Nachbars Garten, III (vorher: Blick über den Zaun III)

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 18.01.2008, 22:17

Blick über den Zaun:
zwei Sektgläser am Gartentisch
der Mann bei der Arbeit.

(c) Monika Kafka, 2007
Zuletzt geändert von scarlett am 20.01.2008, 10:39, insgesamt 1-mal geändert.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 18.01.2008, 23:33

Hallo Scarlett!

Das kann man ja durchaus in verschiedene Richtungen weiterdenken :) Insgesamt gefällt es mir. Leichtes Unbehagen bleibt bei der ersten Zeile, weil sie durch die Wiederaufnahme des Threadstitels und den Doppelpunkt ein wenig "vorgestellt" wirkt, ein wenig unverbunden; Wären die Zeilen zwei und drei von mir, hätte ich wahrscheinlich "Jenseits des Zaunes" oder ähnliches als erste Zeile gewählt, ohne Doppelpunkt. Aber sie sind von dir, und du hast es formuliert, wie es vielleicht auch die Gemeinsamkeit mit den vorigen Blicken verlangt? (An den ersten kann ich mich noch erinnern, glaube ich, den zweiten habe ich verpasst.)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Sam

Beitragvon Sam » 19.01.2008, 07:33

Hallo Scarlett,

mir scheint, es gibt zwei Arten von Kurzlyrik:
Diejenige, die in wenigen Worten viel sagt (dein Zirkus im Publicus z.B.)
Und solche, die rein auf die Assoziationsfähigkeit der Leser abziehlt. Ich komme immer mehr zu dem Schluss, dass Zweiteres mit Lyrik nicht viel zu tun hat. Gedichte, die mir etwas sagen (auf poetische Weise erzählen- erdichten) sind mir viel lieber, als solche, die mich mit einem rasch hinskizierten Setting völlig alleine lassen.
Von daher gesehen empfinde ich dein Gedicht als sehr beliebig, weil du es dem Leser überlässt, es mit Leben und Inhalt zu füllen.

Liebe Grüße

Sam

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 19.01.2008, 08:54

Hallo scarlett,

ich finde es spannend, weil es alles und nichts bedeuten kann.

Schönes Wochenende

Jürgen

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 19.01.2008, 12:51

hey scarlett,
ist es nicht eher: der mann "auf" arbeit?

ansonsten wär es halt einfach nur eine momentaufnahme, wenn ich meinen gadanken nicht nachgehe.

zwei gläser stehen dort.
ein mann der arbeitet.

salve
hakuin

wie sam schon schrieb: entweder nen assoziazionsgenerator (und damit ein rückwurf auf mein denken) oder "eine offenbarung" ;-)

salve
hakuin

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.01.2008, 15:37

Liebe Monika,

ich fühle mich bei solchen Texten nicht sehr wohl, weil sie etwas Voyeuristisches nicht nur an sich haben, sondern auch den Leser quasi dazu zwingen, selbst zum Voyeur zu werden. In diesem Fall mitzubekommen, wie die Nachbarin fremdgeht, wobei man es sich als Leser auch noch ausmalen kann, ob die letzte Zeile doppeldeutig gemeint ist. Einmal, dass der Ehemann gerade bei der Arbeit ist, während seine Frau fremdgeht oder aber, dass der Mann einer von den beiden am Gartentisch ist und "gerade zur Sache geht". (Eine von vielen Interpretationsmöglichkeiten).
Wie gesagt, ich lese solche Texte mit zwiespältigem Gefühl.
Saludos
Mucki

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 19.01.2008, 16:08

Lieber Sam u. a.!

Wir hatten hier immer wieder eine Diskussion um Kurzlyrik, so wie sie hier jetzt auch wieder entsteht.

Für Interessierte folgender Hinweis:
Man gebe mit der Funktion SUCHEN mal den Begriff 'bedeutungsoffen' ein, und ein zweites Mal den Begriff 'Bedeutungsoffenheit'.

So kommt man zu den Threads, die sich damit beschäftigen.

Mit bestem Gruß

Moshe

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 19.01.2008, 22:12

Hallo Hakuin,

ist es nicht eher: der mann "auf" arbeit?


