Lange schon

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annette
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Beitragvon annette » 27.04.2008, 22:24

Lange schon

Nachbarn
hören nachts dieselben Äste
ihre Rücken aneinander reiben
unter einem Dach

Dasselbe kleine Tier,
das an beider Gleichmut nagt
sehnt sie einander zu

Er legt sein Ohr an ihre Wand
und im Vorübergehn im Flur entwischt etwas von ihr
durchs Schlüsselloch zu ihm

Denkt sie an ihn, fühlt sie sich Küste
so sehr, dass man das Meer riecht
und wenn sie reden,
schleichen sich die Worte hin
wo der Winter übersommert

Zeit, unter den Stein zu sehen


Erste Version:
Lange schon

Nachbarn in- und auswändig
hören nachts dieselben Äste
ihre Rücken aneinander reiben
unter einem Dach, in zwei Welten

Dasselbe kleine Tier,
das an beider Gleichmut nagt
sehnt sie einander zu

Er legt sein Ohr an ihre Wand
und im Flur im Vorbeigehen entwischt etwas von ihr
durchs Schlüsselloch zu ihm

Wenn sie reden,
fliehen ihre Worte, sich zu treffen,
wo der Winter übersommert
und wenn sie an ihn denkt, fühlt sie sich so sehr Küste,
dass man das Meer riecht

Zeit, unter den Stein zu sehen
Zuletzt geändert von annette am 10.05.2008, 15:14, insgesamt 5-mal geändert.

scarlett

Beitragvon scarlett » 28.04.2008, 08:27

Liebe Annette,

ich habe dein Gedicht immer und immer wieder gelesen.
Es gefällt mir von der Idee sehr gut, hat schöne Bilder, allerdings empfinde ich es (noch) als etwas unrund.

Ich denke, das liegt z T an der Setzung, z T aber auch an den Nebensätzen (vor allem in der letzten Strophe, wo der "dass - Satz" für mich merkwürdig `nachklappt`).

Ferner S2: das "im Flur im Vorbeigehen" ist nicht so ganz glücklich. Ich würde zumindest das mehrsilbige Wort vor das einsilbige ziehen, trotzdem verliert sich hier der Rhythmus arg.
Wie wäre statt "Vorbeigehen" "Vorübergehn"? Das klingt mir wenigstens (bringt inhaltlich allerdings nichts wesentlich Anderes).
Ob sich die Präposition umgehen ließe, weiß ich nicht, es kommt darauf an, ob du "im Flur" wirklich brauchst - darüber spekuliere ich noch.

Zur Setzung: was hieltest du von folgenden Zäsuren?
Etwa so (nur ein Vorschlag):

Nachbarn in- und auswändig
hören nachts dieselben Äste
ihre Rücken aneinander reiben
unter einem Dach, in zwei Welten

Dasselbe kleine Tier,
das an beider Gleichmut nagt
und sie einander zusehnt*

er legt sein Ohr an ihre Wand
und im Vorübergehn, im Flur
entwischt etwas von ihr
durchs Schlüsselloch zu ihm

Wenn sie reden,
fliehn ihre Worte hin,
(sich zu treffen)
wo der Winter übersommert

und wenn sie an ihn denkt,
fühlt sie sich so sehr Küste,
(und) riecht das Meer

Zeit,
unter den Stein zu sehen

* sehnt sie einander zu? (zusehnen finde ich übrigens Klasse!)

Hmm ... ist nicht optimal, aber vielleicht verstehst du die Richtung, in die ich gedacht habe und findest ja doch was Brauchbares.

Liebe Grüße,
scarlett

P.S. "Zwei Welten unter einem Dach"???
Zuletzt geändert von scarlett am 28.04.2008, 13:11, insgesamt 1-mal geändert.

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 28.04.2008, 13:03

Hallo annette

schöner Text. Die nachfolgenden Meckereien sind mehr rhythmusbedingt.

