Erstfassung:
Mohnrot knistert und lugt schon
seinem Kokon durch die Wand
das Leben platzt grün
die unsagbaren Worte heraus
und der Himmel verheißt
seine Weiten bis ins Tal
Könntest du deinen Augen trauen
wäre da nicht dein Vater
läge da nichts zwischen den Zeilen
und kommt nicht mehr ans Licht
Zwischenfassung 2:
Mohn knistert seinem
Kokon durch die Wand
das Leben platzt grün
unsagbare Worte heraus
und der Himmel verheißt
seine Weiten bis ins Tal
Läge da nicht ein Schatten
zwischen den Zeilen
der jeden Schimmer schwärzt
Zwischenfassung:
Requiem von gestern nach morgen
Mohnrot knistert und lugt schon
seinem Kokon durch die Wand
das Leben platzt grün
unaussprechliche Worte heraus
und der Himmel verheißt
seine Weiten blau ins Tal
Hoffen drängt im Farbenspiel
hinter die Netzhaut
du könntest dich vertiefen
deinen Augen trauen
wäre da nicht dein Vater
läge da nicht ein Schatten
zwischen den Zeilen
der alles Licht schwärzt
Zukunftsrequiem
Liebe leonie,
der Text ist spannend zu lesen und hat eigenwillige Bilder, ganz zuerst habe ich überhaupt nichts verstanden, weil ich die Wand einfach als räumliche Wand in einem Zimmer gelesen habe und das ganze eine surrealistische Szene wurde - erst als ich das Mohnbild verstanden habe (dass die Blüte fast aufbricht und du dich auf das rote konzentrierst, schön auch die geschlossene Blüte als Kokon zu fassen), habe ich mit einem Mal eine Idee des gesamten Textes bekommen. Das "sie", nach dem moshe fragt, interpretiere ich als Melodie (referiert auf den Titel), bin aber nicht sicher, gut wäre, wenn es, wenn es überhaupt so ist(!), da eine grammatische Absicherung gäbe (das Requiem vs. die Melodie liefert die nicht). Ich habe aber das Gefühl, dass ich damit eh falsch liege. Jedenfalls erzählt für mich der text davon, dass eigentlich alles in aufbricht, bald in Blüte stehen wird, aber der Vater im Sterben liegt bzw. schon gestorben ist, darum auch der in sich widerstreitende Titel aus Zukunft (Begrüßung) und Requiem (Abschied). Das "sie" könnte natürlich auch noch eine erweiternde und erst völlig Sinn gebende Bedeutung haben..das kann ich dann nicht erschließen.
Was ich sprachlich sehr mag ist das "lugt" (wobei ich nicht weiß, wie man das schreibt, um die Ecke luken, so kenne ich es - er lukt? lugt? (?)) - das ist ein Wort, das nicht ohne ist, voll, lustig bishin zu pathologisch-fremd, je nach Kontext - trotzdem würden die meisten Dichter es nicht einbauen, gefällt mir sehr und repräsentiert in einem Wort auch den ganzen Ton des Textes.
Das mohnrot dagegen finde ich sehr konventionell - im Kontrast wirkt es hier "frauendichterisch", zumindest als Kompositum. Ich wäre für Mohn oder rot lugt der Mohn etc. Ähnlich geht es mir mit dem Titel, den ich etwas "trächtig" finde, zumal das Musikmotiv ja nicht mehr umgesetzt wird, das liest man so oft, dass solche Musikbegriffe so als Titel herhalten müssen. Die Idee, das Widersinnige in ein Wort zu bannen, finde ich gut, aber für meinen Geschmack könnte es noch etwas weniger gewichtig und damit schlichter daherkommen.
Dann verstehe ich "seinem" grammatisch nicht - denke aber, dass ich da auf dem schlauch stehe?
Ich habe übrigens nicht übersehen, dass dieser Text von dir der erste ist, der breiter gesetzt ist
, das gefällt mir sehr!
liebe Grüße,
Lisa
der Text ist spannend zu lesen und hat eigenwillige Bilder, ganz zuerst habe ich überhaupt nichts verstanden, weil ich die Wand einfach als räumliche Wand in einem Zimmer gelesen habe und das ganze eine surrealistische Szene wurde - erst als ich das Mohnbild verstanden habe (dass die Blüte fast aufbricht und du dich auf das rote konzentrierst, schön auch die geschlossene Blüte als Kokon zu fassen), habe ich mit einem Mal eine Idee des gesamten Textes bekommen. Das "sie", nach dem moshe fragt, interpretiere ich als Melodie (referiert auf den Titel), bin aber nicht sicher, gut wäre, wenn es, wenn es überhaupt so ist(!), da eine grammatische Absicherung gäbe (das Requiem vs. die Melodie liefert die nicht). Ich habe aber das Gefühl, dass ich damit eh falsch liege. Jedenfalls erzählt für mich der text davon, dass eigentlich alles in aufbricht, bald in Blüte stehen wird, aber der Vater im Sterben liegt bzw. schon gestorben ist, darum auch der in sich widerstreitende Titel aus Zukunft (Begrüßung) und Requiem (Abschied). Das "sie" könnte natürlich auch noch eine erweiternde und erst völlig Sinn gebende Bedeutung haben..das kann ich dann nicht erschließen.