Das "bei" macht den Text doch so doppeldeutig. So habe ich es jedenfalls verstanden. "Auf" würde es zu klar machen.

Schönen Abend

Jürgen

scarlett

Beitragvon scarlett » 20.01.2008, 10:34

Hallo in die Runde,
liebe Kommentatoren,

zunächst einmal: mir ist ein kleiner Fehler unterlaufen: im Titel muss es korrekterweise heißen:

"Nachbars Garten".

Das ist der Titel der gesamten Serie, in der es schon 5 Texte gibt und die ich weiter ausbauen werde.

Dadurch, Ferdi, wird auch die erste Zeile nicht wiederholend. Und ja, dass man es in verschieden Richtungen lesen bzw. der Leser in verschiedene Richtungen denken kann, das war natürlich Absicht.

Das genau ist wohl für dich, Sam, Hakuin und auch Mucki, der Knackpunkt, warum es euch nicht zusagt. Kann ich zwar nicht so ganz nachvollziehen, akzeptiere aber natürlich euren Standpunkt.
Und auf eine Diskussion darüber, ob das denn nun Lyrik ist oder nicht, lasse ich mich - an dieser Stelle zumindest - nicht ein.
Im bin der Meinung, dass gerade die Mehr - oder Vieldeutigkeit diesem Text etwas Besonderes verleiht - ohne dass es sich dabei um etwas wahnsinnig Bedeutendes oder Tiefgreifendes handeln würde, das ist mir schon klar, es ist vielmehr mit einem Augenzwinkern zu lesen.

"Ein Schelm, wer Böses darin liest" ... :smile:

Schön, dass du, Jürgen, es offenbar so lesen konntest, wie es gemeint war.

Ich danke euch für die Rückmeldungen, (auch dir, moshe) und wünsche einen schönen, sonnigen Sonntag.

LG,
scarlett

P.S. das "bei der Arbeit" ist bewußt gewählt, Hakuin. "Auf" der Arbeit ist umgangssprachlich (laut Duden) und ich denke auch etwas regional gefärbt. Im Süddeutschen sagt das kaum jemand, zumindest habe ich das hier noch nie gehört.

Max

Beitragvon Max » 20.01.2008, 12:39

Liebe Scarlett,

ich verstehe Sams Kritik an Deinem Text ganz gut und erinnere mich (schwach), eventuell schon mal ähnliches zu einem Deiner "Nachbars Garten" Texte geschreiben zu haben. Dennoch scheint mir dies ein sehr grundätzliches Problem und ich verstehe auch schon, dass es eine Lyrik, eine Lunst allgemein gibt, die deutlich mehr auf das Assoziationsvermögen des Lesers baut, das kann vielleicht gar nicht anhand dieses Dreizeilers geklärt werden.

Insofern finde ich den obigen Text als nicht den schlechtesten unter der Nachbars Garten Serie, obschon seine Tendenz doch sehr deutlich in eine Richtung zeigt. Wenn schon mit meiner Vorstellungskraft gespielt wird, würde ich gern sehen, dass es außer einer relativ nichtssagenden und einer zweiten Tendenz (die ganz schön m it dem Getuschel des Gerüchts spielt) vielleicht noch weitere gibt.

Hakuins Einwand kann ich nachvollziehen- Deine Antwort dazu auch. Ich würde auch nicht "auf Arbeit" schreiben, aber bei der Arbeit kann halt auch heißen, dass er nur ein Zimmer weiter sitzt und Buchführung macht und dann funktioniert das Gedicht nicht mehr ... Ginge nicht etwas wie

"Der Mann im Geschäft/Betrieb"?

Liebe Grüße
Mäx

Sam

Beitragvon Sam » 21.01.2008, 07:25

Hallo moshe,

Danke für den Hinweis. Ich wollte hier bestimmt keine erneute Diskussion anzetteln. Zumal Scarlett das in diesem Ordner auch nicht haben will.

