Ode. Von den Strömen

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Caty

Beitragvon Caty » 07.03.2008, 07:36

Ode. Von den Strömen

Dies, dein Lied von den Strömen,
Trägt Stein, den Tod der tausend Länder
In die Welt. Fragt nicht, wers hören will.

Bäume krümmen sich, der Fluss,
Von dem du kamst, veratmet
Die Wasser. In den Städten die Banken
haben die Pforten, Kathedralen
die Glocken vergoldet, erzittern
Unterm Mond, ziseliert. Wahrlich,
Ein anderes Lied von den Strömen.

Deine Hände, verädert,
Von brauner Zärtlichkeit, gewohnt,
Saiten zu streicheln,
Flehn zu den Mauern. Öffnet,
Menschen, ach öffnet die Tore!

Es lacht. Hinterm Glasfenster lacht es,
Tabernakel erschüttern. Du
Wendest dich: Da ist kein Brot, kein
Himmlisches Weh. Und war doch
Der Mensch selbst Gott.
Und deine Hand, die schöne,
Die braune, schlägt Stein in die Saiten.
Du, Sänger, weißt von den Strömen.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.03.2008, 10:01

Caty, nun bei starkem Samstagskaffee meine Gefühle/Gedanken zu deiner Ode.

Ode bedeutet für mich entweder überbordende Freude oder überbordende Tragik. Hier geht es um Tragik, Verlorenes, alle Hoffnung ist im Flehen, doch noch gehört zu werden, und sei es dadurch, dass der Sänger mit Stein die Saiten schlägt.

Alles fließt, panta rhei, aber hier strömt nicht mehr das Gute.

Ich finde es Odenmäßig hymnisch gelungen! Es ist ein großes Gedicht, auch wenn ich nicht wissen kann, was genau dich dazu bewogen hat, welcher geschichtliche Hintergrund dich in dieser Ode beschäftigt. Es gibt für mich da mehrere Sichtweisen, wie es mich beschäftigt.
Aber das ist auch gut so, der Leser soll ja für sich selbst was rausziehen können.

Lieben Gruß
ELsa
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Caty

Beitragvon Caty » 08.03.2008, 10:47

Elsa, ich nehme in dieser Ode Bezug auf das Lied eines schwarzen Sängers (er singt auf Afrikaans).
Ode bedeutet nicht überbordende Freude oder Tragik. Es ist Gesang, fast hymnischer Gesang, der seinen Ursprung im Griechischen hat. Tragisch, natürlich, ist das Gedicht insofern, als es inhaltlich die Leiden der afrikanischen Völker besingt. Es ist mein erster Versuch einer Ode. Dank dir für den Kommentar von Herzen. lg Caty

Max

Beitragvon Max » 08.03.2008, 11:28

Elsa, ich nehme in dieser Ode Bezug auf das Lied eines schwarzen Sängers (er singt auf Afrikaans).


Oh, Caty hast Du mal ne Referenz? Finde ich spannend, dass ein Schwarzer Afrikaans singt, noch dazu bei einem solchen Thema.

Gruß,
max

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.03.2008, 11:30

Liebe Caty,

Danke für die Aufklärung des Inhalts.

Zur Ode: Oden sind Gedichte, die sich durch Feierlichkeit und Erhabenheit auszeichnen.

In einer Ode findet man für gewöhnlich keinen Endreim; es handelt sich um eine in Strophen gegliederte, lange Form des Gedichtes. Eine Ode kann einem festen Metrum folgen, dieses ist aber nicht zwingend notwendig. Zur Würde und Größe des in dieser Ode behandelten Themas passend, wird meist ein hoher, pathetischer Sprachstil verwendet.

Feierlichkeit und Erhabenheit haben wenigstens für mich etwas mit großer Freude oder Tragik zu tun.

Lieben Gruß
ELsa
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Caty

Beitragvon Caty » 08.03.2008, 11:39

Max, Afrikaans ist zwar die Sprache der Weißen in Südafrika, aber in den Städten sprechen auch gebildete Schwarze und Colors Afrikaans, besonders in Kapstadt, nicht nur ihre Stammessprachen und Englisch. Dieser Sänger, auf den ich Bezug nehme, will natürlich auch die Weißen erreichen, denn auch sie sind Teil der Bevölkerung Südafrikas. lg Caty

Max

Beitragvon Max » 08.03.2008, 11:42

Caty, schon klar. Ich war nur neugierig auf das Lied.
Gruß,
max

Caty

Beitragvon Caty » 08.03.2008, 11:48

Ja, Elsa, insoweit ist das völlig richtig. Wobei im Deutschen besonders Klopstock sehr verdienstvoll war, der seine Oden in freien Rhythmen geschrieben und dadurch das deutsche Versmaß quasi aus dem Griechischen "übersetzt" hat. Bobrowskis Gedichte zum Beispiel werden von einigen Leuten zu den Oden gezählt, die Erhabenheit, das Hymnische muss also keineswegs mit Tragik zu tun haben, bei Bobrowski hat sie mit der Erinnerung an die verlorene Landschaft zu tun. Selbstverständlich, in unserer heutigen, sehr unlyrischen Zeit mutet es manch einem komisch an, zum Beispiel Schiller zu lesen mit seinem Pathos, das ja auch Bestandteil der Ode ist. Geschmackssache. lg Caty

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.03.2008, 12:02

Nein, Caty, es muss nicht mit Tragik, aber es kann.

Ja, Bobrowski ist eine gutes Beispiel dafür.

Lieben Gruß
ELsa
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moshe.c

Beitragvon moshe.c » 08.03.2008, 17:52

Liebe Caty!

Ich bin nun auch sehr neugierig auf den Sänger.
Wer ist es denn?

Fragender

Moshe

Caty

Beitragvon Caty » 09.03.2008, 05:47

Moshe, das ist das Problem. Ich habe mal eine Halbstundensendung im Radio gehört, vor etwa zwei Jahren, in einem Kultursender. Dort wurden die Lieder vorgestellt, zwischendurch Interview. Ich ärgere mich wirklich darüber, nachdem das Gedicht so viel Wirbel gemacht hat, dass ich den Namen nicht mehr weiß. Aber wesentlich ist es natürlich nicht. Für mich war wichtig, dass es, unter welcher Prämisse auch immer, noch immer Sendungen gibt, die nicht mit dem Mainstream gehen. Dieser Mann mit seinen Liedern stand für mich für ganz Afrika, der Name interessierte mich eigentlich nicht so sehr. Ich habe auch nie wieder was von ihm gehört. lg Caty


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