Geburtstag

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 12.02.2008, 10:12

Ein Mensch, ein Land.
Seine Angst eine Bucht dieses Landes
und das Meer spült Dinge an die Küste,
die er nicht prophezeien kann.
Einen verrosteten Schlüssel vielleicht,
den er ins Meer geschleudert hat,
als er kaum ein Alter hatte.
Jetzt verwächst der Kies mit dem Schlüssel.
Es dauert nicht lange, dann ist er ein Stein.

Ein Mensch, ein Land.
Seine Hoffnung ein Gebirge,
zu hoch, um es allein zu bezwingen
und seine Stunden die Einwohner,
die essen, um zu arbeiten
und arbeiten, um zu essen.
die lieben, um zu schlafen
und schlafen, um zu träumen,
von den arbeitsfreien Tagen.

Ein Mensch, ein Land
und das Ende eine Grenze
mit strengen Kontrollen
für diejenigen, die ihren Schlüssel
verloren haben.



Änderungen:

Siehe Muckis Beitrag
Zuletzt geändert von Louisa am 19.02.2008, 00:09, insgesamt 1-mal geändert.

Dita

Beitragvon Dita » 12.02.2008, 23:04

Liebe Louisa,

nur eine Zeile unabhängig von dem Text:
"die lieben, um zu schlafen"
Das hat mich traurig gemacht. Das hat mich berührt.
Für mich thronen diese Worte über den restlichen Zeilen.

Nach langer Zeit wieder,
Dita

Louisa

Beitragvon Louisa » 13.02.2008, 08:59

Ja :smile: ?

Wenn man es umdreht, ist es vielleicht nicht mehr so schlimm:

"Die nicht schlafen können, weil sie lieben"

;-)

Nach langer Zeit immer noch angenehm!
l

Perry

Beitragvon Perry » 18.02.2008, 13:46

Hallo Louisa,
es gefällt mir, wie du den Schlüssel am Schluss wieder aufgreifst.
Als Anregung vielleicht,
weniger Wiederholungen (Ein Mensch, Ein Land), "Dinge" klingt sehr allgemein und der zweite Vers ist nach meinem Geschmack etwas zu breit ausgewalzt. Ansonsten gern gelesen.
LG
Manfred

Louisa

Beitragvon Louisa » 18.02.2008, 20:13

Mm-mm :smile: .

Mucki
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Beitragvon Mucki » 18.02.2008, 23:38

Bonsoir Louisa,

mir gefallen gerade diese Wiederholungen sehr gut. Sie geben deinem Gedicht eine Melodie, in die ich mich als Leser fallen lasse. Sie trägt.
Worüber ich nachdenke ist, ob du hier

Einen verrosteten Schlüssel zum Beispiel,

statt "zum Beispiel" lieber "vielleicht" schreiben solltest. Es ist nicht so konkret und m.E. poetischer. Was meinst du?
Salut
Mucki

Nachtrag: Ich habe Probleme mit dem Titel, bekomme ihn nicht in den Zusammenhang zum Gedicht *grübel*

Louisa

Beitragvon Louisa » 19.02.2008, 00:13

Bonne nuit!

Danke für den "Vielleicht-Tipp" !

Ich habe mir beim Titel etwas gedacht :smile: ... unter anderem hoffte ich, dass er "zum Grübeln anregt" :smile: ...

Es ist wie bei den Titeln zu Magritte-Gemälden, erhoffe ich :smile: ...

Schöne Träume!

l, die nicht einschlafen kann vor lauter Grübeleien...hihi...ich hoffe so weit geht es bei der Titelfrage nicht :smile: ...

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.02.2008, 00:32

Bonne nuit, Louisa,

ich dachte mir schon, dass du dir bei dem Titel etwas gedacht hast. *g* Du schreibst ja nicht einfach so etwas, sondern, da steckt immer etwas dahinter,-)
Also, ich lese, dass es hier um das Leben eines Menschen geht. "Land" steht für das Leben dieses Menschen. Die Angst gehört zum Leben und auch die Hoffnung. Der Mensch kann nicht wissen, was die Zukunft ihm bringen wird. Auch ist deutlich ein Verstreifen von Zeit zu lesen (als er kaum ein Alter hatte, das verwachsen mit dem Kies, das zu-Stein-werden, dann die Alltagsbeschreibungen eines Menschen und schließlich das Ende, die Grenze)
Hm, dennoch "Geburtstag" *grübel grübel*
Wie wäre Kreislauf als Titel? Oder etwas in der Richtung? Du beschreibst ja einen Kreislauf, zumal du am Schluss den Schlüssel so wunderbar wieder aufgreifst?
Salut
Mucki

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 19.02.2008, 13:13

Hallo Louisa,


Ein Mensch, ein Land.
Seine Angst eine Bucht dieses Landes
und das Meer spült Dinge an die Küste,
die er nicht prophezeien kann.
bis hierher gefällt es mir sehr :-)

Einen verrosteten Schlüssel vielleicht,
warum "vielleicht", es ist doch sicher, dass der Schlüssel angespült wird. "Zum Beispiel" war hier treffender.
den er ins Meer geschleudert hat,
warum nicht "schleuderte"?
als er kaum ein Alter hatte.
Jetzt verwächst der Kies mit dem Schlüssel.
Es dauert nicht lange, dann ist er ein Stein.
hier lese ich, dass der Mensch versteinert, weil der Schlüssel wieder (ins Bewußtstein?) angespült wurde

Ein Mensch, ein Land.
Seine Hoffnung ein Gebirge,
zu hoch, um es allein zu bezwingen
warum sollte er seine Hoffnung bezwingen? wer behauptet das, der Mensch oder der, der hofft, der Andere bräuchte ihn dazu?
und seine Stunden die Einwohner,
die essen, um zu arbeiten
und arbeiten, um zu essen.
die lieben, um zu schlafen
und schlafen, um zu träumen,
von den arbeitsfreien Tagen.
hier habe ich das Gefühl, dass das Stundenbild im erschaffen mehr Freude machte, als es an Aussage trägt, das ist mir zu viel. :-)

Ein Mensch, ein Land
und das Ende eine Grenze
mit strengen Kontrollen
für diejenigen, die ihren Schlüssel
verloren haben.
Welcher Mensch, der aus S1? oder alle Menschen? Ich finde hier zwar den Schlüssel als Wort wieder, aber der Bogen zu S1 gelingt für mich nicht, denn in S1 wurde der Schlüssel ja nicht verloren, sondern vergeblich weggeschleudert und scheint mir doch jetzt sehr präsent zu sein.
Für sich alleine genommen fände ich diese Strophe klasse mit ihren verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten. In Zusammenhang mit dem Rest des Gedichtes, funktioniert sie für mich nicht.


Der Titel, nun ja, vielleicht hatte ja Jemand, der einen Schlüssel verloren oder weggeschleudert hatte, Geburtstag. :-)

liebe Grüße smile
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)


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