Was ich sprachlich sehr mag ist das "lugt" (wobei ich nicht weiß, wie man das schreibt, um die Ecke luken, so kenne ich es - er lukt? lugt? (?)) - das ist ein Wort, das nicht ohne ist, voll, lustig bishin zu pathologisch-fremd, je nach Kontext - trotzdem würden die meisten Dichter es nicht einbauen, gefällt mir sehr und repräsentiert in einem Wort auch den ganzen Ton des Textes.
Das mohnrot dagegen finde ich sehr konventionell - im Kontrast wirkt es hier "frauendichterisch", zumindest als Kompositum. Ich wäre für Mohn oder rot lugt der Mohn etc. Ähnlich geht es mir mit dem Titel, den ich etwas "trächtig" finde, zumal das Musikmotiv ja nicht mehr umgesetzt wird, das liest man so oft, dass solche Musikbegriffe so als Titel herhalten müssen. Die Idee, das Widersinnige in ein Wort zu bannen, finde ich gut, aber für meinen Geschmack könnte es noch etwas weniger gewichtig und damit schlichter daherkommen.
Dann verstehe ich "seinem" grammatisch nicht - denke aber, dass ich da auf dem schlauch stehe?
Ich habe übrigens nicht übersehen, dass dieser Text von dir der erste ist, der breiter gesetzt ist

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Lieber Moshe,
ich merke, so ist es nicht verständlich, ich ändere es. Ich denke, es ist nicht gut, ein Gedicht nur mit Erklärungen verstehen zu können. Und ich möchte es einigermaßen interpretationsoffen halten.
Danke Dir!
Liebe Lisa,
vielen Dank für Deine Rückmeldung. Ich habe nochmal nachgeschaut: lugen ist richtig so. Ich denke, das mohnrot ändere ich in Mohn.
Bei dem Titel bin ich mir unschlüssig, bei dem, was ich vor Augen hatte, passt er in seiner Dramatik. Mir ist es aber ganz lieb, wenn es offen bleibt, worum es genau geht. Deshalb mag ich, wie Du es verstehst!
Ich überlege nochmal in Ruhe.
Das "seinem" bezieht sich auf den Mohn, ich kann aber auch den einfachen Artikel nehmen.
Ich glaube, der erste mit breiterer Setzung ist es nicht, aber Du hast recht, es kommt bei mir eher selten vor
.
Liebe Grüße Euch beiden!
leonie
ich merke, so ist es nicht verständlich, ich ändere es. Ich denke, es ist nicht gut, ein Gedicht nur mit Erklärungen verstehen zu können. Und ich möchte es einigermaßen interpretationsoffen halten.
Danke Dir!
Liebe Lisa,
vielen Dank für Deine Rückmeldung. Ich habe nochmal nachgeschaut: lugen ist richtig so. Ich denke, das mohnrot ändere ich in Mohn.
Bei dem Titel bin ich mir unschlüssig, bei dem, was ich vor Augen hatte, passt er in seiner Dramatik. Mir ist es aber ganz lieb, wenn es offen bleibt, worum es genau geht. Deshalb mag ich, wie Du es verstehst!
Ich überlege nochmal in Ruhe.
Das "seinem" bezieht sich auf den Mohn, ich kann aber auch den einfachen Artikel nehmen.
Ich glaube, der erste mit breiterer Setzung ist es nicht, aber Du hast recht, es kommt bei mir eher selten vor

Liebe Grüße Euch beiden!
leonie
Liebe leonie,
Bumm. Groschen gefallen, danke! Das "seinem" fand ich ungewöhnlich. Durch seinen Kokon wäre mir klarer.
Vielleicht ist das ganz falsch, wer weiß?
Lieben Gruß
ELsa
Bumm. Groschen gefallen, danke! Das "seinem" fand ich ungewöhnlich. Durch seinen Kokon wäre mir klarer.
Das hier finde ich sehr stark und deprimierend. Elegant formuliertes Grauen, so lese ich es. Ich habe nicht den Eindruck, es geht um das Sterben des Vaters, sondern um die gestorbene Zukunft des Kindes, das in irgendeiner Form missbraucht wurde und daher die Schönheit der Natur nicht wirklich sehen kann.wäre da nicht dein Vater
läge da nichts zwischen den Zeilen
und kommt nicht mehr ans Licht
Vielleicht ist das ganz falsch, wer weiß?
Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen
Liebe Elsa,
irgendwie ist mir die Wand wichtig...
Du liegst nicht falsch, ich hatte es selber auf eine Situation bezogen, in der ein Vater Gewalt ausübt, die das Kind in seiner Entwicklung und seiner Zukunft massivst bedroht. Deshalb der Titel.
Danke Dir und liebe Grüße
leonie
irgendwie ist mir die Wand wichtig...
Du liegst nicht falsch, ich hatte es selber auf eine Situation bezogen, in der ein Vater Gewalt ausübt, die das Kind in seiner Entwicklung und seiner Zukunft massivst bedroht. Deshalb der Titel.
