Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 19.03.2008, 22:24

Und dann hast du dir
als ich gestand
die Nägel blutig gekratzt
am Putz im Bad

Und hast am nächsten Morgen
nicht mehr gewusst
dass dies deine Spuren waren

Nur deine Hände wussten davon
die Nägel
und die Wand

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.03.2008, 23:36

Es gibt Wunden, die bluten.
Kompresse draufhalten,
Pflaster drüber. Fertig.

Es gibt Wunden, die
dich innerlich in Stücke reißen.
Diese Wunden bluten nicht.

Max

Beitragvon Max » 20.03.2008, 13:25

Stücke

Zwischen dem Denken und dem Fühlen wandern
so zwischen deiner Welt und meiner Welt

Rein sein
wie das Wasser nur Wasser ist
und das Brot nur Brot
(Und sich auch dort täuschen
so sehr
dass reines Wasser tötlich ist)

Und vermengt sein
bunt sein
(so sehr, dass das Vermengte
rein wird)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 20.03.2008, 13:37

Tötlich wird das Wasser,
bleibt es einem vorenthalten,
sei es auch unrein
wie alles, alles, alles,
wenn von Menschenhand berührt.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 22.03.2008, 20:38

Meine Tränen, das sind Totenwasser,
denn wenn ich weine, dann weine ich um mich

Die Menschengräser um die Lachen,
lassen salzig ihre Köpfe hängen

Und die Lachen um die Menschengräser
werden mehr und mehr und mehr und mehr

ich bedauer mich so sehr,
lass mich treiben, lass mich treiben
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 30.03.2008, 20:34

Du füllst mit deinen Tränen Muscheln
baust dir aus Spänen ein Boot
umrundest die kleine Welt

So winzig denke ich von außen
so reich erzählst du von innen
Herzmuschelgarn

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 04.04.2008, 13:40

pressspanplatten
zeitloses holz

keine faser
kein ring

entraubte identität

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.04.2008, 13:46

kein ring am finger
und doch an der kette
identität ohne
id

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 04.04.2008, 14:00

kettenglieder
geschmiedet
in gluthitze

ertarrt

höllenhunde
zerren
an ihrer
hütte

Max

Beitragvon Max » 06.04.2008, 12:54

Hütten
zogen ihn an
als Gedanke
als ein Schutz
sowie Hüttenschuhe und Hüttenkäse

Die Frau lachte immer wenn er Hütten erwähnte
vielleicht auch, weil er nie in einer Hütte
gelebt hatte

So blieb es wie in vielem
ein unvollendeter Gedanke
der am Rande zu kurz wurde

Klara
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Beitragvon Klara » 14.04.2008, 10:58

selbstbezichtigung

wie ich mich auch drehe
(und wende)
überall steck ich mich auf
meine grenzen
stoß mich in meinen elektrozäunen
stromstöße! wiedererkennungseffekt!
den läppischen schmerz einer
dummen und wendigen not
selbst
beschränkung

spür ich nicht
bin ich nur
hier
am rand des versagens
missratener zeit
im auge der unzulänglichkeit
unmäßig, mittelvergangen
im leben zu feige
im aufgeben schwach
ergeben
(mit drei oder vier leben hätte er es zu etwas bringen können, schrieb ein großer. man klaut sich seine zitate zusammen, und vergleiche hinken durch das leben wie ein schiefes grinsen. klappe zu.)
Zuletzt geändert von Klara am 14.04.2008, 13:07, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.04.2008, 12:33

im aufgeben stark
mitten im scheitern
geratene zeit
nicht ergriffen
mittelvergangenheit wäre
nicht mal vergangen

Herby

Beitragvon Herby » 14.04.2008, 22:18

"Was gewesen ist, war."

Da lachte die Zeit
höhnisch.

Max

Beitragvon Max » 17.04.2008, 20:29

Als ich damals,
es war im Spätherbst,
in unseren Wald ging,
saß da die Zeit auf einer Bank.

Sie sah kränklich aus
und hatte Schnupfen,
so dass ich ihren Lauf beobachten konnte.

Einmal als sie nieste,
sagte ich laut
"Gesundheit"
und ging dann schnell weiter
Ich wollte mich nicht anstecken.

Was ist, wenn sie stirbt?
dachte ich auf dem Heimweg.


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