In meiner hohlen Hand

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 13.05.2006, 10:48

Manchmal möchte man die Welt
einfach aus dem Fenster werfen
gelassen zusehen wenn ihr Blut
auf Bordsteinschwellen tropft.

Doch die Welt ist nur aus Wasser
nicht zu greifen, nicht zu fassen
sie rinnt mir aus den Händen
im Fahrtwind kalter Stunden.

Manchmal möchte man die Zeit
unter eine Guillotine bringen
friedlich zusehen wenn ihr Kopf
sinkt wie überladene Zitronenäste

Doch in meiner hohlen Hand
wankt es sonnenschimmernd-
Die Glasperlen glitzern nicht
so klar wie dieses bisschen Welt.

Meine Finger sind so fest geschlossen
und meine Hand zittert von der Angst
das zu verlieren, nie wieder zu fühlen-
Wir beginnen schon heute zu zerfließen.

Obgleich die Sonne gerne darin schwimmt
flechte ich bunte Dächer aus Kornblumen
verstecke ich sie, wenn der Sturm aufzieht

Bedecke ich sie mit Wiesen immerzu
denn die Welt in meiner hohlen Hand
bist Du.
Zuletzt geändert von Louisa am 15.05.2006, 18:15, insgesamt 3-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.05.2006, 10:15

Hallo Louisa,
allein der Titel gefällt mir schon ungemein und dann das Thema in Verbindung mit ihm...auch ist das Gedicht klarer strukturiert als viele deiner anderen...
Sich die Zeit vorzustellen und was man alles mit ihr tun möchte in vielen Situationen - wer wünschte sich das nicht? Und dabei haben wir sie wahrscheinlich selbst geschaffen :-$



Mir ist eine Stelle aufgefallen:


friedlich zusehen wenn ihr Kopf
sich neigt wie überreife Zitrusfrüchte.


neigt sich nicht eigenlich die Pflanze und nicht die Frucht?

Wie immer wundrbar und wundervoll, nur nicht wundersam :cool:
Lisa

Louisa

Beitragvon Louisa » 14.05.2006, 11:20

Hallo Lisa!
Vielen Dank!
Früher (als ich noch klein war) hatten alle Texte eine feste Struktur und es hat mir enormen Spaß gemacht, diese Muster hier zu zerstören, aber dieses mal wollte ich es wieder etwas geordneter angehen lassen...

Ja, du hast recht, was die Frucht betrifft... Mm, was soll ich tun?

-Neigt sich nicht auch die Zitrone mit dem Ast?

-Ich weiß nicht genau und werde überlegen wie ich es ändern kann.

Morgengrüße voller Wunder, louisa

Max

Beitragvon Max » 14.05.2006, 12:39

Lieber Moshe,

´du scheinst mir rein geographisch im Vorteil zu sein, was die Zitronen betrifft, bei uns assoziiert man eigentlich gleich eine sauren Geschmack,d er einem das Gesicht kräuselt ;-). Was aber echte etchte echte (soviel zum Thema "Kürze" ;-) Zitronen angeht, hast du natürlich recht.

Liebe Grüße
Max

PS: An Louisa, ich lasse mir ma eine Alternativmarter durch den Kopf gehen, auch wenn das schmerzt ;-)

Louisa

Beitragvon Louisa » 14.05.2006, 13:45

Hallo Lisa und moshe.c!

Eigentlich müsstet ihr jetzt beide zufrieden sein. Es sind Zitronen und die hängen sogar an Ästen (sehet oben).

Max, ich freue mich auf Deine sadistischen Vorschläge O:) .

Mittägliche Maigrüße, louisa


An mein Dichterlein: Bist Du noch da? Heute ist ein windiger Tag und vielleicht siehst Du auch die Fliederblüten fallen. Gestern habe ich eine Pusteblume zu Dir ´´´´´´ fliegen lassen (hoffentlich kein Heuschnupfer). Ich vermisse Dich wie die Savanne den Schnee und die Ziervögel das Fliegen...aber der Gedankenstrich bricht auch nicht im schlimmsten Orkan!
Bis bald, mein Sprachhändler.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 14.05.2006, 14:06

Hallo
ich will noch kurz etwas zur biologisches Klarheit beitragen.
Der Zitronenbaum ist ein recht hartes Gewächs, bewegt sich also recht wenig mit dem Wind. Die Früchte hängen oft auch am festeren Teil der Äste an sehr kleinen Ästchen, insofern hat das mit der sich neigenden durchaus seine Berechtigung :smile: .

Habe gerade gestern welche geflückt. Dieser Duft und der Saft!!! Komischer Weise kaufen die Leute hier ihre Zitronen auch im Supermarkt und die sind dann gewachst und auch sehr sauer.

Für weitere Auskünfte in puncto Südfrüchte stehe ich jederzeit gern zur Verfügung.

moshe.c

Louisa

Beitragvon Louisa » 14.05.2006, 14:10

Aaaaaber: Das kleine Bäumchen in meinem Garten neigte sich zur letzten Erntephase bedenklich!