"unter einem Dach, in zwei Welten" frage ich mich, obs das "in" wirklich braucht. Das hilft zwar, um in zwei Welten dasselbe Tier" zu lesen, aber mir ist die Verbindung auch so passend.

Die Langzeile "im Flur im Vorübergehen..." mag ich ähnlich wie scarlett nicht so sehr. Die Elision wäre eine Möglichkeit, falls es ein Fremdwort auch sein kann, wäre "und en passant im Flur" möglich, auch wenns ein Schachbegriff ist?

Bei der Schlusszeile ist das Gefühl Küste so stark , dass reale "mans" das Meer riechen können? Diese Ausweitung auf mehrere Betrachter fällt für mich aus dem Rahmen.

dass es nach Meer riecht wäre mir da lieber als das "man"

NAchdem du das Meerbild in die zweitletzte Zeile eingeführt hast, ist der Sprung zurück zu den Steinen heftig. Gibts da ne Möglichkeit, die Ursachenforschung für ein leichteres Suchen nach einer Lösung zu opfern?
Watt oder so wenn er das Meer und sie die Küste ist?

Gern gelesen

Sneaky

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 28.04.2008, 22:06

Hallo Annette,

das gefällt mir gut, vor allem das Tier, das Entwischen durchs Schlüsselloch und das Küstenbild.
Ein paar Anmerkungen im Text:

Nachbarn in- und auswändig
Das „wändig“ ist zwar schön bildhaft hier, auch in der Doppelbedeutung zu in- und auswendig, stört mich hier aber ein wenig, weil es mir sehr gesucht vorkommt und etwas zu wortspielerisch.

unter einem Dach, in zwei Welten
ich verstehe schon, wie du das meinst, allerdings finde ich den Gedanken, dass sie dann die gleichen Äste hören und dasselbe Tier in beiden Welten herumnagt wiederum seltsam betont oder bedeutungsvoll.

Dasselbe kleine Tier,
das an beider Gleichmut nagt
und sie einander zusehnt

hier lese ich immer ein „Tag für Tag“ hinein, das würde für mich den klanglichen Bruch herausnehmen aus dieser Strophe
er legt sein Ohr an ihre Wand
hier würde ich dann umdrehen „legt er“

und (im Flur) im Vorbeigehen entwischt etwas von ihr
durchs Schlüsselloch zu ihm
(ihm zu)

Wenn sie reden,
fliehen ihre Worte, sich zu treffen,
wo der Winter übersommert
und wenn sie an ihn denkt, fühlt sie sich so sehr Küste,
dass man das Meer riecht

Zeit, unter den Stein zu sehen


Hier werden es für mich dann zu viele Bilder, gerät zur Aufzählung, was den einzelnen Ideen an Kraft nimmt. Ich finde die fliehenden Worte klasse, aber warum treffen sie sich dort, wo der Winter übersommert? Das hört sich toll an, aber ich kann damit für mich nichts verbinden, ist das ein nichtexistierender Raum/ Zeit ist es dort warm/ kalt/ lau...es ist so unentschlossen und deshalb kann ich auch nicht zuordnen, ob das ein guter, positiver Ort ist, oder ein verlorener.

Das Küstenbild gefällt mir, auch, dass man es riecht. Ich lese das wie wenn man Jemandem etwas ansieht. Man weiß, wie es um sie steht.

Ich dachte spontan, dass unter dem Stein der Schlüssel liegt?

(Was wohl passiert, wenn sie unter den Stein schauen? Vielleicht ist es ein Anfang, vielleicht aber auch das Ende.)

liebe Grüße smile

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annette
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Beitragvon annette » 30.04.2008, 14:34

Lieben Dank für Eure detaillierten Kommentare!

Ich habe schon mal einige Änderungen übernommen und eine zweite Fassung eingestellt.

