zu gängig...so beschreiben das alle...).

Was aber nicht heißt, dass die Geschichte reizlos ist...am interessantesten finde ich deine gewählte Perspektive, die man nicht oft liest und die mir gefällt (das Zielgruppen-Abziehbild der Midlife-Crise finde ich sehr gut getroffen). Sprachlich braucht Prosa (ich kann ein Lied davon singen) leider eben viel Übung...aber ich würde auch sagen: Weiterschreiben!

Ich hüpfe jetzt mal zu teil drei...hier noch die Anmerkungen zu Teil 2:



Es ist noch Nacht, die Heizung ist kalt und ihre Decke auch. Selbst ihr Gesicht fühlt sich seltsam taub an. Fremd. Sie kann sich nicht erinnern an die guten Zeiten. Der Traum war wiedergekommen. Dieser Traum, den man nicht vergessen kann, weil er zu nah am Leben ist. Die Bilder wechseln, die Fassaden, doch nicht das Gefühl. Sie weiß, dass Lutz da ist. Hinter ihr. Vor ihr. Wohin sie sich auch wendet. Er ist da. Und kein Schrei verlässt ihre Lippen. (klingt sprachlich zu dramatisch für mich) Folgesatzanschluss umbauenSie sind vom Traum verschlossen. Oder vom Leben. (bisschen viel Traum/Leben Gegensatz...@Wiederholung) Das weiß Paula nicht. Gehen kann sie. Doch nicht weg. Also steht sie, die Annäherung erwartend gebannt auf diesem schwarzen Fleck, der sie einsaugen möchte und es nicht kann. Sie ist zu kalt für ihn. Fliegt man nicht im Traum? Albatrossgleich (warum gerade Albatross? der wirkt auf mich so beschwerlich?) über alle Zweifelberge? Paula nicht. Sie hat keine Flügel. Ist doch schließlich ein Mensch. Nicht einmal nachts im Schlaf gesteht sie sich Flucht als mögliche Option zu. Doch bevor Lutz sie berühren kann, wacht sie auf und lässt ihn verlassen im Traum zurück. Ein kleiner Triumph der Nacht. Der sie nicht glücklich macht. Sie steht auf, schleicht durch die Wohnung (Komma) lauscht dem Atem ihrer Geschwister, die so friedlich warm in ihren Betten liegen. Marlene (Komma) ihre kleine Schwester ist noch ein Kind. Die Haare liegen verschwitzt auf ihrer rosigen Wange und ihre Lider zucken im Schlaf. (ist Marlene krank? @verschwitzt? ansonsten schlafen kinder nicht oft verschwitzt..ist für mich ein Kinderbeobachtugnsklischee) Paula schmeckt die Tränen. Sie weint. Nicht für sich. Nur für Marlene. Das Klingeln des Weckers treibt sie schnell in ihr Zimmer zurück. Mit eiskalten Füßen und gefrorenem Herz.
„Guten Morgen Paula!“ Marlene braucht keine Anlaufzeit, schlüpft aus dem Schlaf direkt in ihr fröhliches Sein. „Ohh, ich habe so schön geträumt. Wie siehst du denn aus? Hast du heute Nacht Bekanntschaft mit dem Teufel gemacht?“ (bekanntschaft mit dem teufel machen klingt sprachlich nicht nach kleiner Schwester)
Hatte sie das? Nein biblisch will sie nicht werden. Das ist zu riskant.
„Ich hab nur schlecht geschlafen, wahrscheinlich ist der Vollmond schuld.“
Ja, das war eine gute Ausrede, jeder sensible Mensch kann sich doch wohl auf den Mond als Schuldigen verlassen.
„Ich hab dich lieb du süße Maus. Kommst du noch einen Moment zu mir ins Bett gekuschelt?“
„Ja klar, igitt, du bist ja eiskalt. Schau mal, ich habe Gänsehaut.“ Diesen kurzen Moment genießt Paula es, diese Wärme und Unbeschwertheit einfach aufzusaugen. Und wenn es nur einen Augenblick andauert. Aber es heilt ein kleines bisschen von der klaffenden Wunde in ihrer Seele. Verschließt sie nicht. Aber das dumpfe Pochen geht zurück. Marlene hält ihre Hände und pustet sie warm. Pustet den Schmerz in die Vergangenheit. Und schon ist es vorüber und Marlene springt aus dem Bett, zieht Paula die Decke weg und ruft kichernd: „So, raus jetzt, wir müssen zur Schule.“
Paula steht auf. Und ihr ist nicht mehr kalt. Sie geht und sie wankt nicht mehr. Ihr Entschluss ist gefasst.
In der dreizehnten Klasse ist sie nun, die Prüfungen sind vorbei. Das restliche Leben wartet. Und Paula fragt sich, wohin und wie.
