meine flügel hüten steine

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.04.2008, 16:52

.

Endfassung


meine flügel hüten steine
federe den wind

dunkelkreise zernagen die zeit
denke mich leicht
und träume schwere fort

in glänzendem gefieder



1. Fassung

meine flügel hüten steine
denke mich leicht
federe den wind

der tag grellt mir lasten
dunkelkreise zernagen zeit
träume schwere fort

hürden winken grau
auf weg ohne ebenen
mein gefieder glänzt bunt


by Mucki
04/2008
Zuletzt geändert von Mucki am 17.04.2008, 00:49, insgesamt 2-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 15.04.2008, 21:00

hi mucki!

der titel ist ein gedicht für sich! federe den wind - das mag ich auch sehr!
"der tag grellt mir" gefällt mir weniger....



lieben gruß: Niko

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.04.2008, 21:57

Hi Niko,

danke für deinen ersten Eindruck.
"der tag grellt mir" hört sich nicht so leicht an wie "federe den wind", klar. Es besagt ja auch das Gegenteil.
Saludos
Mucki

Niko

Beitragvon Niko » 15.04.2008, 22:32

mag ja sein, mucki...-es klingt halt in meinen ohren widerborstig...



lieb grüßend: Niko

lagunkel

Beitragvon lagunkel » 15.04.2008, 22:33

Liebe Mucki,

die erste Strophe sagt mir sehr zu, obgleich es für mich das 'denke mich leicht' nicht bräuchte.
meine flügel hüten steine
federe den wind

würde mir da völlig genügen.

Danach kommt mir dann auch zu viel. 'der tag grellt mir lasten' und 'hürden winken grau' . Das kann ich nicht lesen (man könnte mir jetzt eine Brille empfehlen, aber die würde das nicht ändern). Passt da (für mich!) nicht rein.

'dunkelkreise zernagen zeit' hingegen finde ich grandios. Absolut treffend und fast schon einzeln als Kurzgedicht zu nehmen ;o)

Ich würde also folgendes lesen:

meine flügel hüten steine
federe den wind

dunkelkreise zernagen zeit
auf weg ohne ebenen

und doch glänzt es
glänzt mein gefieder bunt



Entschuldige, jetzt wirkt es irgendwie 'seziert'....
Muss noch anfügen: Ich mag das Gedicht!
An meinen Kürzungen kannst du ja sicher gut erkennen, wie ich es lese.
Es liegt sicher an meiner Interpretation, dass es die anderen Teile nicht braucht.

Ich hoffe, du kannst was damit anfangen.

lg

Rebekka

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.04.2008, 22:44

Hallo Rebekka,

in deiner gekürzten Fassung kommt zweimal "glänzt" in den letzten beiden Zeilen vor. Da hapert es für mich.
Das "träume schwere fort" finde ich wichtig in der 2. Strophe, so wie jeder letzte Satz der drei Strophen ausdrücken soll, dass LI das Schwere besiegt. Und das "träume" drückt für mich die Nacht aus, deshalb brauche ich den Bezug zum Tag davor in der ersten Zeile. "grellt mir lasten" ist vielleicht noch nicht optimal. Niko ist ja auch schon drüber gestolpert. Werde ich überdenken. Danke dir für dein Feedback!
Saludos
Mucki

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 16.04.2008, 08:09

Hallo Mucki,

der Titel ist ein Gedicht für sich und hat mich gleich begeistert.
Die einzige Zeile im Text, die sich mir sperrt sind die "winkenden hürden". Ich glaube, das liegt daran, dass winken für mich fröhlich klingt. Und winkende Hürden irgendwie ein absurdes Bild ergeben. Ich könnte mir für mich vorstellen ein wenig umzustellen, weiß aber nicht ob das deinen Gedankengang verändert.


meine flügel hüten steine
federn den wind

der tag grellt mir lasten das gefällt mir sehr!
dunkelkreise zernagen die zeit
ich träume schwere fort
denke mich leicht

hürden "tönen" vielleicht, dann hättest du zugleich einen akkustischen Bezug zu grellt in S2 oder "steigen" oder "wuchern" grau
auf weg da komme ich immer ins stolpern, was ja wunderbar zu den hürden passt .-) ohne ebenen

mein gefieder glänzt bunt die letzte Zeile würde ich absetzen, um ihr mehr Eigenständigkeit oder Aussagekraft zu geben. Ev könnte man ihr auch noch einen Vers vorausstellen, um die Wende sichtbarer zu machen, etwas wie "aber sieh doch", oder nur ein "aber".

Das habe ich sehr gern gelesen.

liebe Grüße smile
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 16.04.2008, 08:18

Liebe Mucki,

Also der Vogel/LI hockt mit ausgebreiteten Flügeln auf Steinen, wünscht sich aufzufliegen in der 1. Str.
In der 3. Str. scheint sich das LI noch/wieder aufzuschwingen, die Hürden zu überwinden, die voller Düsternis sind, und über die Unebenheiten hinwegzusehen/hinwegzufliegen. Ich denke auch, dass es gelingt, sonst würde nicht das glänzende Gefieder erwähnt sein. Soweit ist mir die Vogelmetapher eingängig, und ich finde sie gelungen. "Federe den Wind" ist sehr schön!

