bücken

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 11.04.2008, 22:01

bücken

sehr gut
sollte man
gebückt sein

bevor
ein wort
entsteht

in einem
einzigen satz

der körper
leicht beweglich

wie individuelle
gesichtsfalten

bei einer
sehr einfachen
übung

als diener

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.04.2008, 20:10

Lieber moshe,

Ich glaube, ich bin bei beidem, obwohl ich weiß, nicht für gemacht. Es gibt dieses Bild bei Platon (schlecht nacherzählt) mit einem Hund, der an eine Kutsche gebunden ist und es die beiden Möglichkeiten gibt, dass er zieht und zerrt, weil er in eine andere Richtung will/nicht in eine andere Richtung kann /in diese eine Richtung gezwungen wird ODER der Hund der Kutsche folgt. Für Platon liegt nun die Freiheit des Hundes darin, zu wählen, dass er der Kutsche ohne Widerstand folgt.

Dann fällt mir noch die Geschichte von Abraham ein, der seinen Sohn opfern soll - obwohl Gott durch einen Engel es verhindert, wird auch hier völlige Fügung verlangt.

Ganz komisch: Obwohl ich spüren kann, dass da aiuch etwas Wahres/Nützliches in beiden Fällen liegt, ist mein Widerwille größer und ich wüsste, ich könnte so nicht handeln. Ich finde hier (ohne das zuspitzen zu wollen, nur streifen...) Parallelen zu deinem Text, in dem es ja um das Verhältnis von Wort und Sprecher/Schreiber geht. Demut (auf bewegliche Art) ist durchaus etwas, was etwas (nur so) möglich macht - aber ich traue ihr nicht, weil ich glaube, dass man, ist man in dieser Geste, nicht mehr erkennen kann, ob man krank /(auto-)aggressiv oder eremitisch / geruht handelt.

Das ist jetzt keine Kritik an deinem Text, sondern das sind nur die Gedanken, die mir beim Lesen kamen...

(ich könnte mir vorstellen, dass 'beugen' vielleicht noch etwas mehr Spielraum gibt als bücken für den ganzen Kontext?)

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Maija

Beitragvon Maija » 26.04.2008, 09:04

Der Untertan" erinnert mich an einem Bückling ;-) aber damit hat dein Gedicht nichts zu tun, denke ich.

Liebe Grüße, Maija

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.04.2008, 17:00

Hm, also an Mitläufer oder Konformisten denke ich bei diesem Text gar nicht.
Saludos
Mucki

Maija

Beitragvon Maija » 26.04.2008, 18:24

Hallo,

Ich denke das moshe hier das Bücken in einem großen Weltenspiel betrachtet und es am Ende hervor blinken lässt, das wir alle Diener dieser schönen Welt bleiben sollten.
Eine sehr einfache Übung, wenn der Mensch dies berücksichtigt. Also moshe betrachtet alles in einem großen Rahmen und der Bückling wird hier nicht betrachtet. So jedenfalls sehe und verstehe ich das Gedicht.

Lieben Gruß, Maija

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 26.04.2008, 20:41

Liebe Alle! und Liebe Lisa!

Die Welt, äh, die Gesellschaften und ihre Prozedere, in der ich lebte und lebe, habe ich immer mit einer gewissen Distanz betrachten können.
Das ist manchmal nicht ganz einfach.

Was mir an Lisas Beitrag hier so ungemein gut gefällt, ist, daß da um ein allgemeines kleines Unwohlsein herumgezirkelt wird, wie ich es auch immer empfand.
Da wird in der Geschichte gesucht, dennoch liefert es keine Antwort.
Ist das ein Wunder, wenn man in einer christlichen Gesellschaft lebt, in der der Gottesdienst gefordert wird und überhaupt das Dienen in diesem Zusammenhang so dick angestrichen ist, daß es ein unbefragter tiefer Kulturwert ist?
Ist es ein Wunder, wenn man in einem Staat lebt, wo die Hauptakteure als Staatsdiener bezeichnet werden, aber Gruppeninteressen dienen, und dieses immer mehr überhand nimmt?

Das wird doch wohl auch auf der Sprachebene und der sozialen Leiter, im Alttag an der Arbeit, in der Entwicklung der Beschäftigungsverhältnisse, usw. immer deutlicher ausgeprägt.

Bücken und Dienen hat einen Ursprung und wird derzeit mehr ausgebaut. Auch in der Sprache.

Man hat keinen Anspruch mehr, sondern wird ein Empfänger von Mildtätigkeit.

Wohl bekomms

Moshe


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