Scarlett, mit Dank übernehm ich von Dir

- "im Vorübergehn im Flur": Finde ich viel schöner - das nehm ich :)
- "sehnt sie einander zu": Ist rhythmisch angenehmer als "und sie einander zusehnt"
- Die Zäsur nach "einander zu" gefällt mir auch gut.

Was den umständlichen dass-Satz angeht, muss ich noch überlegen. Das sollte ruhig etwas holprig daher kommen. Und dass "man" das Meer riecht, hat genau den Grund, den smile nennt: Man sieht es ihr an.

Die letzte Zeile möchte ich so lassen, sonst bekommt die "Zeit" zuviel Gewicht.

sneaky:
"unter einem Dach, in zwei Welten" frage ich mich, obs das "in" wirklich braucht.


Also schlägst Du vor "unter einem Dach, zwei Welten"? Klänge das nicht wie "unter zwei Welten"? Außerdem würde mir das die "Welten" zu sehr betonen. Eigentlich sollen die beiden Welten ja nur die Entfernung zwischen ihr und ihm deutlich machen.
Wegen des Rhythmus' an der Stelle überleg ich nochmal.

Die Langzeile "im Flur im Vorübergehen...": Die hab ich etwas geändert, sie ist zwar nicht kürzer geworden, aber etwas rhythmischer.
"en passant" würde mir da nicht gefallen.

Zu dem Geruch von Meer: Das hat smile für mich treffend erklärt.

Dann noch die Zeile mit dem Stein. Ich weiß, was Du meinst. Der Stein kommt unvermittelt, unvorbereitet. Trotzdem würde ich das Bild gerne stehen lassen. Küste/Meer beschreiben ihre Gefühle, der Stein etwas Grundsätzlicheres.
Vielleicht kommt ja auch noch eine Meinung dazu.

smile,
Nachbarn in- und auswändig: Klingt es wirklich so gesucht? Es hat sich mir eigentlich so ergeben. Bei der Nachbarschaft geht es um Wände ("Wand" kommt ja nochmal vor) und "in- und auswendig" verdeutlicht die Gewohnheit - die es letztlich zu brechen gilt.

Dasselbe kleine Tier,
das an beider Gleichmut nagt
und sie einander zusehnt

hier lese ich immer ein „Tag für Tag“ hinein, das würde für mich den klanglichen Bruch herausnehmen aus dieser Strophe

mit "Tag für Tag" würde es für mich wie ein missglückter Reim klingen, meinst Du nicht? Und wenn Du Dir "Tag für Tag" sowieso dazu denkst, ist das prima, denn so ist es ja gemeint.
er legt sein Ohr an ihre Wand
hier würde ich dann umdrehen „legt er“

Mit der Inversion klingt es aber wie eine Frage, oder?

Wegen der Bilder am Ende möchte ich noch etwas abwarten. Ich habe nicht das Gefühl einer Aufzählung, aber vielleicht gibts ja noch Meinungen.
Ich finde die fliehenden Worte klasse, aber warum treffen sie sich dort, wo der Winter übersommert?


Du sagst ja selbst, es ist ein nicht existenter Ort, ein nicht möglicher Ort. Oder zumindest ein Ort, an den er und sie nicht gelangen können. Nur hier können die Wörter offen miteinander sein. Ob der Ort hier im Text ein verlorener ist, hängt davon ab, ob sie unter den Stein sehen - und davon, was sie dort finden.
(Was wohl passiert, wenn sie unter den Stein schauen? Vielleicht ist es ein Anfang, vielleicht aber auch das Ende.)

Genau ...

Vielen Dank Euch allen!

Gruß - annette

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 03.05.2008, 09:36

Hallo annette,

der Satz "..im Vorübergehn" klingt gut gut mit der Elision. Sieht halt sehr lang aus, das bring ich schwer mit dem "Vorübergehn" in Einklang, das ist für mich eine beiläufig schnelle Bewegung, ob die wirklich so krass hervorgehoben werden muss?

