Begegnung

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 17.01.2008, 10:37

Begegnung

Pappelreihe. Krähen, schwarze Teufel.
Der Acker verschläft den Winter.
Ein grauer Tag. Wolkengebirg.
Stille.

Hier fährt der Bauer. Sein Gaul
Schwer, Kaltblut. Unbeladen der Wagen
Hüpft übers Unebene, erschüttert
Erdkrume und Himmelsgewölb.

Der Alte lüpft den Hut, presst sich
Ein Nicken ab, schmal. Pfeift, als sei er
Zufrieden. Knallt mit der Peitsche.
Am Wegrand ich, die Fremde.
Erstarrt in der Landschaft.


Gestrichen die Schlusszeilen:

Vogelflug. Ein Schrei hinterm Waldrand.
Stromdrähte singen uns was.
Zuletzt geändert von Caty am 26.01.2008, 14:52, insgesamt 2-mal geändert.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 23.01.2008, 19:14

Ne reine Beschreibung, ohne daß ich erkennen kann, wozu.

Ratloser

Moshe

Niko

Beitragvon Niko » 23.01.2008, 21:40

hallo Caty
Was will uns die Dichterin sagen? Ein Pappelreihe, wahrscheinlich leben dort Krähen. Die ohnehin angeschwärzten Fiederfreunde werden auch noch verteufelt. Der Acker verschläft den Winter. Kein Wunder, das tut er meistens. Ein Bauer fährt über unebene. Mit einem Kaltblut. Dem Betrachter imponiert scheinbar der Himmel. Was eben noch Wolkengebirg erkennt er jetzt als Himmelsgewölb,Ich frage mich, was er da will. es steht nicht dort. Der Mensch ist ein freundlicher Zeitgenosse. Er grüßt. Ein erstarrtes Lyrich. Selbstzufrieden ob seines Grußes knallt er die Peitsche. Ob er fortholpert? wir wissen es nicht, Die Autorin lässt dies offen. Die Vögel fliegen auf einmal... - tun sie das nicht häufiger? Ein schrei. woher? auch das bleibt offen. Ein unter die Räder des Landwirts gekommenes Rehkitz? oder ein tollwütiger Fuchs? oder ist es gar der Alte selbst, dem Entsetzen durch die Glieder fährt, womöglich weil er versäumte, das Lyrich nach dem Weg zu fragen, oder ihm, dem erstarrenden eine Mitfahrgelegenheit anzubieten? viele fragen, wenig antworten. am ende gesang der stromdrähte, die unvermittelt keine erhellung bringen...

Nicht ganz zu ernst nehmen caty. hab meinen jecken tag. mir ist jedoch zuvieles diffus im text, eine situationsbeschreibung, der sinn darin liegen mag, eine beschreibung zu sein. mehr kann ich nicht finden. vielleicht bin ich heute zu unsensibel für lyrische ergüsse. kommt vor....

lieben gruß: Niko

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 24.01.2008, 10:45

Hallo Caty,

eine Beschreibung, eine Landschaft, als sei man in eine andere Zeit versetzt. Die Sprache erschafft hier ein Bild und ein Gefühl, ohne, dass ich eine "Aussage" suchen würde. Es ist so. Und mehr muss da nicht sein.
"Erstarrt in der Landschaft. "
Hier würde ich umstellen und das Gedicht beenden.
In der Landschaft erstarrt.

Die letzten beiden Zeilen holen mich wieder völlig aus dem Bild heraus, was ich schade finde.

liebe Grüße smile

Caty

Beitragvon Caty » 24.01.2008, 11:36

Lieber Niko, ich will dir ja nicht gleich mit Schlagwörtern wie emotionale Intelligenz, adäquate lyrische Rezeption usw. usw. antworten. So bescheide ich mich, hüll mich in Schweigen und genieße die erhabene Stille des Networks. Caty

Caty

Beitragvon Caty » 24.01.2008, 11:45

Liebe Smile, hier begegnen sich zwei. Nicht ganz unerheblich, wo - inmitten einer menschenleeren, schneelosen Winterlandschaft. Wenig geschieht, man könnte meinen, gar nichts. Hier hat die Landschaft das Wort. Du hast recht, mehr Aussage ist nicht, als dass zwei die Landschaft stören. Ja, das ist ein bedenkenswerter Vorschlag, die letzten beiden Zeilen wegzulassen. Meine Idee war, der Landschaft wieder das Wort zu geben. Aber so geht es auch. Probehalber nehme ich mal die beiden Zeilen heraus. Vielen Dank für den Hinweis. Caty

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 24.01.2008, 11:54

Liebe Caty,

meine Lieblingsstelle:
Der Alte lüpft den Hut, presst sich
Ein Nicken ab, schmal. Pfeift, als sei er
Zufrieden. Knallt mit der Peitsche.