Schwierigkeiten macht mir deine 2. Str. Hm ... die 1. Zeile verstehe ich überhaupt nicht inhaltlich. Was ist gemeint?

der tag grellt mir lasten
dunkelkreise zernagen zeit
träume schwere fort
M.E. ist da außerdem ein Registersprung zu den beiden anderen Str., die sich mit dem Fliegen/Erheben, der Bewegung, dem Bewältigen aus dem POV des Vogels/LIs befassen. Str. 2 fällt für mich sehr heraus als wäre es ein anderes Gedicht.

Wie auch immer: ein Gedicht mit viel Spannung und Dichte!

Lieben Gruß
ELsie
Schreiben ist atmen

Caty

Beitragvon Caty » 16.04.2008, 10:02

meine flügel hüten steine
denke mich leicht
federe den wind

der tag grellt mir lasten
dunkelkreise zernagen zeit
träume schwere fort

hürden winken grau
auf weg ohne ebenen
mein gefieder glänzt bunt

Das Ich ein Vogel, irgendein Vogel, er wird nicht konkret benannt, sodass man eine Vorstellung gewinnen könnte. Der steinehütende Vogel gleich im Einstieg sagt mir nichts. Was habe ich unter Steinen zu verstehen? Warum sollen sie gehütet werden? Befürchtet der Vogel, sie würden weglaufen? Diese Zeile ist mir unverständlich.

Zeile 2: Ein Vogel muss sich nicht leicht denken, er ist leicht, er hat einen leichten Knochenbau, die Knochen sind hohl, sogar bei Großvögeln wie Adler. Diese Zeile empfinde ich als überflüssig.

Zeile 3: "federe den Wind" ist mir zwar neu, nichtsdestotrotz empfinde ich diesen Ausdruck als zu gesucht. Setze ich nämlich voraus, dass die Flügel (aus Federn) die "Hände" des Vogels sind, so könnte ich mir ein treffenderes Verb vorstellen.

Dasselbe zu Zeile 4: "der tag grellt mir lasten", zu gesucht.

Zeile 5: "dunkelkreise zernagen zeit" - was soll ich mir unter Dunkelkreisen vorstellen? Ja, ein Vogel kreist in der Luft, soll es also heißen, dieser Vogel kreist nachts in der Luft? Wenn dem so sein sollte, warum schreibst du das nicht?

Zeile 6: "träume schwere fort" - ich verstehe den Sinn dieser Zeile nicht. Zernagen die Träume die Schwere fort? Oder träumt das Ich die Schwere fort? Was aber die Schwere angeht, siehe oben.

Zeile 7: Winkende Hürden wirken, auf mich zumindest, leicht komisch. Ist die Komik beabsichtigt?

Zeile 8: "auf weg ohne ebenen" - also darf ich annehmen, es handelt sich um eine bergige Gegend? Oder was willst du damit ausdrücken? In den Bergen ist der Vogelflug leichter, weil es viel mehr Aufwind gibt, mir scheint aber, so formuliert, du setzt voraus, dass die Ebene den leichteren Flug ermöglicht, ein Trugschluss. Ich würde dem Weg auch einen Artikel vorsetzen.

Zeile 9: "mein gefieder glänzt bunt" - also ist es ein bunter Vogel, anzunehmen, dass es ein Singvogel ist. Dieser Satz hat aber meines Erachtens so wenig Aussage, dass ich ihn mir ersatzlos gestrichen vorstellen könnte.

Insgesamt finde ich das Gedicht wenig aussagekräftig, es wird viel zuviel mit Leerbegriffen gearbeitet, ich kann mir nach diesem Gedicht weder einen Vogel vorstellen noch einen Menschen, der gern ein Vogel wäre. Der Text "fliegt" nicht, er hockt am Boden, schwerfällig, alleingelassen
mit ein paar Floskeln.

Herzlich, Caty

Mucki
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Beitragvon Mucki » 16.04.2008, 13:23

Hallo smile,

dir gefällt die Zeile "der tag grellt mir lasten", alle anderen Kommentatoren haben damit Probleme. *g* Das "denke mich leicht" hast du umgestellt, könnte man machen. "federe den wind" möchte ich aktiv lassen aus der Ich-Perspektive, das klingt für mich leichter, beschwingter.
Die einzige Zeile im Text, die sich mir sperrt sind die "winkenden hürden". Ich glaube, das liegt daran, dass winken für mich fröhlich klingt. Und winkende Hürden irgendwie ein absurdes Bild ergeben.