"Also schlägst Du vor "unter einem Dach, zwei Welten"? Klänge das nicht wie "unter zwei Welten"? "

Nicht für mich, die Entfernung / Entfremdung ist ja nichts anderes als das, zumindest für mich.

Der Vorschlag war bezogen auf die Konstruktion ein "Dach, zwei Welten, ein Tier" Dass es nicht zwei völlig verschiedene Welten sind, in denen es nichts gemeinsames gibt, sagt der Text ja via Dach und Tier.

Dass "man das Meer riecht" ist von der Konstruktion her für mich seltsam. Da ist der Erzähler, die Kamera, die Bilder zeigt. Aäste, Ohren am Schlüsseloch." Das überwiegt für mich, auch wenn die Kamera noch in das Innere von ihr blickt und Gefühle zeichnet. Dann plötzlich kommt der Greruchssinn ins Spiel. Bilder und Gefühl, das passt für mich. Das Meersalz/Meerwasauchimmer riechen ist dann für meinen Geschmack zu viel.

Falls es dich stört, wenn ich nochmals PAssagen aufgreife, von denen du schon gesagt hast, so passt es, musst dus sagen. Ich will ja nicht nerven.

Gruß

Sneaky

Perry

Beitragvon Perry » 04.05.2008, 19:51

Hallo Annette,
Tür an Tür mit Alice, kommt mir da in den Sinn. :pfeifen:
Du hast ungewöhnliche Bilder gefunden (Äste, die an Rücken reiben, das kleine Tier Gleichmut). Gut gefällt mir auch das Meerbild (fühlt sie sich so (sehr) Küste), wobei ich den 3. Vers noch etwas mehr verdichten würde.
LG
Manfred

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 04.05.2008, 20:34

Liebe annette,

das ist ein Text, mit dem es mir geht, wie es mir selten mit einem Text geht:

Obwohl er mir noch nicht fertig erscheint, entfaltet er schon so gut wie ganz, wovon er erzählen will: das Gefühl der beiden, ihre persönliche Geschichte, aber auch darüber hinaus, was an ihrer Geschichte in allen Liebesgeschichten steckt - komisch das das geht! Aber immerhin heißt das, dass der Text so schon unumstößlich steht :-). Vielleicht sagt es auch, dass alle meine Hinweise, die gleich folgen, nur eine Geschmacksfrage sind, die ich nicht als solche sehen kann, ja sogar, dass es nötig ist, dass der Text ist, wie er ist, ich weiß es nicht!

(andere Kommentare und deine Antworten habe ich nicht überlesen, verweis mich einfach drauf, wenn sich was überschneidet)

Der Text hat für mich noch einige verzichtbare (weil sprachlich schwächere) Passagen und weist auch noch viele Bildsprünge für mich auf.


Lange schon

Nachbarn in- und auswändig


finde ich sprachlich schlecht diese Passage, als ob du mehr Gefallen am Sprachspiel gehabt hättest, aber darüber die Kontrolle verloren hättest zu sehen, dass die Worte eigentlich kaum die Stärke haben, die sie bräuchten für den Verweis, den sie versuchen. Zudem auch etwas abgenutzt?


hören nachts dieselben Äste
ihre Rücken aneinander reiben
unter einem Dach, in zwei Welten finde ich verzichtbar bzw. zu allgemein formuliert, so wirkt es tautologisch auf mich.

