Könnt ich nur wieder sein
wie ich gewesen bin
(und dennoch niemals war)
ungebremst im Fluss
und eins mit mir
bevor dieses obszöne Wort
mit seinen Scheren mir
die Luft zerschnitt
Fragen rückwärts stellen
im Sonnenbrand baden
atmen
verschwendend
frei ...
Könnt ich nur wieder sein
was ich gewesen bin
(und doch niemals war)
ungebremst im Fluss
und eins mit mir
bevor dieses obszöne Wort
mit seinen Scheren
die Luft zerschnitt
Fragen rückwärts stellen
im Sonnenbrand baden
atmen
verschwendend
frei ...
© Monika Kafka, 2008
Krebsgang
Liebe Monika,
der Titel Deines Gedichts erinnert natürlich an Grass' Gustloff Roman. Dennoch finde ich den Krebsgang als Bild für ein aktives Sich-erinnern, ein zweites Durchleben, rückwärts in die Vergangenheit-Tauchen ein passendes Bild und mag es.
Hier ist dieses Sichhineinbegeben verknüpft mit dem Wunsch die eigene Veränderung aufzuheben, zu sein
somit weniger ein Zurückwünschen des damaligen Zustandes als ein Zurückwünschen der Illusionen, der Fähigkeit an die eigenen Wünsche zu glauben.
finde ich dafür ein sehr schönes Bild.
Im zweiten Teil der ersten Strophe
wünschte ich mir mehr Konkretes. Mir ist aus dieser vagen Skizze nicht klar, was überhaupt gemeint sein könnte, ja, was vielleicht ärger ist, es ist mir so vage, dass ich Proleme habe, eigene Erfahrungen mit diesem Bild zu verknüpfen.
Strophe 2 finde ich mich zu Beginn verwirrt, da die Rückwärtsbewegung, die das Gedicht trägt, nun auch in der Vergangenheit angekommen zu sein scheint:
scheint sich mir doch auf den erwünschten Zustand zu beziehen, nicht auf die Bewegung, die dahin führt.
In den letzten Zeilen
tropft das Gedicht aus, wie eine Erinnerung.
Hab ich gern gelesen.
Liebe Grüße
Max
der Titel Deines Gedichts erinnert natürlich an Grass' Gustloff Roman. Dennoch finde ich den Krebsgang als Bild für ein aktives Sich-erinnern, ein zweites Durchleben, rückwärts in die Vergangenheit-Tauchen ein passendes Bild und mag es.
Hier ist dieses Sichhineinbegeben verknüpft mit dem Wunsch die eigene Veränderung aufzuheben, zu sein
was ich gewesen bin
(und doch niemals war)
somit weniger ein Zurückwünschen des damaligen Zustandes als ein Zurückwünschen der Illusionen, der Fähigkeit an die eigenen Wünsche zu glauben.
ungebremst im Fluss
und eins mit mir
finde ich dafür ein sehr schönes Bild.
Im zweiten Teil der ersten Strophe
bevor dieses obszöne Wort
mit seinen Scheren
die Luft zerschnitt
wünschte ich mir mehr Konkretes. Mir ist aus dieser vagen Skizze nicht klar, was überhaupt gemeint sein könnte, ja, was vielleicht ärger ist, es ist mir so vage, dass ich Proleme habe, eigene Erfahrungen mit diesem Bild zu verknüpfen.
Strophe 2 finde ich mich zu Beginn verwirrt, da die Rückwärtsbewegung, die das Gedicht trägt, nun auch in der Vergangenheit angekommen zu sein scheint:
Fragen rückwärts stellen
scheint sich mir doch auf den erwünschten Zustand zu beziehen, nicht auf die Bewegung, die dahin führt.
In den letzten Zeilen
atmen
verschwendend
frei ...
tropft das Gedicht aus, wie eine Erinnerung.
Hab ich gern gelesen.
