Am Rande

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 22.02.2008, 20:05

Am Rande

Am Rande des Meeres
vom Lande kommend
möchte ich schlafen
unter diesen Sternen
im warmen Sand

Kein Hauch und Stab
von alten Männern
soll mich treiben
jenseits deiner Hand
in meinen offenen Augen

Gerade versinkt dein Lied
bedenkenlos in diese Erde
mit den Wellen eines Windes
stehen meine Sinne sehr
am endlichen Strand



--------------------------
Die 'kleinen Augen' in 'offenen Augen' geändert. M.

'Unter diesen vielen gelben Sternen' geändert in 'Unter diesen Sternen'. M.
Zuletzt geändert von moshe.c am 25.02.2008, 19:45, insgesamt 2-mal geändert.

Peter

Beitragvon Peter » 22.02.2008, 23:39

Lieber Moshe,

ich hoffe, ich muss hier nichts gut machen, und es soll auch nicht so gemeint sein, aber - dieses Gedicht überzeugt mich (an Vorstellung, Einsicht) durch seine Glaubwürdigkeit. Da sind Eingänge vergraben, die man schimmern sieht. Ein Gewesenes haucht an. Da ist ein Murmeln in diesem Gedicht, das über die Zeilen hinaus erzählt. Da ist jenes Herz, das ich letztens vermisste. Am Ende leuchtet mir diese Schwelle entgegen, rauschend, widersprüchlich... als das Thema des Gedichts (Friede und Ohmacht).

Aber wenn ich noch eine kleine Anmerkung darf: Die kleinen Augen wirken auf mich etwas kokett - sie müssen, meinem Lesen nach, nicht ausgesprochen klein sein, da ja schon Meer und Land, maßstäblich, um sie rauschen.

Liebe Grüße,
Peter

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.02.2008, 01:24

Lieber Moshe,

dieses Gedicht finde ich großartig. Es trägt einen solchen Frieden, so viel Versöhnliches in sich, dass es ganz leis und warm in mir wird. Es berührt mich richtig. Und es liest sich großartig.
Chapeau!
Mucki

Max

Beitragvon Max » 23.02.2008, 11:27

Lieber Moshe,

ich denke Du hast gewusst, dass dieses Gedicht dem Salon gemäß ist :-).

Aber ich kann mich nicht entziehen, auch ich mag das Bild und die Beschreibung. Gelegentlich sind mir ein paar Adjektive zu viel, beispielsweise das "gelb" bei den

gelben Sternen


oder das "klein" bei

meinen kleinen Augen


Insgesamt finde ich das Gedicht aber gelungen.

Liebe Grüße
Max

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 23.02.2008, 11:31

Lieber Moshe,

genau! Ein treffliches Gedicht.

Die gelben Sterne müssen aber bleiben, ebenso wie die kleinen Augen und die alten Männer. die die Ruhe am Strand nicht mehr stören können/dürfen. (Gerade ist bei uns so eine alte Frau über den Orkus gegangen, ohne dass Zeit blieb, sie zur Rechenschaft zu ziehen.)

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 23.02.2008, 17:52

Danke für die freundliche Aufnahme meines Textes!

Lieber Peter!

Wieso solltest du etwas gut machen müssen/sollen?
Das sehe ich nicht.
Die 'kleinen Augen' sind in der Tat wohl nicht so gut getroffen.
Ich ersetzte sie durch 'offene' Augen.

Liebe Mucki!

Ja, der Text hat Frieden in sich, aber nach etwas Vorangegangenem. Dann empfindet man Frieden besonders stark.

Lieber Max!

Es war keine Auftragsarbeit für den Salon.
Einige Adjektive hatte ich schon gestrichen, aber manchmal dürfen es eben ein wenig mehr sein.
(Bin ja nicht gerade ein Lukullus damit, oder?)

Liebe Elsa!

Danke für deine Sicht. Wie oft bin ich ein wenig hintergründig.
Du vermagst es inzwischen zu lesen.

MlG

Moshe

Max

Beitragvon Max » 23.02.2008, 18:11

Lieber Moshe,

Es war keine Auftragsarbeit für den Salon.