Nichtsdestotrotz nehme ich mir die Freiheit heraus, zu sagen, was ich von einem Text halte. Und meiner Meinung nach degradiert sich hier eine Dichterin zur Stichwortgeberin. Und das finde ich schade. Punkt.

Liebe Grüße

Sam

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 21.01.2008, 09:34

Hallo Max!

Wie kannst du einerseits "weitere Tendenzen" fordern und andererseits den unglaublich vielseitigen Ausdruck "der Mann bei der Arbeit" auf etwas so eindimensionales wie "Der Mann im Geschäft" zusammenstreichen wollen?!

"Der Mann bei der Arbeit": Widerwillig dem Nörgeln seiner Frau gefolgt mäht er der Rasen; ihr tut das Nörgeln leid und sie hält eine Überraschung bereit (schließlich stehen die Gläser nicht auf, sondern (inzwischen?!) am Tisch)... Ein Mann versucht, seine Freundin für sich zu gewinnen, ein verlobter macht seiner Verlobten einen Heiratsantrag - am Fuße des Tischs warten zwei Sektgläser, die Flasche liegt verborgen im Gras... Es ist Winter, die beiden leeren Gläser stehen vergessen am Tisch, die Frau zuhause, der Mann ist zur Arbeit - kein Fest mehr, Alltag, Starre... Es ist ein Sommermorgen, zerwühltes Gras und leere Gläser zeigen, was die Geräusche der Nacht zu bedeuten hatten, ehe die Autotür schlug und der Mann zur Arbeit fuhr... Und dann natürlich die diversen etwas offensichtlicheren Deutungsmöglichkeiten.

Hallo Sam!

Die Dichterin degradiert sich?! Selbst wenn ich den "Stichwortgeber" gelten lassen wollte (ich denke aber, darin erschöpft es sich nicht) - das ist schlicht Unsinn. Wahr ist dagegen leider: Du degradierst sie.

Ferdigruß!

P.S.

"Warum malst du nicht Bilder? So zeigst du der Welt deine Seele!"
"Stimmt - doch wer Fenster setzt, öffnet den Seelen die Welt."

Spontandistichon, ich bitte formale Mängel zu entschuldigen... -F.

P.P.S Gibt es einen Grund, warum "Fett", "Kursiv" etc nicht richtig angezeigt werden?! Grummel... -F.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Sam

Beitragvon Sam » 21.01.2008, 09:49

Hallo Ferdi,

Wahr ist dagegen leider: Du degradierst sie.

Wieso leider? Und natürlich mache ICH das. Aber nur für mich, nur auf dieses Gedicht bezogen und im Vergleich zu andern Gedichten, die ich von Scarlett gelesen habe.
Das ist meine Meinung. Man darf das gerne für Unsinn halten.

Liebe Grüße

Sam

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Beitragvon ferdi » 21.01.2008, 10:52

Hallo Sam!

Ein Gedichtkommentar, der dem Autor Hilfe und Orientierung sein will, sollte doch zumindest die Art, die Gattung, das Selbstverständnis des Gedichts akzeptieren und dann innerhalb dieses Rahmens versuchen, den Text auf seine Tauglichkeit abzuklopfen und zu bewerten. Stattdessen stellst du aber einfach nur fest: Die Textgattung gefällt mir nicht. Tja, nun gut, aber der Autorin hilft das in bezug auf ihren Text genausoviel, als wenn du ihr mitgeteilt hättest, ob du nun Nudelsuppe magst oder eben nicht magst. Das wäre an sich nicht weiter schlimm (nur halt, wie gesagt, nutzlos) , aber dein Hinzufügen von "Die Dichterin degradiert sich" kann ich nun wirklich nicht anders lesen als "Liebe Autorin, hör auf, dich durch das Schreiben solchen Unsinns zum Affen zu machen" - und da möchte ich dich doch bitten, etwas zurückzustecken. Du hast allemal die intellektuelle Kapazität, über den Tellerrand deiner eigenen Vorlieben hinauszuschauen und eine Kritik konstruktiv zu gestalten auch da, wo dir die Ausrichtung des Textes nicht von vorneherein zusagt. Ich würde mich freuen, solche Kritiken von dir zu lesen.

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)


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