dein gelächter zerblutet ( war: röter als zinnober)

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 01.12.2007, 13:38

3. Fassung

dein gelächter zerblutet

jegliche hoffnung
achja hoffnung was für ein plattes wort
an die ich mich klammerte

verblödet vor liebe
jahr um jahr in weiß gekleidet

das half wirklich gegen dein brüllen

nachbarliche augenblitze schüttelte ich
von den schultern ehe sie sich einbrannten
alles wird gut – flüsterte ich

bis zu diesem morgen
mit deinem zinnoberlachen


gestrichen: verbrämt stellte ich sie
auf den altar (danke, aram)



2. Fassung

rot

zerblutet dein gelächter
jede weitere hoffnung
(achja hoffnung: was für ein plattes wort)
an die ich klammerte

schmückte sie mit kränzen
aus vergissmeinnicht
jahr um jahr in weiß gekleidet
das half wirklich gegen dein brüllen

nachbarlichen augenblitzen entwich ich
ehe sie sich einbrannten

alles wird gut – flüsterte ich
mit winziger stimme
bis zu diesem morgen heute
mit deinem zinnoberlachen

es frisst das quäntchen liebe auf
macht mich erschreckend frei




danke an Gerda und smile!




1. Fassung

röter als zinnober
zerblutet dein gelächter
jede weitere hoffnung (was für ein plattes wort)
an die ich klammerte: äffchengleich

schmückte sie mit kränzen aus vergiss-mein-nicht
jahr um jahr in weiß gekleidet
das half wirklich gegen dein brüllen
(nachbarliche augenblitze schüttelte ich von den
schultern ehe sie sich einbrannten)

alles wird gut – flüsterte ich mit winziger stimme
bis zu diesem morgen heute mit deinem zinnoberlachen

es frisst das quäntchen liebe auf (macht mich erschreckend frei)
die kränze nehme ich mit mir und laufe davon


[size=90](c)Elsa Rieger
Zuletzt geändert von Elsa am 15.02.2008, 23:36, insgesamt 4-mal geändert.
Schreiben ist atmen

Benutzeravatar
Thomas Milser
Beiträge: 6069
Registriert: 14.05.2006
Geschlecht:

Beitragvon Thomas Milser » 02.12.2007, 13:38

Ich grübele gerade in diesem Zusammenhang über eine nette Wortspielerei.

Wenn die Steigerung von 'rot' möglich ist, dann müsste auch 'zinnober' steigerbar sein. Das heißt, jede Farbe, die nicht rein zinnober ist, könnte sich mehr dem Zinnober nähern.

Müsste es dann heißen: Noch 'zinnoberer'? Am 'zinnobersten'? Oder im Vergleich zu 'röter': Noch 'zinnöberer', 'am zinnöbersten'?

'Terra de Sienna' ist von allen Erdpigmenten das zinnoberste?

Ist die deutsche Sprache nicht geil?
Könnte ich jetzt stundenlang weiterspielen ... :o)

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 02.12.2007, 14:12

Zinnöberer :-)

naja, man sagt doch auch weiß, weißer am weißesten, warum eigentlich? Weiß ist weiß, schwarz ist schwarz. Schwärzer als schwarz geht eigentlich nicht, oder? Frage an die bildenden Künstler.

'Terra de Sienna' ist von allen Erdpigmenten das zinnoberste?
Sicher!

Du hast heut Zeit, gell?

ELsa
Schreiben ist atmen

Benutzeravatar
Thomas Milser
Beiträge: 6069
Registriert: 14.05.2006
Geschlecht:

Beitragvon Thomas Milser » 02.12.2007, 14:48

Leider nein. Muss gleich meinen Heimatverein mental unterstützen gehen :o)

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 02.12.2007, 15:01

Dachte nur, weil du Farben deklinierst :-)

Elsa
Schreiben ist atmen

Benutzeravatar
Pjotr
Beiträge: 6793
Registriert: 21.05.2006

Beitragvon Pjotr » 02.12.2007, 16:34

Ab einem bestimmten Level kann etwas schwarz sein, zu schwarz, um dunkelgrau genannt werden zu können. Dann kann passieren, dass es noch dunkler wird, und die vorige Schwärze wird noch schwärzer. Gleiches sehe ich mit den Levels der Leuchtkraft. Da mag man denken, diese Tomate sei rot, aber dann strahlt die Sonne drauf, und die fruchtige Röte wird noch röter. Oder die Bläue des Meeres wird am Mittag noch bläuer. Ich glaube, es muss nur ein a, o oder u verfügbar sein ...

Zinnober bezeichne ich nicht als Farbwort, Zinnober ist rot. Zinnoberrot ist eine Wort-Kombination, wie preussischblau oder titanweiß.

Sag ich mal so.

Pjotr

Max

Beitragvon Max » 02.12.2007, 17:39

Liebe Elsa,

nachdem sich das Rot hat ein wenig bezähmen lassen und nun nur noch rot, nicht aber röter ist (da ist die Grammatik meines Erachtens nicht gut beraten, Gerda ;-) ) - wobei ja besser meist schlechter ist als gut, wieso sollte da nicht rot auch roter sein als röter :-) - gefällt mir dieseser Text gut, er malt sehr reine kräftige Farben - nicht nur rot und diese Kraft spricht mich gerade an.