Danke Dir und liebe Grüße
leonie
Liebe Leonie, die beiden ersten Verszeilen finde ich zu unklar. Eine Mohnblüte - knistert sie? Und warum redest du nicht von einer Knospe, sondern von einem Kokon (Mohn ist doch keine Seidenraupe, die sich einspinnt - das wäre das Gegenteil des Sichöffnens). Naja, und von einer "Wand" lässt sich doch bei einer sich öffnenden Mohnblüte nicht reden.
Ansonsten, das ist mein Gefühl, geht es vor allem um den (kranken) Vater, der liegt und die sich erneuernde Natur gar nicht miterleben kann. Ich hätte das Gedicht vom Vater her aufgezogen.
So habe ich doch eher den Eindruck, dass genau dieser Passus ein wenig untergeht.
Herzlich, Caty
Ansonsten, das ist mein Gefühl, geht es vor allem um den (kranken) Vater, der liegt und die sich erneuernde Natur gar nicht miterleben kann. Ich hätte das Gedicht vom Vater her aufgezogen.
So habe ich doch eher den Eindruck, dass genau dieser Passus ein wenig untergeht.
Herzlich, Caty
Liebe Leonie!
Ich versuche mal zu vermitteln, wie ich es lesen kann:
Die ersten drei Strophen kann ich gut sehen, wie sie sind. Dann:
Du könntest deinen Augen trauen
wäre da nicht der Vater
zwischen den Zeilen,
der nicht mehr ans Licht kommt.
(DAS ist kein Vorschlag zur Textbildung, sondern nur eine Erläuterung meines Verständnisses.)
So scheinst du es sagen zu wollen.
ABER: Ist der Vater mit Allem nicht schon ans Licht gekommen? und verhindert hier weiter aktiv?
Hm?
Moshe
Ich versuche mal zu vermitteln, wie ich es lesen kann:
Die ersten drei Strophen kann ich gut sehen, wie sie sind. Dann:
Du könntest deinen Augen trauen
wäre da nicht der Vater
zwischen den Zeilen,
der nicht mehr ans Licht kommt.
(DAS ist kein Vorschlag zur Textbildung, sondern nur eine Erläuterung meines Verständnisses.)
So scheinst du es sagen zu wollen.
ABER: Ist der Vater mit Allem nicht schon ans Licht gekommen? und verhindert hier weiter aktiv?
Hm?
Moshe
Lieber moshe,
nein, es ist nicht der Vater, der nicht ans Licht kommt, sondern ein nicht genau definiertes "etwas".
Der Vater hat dem lyrDu Gewalt angetan, deshalb kann es das Schöne, verheißungsvolle nicht wahrnehmen.
Liebe Grüße und danke!
leonie
nein, es ist nicht der Vater, der nicht ans Licht kommt, sondern ein nicht genau definiertes "etwas".
Der Vater hat dem lyrDu Gewalt angetan, deshalb kann es das Schöne, verheißungsvolle nicht wahrnehmen.
Liebe Grüße und danke!
leonie
Liebe Leonie,
ein spannender Text für mich - gerade weil ich wohl immer noch nicht alles verstehe.
Die erste Strophe ließe mich, hättest Du sie nicht Elsa erklärt, mit der Wand ein wenig im Dunkeln.
Den Kokon als Bild für die Böüte finde ich im übertragenen Sinne sehr treffend, die Blüte selbst ist für mich weniger kokonartig (übrigens, wenn man das Bild umdreht, so hat man mit
Kokon
ein Falter erblüht
schon fast so etwas ein Kurzgedicht).
Strophen 2 und 3 finde ich sehr gelungen. Ab Strophe 4 taucht nun aus dem Nichts ein Vater auf, um dann kurz im Konjunktiv zu sein und dann im Indikativ wieder zu verschwinden. Das finde ich für den Wendepunkt des Gedichts ein bißchen zu wenig Fleisch - ich tappe zu sehr im Dunkel. Ebenso weiß ich mit dem Indikativ "kommt" noch nichts so Rechtes anzufangen ...
Liebe Grüße
Max
ein spannender Text für mich - gerade weil ich wohl immer noch nicht alles verstehe.
Die erste Strophe ließe mich, hättest Du sie nicht Elsa erklärt, mit der Wand ein wenig im Dunkeln.
Den Kokon als Bild für die Böüte finde ich im übertragenen Sinne sehr treffend, die Blüte selbst ist für mich weniger kokonartig (übrigens, wenn man das Bild umdreht, so hat man mit
Kokon
ein Falter erblüht
schon fast so etwas ein Kurzgedicht).
Strophen 2 und 3 finde ich sehr gelungen. Ab Strophe 4 taucht nun aus dem Nichts ein Vater auf, um dann kurz im Konjunktiv zu sein und dann im Indikativ wieder zu verschwinden. Das finde ich für den Wendepunkt des Gedichts ein bißchen zu wenig Fleisch - ich tappe zu sehr im Dunkel. Ebenso weiß ich mit dem Indikativ "kommt" noch nichts so Rechtes anzufangen ...
Liebe Grüße
Max
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