Liebe Grüße
Max
... grüß Dich scarlett,
es ist sehr tiefgründig, melancholisch mit einem
Hauch von dem, was man "auf der Stelle treten" nennt.
Man ist von je her nicht vollkommen, aber wenn
einem etwas entfernt, wurde, operativ und man mit
einer bestimmten Diagnose leben muss, dann macht man sich
sehr viele Gedanken, teilweise Vorwürfe ...
Darf ich Dir meine Gedanken zum Text notieren?
Könnt ich wieder sein
wie ich ich war
(und dennoch nie gewesen bin)
ungebremst im Fluss
eins mit mir
bevor dieses Wort
mit seinen Scheren
mich
und die Luft
zerschnitt
Kaskaden rückwärts
baden
im Sonnenbrand
atmen
mich
verschwenden
frei ...
***
Meine Gedanken dazu ...
Eine gute Zeit,
Ramona
es ist sehr tiefgründig, melancholisch mit einem
Hauch von dem, was man "auf der Stelle treten" nennt.
Man ist von je her nicht vollkommen, aber wenn
einem etwas entfernt, wurde, operativ und man mit
einer bestimmten Diagnose leben muss, dann macht man sich
sehr viele Gedanken, teilweise Vorwürfe ...
Darf ich Dir meine Gedanken zum Text notieren?
Könnt ich wieder sein
wie ich ich war
(und dennoch nie gewesen bin)
ungebremst im Fluss
eins mit mir
bevor dieses Wort
mit seinen Scheren
mich
und die Luft
zerschnitt
Kaskaden rückwärts
baden
im Sonnenbrand
atmen
mich
verschwenden
frei ...
***
Meine Gedanken dazu ...
Eine gute Zeit,
Ramona
Liebe Scarlett,
ehrlich gesagt, habe ich ziemlich lange gebraucht, bis ich es verstanden habe. Das Wort "obszön" hat mich auf die falsche Fährte gelockt. Deshalb plädiere ich auch unbedingt dafür, es wegzulassen.
Wegen des Anfangs hätte ich ähnlich Vorschläge gemacht wie Ramona, wegen der "Melodie", aber auch, weil ich "wie ich war" noch stärker finde als "was ich war".
Am Schluss das "frei" würde ich weglassen, weil der ganze vorherige Abschnitt die Sehnsucht zeigt, frei zu sein. Da brauchst Du das Wort nicht explizit erwähnen, es schwächt für mein Empfinden die Bilder.
Soviel in aller Kürze.
Ein starker Text, finde ich!!
Liebe Grüße
leonie
ehrlich gesagt, habe ich ziemlich lange gebraucht, bis ich es verstanden habe. Das Wort "obszön" hat mich auf die falsche Fährte gelockt. Deshalb plädiere ich auch unbedingt dafür, es wegzulassen.
Wegen des Anfangs hätte ich ähnlich Vorschläge gemacht wie Ramona, wegen der "Melodie", aber auch, weil ich "wie ich war" noch stärker finde als "was ich war".
Am Schluss das "frei" würde ich weglassen, weil der ganze vorherige Abschnitt die Sehnsucht zeigt, frei zu sein. Da brauchst Du das Wort nicht explizit erwähnen, es schwächt für mein Empfinden die Bilder.
Soviel in aller Kürze.
Ein starker Text, finde ich!!
Liebe Grüße
leonie
Liebe Monika,
Das Wort ist obszön, denn es greift entsetzlich ins Leben ein, so wie ich das hier lese.
Ich denke an Lungen- und Hautbefall dabei.
Das Bedauerliche dran scheint für das LI zu sein, dass es auch vor der Diagnose nicht aus der Fülle geschöpft hat, und es ihm jetzt erst so richtig klar wird, vielleicht zu spät ...
Ein guter Text, Monika, bei dem ich Gänsehaut kriege.
Lieben Gruß
Elsa
Das Wort ist obszön, denn es greift entsetzlich ins Leben ein, so wie ich das hier lese.
