Reimgedichte interessieren mich immer mehr. Allerdings bin ich noch sehr unsicher bezüglich Metrik etc. Für Hinweise und Tipps wäre ich also sehr dankbar. Gerne auch Verbesserungsvorschläge. Vielleicht gibt es diesen Gedanken aber auch sowieso schon wesentlich besser formuliert oder gedichtet.
2. Version (Mit Dank an alle Mitwirkenden)
Ruhe
Und trägt man mich zum Grabe hin
zur letzten Ruhestätte
sie wär’, so rastlos wie ich bin
die erste, die ich hätte
1. Version
Ruhe
Und trägt man mich zum Grabe hin
der letzten Ruhestätte
sie wär’, so rastlos wie ich bin
die erste auch, die ich dann hätte
Ruhe
Hallo. Kommentar zur ersten Version.
Hypothese:
Experten der Literaturgeschichte, Kenner traditioneller Schablonen, erwarten automatisch in der vierten Zeile die selbe Silbenanzahl wie in der zweiten. Da die vierte nun entgegen der Erwartung länger ist, geraten jene Kenner tendenziell ins Stolpern. Literaturgeschichtlich Ungelehrten hingegen, wie mir zum Beispiel, widerfahren dort tendenziell keine Stoplergefühle. (Mir klingt die vierte durchaus musikalisch, ich höre auch insgesamt keine Arhythmik.)
Hypothese:
Von einem Autor, der überwiegend tiefsinniges oder gefühlvolles schreibt, erwartet die daran gewohnte Leserschaft ständig selbiges. Schreibt dieser Autor zur Abwechslung etwas "leichteres" (was nicht weniger kreativ ist deswegen), wie beispielsweise über die letzte Ruhestätte als wirklich erste Ruhestätte, so kommt die erwartende Leserschaft abermals ins Stolpern; hier nicht wegen des Reims, sondern aufgrund der überraschenden Inhaltsleichtigkeit. (Ich finde die Idee sowohl als Aphorismus wie auch als Gedicht originell und ästhetisch durchdacht.)
Das waren zwei Hypothesen eines Spekulanten und Musikers.
Ahoi
Pjotr
Hypothese:
Experten der Literaturgeschichte, Kenner traditioneller Schablonen, erwarten automatisch in der vierten Zeile die selbe Silbenanzahl wie in der zweiten. Da die vierte nun entgegen der Erwartung länger ist, geraten jene Kenner tendenziell ins Stolpern. Literaturgeschichtlich Ungelehrten hingegen, wie mir zum Beispiel, widerfahren dort tendenziell keine Stoplergefühle. (Mir klingt die vierte durchaus musikalisch, ich höre auch insgesamt keine Arhythmik.)
Hypothese:
Von einem Autor, der überwiegend tiefsinniges oder gefühlvolles schreibt, erwartet die daran gewohnte Leserschaft ständig selbiges. Schreibt dieser Autor zur Abwechslung etwas "leichteres" (was nicht weniger kreativ ist deswegen), wie beispielsweise über die letzte Ruhestätte als wirklich erste Ruhestätte, so kommt die erwartende Leserschaft abermals ins Stolpern; hier nicht wegen des Reims, sondern aufgrund der überraschenden Inhaltsleichtigkeit. (Ich finde die Idee sowohl als Aphorismus wie auch als Gedicht originell und ästhetisch durchdacht.)
Das waren zwei Hypothesen eines Spekulanten und Musikers.
Ahoi
Pjotr
Hallo Sam,
mir gefallen beide Versionen, die zweite vielleicht ein bisschen mehr.
Hier - zur Ergänzung - Heinrich Heine zum selben Thema (auch hübsch, oder?):
Die letzte Ruhestätte
Wo wird Einst des Wandermühen
letzte Ruhestätte sein?
Unter Palmen in dem Süden?
Unter Linden an dem Rhein?
Werd ich wo in einer Wüste
eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
eines Meeres in dem Sand?
Immerhin! Mich wird umgeben
Gotteshimmel, dort wie hier,
und als Totenlampen schweben
nachts die Sterne über mir.
Heinrich Heine
Grüße
Klara
mir gefallen beide Versionen, die zweite vielleicht ein bisschen mehr.