Dasselbe kleine Tier,
das an beider Gleichmut nagt
sehnt sie einander zu

die ganze Passage finde ich orginell, ich mag sie auch, trotz und mit dem/des fremdelnden Genitiv(s), aber eigentlich weiß ich nicht genau, was das für ein Tierchen sein soll (oder doch?). Ach, eigentlich wirkt das doch, die kleinen Fragezeichen erzeugen eigentlich Offenheit, ja, mag ich .-)


Er legt sein Ohr an ihre Wand
und im Vorübergehn im Flur entwischt etwas von ihr
durchs Schlüsselloch zu ihm

Wenn sie reden,
fliehen ihre Worte, sich zu treffen,<-- diese Zeile finde ich sprachlich schwach formuliert - auch ist es irgendwie eine ganz andere Sprache, auch wenn es analoge Stellen gibt, aber ich finde es etwas überhöht ausgedrückt, dadurch klingt es künstlich

wo der Winter übersommert - schöne Kehrsprache

und wenn sie an ihn denkt, fühlt sie sich so sehr Küste,
dass man das Meer riecht

finde ich zwei wunderbare zeilen, ......---- aber..sie lassen den Text auch zerfallen, weil so in den Bildern gesprungen wird: wohnung, abstrakt (fliehen ihre worte), Jahrezeiten dann noch das Meer und dann der stein. Gerade um den absolut gelungenen Schlussvers trauere ich, er passt so gut an die Jahrezeiten heran. Ich würde darum die Meerzeilen streichen und in ein Kästchen legen, wo sie auf einen anderen Text warten können
.


Zeit, unter den Stein zu sehen - hui!!



Insgesamt wäre das für mich dann ~


Lange schon

Nachbarn hören nachts dieselben Äste
ihre Rücken aneinander reiben
unter einem Dach

nagt dasselbe kleine Tier,
an beider Gleichmut,
sehnt sie einander zu

Er legt sein Ohr an ihre Wand
und im Vorübergehn im Flur entwischt etwas von ihr
durchs Schlüsselloch zu ihm

Wenn sie reden,
xxx (ersetzen .durch anderes -))
wo der Winter übersommert


Zeit, unter den Stein zu sehen



Ich weiß nicht, ob nach den ganzen Anmerkungen noch klar ist, dass der Text mich für sich einnehmen konnte, falls nicht:

Der Text konnte mich für sich einnehmen :hut0039:

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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annette
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Beitragvon annette » 05.05.2008, 20:52

sneaky:
nein natürlich stört es mich nicht, Passagen nochmals aufzugreifen. Ich bin mit meinen Texten nicht so schnell fertig ;)

Die "zwei Welten" sind in der neuen Version rausgefallen.

Zum Satz "im Vorübergehen": Ich finde gerade schön, dass das Vorübergehen dadurch etwas betont wird, etwas in die Länge gezogen. So schnell will sie ja nicht vorbei, ihre Gedanken bleiben noch ein Weilchen vor seiner Tür ...

Wenn Du hier einen Film siehst, dass funktioniert das sicher nicht, weil die Kamera plötzlich etwas sieht, was sie eigentlich nicht "sehen" kann. Aber es ist eben kein Film, würde ich sagen.

Manfred:
ja, ein bisschen Alice ist wohl dabei ;)

Lisa:
Du ahnst nicht, wie recht Du mit Deiner Vermutung hattest, der Text sei noch nicht fertig - ich wollte eigentlich einen anderen Text einstellen, hab dann die Texte verwechselt, und als er da stand, dachte ich mir, mal sehn was passiert ;)

Nachbarn in- und auswändig

finde ich sprachlich schlecht diese Passage, als ob du mehr Gefallen am Sprachspiel gehabt hättest, aber darüber die Kontrolle verloren hättest zu sehen, dass die Worte eigentlich kaum die Stärke haben, die sie bräuchten für den Verweis, den sie versuchen. Zudem auch etwas abgenutzt?


Wahrscheinlich hast Du recht, smile hat schon etwas Ähnliches gesagt. Eigentlich gibt die Zeile genau wieder, was ich sagen wollte: Nachbarn im Fühlen und im Wohnen, innerlich und äußerlich und außerdem schon "by heart" (weil bereits eine lange Zeit).

