Ein-dring-ling

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 16.01.2008, 19:37

Ein-dring-ling


Flüsterst mir
Meeresrauschen ins Ohr
bis die Muschel perlt

Küsst in mich
Champagnerprickeln
bis der Korken knallt

Klopfst solange
an meine Zelltüren
bis ich dich einlasse


1. Fassung:

Ein-dring-ling


Flüsterst mir
Meeresrauschen ins Ohr
bis die Muschel perlt

Bläst Sauerstoff
in meine Lungen
bis ich fast hyperventiliere

Klopfst solange
an meine Zelltüren
bis ich dich endlich einlasse
Zuletzt geändert von Perry am 17.01.2008, 22:02, insgesamt 1-mal geändert.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 16.01.2008, 20:46

Lieber Perry!

Fühlst du dich wirklich wohl mit diesem Text?

Moshe

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 16.01.2008, 21:43

Lieber Manfred,

ich verstehe den Text leider nicht.

Wer ist nur der Eindringling?

Rätselgrüße,
Elsa
Schreiben ist atmen

Niko

Beitragvon Niko » 16.01.2008, 21:49

hallo perry!
ich komme ebenfalls nicht dahinter. der wind? die liebste? ich kapiers nicht.
lieben gruß: Niko

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 17.01.2008, 05:40

Genial, finde ich das, einschließlich dem klingelnden Titel. Biologie und Phänomenologie geradezu surreal verpackt, und noch mehr ...

Nur dieser Teil: "fast hyperventiliere", fällt meiner Ansicht nach ein bisschen aus dem ansonsten eleganten Klangrahmen. Das "fast" kann man wohl nicht streichen, das "hyper-" müsste auch nicht weg, aber danach wäre möglicherweise eine 3-silbige Metapher für "ventilieren" besser?


Toast

Pjotr

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Sethe
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Beitragvon Sethe » 17.01.2008, 08:45

Guten Morgen,

dieser Text erzeugt wunderbare sinnliche und auch erotische Bilder.
Sinnlich auch in dem Sinne, daß man erfährt, wie die Sinne reagieren und wie der/die Beteiligte in dem Text mit seinen/ihren Sinnen empfindet.

Ich zerbreche mir nicht meinen Kopf um zu hintefragen, wer genau ist denn nun der Eindringling.
Es funkt halt beim Lesen. Und wiederrum ist es sinnliches Empfinden, diesmal bei der Leserin.

Den einzigen kleinen Stolperer verursacht bei mir das "hyperventilieren". Mir ist dieses Wort einfach zu unsinnlich in diesem Zusammenhang. Wer empfindet in so einer Situation schon hyperventilieren, wenn einem schlicht die Luft wegbleibt. So in der Art.

viele Grüße
Sethe
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

Gast

Beitragvon Gast » 17.01.2008, 08:49

Lieber Perry,

wenn du, wie ich vermute, die geschlechtliche Vereinigung aus der Sicht der Frau intendierst, dann wäre mir "Muschel" einfach viel zu nahe an "Muschi" dran.

Für mich vertritt der Text dennoch indirekt eine männliche Sichtweise, jedenfalls vermittelt er mir den Eindruck, dass es zentral darum geht "eingelassen zu werden".

Dadurch wirkt der Text, trotz der Metaphernwahl auf mich eindimensinal.

Die mittlere Strophe finde ich in diesem Kontext (also wenn ich dich richtig verstanden habe), allerdings unpassend, von der Wortwahl. Pjotrs Anmerkungen möchte ich da unterstreichen.

Hinzufügen möchte ich noch, dass mir auch das "Bläst Sauerstoff in meine Lungen" etwas merkwürdig erscheint, wenn ich denke, dass es um Küsse gehen soll.

Auch wenn ich glaube, den Text verstanden zu haben, werde ich nicht "warm" damit.


Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 17.01.2008, 19:01, insgesamt 1-mal geändert.

Caty

Beitragvon Caty » 17.01.2008, 10:32

Perry, ich weiß nicht, warum - aber mir ist beim Lesen dieses Gedichts, als hörte ich dein LI schmatzen wie einen Lustgreis. Was du hoffentlich nicht als gegen dein Gedicht gerichtet empfindest. Vielleicht sogar hast du das beabsichtigt? Caty

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 17.01.2008, 12:05

P.S.:

An Sex dachte ich hier gar nicht. Im Ernst.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.01.2008, 13:49

Hm, als Erstes kam mir die Eizelle in den Sinn. Dementsprechend wäre der Text aus der Sicht einer Frau geschrieben, wobei es um die Befruchtung geht. Der Eindringling wäre dann das Sperma.
Aber da passt einiges nicht. Z.B. Sauerstoff, hyperventilieren.
Mich spricht der Text jedenfalls nicht an.
Mucki

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 17.01.2008, 14:19

perry,
da es immer wieder um rätsel-lyrik geht, stellt sich die frage nach der diskussion dieser.
das ich nicht stringent durch deine metaphern finde und eher metaphernsprünge wahrnehme, die einzeln wirksam sind sagt mir, dass die überleitungen nicht wirklich funktionieren und auch mit dem titel knirschen.
jetzt liegt es wieder am autor zu entzaubern, zu erklären, oder den text unerklärt zu bearbeiten und auf weitere kommentare neugierug zu sein.

salve hakuin

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Sethe
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Beitragvon Sethe » 17.01.2008, 20:06

Klopfst solange
an meine Zelltüren
bis ich dich endlich einlasse


Das verstehe ich als das einlassen in einen anderen. Sich auf jemanden einlassen, sich jemanden anvertrauen, sich jemanden hingeben. Jemand hat sich bislang gegen einen anderen gesperrt, sich den Gefühlen gegenüber diesen versperrt, der andere gibt aber nicht auf, bis dann doch sich jemand einläßt auf den anderen.
Unter diesem Gesichtspunkt sehe ich auch das eindringen, den Eindringling. Ein Mensch ist in das Leben, in die Gefühle eines anderen eingedrungen.
Gilt für Frau wie für Mann.
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.