Sie hat sich eine zweite Paula geschaffen, die jung sein darf. Auch wenn sie zuviel weiß. In der Schule bei ihren Freundinnen kann sie kichern und albern sein. Verdrängen. Und das gelingt ihr manchmal so gut, dass sie sich fragt, ob sie sich nicht alles nur ausgedacht hat. Diese ganze verdammte Geschichte. Die sich ja selbst für sie unglaubwürdig anhört, sobald sie es auszusprechen versuchte. Nur in ihrem Kopf, wortlos, ergeben die Gedanken einen Sinn. Aufgeschrieben oder ausgesprochen sind sie leere Hülsen. Emotionslos mit einem Hang ins Lächerliche. Wenn sie Lutz Autotüre hinter sich zuschlägt, ist es, als würde das Buch dieser Wahrheit zugeschlagen und auf dem Buchrücken starrt sie in großen Lettern das Wort: „Alptraum“ an. Doch dieser Monolith in ihrer Mitte lässt sich nicht weglachen und nicht ignorieren. Lutz existiert, er ist keiner dieser ausgedachten imaginären Freunde. Und es gibt nichts, was Paula daran ändern kann. Lutz hat sie verändert. Oder war sie schon immer anders? Sie fällt auf. Manchmal fragt sie sich selbst, was es ist. Was die Männer in ihr sehen. Liegt es an ihrer Ausstrahlung, an ihren Worten, ihrer Gestik? Was macht sie so anziehend? Kann man es nicht abschalten? Einfach untertauchen, als kleines nettes Mädchen? Es ist ein Schema, dem sie nicht entweichen kann. Wie ein Abziehbild, das in den Köpfen der Midlifecrisis geplagten herumschwirrt. Es passt genau auf ihr Bild. Sie ist die, die retten soll. Die, die Jugend verspricht. Die, die ein neues Leben verheißt. Und sie kann nichts dagegen tun. Und dann ist da Herr Wiesel, ihr Religionslehrer und Gemeindepfarrer. Und er schickt sich an, die hässliche Ausgabe von Lutz zu werden. Die unsympathische, unmusikalische. Bei ihm kommt nichts zum klingen. Mit seinen zu großen hervorgewölbten grünen Augen, seinem angetrunkenen Bauch und seiner fahlen, fleischigen Haut widert er sie nur an. Ekel steigt in Paula auf, bei diesen Blicken, diesen plumpen Annäherungsversuchen. Wie er sich über sie beugt mit seinem faulen Atem und mit seinem Finger in ihr Heft zeigt, seine weiche Haut ihren Arm berührt. Oder dieser erzwungene Moment, wenn er ihr die Kreide in die Hand legt und sie an die Tafel bittet. Auch auf dem Pausenhof ist er stets präsent, unausweichbar, immer in ihrer Nähe. Paula ist gewappnet. Nach vier Jahren des Grübelns und Analysierens, denkt sie nun zu wissen, was sie tun muss. Sie beschließt zu kämpfen. Mit allen Mitteln. Von Anfang an. Keine Missverständnisse aufkommen lassen. Nicht zuhören. Weghören, weggehen, ignorieren. Doch nachdem ihre Zurückweisung und ihre Verachtung nichts ausrichten, entscheidet sie sich, sich ihrer Mutter anzuvertrauen. Und sie weiß, wie wichtig dieses Geständnis ist. Für sie selbst.
„Mama, mein Relilehrer will was von mir.“ Fast verschluckt sie sich an diesem Satz und schreit ein: „Lutz auch!“ hinterher. Aber nur fast.
„Was? Dein Relilehrer? Meinst du unseren Pfarrer Herr Wiesel?“
„Ja, genau der.“
„Das bildest du dir bestimmt nur ein. Ich kenne ihn doch. Mensch Paula, er ist unser Pfarrer. Außerdem hat er doch eine Frau und kleine Kinder.“
„Als ob das schon mal irgendjemanden abgehalten hätte!“
Paula schreit nun. Endlich schreit sie.
„Paula, jetzt reg dich doch nicht so auf. Hat er dir denn irgendwas getan?“
Kurz schaut ihre Mutter vom Spülbecken auf und wischt gedankenverloren (warum in diesme Moment gedankenverloren?? dieses Wort bauen soviele falsch ein..ich würde es einfahc nie benutzen..ist immer erzählt und nicht erlebt wenn man es liest)) ihre Hände an der Schürze ab. Es flattert Besorgnis in ihren Augen. Doch nicht über das, was Paula sagt, sondern über das, was es bedeuten würde. Was es für Schwierigkeiten nach sich ziehen würde. Wäre das wahr, was Paula da andeutet. Müsste man dann nicht handeln? Diesen Mann anzeigen? Was würden nur die anderen denken. Am Ende stünde noch Paula als das kleine Flittchen da, dass sich an einen Pfarrer ranmacht. Ausgerechnet. Und sie fielen doch schon auf, weil sie so selten in die Kirche gingen. Und das in ihrem Ort. Vielleicht sollten sie am nächsten Sonntag endlich mal wieder gehen. (ist ds ein ksff, wo die leben? finde ich doch etwas albern besorgt von der Mutter...ist das heute noch so? also sorge um das auffallen klar...aber mangelnder Kirchgang?...) Wenn Herr Wiesel sie dann verabschiedete, konnte sie sich ja ein Bild von der Situation machen. Aber nein, es konnte nicht sein. Durfte nicht sein. Nun dringt Paulas Stimme wieder an ihr Ohr.
„Er verfolgt mich. Ständig schaut er mich an. Glubscht mich an mit seinen wassergrünen Augen, ich werde ihn einfach nicht los. Im Unterricht schleimt er mich voll, er ist einfach widerlich!“
Paula spürt, wie ihre Stimme sich verändert. Sie will nicht anfangen zu weinen. Nicht jetzt. Nicht vor ihrer Mutter. Nicht vor sich selbst. Schwach sein kann sie sich jetzt nicht zugestehen. Sie will nicht getröstet werden. Denn es gibt keinen Trost. Sie will nur gehört werden. Verstanden.