Ich denke an Lungen- und Hautbefall dabei.
Das Bedauerliche dran scheint für das LI zu sein, dass es auch vor der Diagnose nicht aus der Fülle geschöpft hat, und es ihm jetzt erst so richtig klar wird, vielleicht zu spät ...
Ein guter Text, Monika, bei dem ich Gänsehaut kriege.
Lieben Gruß
Elsa
Schreiben ist atmen
Liebe scarlett,
für mich ist die wichtigste Zeile der Text, der in Klammern steht.
Der Text scheint das Leben klar in ein Davor und ein Danach einzuteilen - vor und nach der Diagnose. Vorher "ungebremst", "eins mit mir", "im Fluss", "frei" etc., danach alles anders.
Jedoch stellt der Klammersatz (und doch niemals war) gerade diese Einteilung in Frage, entlarvt dieses post-diagnostische Klischee ("vorher war doch alles gut!").
Ebenso die "Freiheit": Ich glaube nicht, dass das Ich die Freiheit vorher als solche empfunden hat, erst im Nachhinein färben sich die gelebten Augenblicke als frei und verschwendend (nicht verschwendet!).
"obszön" passt für meinen Geschmack ganz gut. Es betont das Körperliche der Krankheit und es deutet auf das Tabu hin, das wir genau dieser allzu körperlichen Komponente von Krankheit auferlegen.
Grüße nach langer Zeit - annette
für mich ist die wichtigste Zeile der Text, der in Klammern steht.
Der Text scheint das Leben klar in ein Davor und ein Danach einzuteilen - vor und nach der Diagnose. Vorher "ungebremst", "eins mit mir", "im Fluss", "frei" etc., danach alles anders.
Jedoch stellt der Klammersatz (und doch niemals war) gerade diese Einteilung in Frage, entlarvt dieses post-diagnostische Klischee ("vorher war doch alles gut!").
Ebenso die "Freiheit": Ich glaube nicht, dass das Ich die Freiheit vorher als solche empfunden hat, erst im Nachhinein färben sich die gelebten Augenblicke als frei und verschwendend (nicht verschwendet!).
"obszön" passt für meinen Geschmack ganz gut. Es betont das Körperliche der Krankheit und es deutet auf das Tabu hin, das wir genau dieser allzu körperlichen Komponente von Krankheit auferlegen.
Grüße nach langer Zeit - annette
Liebe Ramona, liebe leonie, liebe Elsa, liebe annette (schön, dass du wieder da bist)
habt lieben Dank für eure Gedanken zu meinem Gedicht.
Was mich etwas überrascht ist die Tatsache, dass man das Gedicht wohl nur so lesen kann, als sei das LI unmittelbar betroffen. Dass also das "Schlimme" jemand anderes betrifft und nur vom LI gespiegelt wird, es also nur unmittelbar betroffen ist, kommt wohl nicht rüber. Aber seis drum -
Eure Anregungen habe ich mir durch den Kopf gehen lassen und bin zu folgendemSchluss gekommen: das "obszön" bleibt drin (wann hat man denn schon die Möglichkeit, dieses Wort lyrisch zu verwerten
), weil ich derselben Ansicht bin wie Elsa und annette.
Diese Zweiteilung wie annette sie sieht, ist gewollt, ist das Grundmuster für alles gewesen - man ist nicht mehr frei und man ist irgendwie nicht mehr derselbe Mensch, wenn man mit dem Unaussprechbaren konfrontiert wird. Man hat irgendwie das Gefühl, jeden Morgen mit einer Wand vorm Kopf aufzuwachen, es läßt einen nicht mehr los, egal was man tagsüber tut und wie sehr man sich auch bemüht, den Alltag alltäglich aussehen zu lassen. Und der Wunsch nach dem Davor, wo ja scheinbar alles ganz anders war, wird entlarvt durch den Klammersatz, oder zumindest relativiert.