Gefällt mir. Heute noch "fremdeln" die Bauern, wenn sie mich unterwegs treffen in meinem Ferienort, obwohl sie mich eigentlich ewig kennen müssten.

Lieben Gruß
Elsa
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Caty

Beitragvon Caty » 24.01.2008, 11:57

Lieber Moshe,

nun ja, hm. Nein, eine große Aussage gibt es hier nicht, alles nicht weltbewegend. Ich fand es aber aufschreibenswert. Auch Beschreibung ist Lyrik. Denk mal nur an die Romantiker, die sprichwörtlichen Naturbeschreiber: Die konnten vom Winter nicht reden (und was haben die der ohnehin unsympathischen Jahreszeit nicht alles unterstellt), ohne dass sie gleich ans kühle, kühle Grab dachten, um ihre Beschreibungen sinngebend aufzupeppen. So ein menschenleerer Acker mitten im deutschen Winter hat schon seinen Reiz, bleibt irgendwie im Gedächtnis hängen, hab es versucht aufzuschreiben. Nein, eine andere Entschuldigung für die Existenz des Gedichts fällt mir hier nicht ein. Caty

Caty

Beitragvon Caty » 24.01.2008, 12:14

Ja, Elsa, das spielt hier mit hinein, die dörfliche Beschränktheit, das "Triumphieren" über das Fremde, das Andere, das Städtische gar, das Unverhoffte der Begegnung. Als ich in Österreich war, in den Bergen, wurde ich dauernd mit Grüß Gott gegrüßt, aber wie ich dann feststellte, waren es ebenfalls Auswärtige, die in mir eine Alpenländerin vermutet hatten. Im Dorf die Bauern waren stolz, zumindest wollten sie von mir zuerst gegrüßt werden, obwohl sie oft viel jünger als ich waren. Schon ein Witz. Aber mich hat auch der landschaftliche Reiz inspiriert, das Seltsame, Ungewohnte, die Gerüche nach Erde, nach faulem, feuchtem Gras, obwohl ich das nicht erwähne. Eine Szene, die im Gedächtnis geblieben ist. Wenn mich hier mitten in der Stadt irgendein Unbekannter grüßte, glaub mirs, ich hätte es schon nach zwei Minuten vergessen. Aber vielleicht auch nicht. Ist mir noch nicht passiert. Caty

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leonie
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Beitragvon leonie » 24.01.2008, 12:42

Liebe Caty,

gefällt mir, Deine "Begegnung": Man hat die Szene klar vor Augen und zugleich entlarvt sie eine Menge an Hintergründen. Dass Du am Schluss gestrichen hast, macht den Text stärker.

Liebe Grüße
leonie

Caty

Beitragvon Caty » 24.01.2008, 13:28

Danke, Leonie, für den Kommentar. Gut, wenn die Streichung sitzt.
Caty

Niko

Beitragvon Niko » 24.01.2008, 16:55

mir fällt dank elsas zitiertem auf (nur eine winzigkeit): müsste es nicht lupfen oder lüften heißen? lüpfen ist mir nicht geläufig. mag natürlich sein, das hier regionaler sprachgebrauch eine rolle spielt.
wollts nur mal einwerfen.
lieben gruß: Niko

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Beitragvon leonie » 24.01.2008, 17:19

Lieber Niko,

genau das habe ich mich auch gefragt und im Duden nachgeschaut. Es heißt tatsächlich lüpfen und regional bedingt gelegentlich lupfen.

leonie

Niko

Beitragvon Niko » 24.01.2008, 17:21

aha.also bin ich auf dem regionalexpress und nicht caty. okie dokie......merci für´s aufklären!
liebgrüßend: Niko


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