„Ach so ein Quatsch. Wieso sollte er ausgerechnet von dir irgendetwas wollen?“
Ihre Mutter hat ihre Meinung schon besiegelt und nimmt sich wieder ihrer Spültätigkeit an. Die Tropfen an den Gläsern sind nun schon angetrocknet und sie muss reiben. Wie ärgerlich.
Paula lässt diesen Satz hineinkriechen in ihr Bild. Wie ihre Mutter da steht und sie daneben und alles so ordentlich ist, glänzend sauber bis auf diese Wasserflecken an den Gläsern. Und die lassen sich wegwischen, ebenso gut, wie dieses Gespräch und die Wahrheit. Paula findet keine Antwort auf die Frage und ihre Mutter will auch keine hören. Also schweigt Paula. Und schluckt hart an der eigenen Wahrnehmung. Geht. Auf ihr Zimmer. Der nächste Tag folgt ihr. Und er folgt ihr. Und Mittwoch wird kommen. Und sie hatte Recht gehabt. Die Geschichte mit Lutz wäre erst recht nicht glaubhaft gewesen, nicht für ihre Mutter, für niemanden. Sie hatte es am Blick ihrer Mutter gesehen, diese Zweifel. Es war klar, selbst wenn Herr Wiesel wirklich Interesse an ihr hätte, hätte sie es verschuldet. Aber die beste Lösung war eindeutig, dass sie es sich einfach einbildete. Ja, das wäre schön. Vor allem für Paula. Aber wer denkt sich denn hier das Leben zurecht? Paula? Nein. Paula gelingt es nicht. Sie kann nicht noch einmal alles einfach schlucken. Es ist nicht mehr genug Paula da, um sich zu opfern. Sie muss es alleine schaffen. Und das wird sie. Ihre Worte sind deutlich. Ihre Stimme fest. Ihre Haltung klar. Aber je härter sie wird, desto attraktiver scheint sie zu werden. Herr Wiesel ist nicht mit ihren wohl zurechtgelegten Strategien zu erledigen. Er glaubt an Gott, aber er glaubt nicht ihren Worten. Und je kälter sie sich zeigt, desto mehr Wärme verspricht er sich am Tag ihrer Einsicht. Er vergibt ihr. Ganz christlich. Und wiegt sich in der Vorstellung, dass Gott ihm diesen Engel geschickt hat. Seine aufgedunsenen Lippen verziehen sich zu einem Grinsen, wenn er an sie denkt. Wie er sie küssen wird und dieser zarter Körper sich an ihn schmiegen wird. Seine Hände, die ihre Taille fast umfassen können und endlich berühren können. Wie sie aufblicken wird zu ihm. Sein Gott hat seine Gebete erhört und endlich wird er entlohnt. Es kann keine Sünde sein zu lieben und er liebt sie. Seine Frau schon lange nicht mehr. Grau und fett wie sie geworden ist in all den Jahren. Nachts, wenn er in seinem Bett liegt mit feuchten Händen und an Paula denkt, den Rücken seiner Frau zugedreht, die schweigt und nicht schlafen kann. Und tags, wenn er Paula nah ist und an die Nächte denkt, weiß er, dass sie für ihn bestimmt ist.
So wie Lutz das auch weiß. Nur Paula, sie weiß es nicht.
Und er lächelt nur. Und Lutz weint. Das ist das schlimmste. Herr Wiesel lächelt und schreibt einen Brief. Den legt Paula ungläubig auf ihren Nachttisch. Und liest ihn, Rituale lassen sich nicht so leicht durchbrechen, in ihrem Bett. Wenn die anderen schlafen.
Paula,
Kann nicht einer Mal nicht ihren Namen missbrauchen? Der gehört doch ihr allein. Sie will nicht immer dieses Paula lesen. Sie will es auch nicht hören. So weich und flehend.
Ich weiß, dass du im Moment nicht bei mir sein kannst.
Welcher Moment? Gestern, heute, morgen? Warum können? Wie oft muss man Nein sagen, bis man einen Willen hat? (der satz gefällt mir gut)
Aber eines Tages, das weiß ich, wirst du mich lieben. Und ich werde da sein und auf dich warten.
Warten. Ja, warten ist gut. Paula wartet auch. Darauf aufzuwachen und klein zu sein. Oder groß. Oder alt. Oder herzlos.
dein Rüdiger
Rüdiger. Sie hatte sich nie nach seinem Vornamen erkundigt. Rüdiger. Noch ein Name, der in ihrem Kopf ein Zuhause sucht. Aber dort wird niemand mehr ein Zuhause finden. Paula hat abgeschlossen. Keiner findet mehr Einlass in ihr verkorkstes Fühlen. Sie nimmt den Brief, geht zum Kachelofen und hält ihn ins Feuer. Er brennt blau. Von der Tinte. (ne der brennt nicht von der Tinte blau...) Das ist fast schön. Und er riecht nach Vergessen. Und er wärmt. Heiß. Bis ihre Hand zuckt und sie das scharfe Brennen spürt. Sie behütet dieses Brennen für den nächsten Tag. Das große (Komma) braune Pflaster ist unübersehbar. Und sie braucht etwas Konkretes. Einen Schmerz, um den anderen zu überdecken und endlich aufzuwachen. Es ist Dienstag.


Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 24.04.2007, 13:09

Liebe smile,

ach, ich sehe, du bist etwas verunsichert, was deine Prosa betrifft,
aber sieh mal, ich bin es auch immer wieder und krampfe mich bei meinen Texten ein. Dennoch, es hilft, sie dann einer größeren Gemeinde vorzustellen und manchmal ist das Ergebnis ganz prächtig. Bearbeiten ist wie Steine behauen, verdammt zäh muss man sein und nicht zu stur, Vorschläge anzunehmen (wohlgemerkt, ich rede von meiner Befindlichkeit). Ist alles nicht einfach. Ich schreibe jedenfalls nicht nur, weil ich muss, sondern weil ich will, dass andere starke Geschichten oder Gedichte aus meiner Feder lesen sollen. (Narzissmus? Vielleicht!) :-)

Ich bin mal drin ...

smile hat geschrieben:Paula wacht auf (Neufassung)

Paula wacht auf

Es ist noch Nacht, die Heizung ist kalt und ihre Decke auch. Selbst ihr Gesicht fühlt sich seltsam taub an. Fremd. Sie kann sich nicht erinnern an die guten Zeiten. <- wie alt ist Paula? Der Traum war wiedergekommen. Der Dieser Traum, den man nicht vergessen kann, weil er zu nah am Leben ist. Die Bilder wechseln, die Fassaden, doch nicht das Gefühl. <- ist mir zu unklar. Welche Fassaden? Sie weiß, dass Lutz da ist. Hinter ihr. Vor ihr. Wohin sie sich auch wendet. Er ist da. Und kein Schrei verlässt ihre Lippen. Sie sind vom Traum verschlossen. Oder vom Leben. Das weiß Paula nicht. Gehen kann sie. Doch nicht weg. Also steht sie, die Annäherung erwartend gebannt auf diesem schwarzen Fleck, der sie einsaugen möchte und es nicht kann. Sie ist zu kalt für ihn. Fliegt man nicht im Traum? Albatrossgleich über alle Zweifelberge? Paula nicht. Sie hat keine Flügel. Ist doch schließlich ein Mensch. Nicht einmal nachts im Schlaf gesteht sie sich Flucht als mögliche Option zu. <- ist mir zu "reif" formuliert. Doch bevor Lutz sie berühren kann, wacht sie auf und lässt ihn verlassen im Traum zurück. Verlassen. Ein kleiner Triumph der Nacht. Der sie nicht glücklich macht. Sie steht auf, schleicht durch die Wohnung, lauscht dem Atem ihrer Geschwister, die so friedlich warm in ihren Betten liegen. Marlene, ihre kleine Schwester, ist noch ein Kind. Die Haare liegen verschwitzt auf ihrer rosigen Wange und ihre Lider zucken im Schlaf. Paula schmeckt die Tränen. Sie weint. Nicht für sich. Nur für Marlene. Das Klingeln des Weckers treibt sie schnell in ihr Zimmer zurück. Mit eiskalten Füßen und gefrorenem Herz. <- kann sie das wirklich so klar wahrnehmen, frage ich mich.
„Guten Morgen Paula!“ Marlene braucht keine Anlaufzeit, schlüpft aus dem Schlaf direkt in ihr fröhliches Sein. „Ohh, ich habe so schön geträumt. Wie siehst du denn aus? Hast du heute Nacht Bekanntschaft mit dem Teufel gemacht?“ <- wie alt ist Marlene, dass sie so elegant formuliert?
Hatte sie das? Nein, biblisch will sie nicht werden. Das ist zu riskant. <- Hm. Du wirfst da einen Gedanken hin und führst ihn nicht aus, das entmutigt mich, Paula näher zu kommen.
„Ich hab nur schlecht geschlafen, wahrscheinlich ist der Vollmond schuld.“
Ja, das war eine gute Ausrede, jeder sensible Mensch kann sich doch wohl auf den Mond als Schuldigen verlassen. <- viel zu wissend, viel zu reif.
„Ich hab dich lieb, du süße Maus. Kommst du noch einen Moment zu mir ins Bett gekuschelt?“