Das hatte ich auch nicht unterstellt, nur denke ich, dass Du sen Salon auch wieder gut genug kennst, um zu wissen, was hier ankommt - war gar nicht negativ gemeint.

Einige Adjektive hatte ich schon gestrichen, aber manchmal dürfen es eben ein wenig mehr sein.
(Bin ja nicht gerade ein Lukullus damit, oder?)


Keine Ahnung, hat Lukullus Adjektive gestrichen ;-).

Liebe Grüße
Max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 25.02.2008, 19:42

Lieber Max!

Nicht so ernst! :-)

Dennoch kämpfe ich mit dem Text mehr, als es den Anschein hat und habe auch deine Kritik in mich gesogen.

So gibt es jetzt noch eine Änderung.

Mit bestem Gruß

Moshe

scarlett

Beitragvon scarlett » 26.02.2008, 08:36

Lieber moshe,

ich finde es schade, dass du die "gelben" Sterne geopfert hast. Sie würden mir das Gedicht zusätzlich in der Landschaft verankern.

In der zweiten Strophe frage ich mich immer wieder, ob "kein Hauch und Stab" schon die beste Formulierung ist -

Ansonsten schließe ich mich den Kommentatoren hier an, ein wunderbares, stilles, friedliches Gedicht.

LG,
scarlett

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 26.02.2008, 08:38

Lieber Moshe,

Warum sind die gelben Sterne wech?

Schade drum Grüße,
Elsa
Schreiben ist atmen

Max

Beitragvon Max » 26.02.2008, 18:23

Liebe Scarlett, liebe Elsa,

da bin ich vermutlich schuld ... ich fand aber in der Tat, dass weniger Adjektive den resltichen mehr Gewicht verleihen.


Liebe Grüße
Max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 26.02.2008, 19:47

Liebe Scarlett!, Liebe ELsa!

Die gelben Sterne sind nicht weg, nur nicht mehr so offensichtlich. So sehr friedlich ist der Text nun auch wieder nicht, da er einen großen Unfrieden im Gepäck hat.
Von daher ist die Formulierung 'Kein Hauch und Stab' die beste, die ich finden konnte.

Lieber Max!

Du hast keine Schuld, sondern mich eher auch angeregt darüber zu reflektieren, was ich hier eigentlich wie sagen will.

Falls die Geduld besteht bitte ich um Beachtung folgenden Austausches:


Lieber Moshe,

hab dem Text für meine Begriffe Entbehrliches entnommen. Hoffentlich empfindest du es nicht als Textzerfledderung.

Am Rande

Am Rande des Meeres
vom Lande kommend
möchte ich schlafen
unter vielen Sternen
im warmen Sand

Kein Hauch und Stab
von alten Männern
soll mich treiben
jenseits deiner Hand
in meinen offenen Augen

Gerade versinkt dein Lied
bedenkenlos in diese Erde
mit den Wellen eines Windes
stehen meine Sinne sehr
am endlichen Strand

Wenn ich mir den Text gesprochen vorstelle, würde man ihn eher leise mit ruhiger Stimme vortragen. Wie das Rauschen des Meeres, der Wind in den Buchen.
Dein Gedicht strukturiert sich um die mit Dativ-e versehenden Substantivreime von Rand/Land. Das Gedicht hat etwas Beschwörendes. Es lässt mich an das eindringliche Gedicht Die Stadt von Storm denken(http://www.textlog.de/gedichte-stadt.html), was etwas unfair sein könnte, wenn man beide Texte miteinander vergliche, was aber nicht im abwertenden Sinn getan wird(Obendrein handelt es sich um Storms vielleicht berühmtestes).

Die Situation lässt sich bedingt durch die maritime Landschaft vage vergleichen. Ich verstehe "jenseits deiner Hand" als Ausdruck eines verhaltenen Liebesgedichtes. Nicht nur als eines Gesanges der freien Verbindung von Ich und Welt am Strand. Storm beschwört sein Land mit allen Mitteln der Lyrik. Auch er evoziert. Moshe spricht im Text mitten am Strand hinein in die Natur mit offenen Augen. Zurück bleibt ein Raunen, bleibt das Meer.

