So...
Nach einem Jahr Inaktivität habe ich auch mal wieder etwas zu Festplatte gebracht. Kritik (auch zu initialen Segmenten, falls jemand das ganze zu lang ist) ist wie immer hochwillkommen, ich betrachte das eher als vorläufige Fassung. Viel Spaß!
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Als eindringliche Sonnenstrahlen Martin aus einem langen, tiefen Schlummer weckten, war ihm die Zimmerdecke alles andere als selbstverständlich. Nicht, daß etwas sagbar Ungewöhnliches daran gewesen wäre, ein seltenes Muster etwa, oder ein zuvor nicht wahrgenommener Riß, das es ihm, wenn jemand zugegen gewesen wäre, erlaubt hätte, diesem seine Irritation mitzuteilen; er fand sich in jener eigentümlichen Schwebe zwischen Ferne und Nähe zur Welt, die den Einbruch des Faktischen ins Erdachte begleitet. Daß er keinerlei Anstalten machte, sich auf eine der beiden Seiten festzulegen, sondern noch eine ganze Weile reglos dalag und mit offenem Mund zweifelnd nach oben starrte, machte einen Teil seiner Eigentümlichkeit aus, den er, weil er unablöslich an ihm klebte und gemeinhin als Verfinsterung betrachtet wurde, bisweilen augenzwinkernd als sein „Pech“ bezeichnete, welches nämlich eben darin bestand, jene Entscheidung, der er sich gerade so standhaft widersetzte, so ganz niemals treffen zu wollen, mithin zuweilen unter gänzlicher Mißachtung besorgt kopfschüttelnder Umstehender die alltäglichsten Dinge mit einer Hingabe betrachtete, als gelte es, ihnen die tiefsten Geheimnisse des Universums zu entlocken. Tatsächlich kam das seiner Ansicht ziemlich nahe, und auch wenn er hierfür weder Grund noch Ursprung hierfür anzugeben wußte – hätte plötzlich jemand die Welt wie einen Vorhang vor seinen Augen weggezogen und ihm erklärt, bis dato habe er einem Meisterwerk surrealistischer Theaterkunst beigewohnt, hätte ihn das wohl auch nicht deutlich mehr befremdet, als es gerade nun die Zimmerdecke tat.
Nachdem er sich zu der Erkenntnis durchgerungen hatte, daß, welche Mysterien auch immer dort verdeckt sein mochten, sich jedenfalls so rasch nicht lüften würden, ein wenig Lüftung ihm aber nicht schaden würde, erhob er sich mit einem Ruck, zog sich an und trat wenig später aus dem Haus.
Draußen war es für einen Tag im nominellen Herbst frappierend warm, und schon nach wenigen Schritten standen ihm die ersten Schweißtropfen auf der Stirn. Obwohl mit diesem Phänomen längst wohlvertraut, war Martin aufs immer Neue von der Standhaftigkeit überrascht, mit der man allgemein darauf beharrte, dieses Wetter, das einem in die entlegensten Winkel unentrinnbar nachkroch und dort selbst einfachste Verrichtungen zu großen Anstrengungen machte, ja hie und da selbst jemanden zu Boden gehen ließ, schön zu nennen: Martin wollte es nicht gelingen, es als angenehmer zu empfinden als die Launischkeit des vergangenen Sommers, der bei weit niedrigeren Temperaturen mal mit Wolkenlosigkeit, öfter aber mit Winden aus wechselnden Richtungen, Regen und selbst Gewittern von beängstigender Stärke aufgewartet hatte.
Die Straßen waren mit einer dicken Schicht von weißem Sand bedeckt, der sich wie gewöhnlich schon stark genug erwärmt hatte, nahezu jedem Spaziergänger trotz des bizarren Bildes, den dies bot, abzunötigen, seine Füße durch gefütterte Schuhe mit dicken Sohlen zu schützen; es damit anders zu halten, war nicht gerne gesehen, war aber ohnedies nur erträglich, wenn man sich über kurze Distanzen einer Art humpelnden Hüpfens befleißigte. Martin fand nichts davon bemerkenswert – er pflegte zu diesen Umständen die gleiche distanzierte Betrachtungsweise wie zu all den anderen Dingen, die sich angeblich selbst verstanden.
Die meisten Leute verbrachten ihre Zeit damit, auf Handtücher und Liegestühle geflezt regungslos bis auf ein gelegentliches Blinzeln, aber stets lächelnd, auszuharren und verwandelten in ihrer Masse die breiten, schnurgerade und unabsehbar lange Straße (tatsächlich hatte Martin ihr Ende nie gesehen, wenn er auch glaubte, auf einem längeren Marsch ihrem Anfang zumindest nahe gekommen zu sein) in einen bis zum Fluchtpunkt ausgedehnten bunten Flickenteppich.