„Ja klar, igitt, du bist ja eiskalt. Schau mal, ich habe Gänsehaut.“ Einen Diesen kurzen Moment genießt Paula es, diese Wärme und Unbeschwertheit einfach aufzusaugen. Und wenn es nur einen Augenblick andauert. Aber es heilt ein kleines bisschen von der klaffenden Wunde in ihrer Seele. Verschließt sie nicht. Aber das dumpfe Pochen geht zurück. <- so gern möchte ich erfahren, was mit ihr los ist! Alles besteht nur aus Andeutungen, das ist schwer, durchzuhalten. Marlene hält ihre Hände und pustet sie warm. Pustet den Schmerz in die Vergangenheit. Und schon ist es vorüber und Marlene springt aus dem Bett, zieht Paula die Decke weg und ruft kichernd: „So, raus jetzt, wir müssen zur Schule.“
Paula steht auf. Und ihr ist nicht mehr kalt. Sie geht und sie wankt nicht mehr. Ihr Entschluss ist gefasst.
In der dreizehnten Klasse ist sie nun, die Prüfungen sind vorbei. Das restliche Leben wartet. Und Paula fragt sich, wohin und wie.
Sie hat sich eine zweite Paula geschaffen, die jung sein darf. Auch wenn sie zuviel weiß. In der Schule bei ihren Freundinnen kann sie kichern und albern sein. Verdrängen. Und das gelingt ihr manchmal so gut, dass sie sich fragt, ob sie sich nicht alles nur ausgedacht hat. Diese ganze verdammte Geschichte. Die sich ja selbst für sie unglaubwürdig anhört, sobald sie es auszusprechen versuchte. Nur in ihrem Kopf, wortlos, ergeben die Gedanken einen Sinn. Aufgeschrieben oder ausgesprochen sind sie leere Hülsen <- Hülsen sind leer. Emotionslos mit einem Hang ins Lächerliche. Wenn sie Lutz Autotüre hinter sich zuschlägt, ist es, als würde das Buch dieser Wahrheit zugeschlagen, und auf dem Buchrücken starrt sie in großen Lettern das Wort: „Alptraum“ an. Der Doch dieser Monolith in ihrer Mitte lässt sich nicht weglachen und nicht ignorieren. Lutz existiert, er ist keiner dieser ausgedachten imaginären Freunde. Und es gibt nichts, was Paula daran ändern kann. Lutz hat sie verändert. Oder war sie schon immer anders? Sie fällt auf. Manchmal fragt sie sich selbst, was es ist. Was die Männer in ihr sehen. Liegt es an ihrer Ausstrahlung, an ihren Worten, ihrer Gestik? Was macht sie so anziehend? Kann man es nicht abschalten? Einfach untertauchen, als kleines nettes Mädchen? Es ist ein Schema, dem sie nicht entweichen kann. Wie ein Abziehbild, das in den Köpfen der Midlifecrisisgeplagten herumschwirrt. Es passt genau auf ihr Bild. Sie ist die, die retten soll. Die, die Jugend verspricht. Die, die ein neues Leben verheißt. Und sie kann nichts dagegen tun. Und dann ist da Herr Wiesel, ihr Religionslehrer und Gemeindepfarrer. Und er schickt sich an, die hässliche Ausgabe von Lutz zu werden. Die unsympathische, unmusikalische. Bei ihm kommt nichts zum Kklingen. Mit seinen zu großen hervorgewölbten grünen Augen, seinem angetrunkenen Bauch und seiner fahlen, fleischigen Haut widert er sie nur an. Ekel steigt in Paula auf, bei diesen Blicken, diesen plumpen Annäherungsversuchen. Wie er sich über sie beugt mit seinem faulen Atem und mit dem seinem Finger in ihr Heft zeigt, seine weiche Haut ihren Arm berührt. Oder dieser erzwungene Moment, wenn er ihr die Kreide in die Hand legt und sie an die Tafel bittet. Auch auf dem Pausenhof ist er stets präsent, unausweichbar, immer in ihrer Nähe. Paula ist gewappnet. Nach vier Jahren des Grübelns und Analysierens <- wie alt ist das Mädel???, denkt sie nun zu wissen <- das ist kompliziert formuliert. Vielleicht: weiß sie nun?, was sie tun muss. Sie beschließt zu kämpfen. Mit allen Mitteln. Von Anfang an <- würde ich streichen, denn sie hat ja nicht von Anfang an, sondern erst jetzt? . Keine Missverständnisse aufkommen lassen. Nicht zuhören. Weghören, weggehen, ignorieren. Doch nachdem <- ist da ein Zeitsprung drin? ihre Zurückweisung und ihre Verachtung nichts ausrichten, entscheidet sie sich, sich ihrer Mutter anzuvertrauen. Und sie weiß, wie wichtig dieses Geständnis ist. Für sie selbst.