Ändern werde ich auch das "was ich war" in "wie ich war".
Die "Kaskaden" Ramona, die sind mir aber irgendwie zu viel, das geht außerdem in eine andere Richtung.
Ich stelle die neue Version oben ein.
Habt Dank für alles, hab mich sehr gefreut.
Und bevor irgendwelche Spekulationen oder Beunruhigungen auftreten: keine Sorge um mich persönlich ...
Liebe Grüße,
Monika
habt lieben Dank für eure Gedanken zu meinem Gedicht.
Was mich etwas überrascht ist die Tatsache, dass man das Gedicht wohl nur so lesen kann, als sei das LI unmittelbar betroffen. Dass also das "Schlimme" jemand anderes betrifft und nur vom LI gespiegelt wird, es also nur unmittelbar betroffen ist, kommt wohl nicht rüber. Aber seis drum -
Eure Anregungen habe ich mir durch den Kopf gehen lassen und bin zu folgendemSchluss gekommen: das "obszön" bleibt drin (wann hat man denn schon die Möglichkeit, dieses Wort lyrisch zu verwerten

Diese Zweiteilung wie annette sie sieht, ist gewollt, ist das Grundmuster für alles gewesen - man ist nicht mehr frei und man ist irgendwie nicht mehr derselbe Mensch, wenn man mit dem Unaussprechbaren konfrontiert wird. Man hat irgendwie das Gefühl, jeden Morgen mit einer Wand vorm Kopf aufzuwachen, es läßt einen nicht mehr los, egal was man tagsüber tut und wie sehr man sich auch bemüht, den Alltag alltäglich aussehen zu lassen. Und der Wunsch nach dem Davor, wo ja scheinbar alles ganz anders war, wird entlarvt durch den Klammersatz, oder zumindest relativiert.
Ändern werde ich auch das "was ich war" in "wie ich war".
Die "Kaskaden" Ramona, die sind mir aber irgendwie zu viel, das geht außerdem in eine andere Richtung.
Ich stelle die neue Version oben ein.
Habt Dank für alles, hab mich sehr gefreut.
Und bevor irgendwelche Spekulationen oder Beunruhigungen auftreten: keine Sorge um mich persönlich ...
Liebe Grüße,
Monika
Liebe Monika,
du schreibst:
Lieben Gruß
Elsa
du schreibst:
Nachdem ein "Ich" in dem Text nachdenkt/fühlt, ging ich aus davon, dass das "ich" unmittelbar betroffen ist. Dass das LI reflektiert, spiegelt, teilnimmt an einem Du habe ich nicht wahrgenommen.Was mich etwas überrascht ist die Tatsache, dass man das Gedicht wohl nur so lesen kann, als sei das LI unmittelbar betroffen. Dass also das "Schlimme" jemand anderes betrifft und nur vom LI gespiegelt wird, es also nur unmittelbar betroffen ist, kommt wohl nicht rüber.
Lieben Gruß
Elsa
Schreiben ist atmen
scarlett hat geschrieben:Was mich etwas überrascht ist die Tatsache, dass man das Gedicht wohl nur so lesen kann, als sei das LI unmittelbar betroffen.
Ja, scarlett, ich denke, man kann es tatsächlich nur so lesen. Wenn es heißt,
Könnt ich nur wieder sein
wie ich gewesen bin
dann kann ich mir bei aller Empathie nur sehr schwer vorstellen, dass es sich dabei um eine andere Person handelt. Dafür müsste irgendwo dieses Du wenigstens implizit auftauchen.
Aber letztlich finde ich es völlig gleichgültig, ob es sich um ein Ich oder ein Du handelt. Die Bilder, die Gefühle, der Schnitt im Leben, die Du ausdrücken willst, sind dieselben.
Gruß - annette
P.S. Ich vermissen einen Deiner netten Avatare, die ich so gut erinnere.
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