-Wenn es also eine junge Pflanze ist, meine ich, könnte man das Bild gelten lassen...

Dennoch vielen Dank für die Hilfe und Deinen biologischen Sachverstand!

LG, louisa

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Beitragvon Lisa » 14.05.2006, 15:35

Liebe Louisa,

die Zitronen und Köpfe neigen sich jetzt ganz prima :grin: .

Mit der festen oder losen Form ist das ein ständiges Hin- und Her, denke ich. Wenn man - und das ist wohl das Wichtigste, es vermag sich auch loses zu trauen, dann geht das Spielchen los..je nach Phase eben :cool:

Louisa

Beitragvon Louisa » 14.05.2006, 15:37

Dankeschön!

Vielleicht hat die Form auch immer etwas mit der jeweiligen Stimmung zu tun...oder?

Sonntagsgrüße, louisa

Max

Beitragvon Max » 15.05.2006, 13:39

Liebe Louisa,

ob die Zirtonen nur luftig hängen oder dicklich baumeln, könnte man die Zeit nicht aufs Rad flechten?

Liebe (sadistische) Grüße
Max

Louisa

Beitragvon Louisa » 15.05.2006, 14:45

Hallo Max,
was bedeutet "aufs Rad flechten"? Autoreifen?

-Sie könnte auch Spießruten laufen...

LG, louisa


An meinen Handinhalt: Ich hoffe Deine Träume waren bunter als der Frühling! Heute Abend werde ich im "Autorenforum" Gedichte für Dich lesen (wie Hans Töffel) und mir vorstellen Du sitzt auch auf einem der blauen Stühle...hoffen wir, dass meine Stimme jeden Punkt beachtet und nicht nach oben springt. Aber da Du nicht da bist, muss ich wohl nichts befürchten. Die Kirschblüten fallen heute bestimmt nur in Deine Hände und erzählen von schöneren Tagen im Morgen (-land) ! Ich schaue auf die Kreidewolken und lasse alles Schöne der Welt zu Dir ziehen! Bis bald, m. s. D. !

Max

Beitragvon Max » 15.05.2006, 16:45

Liebe Louisa,

das Rad war nach dem dem Hängen die gebräuchlichste Exekutionsmethode. Das Opfer wurde dazu auf dem Rücken und mit ausgesteckten Gliedern auf den Boden des Richtplatzes gelegt und an Eisenringen festgebunden. Stabile Querhölzern wurden an den Handgelenken, Ellenbogen, Fußknöcheln, Knien und Hüften untergeschoben. Dann zerschlug der Henker mit den Kanten des Rades Glied um Glied. Ein tödlicher Schlag wurde dabei allerdings versucht zu vermeiden. Anschließend wird das Opfer, wenn es immer noch nicht gestanden hat, mit den zertrümmerten Gelenken an ein Rad gebunden, das dann aufgehängt wird (wobei das Rad waagerecht liegt). Der Tod selber trat nur langsam ein und sicherlich unter mehr als großen Schmerzen.


So sagt es das Netz, frag nicht, woher ich das weiß ;-) Dagegen ist Spießrutenlaufen Kindergeburtstag ;-) ;-)

Trotzdem liebe Grüße
Max

Louisa

Beitragvon Louisa » 15.05.2006, 17:54

Danke! Das ist genau das Richtige für die Zeit (man denke sich ein sadistisches Lachen aus dem Fegefeuer hinzu.)-

Fast schon Sommergrüße, louisa

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Beitragvon Lisa » 15.05.2006, 18:04

Hallo Louisa,

ich muss noch einmal betonen für wie gelungen ich das Gedicht halte..ich habe es gerade noch einmal gelesen....


Obgleich die Sonne gerne darin schwimmt
flechte ich bunte Dächer aus Kornblumen
verstecke ich sie, wenn der Sturm aufzieht


hier könnte ich mir nich vorstellen das zweite ich zu streichen

und am Anfang frage ich mich: Kann Blut
über
etwas tropfen?

Tja, ich bin undankbar, denn ich hänge immer an einzelnen Worten.

Der Schluss trifft mich unsagbar (ganz anders als du es vielleicht geschrieben hast)...ich glaube dennoch, dass es ein größerer Schatz ist, diese Hand noch so halten zu können...

Louisa

Beitragvon Louisa » 15.05.2006, 18:14

Hallo Lisa!

Diese Diskussion nimmt ja gar kein Ende. Danke für Deine Hilfe, ich werde mich sofort darum kümmern und:

Ich habe noch einmal "nachgedacht" und bin zum Schluss gekommen, dass ich sie unter die Guillotine bringe, weil sich ihr saurer Kopf sonst nicht mehr senken kann (glaube ich).

Was soll man sonst tun, außer den Handinhalt versuchen zu beschützen, so lange man lebt ist ja noch nichts verloren.

Vielen Dank! Das ist wieder sehr nett von Dir!

Haltende Grüße, louisa


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