„Mama, mein Relilehrer will was von mir.“ Fast verschluckt sie sich an diesem Satz und schreit ein: „Lutz auch!“ hinterher. Aber nur fast.
„Was? Dein Relilehrer? Meinst du unseren Pfarrer Herr Wiesel?“
„Ja, genau der.“
„Das bildest du dir bestimmt nur ein. Ich kenne ihn doch. Mensch Paula, er ist unser Pfarrer. Außerdem hat er doch eine Frau und kleine Kinder.“
„Als ob das schon mal irgendjemanden abgehalten hätte!“
Paula schreit nun. Endlich schreit sie.
„Paula, jetzt reg dich doch nicht so auf. Hat er dir denn irgendwas getan?“
Kurz schaut ihre Mutter vom Spülbecken auf und wischt gedankenverloren <- warum? sie muss doch aufgeregt sein? ihre Hände an der Schürze ab. Es flattert Besorgnis in ihren Augen. <- eben! Also nicht gedankenverloren. Doch nicht über das, was Paula sagt, sondern über das, was es bedeuten würde. Was es für Schwierigkeiten nach sich ziehen würde. Wäre das wahr, was Paula da andeutet. Müsste man dann nicht handeln? Diesen Mann anzeigen? Was würden nur die anderen denken. Am Ende stünde noch Paula als das kleine Flittchen da, dass sich an einen Pfarrer ranmacht. Ausgerechnet. Und sie fielen doch schon auf, weil sie so selten in die Kirche gingen. Und das in ihrem Ort. Vielleicht sollten sie am nächsten Sonntag endlich mal wieder gehen. Wenn Herr Wiesel sie dann verabschiedete, konnte sie sich ja ein Bild von der Situation machen. Aber nein, es konnte nicht sein. Durfte nicht sein. Nun dringt Paulas Stimme wieder an ihr Ohr. <- hier wechselst du komplett den POV. Ich würde bei Paulas Perspektive bleiben.
„Er verfolgt mich. Ständig schaut er mich an. Glubscht mich an mit seinen wassergrünen Augen, ich werde ihn einfach nicht los. Im Unterricht schleimt er mich voll, er ist einfach widerlich!“
Paula spürt, wie ihre Stimme sich verändert. Sie will nicht anfangen zu weinen. Nicht jetzt. Nicht vor ihrer Mutter. Nicht vor sich selbst. Schwäche Schwach sein kann sie sich jetzt nicht zugestehen. Sie will nicht getröstet werden. Denn es gibt keinen Trost. Sie will nur gehört werden. Verstanden.
„Ach so ein Quatsch. Wieso sollte er ausgerechnet von dir irgendetwas wollen?“
Ihre Mutter hat ihre Meinung schon besiegelt <- POV! das kann Paula nicht wissen, nur ahnen. und nimmt sich wieder ihrer Spültätigkeit auf an. Die Tropfen an den Gläsern sind nun schon angetrocknet und sie muss reiben. Wie ärgerlich.
Paula lässt diesen Satz hineinkriechen in ihr Bild. Wie ihre Mutter da steht und sie daneben und alles so ordentlich ist, glänzend sauber bis auf diese Wasserflecken an den Gläsern. Und die lassen sich wegwischen, ebenso gut, wie dieses Gespräch und die Wahrheit. Paula findet keine Antwort auf die Frage und ihre Mutter will auch keine hören. Also schweigt Paula. Und schluckt hart an der eigenen Wahrnehmung. Geht. Auf ihr Zimmer. Der nächste Tag folgt ihr. Und er <- wer jetzt? Der Tag? folgt ihr. Und Mittwoch wird kommen. Und sie hatte recht gehabt. Die Geschichte mit Lutz wäre erst recht nicht glaubhaft gewesen, nicht für ihre Mutter, für niemanden. Sie hatte es am Blick ihrer Mutter gesehen, diese Zweifel. Es war klar, selbst