Hier - zur Ergänzung - Heinrich Heine zum selben Thema (auch hübsch, oder?):
Die letzte Ruhestätte
Wo wird Einst des Wandermühen
letzte Ruhestätte sein?
Unter Palmen in dem Süden?
Unter Linden an dem Rhein?
Werd ich wo in einer Wüste
eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
eines Meeres in dem Sand?
Immerhin! Mich wird umgeben
Gotteshimmel, dort wie hier,
und als Totenlampen schweben
nachts die Sterne über mir.
Heinrich Heine
Grüße
Klara
Pjotr,
hm, beide Hypothesen leuchten mir mehr als ein, die erste würde ich nur allzu gern mal testen können, aber leider geht das nicht :-(. . Ich schätze allerdings, ich hätte diesen Text in seiner klaren Zuordenbarkeit (wie klingt das denn? Zuordnungsfähigkeit?) immer (= in Unabhängigkeit dazu, wer der Autor ist) als uninteressant empfunden. Ich hätte allerdings wohl eine Rückmeldung anders geschrieben, als ich es an Sam tat.
Als originell kann ich den Text eher nicht sehen (außer der Empfindung, dass solche Texte immer "originellen Eindruck machen" (Typenfrage), ich finde, innerhalb seiner (von mir imaginierten) Geschwistertexte ist er unauffällig originell und darum eben etwas "heute-wirklichkeitsfremd" , bei ästhetisch durchdacht stimme ich dir zu - nur reicht mir das nicht, um mich ästhetisch unterhalten zu fühlen (um berührt werden geht es ja gar nicht).
Ich denke, ich habe (leider) bestimmt schon entsprechend beider Hypothesen gehandelt, würde aber dazu tendieren zu vermuten, es hier nicht getan zu haben (bis auf Rückmeldungshaltung @These2).
Ich denke, insgesamt ist der Text hier zu unauffällig, um die STichfestigkeit beider Thesen zu erproben, die aber in der Summe sicher stimmen.
LIebe Grüße,
Lisa
hm, beide Hypothesen leuchten mir mehr als ein, die erste würde ich nur allzu gern mal testen können, aber leider geht das nicht :-(. . Ich schätze allerdings, ich hätte diesen Text in seiner klaren Zuordenbarkeit (wie klingt das denn? Zuordnungsfähigkeit?) immer (= in Unabhängigkeit dazu, wer der Autor ist) als uninteressant empfunden. Ich hätte allerdings wohl eine Rückmeldung anders geschrieben, als ich es an Sam tat.
Als originell kann ich den Text eher nicht sehen (außer der Empfindung, dass solche Texte immer "originellen Eindruck machen" (Typenfrage), ich finde, innerhalb seiner (von mir imaginierten) Geschwistertexte ist er unauffällig originell und darum eben etwas "heute-wirklichkeitsfremd" , bei ästhetisch durchdacht stimme ich dir zu - nur reicht mir das nicht, um mich ästhetisch unterhalten zu fühlen (um berührt werden geht es ja gar nicht).
Ich denke, ich habe (leider) bestimmt schon entsprechend beider Hypothesen gehandelt, würde aber dazu tendieren zu vermuten, es hier nicht getan zu haben (bis auf Rückmeldungshaltung @These2).
Ich denke, insgesamt ist der Text hier zu unauffällig, um die STichfestigkeit beider Thesen zu erproben, die aber in der Summe sicher stimmen.
LIebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Hallo Ihr Lieben,
herzlichen Dank für eure Kommentare! Entschuldigt bitte, dass es ein wenig gedauert hat.
Lisa,
ja, vielleicht ist der Gedanke in einem Aphorismus besser aufgehoben.
Deine Beschreibung der möglichen „Zielgruppe“ finde ich köstlich:
Was die grammatikalischen Mängel angeht, und auch das schlechte Poetendeutsch, muss ich dir wohl recht geben.
Das etwas, was mich bei vielen anderen neuen Reimgedichten stört: Der Rückfall in eine Sprache, die man eigentlich nicht mehr schreibt. Aber gerade deswegen habe ich mich mal drangewagt. Um das für mich auszutesten (wird vielleicht nicht das letzte Mal gewesen sein). Es wird für mich bestimmt nicht die Lyrikform sein, in der ich nun fortan meine Gedichte schreibe. Aber solche Experimente helfen mir, diejenigen noch mehr zu schätzen, denen es gelingt, und diejenigen nicht so hart zu beurteilen, die daran scheitern.