Gruß
Penta



Hallo Penta!

Du kennst mich noch wenig.
Meine Texte haben manchmal einen 'doppelten Boden', und den hast du hier nicht gesehen.
Die Stelle, die du verändert hast, ist der Schlüßel dazu.

MlG

Moshe


Lieber Moshe,

ich hab ihn befürchtet. Und aus genau diesem kühlen Grunde hielt ich ihn für entbehrlich. Ein guter Lyriker - Zu einem solchen zähle ich dich in der dir eigenen Weise! - kann auch "nur" einmal einen bestimmten Moment des Lebens schildern, ohne in einer nach meinem Dafürhalten tendenziell simplen Art und Weise zu signalisieren, dass ein Text vielleicht eine tiefere Aussage haben könnte. Gerade das ist ja das generelle Merkmal jeder echten Lyrik. Jede lyrische Dichtung lebt von verschiedenen Ebenen. Jeder lyrische Dichter selbst der deppertesten "transhumanistischsten Richtung" (Nur so als Beispiel, du und ich wissen, dass du kein "Transhumanist" bist), wenn er meint, der Mensch sei eine biologische Maschine und auch so zu behandeln, wäre geradezu entgegen seiner landläufigen Weltanschauung genötigt, etwas wie eine auch immer geartete Transzendenz in sein Gedicht zu bringen. Selbst beinharte Leninisten haben, waren es wirkliche Lyriker, mehr in ihren Gedichten ausgesagt, als in ihre Ideologie gepasst hätte.

"diesen vielen gelben Sternen" wurde auf "unter vielen Sternen" gekürzt, weil aus meiner Sicht weiß Gott nicht jedes Gedicht pausenlos dasselbe mit anderen Worten sagen sollte("gelber Stern"), weil "diesen" allein mit "gelber Stern" eine praktische Funktion hätte, ohne "gelb", weil dieses Farbadjektiv in diesem Textgefüge schlicht unpoetisch ist, vollkommen aus dem ansonsten sparsam eingesetzen Text hervorsticht und aus einer möglichen Metapher ein Straßenschild macht. Es ist zu platt. Trotz der möglichen Lesart deiner bildhaften Szenerie. Für eine Metapher hat dieses Bild genau das entscheidende Element zu wenig. Es fehlt Poesie.

LG
Penta


Hallo Penta!

Danke für deinen Kommentar.
Ich ringe mit mir selbst, aber kann mich deinen Argumenten letztendlich nicht verschließen.
Der Storm hatte seinen Kontext. Ich habe den meinen. (Auf gar keinen Fall will ich micht mit seinem Stellenwert vergleichen!!!)
Und das ist dann etwas, das natürlich in dem Text selbst nicht steht.
Nun also schließe ich mich deinem Vorschlag an.

Habe was gelernt.

Danke

Moshe



Die Frage, die hier für mich auftaucht, ist der Kontext dieses Textes. Wenn er in einer Reihe steht, die meine Biographie aufzeigt, den Blickwinkel, den ich habe, so sind manche deutlichen Aspekte (Adjektive) wohl in der Tat entbehrlich.
Und aus dieser Lebenswirklichkeit will ich anfangen auch Texte zu schreiben, von einem anderen Ufer, einer anderen Perspektive. Das wird manchmal nicht erkennbar sein, wenn ein Text allein für sich von diesem Strand hier geschrieben ist. Das weiß ich. Dennoch ist es unumgänglich, aber auch eine Chance, diese Position zu beziehen.

So long

Moshe

Caty

Beitragvon Caty » 27.02.2008, 05:21

Moshe, auch ich finde es schade, dass du dich auf Pentas Einwürfe eingelassen und die gelben Sterne rausgenommen hast. Das hat das Gedicht geglättet zur Handlichkeit und ihm seine Identität genommen.
Ist meine Meinung dazu. Den Aspekt, den ich schon äußerte, lese ich nun gar nicht mehr mit. Es ist immer noch ein wundervolles Gedicht, aber es ist ein anderes. lg Caty


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