wenn Herr Wiesel wirklich Interesse an ihr hätte, hätte sie es verschuldet. Aber die beste Lösung ist war eindeutig, dass sie es sich einfach einbildete. Ja, das wäre schön. Vor allem für Paula. Aber wer denkt sich denn hier das Leben zurecht? Paula? Nein. Paula gelingt es nicht. Sie kann nicht noch einmal alles einfach schlucken. Es ist nicht mehr genug Paula da, um sich zu opfern. Sie muss es alleine schaffen. Und das wird sie. Ihre Worte sind deutlich. Ihre Stimme fest. Ihre Haltung klar. Aber je härter sie wird, desto attraktiver scheint sie zu werden. Herr Wiesel ist nicht mit ihren wohl zurechtgelegten Strategien zu erledigen. Er glaubt an Gott, aber er glaubt nicht ihren Worten. Und je kälter sie sich zeigt, desto mehr Wärme verspricht er sich am Tag ihrer Einsicht. Er vergibt ihr. Ganz christlich. Und wiegt sich in der Vorstellung, dass Gott ihm diesen Engel geschickt hat. Seine aufgedunsenen Lippen verziehen sich zu einem Grinsen, wenn er an sie denkt. Wie er sie küssen wird und dieser zarter Körper sich an ihn schmiegen wird. Seine Hände, die ihre Taille fast umfassen können und endlich berühren können. Wie sie aufblicken wird zu ihm. Sein Gott hat seine Gebete erhört und endlich wird er entlohnt. Es kann keine Sünde sein zu lieben und er liebt sie. Seine Frau schon lange nicht mehr. Grau und fett wie sie geworden ist in all den Jahren. Nachts, wenn er in seinem Bett liegt mit feuchten Händen und an Paula denkt, den Rücken seiner Frau zugedreht, die schweigt und nicht schlafen kann. Und tags, wenn er Paula nah ist und an die Nächte denkt, weiß er, dass sie für ihn bestimmt ist. <- auch hier verlässt du Paulas Perspektive ganz und gar. Wenn du Wiesels und die Gedanken der Mutter drin haben möchtest, dann sollte es so sein, dass der Leser weiß, Paula spielt das in ihren Gedanken durch. Finde ich.
So wie Lutz das auch weiß. Nur Paula, sie weiß es nicht.
Und er lächelt nur. Und Lutz weint. Das ist das schlimmste. Herr Wiesel lächelt und schreibt einen Brief. Den legt Paula ungläubig auf ihren Nachttisch. Und liest ihn, Rituale lassen sich nicht so leicht durchbrechen, in ihrem Bett. Wenn die anderen schlafen.
Paula,
Kann nicht einer Mal nicht ihren Namen missbrauchen? Der gehört doch ihr allein. Sie will nicht immer dieses Paula lesen. Sie will es auch nicht hören. So weich und flehend.
Ich weiß, dass du im Moment nicht bei mir sein kannst.
Welcher Moment? Gestern, heute, morgen? Warum können? Wie oft muss man Nein sagen, bis man einen Willen hat?
Aber eines Tages, das weiß ich, wirst du mich lieben. Und ich werde da sein und auf dich warten.
Warten. Ja, warten ist gut. Paula wartet auch. Darauf aufzuwachen und klein zu sein. Oder groß. Oder alt. Oder herzlos.
dein Rüdiger
Rüdiger. Sie hatte sich nie nach seinem Vornamen erkundigt. Rüdiger. Noch ein Name, der in ihrem Kopf ein Zuhause sucht. Aber dort wird niemand mehr ein Zuhause finden. Paula hat abgeschlossen. Keiner findet mehr Einlass in ihr verkorkstes Fühlen. Sie nimmt den Brief, geht zum Kachelofen und hält ihn ins Feuer. Er brennt blau. Von der Tinte. Das ist fast schön. Und er riecht nach Vergessen. Und er wärmt. Heiß. Bis ihre Hand zuckt und sie das scharfe Bbrennen spürt. Sie behütet dieses Brennen für den nächsten Tag. Das große braune Pflaster ist unübersehbar. Und sie braucht etwas Konkretes. Einen Schmerz, um den anderen zu überdecken und endlich aufzuwachen. Es ist Dienstag.