Was den Vergleich zu meinen anderen Texten angeht, kann ich nicht viel sagen. Aber ich glaube es ist immer schwierig auszuscheren. Pjotr hat mit seinen Hypothesen bestimmt nicht ganz unrecht. Im Allgemeinen habe ich auch eine Aversion gegen kurze Texte, die mit viel Bedeutung daherkommen oder zigfache Deutungsmöglichkeiten insichtragen. So etwas kann mich nur begeistern, wenn Sprache/Form/Inhalt einander derart entsprechen, dass ein ästhetischer Genuss entsteht. Obiger Text ist bestimmt nicht tiefsinnig, vielleicht nichtmal originell. Soll er aber meiner Meinung nicht sein. Er kann nicht mehr zum Ziel haben, als dass der Leser sagt: Ja, so ist es. Womöglich ist der Reim die falsche Wahl, weil die starre Form mehr verlangt, als ein kurzes Schlaglicht auf eine persönliche Erfahrung, die eine Verallgemeinerung durchaus vertragen könnte. Das wiederum spricht eindeutig für den Aphorismus als richtige Formwahl.
Nochmals Danke für’s genaue Hinschauen!
Moshe,
sei nicht traurig!
Da deine Kritik mit derjenigen Lisas übereinstimmt, magst du vielleicht auch meine Antwort an sie lesen. Und wenn das Thema nicht so gut bearbeitet wurde, so wird es sich hoffentlich nicht allzu sehr daran stören. Es besteht ja nach wie vor und wird bestimmt irgendwann eine gelungenere Bearbeitung finden.
Wie heißt es so schön: Versuch macht klug!
Wieso der Titel dir Unbehagen bereitet, kann ich nicht ganz verstehen. Es würde mich interessieren, warum?
Niko,
ja, die Interpunktion. Lisa hat auch noch ein Komma angemahnt. Am Zeilenende habe ich auf Satzzeichen verzichtet – was vielleicht auch nicht so richtig gut ist. Aber da ich schätze, dass der Text oben als Aphorismus enden wird, muss ich die Interpunktion sowieso nochmal überdenken.
Merci!
Pjotr,
deine Hypothesen sind interessant, und was die zweite angeht, grundsätzlich richtig. Man hat immer eine gewisse Erwartungshaltung an Autoren (oder auch Musiker!), die man kennt. Diese Erwartung nicht erfüllt zu sehen, kann schon zu einer negativen Rezeption führen. Im Falle diese Gedichtes sehe ich es aber nicht so. Es ist, wie angekündigt, ein Versuch und ich freue mich über die offenen Kritik, die sich bestimmt mehr auf das Ergebnis als auf Erwartungen stützt.
Natürlich freut mich aber auch deine Aussage, du fändest die Zeilen (oder den Gedanken) als durchdacht (was ich als „nicht dahingeschludert“ lese)
Hab vielen Dank!
Klara,
Danke für das Heinegedicht! Vor einiger Zeit habe ich mich mal über eine Gesamtausgabe seiner Werke hergemacht. Hängengeblieben sind bei mir vor allem seine Prosatexte (Reiseberichte vor allem). Dieses schöne Gedicht hatte ich leider wieder vergessen.
Liebe Grüße
Sam
herzlichen Dank für eure Kommentare! Entschuldigt bitte, dass es ein wenig gedauert hat.
Lisa,
ja, vielleicht ist der Gedanke in einem Aphorismus besser aufgehoben.
Deine Beschreibung der möglichen „Zielgruppe“ finde ich köstlich:
primär männlicher Natur und mittleren bzw. älteren Alters, nicht ohne Geschmack, durchaus mit Humor, aber manmal die anderen in ihrer penetranten Art in den Wahnsinn treibend, stellte ich mir vor mit ihnen zusammen zu leben
Was die grammatikalischen Mängel angeht, und auch das schlechte Poetendeutsch, muss ich dir wohl recht geben.