Aber wenn das so billig wirkt, dann muss es weg. Außerdem gefällt mir ganz gut, wie Deine Version an der Stelle klingt. Allerdings würde ich einen Zeilenwechsel einfügen, damit man "Nachbarn" leichter auf den Titel beziehen kann:

Lange schon

Nachbarn
hören nachts dieselben Äste

in zwei Welten finde ich verzichtbar bzw. zu allgemein formuliert, so wirkt es tautologisch auf mich.

Ja, an den "zwei Welten" haben sich auch schon mehrere Kommentatoren gestört. Es ist tatsächlich überfüssig.

Wenn sie reden,
fliehen ihre Worte, sich zu treffen
,<-- diese Zeile finde ich sprachlich schwach formuliert - auch ist es irgendwie eine ganz andere Sprache, auch wenn es analoge Stellen gibt, aber ich finde es etwas überhöht ausgedrückt, dadurch klingt es künstlich


Wie wäre
Wenn sie reden,
schleichen sich die Worte hin
wo der Winter übersommert

?

Gerade um den absolut gelungenen Schlussvers trauere ich, er passt so gut an die Jahrezeiten heran. Ich würde darum die Meerzeilen streichen und in ein Kästchen legen, wo sie auf einen anderen Text warten können.

Und wenn ich diese zwei Zeilen vorziehe? Ich mag sie auch sehr gerne. Und sie gehören so in diesen Text, zu diesen Beiden.
Wahrscheinlich sind es immer noch zu viele verschiedene Bilder, ich versuche es trotzdem mal (siehe zweite Version).

Viele Dank für Deine detaillierte und hilfreiche Beschäftigung mit dem versehentlichen Text!

Gruß - annette

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.05.2008, 12:06

Liebe annette,

soso! @Versehen. So komm ich also dazu einen schönen annette-text zu lesen..

die zweite Version gefällt mir sehr gut! Ich muss auch sagen, dass durch die Kürzungen auch etwas Unruhe rausgenommen wurde und die Meerstelle mir jetzt gar nicht mehr den Text zersprengt - es ist sozusagen jetzt Platz für die Anzahl der verschiedenen Bilder. Mir gefällt das so sehr! Auch die Stelle mit dem winter/sommer hast du raffiniert verbunden!

LIebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Beitragvon leonie » 07.05.2008, 20:52

Liebe Annette,

hier habe ich schon oft vorbeigeschaut und ich will nur kurz sagen, dass mir der Text in der jetzigen Form sehr gefällt!

Liebe Grüße

leonie

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 07.05.2008, 21:19

Liebe Annette,

Der Text in der aktuellen Fassung hat einen stillen klaren Fluss, wirklich gelungen.

Lieben Gruß
ELsa
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Max

Beitragvon Max » 07.05.2008, 21:22

Liebe Annette,

mir gefallen Cersion 1 und Version 2 des Textes gleichermaßen, wobei Version 2 sicherlich eine größere Bildkraft in der geänderten Strophe hat.

Ich stolpere aber etwas über die Konstruktion

Wenn sie an ihn denkt, fühlt sie sich so sehr Küste,


was für mich in der Grammatik (oder im Inhalt) arg holpert.

Ansonsten mag ich das Gedicht sehr.

Liebe Grüße
Max

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Beitragvon annette » 08.05.2008, 08:52

Danke Lisa, lenonie und ELsa, Eure Zustimmung freut mich sehr!

Max, eigentlich hat es mich nicht gestört, aber die Zeile ist nicht wirklich geschmeidig.
Zwei Alternativ-Vorschläge:

Denkt sie an ihn, fühlt sie sich Küste
so sehr, dass man das Meer richt


Denkt sie an ihn, fühlt sie sich Küste
und man richt das Meer


Was meinst Du / meint Ihr?

Ich glaube, die erste Variante gefällt mir besser, weil ich das etwas umständliche "so sehr, dass" hier ganz gerne mag. Die ganze geschilderte Situation ist ja etwas umständlich.

Gruß - annette


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