Ich habe jetzt einige Anmerkungen und Kommentare gemacht. Sollte sie grob rüberkommen, verzeih, es ist nicht so gemeint, nur kurz und bündig.
Ich finde die Geschichte nun griffiger, auch die reaktion der Mutter kann ich jetzt nachvollziehen. Was mich wirklich stört, sind die Perspektivenwechsel zum Lehrer und zur Mutter. Da falle ich raus aus Paulas Gefühlen.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 24.04.2007, 13:13

Ups, liebe Lisa,

haben wir doppelt gemoppelt :-)

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 24.04.2007, 14:55

Hallo Lisa, hallo Elsa,
euch beiden vielen, vielen Dank für eure ausführlichen Komms.! Die Antworten und Verbesserungen kommen. Muss nur erst nachdenken. :pc0034:
ach, ich sehe, du bist etwas verunsichert, was deine Prosa betrifft,

Ja, das könnte man so sagen. Aber Paula musste raus, damit mein Kopf wieder für andere Dinge frei wird und ihr leistet mir ja Beistand. ;-) Prosa ist für mich neu, ein Versuch, bei dem ich noch nicht weiß, wohin er mich führt. Es ist jedenfalls gut, es hier in diesem Rahmen vorstellen zu können!

liebe Grüße smile


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 7 Gäste