Stimmt, jetzt, da du es ansprichst, gebe ich dir Recht. Das klingt wirklich komisch, soll es aber nicht sein. Es sollte eigentlich "alarmierend" klingen. Ok, das werde ich ändern, wahrscheinlich sogar rausnehmen.
Den von dir eingesetzten Artikel vor "Zeit" hatte ich vorher drin, aber wieder rausgenommen, ebenso das "Ich" vor "träume schwere fort", da ich verdichten wollte. Es klingt aber wohl doch besser, wenn es ausgeschrieben ist.

Dass du auf dem Weg ohne Ebenen ins Stolpern gerätst, passt *g*, denn der Weg ohne Ebenen ist ein unebener Weg, eben ein Weg, auf dem man stolpert,-)
Also, ich komme immer mehr zu dem Schluss, die beiden Zeilen mit den Hürden und dem Weg rauszunehmen.

Das bunte Gefieder abzusetzen, ist eine gute Idee. Ursprünglich hatte ich dort stehen: Gefiederter Flug, doch ich möchte das Partizip nicht und das Wort "Flug" vermeiden.
Wenn ich es absetze, ich muss mal schauen, dann würde ich wohl insgesamt zwei Strophen draus machen.
Danke dir für deine Anregungen!
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 16.04.2008, 13:41

Liebe Elsie,
Also der Vogel/LI hockt mit ausgebreiteten Flügeln auf Steinen, wünscht sich aufzufliegen in der 1. Str.

Interessant, dass man es auch so lesen kann. Ich meinte es aber anders. Statt "hüten" hätte ich auch (ver)bergen schreiben können.
Die Unebenheiten hast du richtig gelesen, ja. Ich wollte eben nicht unebener Weg schreiben, sondern wählte stattdessen "weg ohne ebenen".
Schwierigkeiten macht mir deine 2. Str. Hm ... die 1. Zeile verstehe ich überhaupt nicht inhaltlich. Was ist gemeint?

Mit "der tag grellt mir lasten" drücke ich aus, dass am Tage dem LI sehr stark die Last entgegengrellt (also sehr/zu hell/beißend)
M.E. ist da außerdem ein Registersprung zu den beiden anderen Str., die sich mit dem Fliegen/Erheben, der Bewegung, dem Bewältigen aus dem POV des Vogels/LIs befassen. Str. 2 fällt für mich sehr heraus als wäre es ein anderes Gedicht.

Ja, ich sehe schon, diese Strophe bereitet dem Leser Probleme.
am Tag: grelle Last
deshalb die Träume (= Nacht), in denen LI die Schwere wegträumt. Durch die "dunkelkreise" möchte ich durch das "kreise" wieder Bezug zum Vogel im LI nehmen.
1. Strophe: "meine flügel", "federe den wind"
2. Strophe: "kreise"
3. Strophe: "gefieder"
Wie ein roter Faden sollte sich die Metapher des Vogels durch das Gedicht ziehen, funktioniert aber anscheinend nicht.
Ok, ich werde zwei Strophen daraus machen und das bunte Gefieder absetzen, wie smile es vorschlug.
Danke dir für die Auseinandersetzung mit meinem Text!
Saludos
Mucki

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Beitragvon Mucki » 16.04.2008, 13:50

Hallo Caty,

schade, dass dir mein Gedicht gar nichts sagt. Aber kann man nicht ändern. Vielleicht wird es dir klarer, wenn du meine eben geschriebenen Kommentare liest.
Welcher Vogel es ist, spielt keine Rolle. Es geht um den Vogel, den LI in sich fühlt und damit die innere Schwere besiegt.
Zu den "dunkelkreise": es ist eine Komposition aus dunklen Kreisen.
Zum bunten Gefieder. Auch hier legst du dich zu sehr auf einen bestimmten Vogel fest. Es geht darum, dass das bunte Gefieder des Vogels im LI eben das "grau" der Hürden, die Schwere besiegt.
Der Text "fliegt" nicht, er hockt am Boden, schwerfällig, alleingelassen
mit ein paar Floskeln.

Schade. Der Text soll genau das Gegenteil ausdrücken, was er auch m.E. macht. Nur die 2. Strophe muss ich überarbeiten, das ist mir klar geworden.
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 16.04.2008, 14:07

Liebe Mucki,

Vermutlich habe ich mit besagter Zeile Schwierigkeiten, weil "grell" etwas Optisches (Licht) ist und "Last" etwas Kinästetisches, also ein Körpergefühl.

Dass sich die "Vogelfreiheit" durchzieht, habe ich erst jetzt durch deinen Hinweis kapiert.

Ja, 2 Strophen erscheinen mir eine gute Lösung.

Lieben Gruß
ELsie
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Beitragvon Mucki » 16.04.2008, 14:21

Liebe Elsie,
Vermutlich habe ich mit besagter Zeile Schwierigkeiten, weil "grell" etwas Optisches (Licht) ist und "Last" etwas Kinästetisches, also ein Körpergefühl.

ja, da ist was dran. Und wenn man erst einmal in eine Richtung denkt, wird es schwer, sich davon wieder zu lösen.
Ich werde nachher eine 2. Fassung einstellen.
Saludos
Mucki


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