~ an den lippen klebt das wort ~

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 01.01.2008, 12:17

.

~ an den lippen klebt das wort ~

dahinter war schon lachen meine ich
wenigstens als erinnerung
natürlich ist es heute rau ~ verstimmter
alter geigenbogen ins herz
gebohrt doch die melodie
ja, die melodie gibt es für sekunden
und die sprache, die sprache
welch glück in der finsternis


(c) ELsa Rieger
Titelzeile by Miroslav Dusanic
Zuletzt geändert von Elsa am 02.01.2008, 17:19, insgesamt 1-mal geändert.
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 01.01.2008, 15:25

Hallo Elsa,

das ist ein sehr feines Gedicht und nicht nur wegen der ~ :-)

Beim Titel, bin ich mir nicht sicher, weil er erstmal durch das "kleben" eine negative oder unangenehme Konnotation für mich bekommt.
Und ich finde hier gefühlsmäßig den Bogen nicht zum Glück in der letzten Zeile.
(was ich gern lesen würde, wäre: "an den Lippen kitzelt das Wort", aber das wäre wohl eine andere Wendung :rolleyes: )

Beim lesen läuft für mich das Gedicht auf das Glück zu. Deshalb hört sich für mich die Finsternis ein wenig angehängt an, brauchst du sie?

liebe Grüße smile

scarlett

Beitragvon scarlett » 01.01.2008, 23:58

Liebe Elsa,

die Macht der Sprache? Sie ist es, die übrigbleibt, wenn alles andere irgendwo versinkt, nur noch Erinnerung ist ... zumindest kann man noch davon sprechen, in Worte fassen, was nicht mehr greifbar, wie die Melodie z B, die nur noch für Sekunden da ist, rau und verwandelt.

Das Wort, das an den Lippen klebt ... untrennbar mit diesen verbunden, steht zur Verfügung.

So habe ich dein feines Gedicht gelesen.

Grüße,
Monika

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leonie
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Beitragvon leonie » 02.01.2008, 12:25

Liebe Elsa,

mir gefällt der Text auch sehr. Ich habe ihn wie scarlett gelesen. Ich habe zwei kleine Anmerkungen:

Kann ein Geigenbogen verstimmt sein? Das ist doch eher die Geige selbst, eine der Saiten oder alle, denke ich...

"ins herz gebohrt" finde ich zu "gewöhnlich" ausgedrückt, da würde ich mir ein ungewöhnlicheres, stärkeres Bild wünschen.

Gern gelesen!

Liebe Grüße
leonie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.01.2008, 14:06

Liebe Elsie,

eine schöne Idee und gut umgesetzt. Hierzu ein Gedankenanstoß:

dahinter war schon lachen meine ich
wenigstens als erinnerung
natürlich ist es heute rau


das "war" würde ich ersetzen und dann das Lachen beschreiben, da du es heute als rau bezeichnest, sprich, es ist immer noch ein Lachen, aber ein anderes. Mir fehlt hier das Pendent im ersten Teil, wie das Lachen vorher war.
Schöner fände ich auch:

... lachen glaube ich
wenigstens in der erinnerung ...

Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 02.01.2008, 14:54

Liebe smile, Monika, leonie, Mucki,

danke für eure Überlegungen und das Feedback.

jaja, smile, die ~ :-) du meinst, der titel mit worte kleben ist eher negativ. auf den titel baut aber der text auf, Monika hat das so gelesen wie ich dachte:
Das Wort, das an den Lippen klebt ... untrennbar mit diesen verbunden, steht zur Verfügung
Die Finsternis brauche ich unbedingt, es gibt ja kein Glück ohne dass sie nicht auch da ist, da kann ich nicht verzichten.

Monika, richtig, so schrieb ich es. Fein, dass du es so lesen kannst!

leonie,
Kann ein Geigenbogen verstimmt sein? Das ist doch eher die Geige selbst, eine der Saiten oder alle, denke ich...

Nein, kann er nicht, aber das Lachen davor ist rau und verstimmter, die Melodie, die der alte Geigenbogen streicht und sich damit ins Herz bohrt. Du findest das "ins herz gebohrt" zu "gewöhnlich" ausgedrückt. Das lag jedoch in meiner Absicht. Aber schön, dass es dir an sich gefällt.

Mucki, ich denke, ich muss es doch so lassen, wie es ist, nach reiflicher Überlegung, auch wenn deine Version was hat, durchaus!

Herzliche Grüße,
ELsa
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leonie
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Beitragvon leonie » 02.01.2008, 16:08

Liebe Elsa,

und wenn Du anders umbrichst?
Ich finde es sehr verwirrend, weil der Geigenbogen direkt neben dem "verstimmt" steht und ich von daher beides zusammen lese und mich wundere.
Ich finde es schwierig, die Bezüge anders zu lesen.
Vielleicht geht es ja auch nur mir so...

Liebe Grüße

leonie

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 02.01.2008, 17:18

Liebe leonie,

und wenn Du anders umbrichst?
Das könnte ich vielleicht machen.
Ich probier mal oben...

Lieben Gruß
ELsa
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Anton

Beitragvon Anton » 14.01.2008, 00:58

Hallo Elsa,

ein Zitat, das zum Nachdenken anregt... die Sprache als 'Glück in der Finsternis' ist, finde ich, sehr zuversichtlich.

Man könnte auch ein Celan-Zitat anknüpfen:

'Lippe wusste. Lippe weiß.
Lippe schweigt es zuende.'

Lieben Gruß
Anton

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 14.01.2008, 13:13

Hallo Anton,

Ohja, das Celan-Zitat, sehr schön!

Danke fürs Lesen,
Elsa
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Caty

Beitragvon Caty » 28.01.2008, 13:07

Liebe Elsa, eine verflossene Liebe, sie ist nicht gut ausgegangen. An den Lippen klebt das Wort, vielleicht ein Versprechen, das nicht eingehalten wurde, vielleicht auch gar nicht eingehalten werden konnte, deshalb das Lachen, aber vielleicht auch über sich selbst: Dass ich das glauben konnte. So kann man es lesen. Zwei Wörter gefallen mir nicht so recht an dem Text: natürlich und Finsternis. Ich kann mir den kleinen Blutegel zwischen rau und verstimmter nicht erklären. Die Zeit schwächt ab, und es ist natürlich, wenn die Erinnerung schwächer wird, man muss es nicht aussprechen. Naja, und Finsternis finde ich zu allgemein, hier würde ich wirklich Bezug auf etwas Konkreteres nehmen. Aber ansonsten ist das Gedicht schön, es fließt, ein Strom von Wörtern.
Caty

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 28.01.2008, 14:41

Liebe Caty,

danke für deine Gedanken, ich werde in mich gehen, und ich freu mich sehr übers Lob, keine Frage!

Blutegelgrüße, :-)
ELsa
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