Abschied IX

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 29.02.2008, 07:58

Abschied IX

Dass ich gegangen bin.
Dass mich dein Jähwort vertrieb.
Kühl meine Hände, mein Blut stockt.

In schönen Mannsaugen
Deine Lust, verkleidet, karnevalistisch.
Lachende Lichter krümmen sich
In deinen Schatten. Aber
Ein Wort, gegeben, nur du und ich,
fällt in den Staub, drei Halbsätze fliehn.

Meine Hände statuenkalt.
Und mein Blick, scharfäugig,
Ins gehütete Nichts.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 29.02.2008, 08:55

Liebe Caty,

Gefällt mir sehr. Ich mag die Leidenschaft darin, mit der due die Trennung beschreibst.
Zuerst dieser Schrecken, der eine Körperreaktion hervorruft - kühl die Hände und das stockende Blut.

Dann das "Aufarbeiten" und zuletzt die Vollendung. 3 Akte eines Abschieds.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Niko

Beitragvon Niko » 29.02.2008, 15:05

hallo caty!
ja, dachte ich...- so ist ein abschied wirklich. karnevalistisch verkleidete lust (toll!) statuenkalt gefällt mir nicht so ganz. kann garnicht erklären, warum das so ist. drei halbsätze fliehn...- find ich saustark.
ansonsten finde ich das ganze ding nur supergut!
lese gerne deine lyrik. mittlerweile gefällt mir auch vieles. gewöhnung? oder lässt du------doch mehr empfindung einfließen? - man weiß es nicht. ich empfinde es so.

aber nu.-......keine diskussion. nur freude meinerseits über etwas, was meinen tag bereichert. danke.

lieben gruß: Niko

Caty

Beitragvon Caty » 29.02.2008, 15:13

Liebe Elsa, danke für den Kommentar. Ja, Leidenschaft. Was wäre es für eine Liebe gewesen, in der nicht auch der Abschluss leidenschaftlich ist? In unseren Zeiten, wo Liebe gleichsam Synonym für Langeweile ist? Und wo man sich einzig von ihr die Ablösung der Langeweile erhofft? Aber vergisst, dass Liebe jeden Tag errungen werden will? Tja, Liebe. lg Caty

Caty

Beitragvon Caty » 29.02.2008, 15:16

Danke, Niko. Der Rest ist Schweigen. lg Caty

Maija

Beitragvon Maija » 29.02.2008, 16:48

Insgesamt gefällt mir die Sprache auch sehr gut. Verstehe aber dies nicht wirklich:
Ins gehütete Nichts

Vielleicht habe ich mich auch mit der Philosophie zu sehr angefreundet und das Nichts hat eine höhere Bedeutung für mich und ich möchte es nicht behüten. ;-) (Ich komme mit den letzten beiden Zeilen nicht ganz klar) Na egal!

Gruß, Maija

Caty

Beitragvon Caty » 01.03.2008, 06:18

Ja, Maija, da kann ich dir leider gar nicht helfen. Wenn du die Erfahrung noch nicht gemacht hast, dass da nur ein Nichts bleibt, wenn du dem Scheißkerl ins Gesicht siehst. Dann kannst du natürlich darüber philosophieren, dass es kein Nichts gibt, aber es wird dir nichts helfen, auch ein zweiter Blick zeigt dir nur noch ein Nichts. Und dass der Esel darauf achtet, damit niemand es bemerkt, kannst du mir ungeprüft glauben. Allerdings: Der Maßstab ist dein eigenes Bewusstsein deiner selbst. lg Caty

aram
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Beitragvon aram » 01.03.2008, 06:47

hallo caty,

s1z3 bzw. die wiederholung/steigerung der kühlen/kalten hände überzeugt mich als einziges nicht.

ansonsten/insgesamt finde ich den text perfekt.

Caty

Beitragvon Caty » 01.03.2008, 07:56

Ich danke dir, Aram, für den Kommentar. Wieso überzeugt dich die Klimax nicht? Die kalten Hände als Symbol, dass auch Herz und Kopf erkalten, und je mehr geredet und gedacht wird, um so klarer und entschiedener das Nein. lg Caty

aram
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Beitragvon aram » 02.03.2008, 02:21

caty, die kalten hände an sich finde ich schon gut.
s1 und s3 je für sich wirken rund, warum sie mir zusammen nicht schmecken, sich da irgendwas 'beißt'?
ich kann es nirgends fest machen - viell.hat es damit zu tun, dass 'meine hände' gleich bleibt und das adverb einmal vorne und einmal hinten dran steht - oder liegt es an der wörtlichen wiederholung der ganzen klammer 'meine-hände' - oder am 2maligen possesivpronomen in s3?

wenn da einmal arme stünde? Die Arme statuenkalt. / Und mein Blick, scharfäugig, / Ins gehütete Nichts.
oder
Meine Hände statuenkalt. / Und der Blick, scharfäugig, / Ins gehütete Nichts.

weiß nicht recht. ist keine groß störende sache; erzeugt für mich nur ein kleines unbefriedigendes moment in einem äußerst starken text.

'scharfäugig ins gehütete nichts' begeistert mich z.b. - auch, bis auf diese vertrackte kleinigkeit, alles andere.

Caty

Beitragvon Caty » 02.03.2008, 05:43

Aram, eine sehr alte Form, ein Ereignis aus der Sicht von Körperreaktionen zu schildern. (Es sind übrigens Adjektive, nicht Adverbien, im Zusammenhang mit den Händen.) Anfangs sind die Hände kühl (was ausdrückt, die Sicht auf den anderen ist kühl, aber man gibt ihm vielleicht noch eine Chance), in der 3. Strophe sind sie statuenkalt, weil: Geprüft und durchgefallen. Du wirst verstehen, diesen Zusammenhang will ich nicht zerstören, indem ich beim zweiten Mal von Armen rede. Vielleicht siehst du ihn nur nicht so? Ich danke dir für die Beschäftigung mit dem Text und den Hinweis auf diesen Punkt. lg Caty

Maija

Beitragvon Maija » 02.03.2008, 09:24

Wenn du die Erfahrung noch nicht gemacht hast, dass da nur ein Nichts bleibt, wenn du dem Scheißkerl ins Gesicht siehst.


Das ist der springende Punkt, da bei mir immer noch etwas existierte, auch wenn es ein Scheißkerl war. ;-) (Oft habe ich ja Schluß gemacht, also ich bin die Scheißkerlin :mrgreen: )
Dein Text ist schon in Ordnung!

Lg.,Maija


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