Liebe Grüße
Max

Nicole

Beitragvon Nicole » 02.12.2007, 17:52

Hallo Elsa,
ich gestehe, die Dekliniererei von Farben hier macht mich ein wenig duselig im Kopf....
Zinnoberrot (dem Wortstamm nach kommt Zinnober vom persischen zinjifrah = Drachenblut ) paßt für mich hier. Toms angesprochenes Terra die Sienna ist für mich dann doch eher braun-rot....Aber lassen wir das....:-)

Ich mag die Bilder, die Du malst, gerade wegen der enthaltenen "Dramatik" und dem "lieblichen" Vergißmeinnicht und der Farbe weiß.

Mir gefiel allerdings in der ersten Version die Passage

(nachbarliche augenblitze schüttelte ich von den
schultern ehe sie sich einbrannten)


besser, als in der "abgeschwächten" Form Version 2. Ob es nun tatsächlich funktioniert, oder nicht, ich fand das "abschütteln" sehr fein.

Nicole

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 02.12.2007, 19:20

Lieber Max,

Danke dir, das freut mich!

Liebe Nicole,

Auch ein Danke und ja, über die abgeschüttelten Augenblitze denke ich immer noch nach, kann sein, es kommt eine 3. Version. Ich muss das erstmal sacken lassen, wie es jetzt ist.

Lieben Gruß euch,
ELsa
Schreiben ist atmen

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 14.02.2008, 23:10

Hallo Saloner,

habe eine 3. Fassung oben eingestellt.

Vielleicht mag noch mal eineR drüberlesen, das wäre nett :-)

Zinnoberrote Grüße
ELsa
Schreiben ist atmen

aram
Beiträge: 4509
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 15.02.2008, 01:47

liebe elsa,

die dritte fassung finde ich deutlich dichter und klarer als die früheren.

(nach meinem persönlichen geschmack würde ich noch ein wenig straffen, 'metaebene' und satzzeichen etwas zurücknehmen, das wäre für mich noch eingängiger - wir lesen/komponieren verschieden, deshalb nur spiel, nicht vorschlag:

dein gelächter zerblutet
all die hoffnung, was für ein plattes wort
an der ich klammerte

verblödet vor liebe
jahr um jahr in weiß gekleidet

das half wirklich gegen dein brüllen

nachbarliche augenblitze schüttelte ich
von den schultern ehe sie sich einbrannten
alles wird gut flüsterte ich

bis zu diesem morgen
mit deinem zinnoberlachen
)


besonders einprägsam finde ich "jahr um jahr in weiß gekleidet / das half wirklich gegen dein brüllen" - sehr gern gelesen.

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 15.02.2008, 11:18

Hallo Elsa,

es frisst das quäntchen liebe auf
macht mich erschreckend frei

Wo ist dieses geniale Ende denn hinverschwunden??? :sad:

liebe Grüße smile

edit: und die vergissmeinnicht?
Durch die Änderungen hat sich der Blick auf das LIch gewandelt, ich bin mir nicht sicher, ob das "verblödet" es für mich trifft.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Gast

Beitragvon Gast » 15.02.2008, 14:55

Liebe Elsa,

mir fehlt das bisherige Ende des Textes ganz und gar nicht.
Im Gegenteil, ich finde ihn gut mit dem Ende

bis zu diesem morgen
mit deinem zinnoberlachen


in der neuesten Version. Es bleibt offener für den Leser.
Diese Stelle finde ich auf jeden Fall besser, als vorher:
verbrämt stellte ich sie
auf den altar

Aber sie trifft - für mein Leseempfinden - die Erwartungshaltung des Lyrich noch nicht ganz.
Hoffnung pflegt man ... in diese Richtung würde ich vielleicht überlegen,
Es ist es einfacher zu hoffen, (sich einzulullen), als sich mit der Wahrhheit abzufinden, der Wahrheit ins Auge zu sehen ist immer mit Schmerz und Anstrengung verbunden.

Liebe sonnige Grüße nach Wien
Gerda

PS gerade lese ich, dass aram vorschlägt ganz zu streichen ... hat was.

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 15.02.2008, 23:27

Lieber aram,
danke, da ist was dabei für mich, den Altar werde ich streichen, das andere eher behalten. Fein, dass du es nun dichter findest, es musste eine Weile ruhen, bis ich sehen konnte, was allzu dramatisch ist.

Liebe smile,
das Ende hebe ich für was anderes auf, hier ist nach längerem eine mich nervende Überdramatik drin, weil der Text hat eh ganz schön viel davon, auch jetzt noch.
Und die Kränze und Vergissmeinicht, die sind halt gar sehr "Ophelia", ich musste mich trennen davon. Danke fürs nochmalige Lesen und tut mir Leid, wenn dir das nun fehlt.

Liebe Gerda,
schön, dich nach langem wieder zu lesen, hoffentlich hast du es fein. Und wie du sagst, ja, ich wollte es lieber offen lassen, der Leser kann nun selbst das Ende für sich - je nach Laune - bestimmen.
Ich werde den Altar streichen. Danke für dein Feedback.

Liebe Grüße,
ELsa
Schreiben ist atmen

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 17.02.2008, 10:55

Hallo Elsa,

mir scheint die dritte Version die Beste zu sein. Überhaupt stecken in dem Text gute Ideen drin.

Warum ist "Achja" eigentlich zusammengeschrieben? Vermutlich soll es so schnell klingen, sticht mir beim Lesen aber sofort ins Auge.

Schönen Sonntag

Jürgen


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Bing [Bot] und 3 Gäste