Entweder wirkt der text wie eine bestimmte Naturlyrik, die man hute nicht mehr schrieben kann
Das etwas, was mich bei vielen anderen neuen Reimgedichten stört: Der Rückfall in eine Sprache, die man eigentlich nicht mehr schreibt. Aber gerade deswegen habe ich mich mal drangewagt. Um das für mich auszutesten (wird vielleicht nicht das letzte Mal gewesen sein). Es wird für mich bestimmt nicht die Lyrikform sein, in der ich nun fortan meine Gedichte schreibe. Aber solche Experimente helfen mir, diejenigen noch mehr zu schätzen, denen es gelingt, und diejenigen nicht so hart zu beurteilen, die daran scheitern.
Was den Vergleich zu meinen anderen Texten angeht, kann ich nicht viel sagen. Aber ich glaube es ist immer schwierig auszuscheren. Pjotr hat mit seinen Hypothesen bestimmt nicht ganz unrecht. Im Allgemeinen habe ich auch eine Aversion gegen kurze Texte, die mit viel Bedeutung daherkommen oder zigfache Deutungsmöglichkeiten insichtragen. So etwas kann mich nur begeistern, wenn Sprache/Form/Inhalt einander derart entsprechen, dass ein ästhetischer Genuss entsteht. Obiger Text ist bestimmt nicht tiefsinnig, vielleicht nichtmal originell. Soll er aber meiner Meinung nicht sein. Er kann nicht mehr zum Ziel haben, als dass der Leser sagt: Ja, so ist es. Womöglich ist der Reim die falsche Wahl, weil die starre Form mehr verlangt, als ein kurzes Schlaglicht auf eine persönliche Erfahrung, die eine Verallgemeinerung durchaus vertragen könnte. Das wiederum spricht eindeutig für den Aphorismus als richtige Formwahl.
Nochmals Danke für’s genaue Hinschauen!
Moshe,
sei nicht traurig!
.gif)
Da deine Kritik mit derjenigen Lisas übereinstimmt, magst du vielleicht auch meine Antwort an sie lesen. Und wenn das Thema nicht so gut bearbeitet wurde, so wird es sich hoffentlich nicht allzu sehr daran stören. Es besteht ja nach wie vor und wird bestimmt irgendwann eine gelungenere Bearbeitung finden.
Wie heißt es so schön: Versuch macht klug!
Wieso der Titel dir Unbehagen bereitet, kann ich nicht ganz verstehen. Es würde mich interessieren, warum?
Niko,
ja, die Interpunktion. Lisa hat auch noch ein Komma angemahnt. Am Zeilenende habe ich auf Satzzeichen verzichtet – was vielleicht auch nicht so richtig gut ist. Aber da ich schätze, dass der Text oben als Aphorismus enden wird, muss ich die Interpunktion sowieso nochmal überdenken.
Merci!
Pjotr,
deine Hypothesen sind interessant, und was die zweite angeht, grundsätzlich richtig. Man hat immer eine gewisse Erwartungshaltung an Autoren (oder auch Musiker!), die man kennt. Diese Erwartung nicht erfüllt zu sehen, kann schon zu einer negativen Rezeption führen. Im Falle diese Gedichtes sehe ich es aber nicht so. Es ist, wie angekündigt, ein Versuch und ich freue mich über die offenen Kritik, die sich bestimmt mehr auf das Ergebnis als auf Erwartungen stützt.
Natürlich freut mich aber auch deine Aussage, du fändest die Zeilen (oder den Gedanken) als durchdacht (was ich als „nicht dahingeschludert“ lese)
Hab vielen Dank!
Klara,
Danke für das Heinegedicht! Vor einiger Zeit habe ich mich mal über eine Gesamtausgabe seiner Werke hergemacht. Hängengeblieben sind bei mir vor allem seine Prosatexte (Reiseberichte vor allem). Dieses schöne Gedicht hatte ich leider wieder vergessen.
Liebe Grüße
Sam
primär männlicher Natur und mittleren bzw. älteren Alters, nicht ohne Geschmack, durchaus mit Humor, aber manmal die anderen in ihrer penetranten Art in den Wahnsinn treibend, stellte ich mir vor mit ihnen zusammen zu leben
Lieber Sam,
danke, dass Du mich gerade auf dieses Lisazitat aufmerksam gemacht hast ...
Ich denke darüber nach
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Liebe Grüße
Max
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