(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

Perry

Beitragvon Perry » 17.01.2008, 21:03

Hallo Moshe,
ich schon, wie du weißt ist meine lyrische Bandbreite weit gestreut, auch wenn manche glauben ich hätte nur ein Thema :pfeifen: .
LG
Manfred

Hallo Elsa,
der Text hatte als Arbeitstitel die Überschrift "Süßer Eindringling." Damit kannst du sicher mehr anfangen.
LG
Manfred

Hallo Niko,
flüstern, blasen und anklopfen kann vermutlich ein liebender Mensch (LyrDu) am besten.
LG
Manfred

Hallo Pjotr,
du hast Recht, das hyperventilieren fällt etwas aus dem Rahmen, aber mir ist zur "Sauerstoffübersättigung"" keine andere Körperreaktion eingefallen. Dieses steigernde Eindringen ins Ohr (über die Sprache), in die Lunge (über die Luft) bis in die kleinste Zelle (sexuelle Vereinigung) beschreibt einfach ein sich Näherkommen, wobei ein Part der Eroberer und der andere der "gespielt" Verteidiger ist. Das Ganze mit ein paar Wort- bzw. Bildspielchen gewürzt und fertig.
Freut mich, dass du Spaß daran gefunden hast.
LG
Manfred

Hallo Sethe,
schön, dass du die Erotik in den Zeilen spüren konntest, diese ist -wen wunderst- auch die Hauptzielrichtung des Textes, obwohl er auch als ein geistiges Eindringen gelesen werden kann.
Danke für die positive Einschätzung, am hyperventilieren arbeite ich noch.
Lg
Manfred

Hallo Gerda,
da du selten mit einem meiner Texte "warm" wirst, wundert mich das auch bei diesem nicht. :smile:
Die Muschel ist nur dem Wort-bzw. Bildspiel "Meeresrauschen - Muschel - Perle" geschuldet und hat keinerlei sexuelle Bedeutung. Der Text kann geschlechtsneutral gelesen werden.
"Bläst Sauerstoff (Leben, Liebe) in die Lungen, kann man durchaus mit Küssen bzw. Mund zu Mund Beatmung in Verbindung bringen.
Warum du den Text als "eindimensional" empfindest kann ich allerdings beim besten Willen nicht nachvollziehen, da manche Metaphern vielleicht nicht leicht dafür aber mehrdeutig gelesen werden können.
Trotzdem Danke für deine Meinung und
LG
Manfred

Hallo Caty,
ein Gedicht kann auch ein Spiegel sein, deshalb solltest du mit solchen Äußerungen etwas vorsichtig sein, man könnte sonst meinen du hast eine etwas sonderbare Fantasie. :mrgreen:
Ich habe beabsichtigt eine "spielerische" Annäherung zweier Liebender zu beschreiben, der Rest ist Deutungsspielraum.
LG
Manfred

Hallo Mucki,
ich hoffe, nach dem nun Einiges zum Text erläutert ist, dass du nun wenigstens meine Intention nachvollziehen kannst. Der Rest ist wie so oft Geschmackssache.
Danke für deinen Eindruck und LG
Manfred

Hallo Haikun,
für mich war dieses Eindringen vom Äußeren (Ohr) bis ins Innerste (Zelle) der rote Faden. Vielleicht ist er nicht deutlich genug erkennbar gewesen, jedenfalls sollte man ein Gedicht nicht erklären müssen. Danke für dein Interesse und LG
Manfred

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Sethe
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Beitragvon Sethe » 17.01.2008, 21:17

Vielleicht jetzt ein bißchen off-topic:

dass du die Erotik in den Zeilen spüren konntest, diese ist -wen wunderst- auch die Hauptzielrichtung des Textes, obwohl er auch als ein geistiges Eindringen gelesen werden kann.


Das eine schließt das andere nicht aus. Das ist für mich das schöne an dem Text, daß er nicht nur die körperliche Erotik rüberbringt, sondern auch die geistige Erotik. Das gesamte Sinnliche eben. Ich bin der Meinung, daß auch Denken ein sinnlicher Vorgang sein kann. Wenn dann das Denken und die Sprache zwischen zwei Menschen auf der selben sinnliche Eben liegt und bei beiden alle Sinne berührt, kann das schon erotisch sein. Hinzukommt dann noch wie hier die - ich nenne es mal- klassische Erotik.
Klingt irgendwie esoterisch angehaucht, ist aber nicht mein Intention. Ich kann es nur nicht besser beschreiben. Das Gedicht macht das für mich.

viele Grüße
Sethe
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.

(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)


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