Alternativlos
Tagesende.
Reden, plaudern mit dir, große Stadt,
Von den entsorgten Wundern der Welt,
größten und kleinsten, ausgespuckten
Und verheimlichten.
Blicke. Lächeln, sehr leise,
Vorm offenen Fenster.
Was ich seh in der Straße, geht unter
Im letzten Lärm der Autos, in den Schritten
Der Fußgänger.
In dieser Stunde, meiner Stunde
Der Dämmerung, befrag ich
Das Ich. Antwort kommt mir
Von dir, Stadt, mit deinen rasenden
Rädern, deinem geparkten Himmel
Über den Dächern. Dennoch:
Ratlos bin ich, wurzellos, ohne Sprache,
Jeden Abend neu.
Der Tag floh wie Schwalbenrauch, ließ älter
Mich zurück. Aber, was Wunder, noch
Schmeckt die Selbstgedrehte.
Alternativlos
Liebe Caty,
'ließ älter/Mich zurück' ist, scheinbar banal, in Verbindung mit 'floh wie Schwalbenrauch' wunderbar, diese schwerwiegende Erkenntnis löst sich in Luft auf, eine Leichtigkeit, die das Gedicht trägt.
Die 'Selbstgedrehte', die immer noch schmeckt, als Zeichen eigener 'Lebendigkeit', als subversives Moment im Auge der Krebs- bzw. Meinungshysterie... auch wieder rückbezüglich auf 'ließ älter/Mich zurück'...
'noch/Schmeckt mir die Selbstgedrehte' wäre vllt. auch möglich, dann käme die Stärke des lyr. Ich (noch) deutlicher zum Ausdruck, der Wille zu sein, trotz der 'entsorgten Wunder der Welt'.
Die letzte Strophe endet, wo, mit einem Zug, 'Frieden' einkehrt.
Schleichwerbung.
Gruß
Anton
'ließ älter/Mich zurück' ist, scheinbar banal, in Verbindung mit 'floh wie Schwalbenrauch' wunderbar, diese schwerwiegende Erkenntnis löst sich in Luft auf, eine Leichtigkeit, die das Gedicht trägt.
Die 'Selbstgedrehte', die immer noch schmeckt, als Zeichen eigener 'Lebendigkeit', als subversives Moment im Auge der Krebs- bzw. Meinungshysterie... auch wieder rückbezüglich auf 'ließ älter/Mich zurück'...
'noch/Schmeckt mir die Selbstgedrehte' wäre vllt. auch möglich, dann käme die Stärke des lyr. Ich (noch) deutlicher zum Ausdruck, der Wille zu sein, trotz der 'entsorgten Wunder der Welt'.
Die letzte Strophe endet, wo, mit einem Zug, 'Frieden' einkehrt.
Schleichwerbung.

Gruß
Anton
Liebe Caty,
das gefällt mir sehr (sehr!), wie fein der Text weder selbstmitleidig noch kühl ausdrückt, wie einem so ist, wenn man in der Stadt am Fenster steht (oder wie einem zumindest manchmal ist) und dann auch noch die Menschen darin fasst, als ob man aus einer Totalen ein großes Treiben auf einem Marktplatz sieht und zugleich wären die vielen Menschen dort doch nur zwei.
Eigentlich will ich gar keine Verbesserungen anmerken, weil der Text mir wirklich außerordentlich zusagt, aber gerade dann werde ich etwas detailmanisch - also kann ichs nicht lassen:
(an zwei stellen wurde ich aufgehalten: bei den Umbrüchen zu Groß-Ich und Groß-Dir, die mir etwas stark daherkamen und bei dem letzten Vers, den ich - wohl besonders im Zuge des überall diskutiertem Rauchverbots in Kneipen etc. - irgendwie nicht ganz ernst nehmen konnte (nicht weil ich nicht wollte, sondern weil er so plötzlich daherkommt und es ein bisschen wie ein Witz klingt?)
(und dann finde ich den Titel noch etwas fragwürdig, auch wenn er "korrekt" benennt. ich könnte mir auch vorstellen, dass du das "Tagesende" zu Beginn als Titel nimmst, also hochziehst(?))
Das war eine tolle Leseerfahrung.
Liebe Grüße,
Lisa
das gefällt mir sehr (sehr!), wie fein der Text weder selbstmitleidig noch kühl ausdrückt, wie einem so ist, wenn man in der Stadt am Fenster steht (oder wie einem zumindest manchmal ist) und dann auch noch die Menschen darin fasst, als ob man aus einer Totalen ein großes Treiben auf einem Marktplatz sieht und zugleich wären die vielen Menschen dort doch nur zwei.
Eigentlich will ich gar keine Verbesserungen anmerken, weil der Text mir wirklich außerordentlich zusagt, aber gerade dann werde ich etwas detailmanisch - also kann ichs nicht lassen:
(an zwei stellen wurde ich aufgehalten: bei den Umbrüchen zu Groß-Ich und Groß-Dir, die mir etwas stark daherkamen und bei dem letzten Vers, den ich - wohl besonders im Zuge des überall diskutiertem Rauchverbots in Kneipen etc. - irgendwie nicht ganz ernst nehmen konnte (nicht weil ich nicht wollte, sondern weil er so plötzlich daherkommt und es ein bisschen wie ein Witz klingt?)
(und dann finde ich den Titel noch etwas fragwürdig, auch wenn er "korrekt" benennt. ich könnte mir auch vorstellen, dass du das "Tagesende" zu Beginn als Titel nimmst, also hochziehst(?))
Das war eine tolle Leseerfahrung.
Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Liebe Caty,
das ist ein toller Text, finde ich. Ich habe eine Winzigkeit anzumerken: Ich finde, die beiden Adjektive hier:
schwächen sich gegenseitig etwas. Ich würde überlegen, eines wegzulassen. Ich finde den geparkten Himmel (auch im Kontrast zu den rasenden Rädern) das weitaus stärkere, weil ungewöhnlichere.
Ansonsten: Klasse, man steht dort mit am Fenster und sieht die Bilder vor sich.
Der fast etwas trotzige Schluss gefällt mir sehr!
Liebe Grüße
leonie
das ist ein toller Text, finde ich. Ich habe eine Winzigkeit anzumerken: Ich finde, die beiden Adjektive hier:
verschlossnen, geparkten
schwächen sich gegenseitig etwas. Ich würde überlegen, eines wegzulassen. Ich finde den geparkten Himmel (auch im Kontrast zu den rasenden Rädern) das weitaus stärkere, weil ungewöhnlichere.
Ansonsten: Klasse, man steht dort mit am Fenster und sieht die Bilder vor sich.
Der fast etwas trotzige Schluss gefällt mir sehr!
Liebe Grüße
leonie
Liebe Lisa, liebe Leonie, lieber Aram,
über eure Änderungsvorschläge denke ich nach. Zum Schluss: Die Zigarette gehört dazu, mein LyrIch raucht eben am Fenster. Bekanntlich ist die Welt in Raucher und Nichtraucher gespalten. Und ich finde, die Zigarette charakterisiert das LyrIch, ja zeigt auch etwas davon, dass das LyrIch sich behauptet gegen den Mainstream - in dieser Welt der Unterordnung unter den Mainstream. Ich nehme an, die kritische Haltung des LyrIch zu seiner Umwelt kommt im gesamten Text sehr deutlich zum Ausdruck, so eine Art Hassliebe.
Zur Titeländerung: So recht zufrieden bin ich mit dem Titel auch nicht, aber "Tagesende" ist mir einfach zu blässlich. Es ist auch so, Lisa, dass bei einer Titeländerung der Einstieg einfach nicht mehr stimmt. Mit dem von dir kritisch gesehenen Zeilenbruch gerade an dieser Stelle (Du und Ich) habe ziemlich rumexperimentiert, der vorliegende erschien mir als der einzig mögliche. Aram, es ist m. E. nicht negativ, wenn ein Titel das folgende Gedicht "bewertet", im Gegenteil, er bezieht Stellung und charakterisiert damit zugleich das LyrIch. Leonie, ich nehme "verschlossnen" mal raus, mal sehen, wie es ankommt bei mir.
Ich danke euch für eure netten Kommentare herzlich.
lg Caty
über eure Änderungsvorschläge denke ich nach. Zum Schluss: Die Zigarette gehört dazu, mein LyrIch raucht eben am Fenster. Bekanntlich ist die Welt in Raucher und Nichtraucher gespalten. Und ich finde, die Zigarette charakterisiert das LyrIch, ja zeigt auch etwas davon, dass das LyrIch sich behauptet gegen den Mainstream - in dieser Welt der Unterordnung unter den Mainstream. Ich nehme an, die kritische Haltung des LyrIch zu seiner Umwelt kommt im gesamten Text sehr deutlich zum Ausdruck, so eine Art Hassliebe.
Zur Titeländerung: So recht zufrieden bin ich mit dem Titel auch nicht, aber "Tagesende" ist mir einfach zu blässlich. Es ist auch so, Lisa, dass bei einer Titeländerung der Einstieg einfach nicht mehr stimmt. Mit dem von dir kritisch gesehenen Zeilenbruch gerade an dieser Stelle (Du und Ich) habe ziemlich rumexperimentiert, der vorliegende erschien mir als der einzig mögliche. Aram, es ist m. E. nicht negativ, wenn ein Titel das folgende Gedicht "bewertet", im Gegenteil, er bezieht Stellung und charakterisiert damit zugleich das LyrIch. Leonie, ich nehme "verschlossnen" mal raus, mal sehen, wie es ankommt bei mir.
Ich danke euch für eure netten Kommentare herzlich.
lg Caty
Liebe Caty,
erstmal bewundere ich dich für deine Aufstehzeit .-)
zum Titel: Ich verstehe deine Einwände. Aber du müsstes den Titel ja nicht anders setzen, du könntest die Setzung so lassen, wie sie ist (so dicht an der Folgezeile) - dann wäre es ein Titel mit und ohne Titel? Wenn er dir zu blass ist, nützt dieser Vorschlag aber nichts. Ich könne mir auch "vorm offenen Fenster" oder "Der Tag floh wie Schwalbenrauch" oder andere aus dem text geräubtere Stellen als Titel vorstellen, da sie allesamt nichts verraten und eine Wiederholung nicht schwächnd wirkt. Aber vielleicht findet sich ja auch irgendwann eine ganz andere Alternative zur Alternativlosigkeit. Das war ja auch nur ein Detail.
Liebe grüße,
Lisa
erstmal bewundere ich dich für deine Aufstehzeit .-)
zum Titel: Ich verstehe deine Einwände. Aber du müsstes den Titel ja nicht anders setzen, du könntest die Setzung so lassen, wie sie ist (so dicht an der Folgezeile) - dann wäre es ein Titel mit und ohne Titel? Wenn er dir zu blass ist, nützt dieser Vorschlag aber nichts. Ich könne mir auch "vorm offenen Fenster" oder "Der Tag floh wie Schwalbenrauch" oder andere aus dem text geräubtere Stellen als Titel vorstellen, da sie allesamt nichts verraten und eine Wiederholung nicht schwächnd wirkt. Aber vielleicht findet sich ja auch irgendwann eine ganz andere Alternative zur Alternativlosigkeit. Das war ja auch nur ein Detail.
Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 7 Gäste