Ab und an sah Martin zurück und versuchte das Haus auszumachen, aus dem er gekommen war, was eine durchaus schwere Aufgabe war, denn eines war hier vom anderen nicht zu unterscheiden; er war sich nicht einmal sicher, ob er jemals zum zweiten mal im selben Haus gewesen war, obschon es ganz gewiß immer das gleiche war.
Ein Hund und eine Katze kreuzten seinen Weg, die sich in formaler Pflichterfüllung ihren Instinkten gegenüber eine lustlose Verfolgung lieferten. Sie trotteten ein paar Minuten lang hintereinander her, dann legten sie sich hin, rollten sich zusammen und schliefen ein.
Die Hitze schien ihre Einwohner in Lethargie und damit die Stadt selbst in einen Zustand derart gleichförmiger Ereignislosigkeit zu stürzen, daß Martin sich schon fragte, ob er sich durch sein Schlendern nicht bereits den Unmut der Herumliegenden zuzog, als er um eine Ecke bog und sich unversehens einer ganzen Schar Menschen gegenübersah, die in seine Richtung zogen. Über der Menge lag ein Lachen, Johlen und Grölen von einer Gewalt, daß selbst Martin sich wunderte, wie dieser Lärm ihm zuvor hatte entgehen können.
Als er näher heran war, erkannte er Grund des Aufruhrs: inmitten der Traube stolperte ein Mann vorwärts, der war von Kopf bis Fuß in ein schwarzes Tuch gehüllt, taumelte von einem Häuserschatten in den nächsten, und wo sich keiner bot, da duckte er sich unter dem Licht wie unter einer Peitsche.
Da Martin sich keinen rechten Reim auf das Geschehen machen konnte, trat er mit einigen raschen, entschlossenen Schritten durch die Menge, die sich bereitwillig teilte und rasch wieder schloß, auf den Eingehüllten zu und fragte ihn, was mit ihm sei.
„Ja sieht man es denn nicht? Es ist die Sonne – ich kann sie nicht mehr ertragen.“ Und als sei damit alles zureichend erklärt, wandte er sich zum Gehen um, als Martin ihn am Arm faßte und zurückhielt.
„Die Sonne?“ fragte Martin verwundert, „Aber wie haben Sie dann bisher gelebt – und wohin gehen Sie jetzt?“
„Ich habe mein Heim verdunkelt und bin darin geblieben,“ sagte er,
„allein - kostet es mehr Kraft, einen Nachbarn wie mich längere Zeit zu erdulden, als ich diesen braven Menschen abverlangen möchte. Nun bleibt mir nur das Irrenhaus. Kein schöner Ort – aber was soll ich tun, ich kann sowenig aus diesen Kleidern wie aus meiner Haut, habe es durchaus versucht, sie abgelegt und bin meinen bloßen Leib vor die Sonne getreten, hoffend, der Segnungen würdig zu sein, die sie so reich unter den Glücklichen verteilt, wie jenen, die mich jetzt umgeben. Doch schon nach wenigen Minuten packte mich solche Übelkeit, daß ich Brechen mochte, so sehr ging mir ihr Scheinen wider das Gemüt, daß ich es trotz großer Mühe nicht länger ertrug, in den Schatten floh und mich in die Stürme früherer Tage wünschte. Damals konnte ich nahezu jedes Wetter schätzen - auch die Sonne, gerade sie, ja sehnte sie, wo Dunkel war, sogar herbei. Doch seit sie nicht mehr untergehen will, ekelt sie mich wie eine Süßigkeit im Überfluß.“
Wie auf ein Zeichen hin hoben die Umstehenden, die für die Dauer seiner Rede kurz innegehalten hatten und verstummt waren, wieder zu johlen an und drängten zum Aufbruch.
„Du siehst – ich muß nun weiter.“ seufzte er da. „Doch soll das einer Unterredung nicht im Weg stehen. Folge mir nur – oder halte Schritt.“
Martin entschied sich für letzteres und ging, anfangs noch in der Hoffnung, die noch immer etwas rätselhaften Umstände sich begreiflicher machen zu können, neben dem Verhüllten her. Anfangs sagte er ab und an noch etwas zu ihm, als aber der Lärm des Schwarms, welcher sich eines beständigen Zulaufs von der Straße erfreuen konnte, so groß wurde, daß er alles Reden schluckte, wurde er still. Sie passierten den Steinengel, ein Denkmal, dessen Pflege inzwischen derart nachlässig versehen wurde, daß es durch Sand uns Sonne so stark erodiert war, daß ihm schon der Schwertarm und ein Flügel fehlten, und erreichten eine Kreuzung, an der eine letzte Querstraße die Grenze des Waldes markierte.
Zu Martins Erstaunen bogen sie hier jedoch nicht ab, sondern überquerten sie stattdessen, gingen ein Stück durch den Wald, bis sich dieser überraschend lichtete und den Blick auf ein recht eigenartiges Gebäude freigab. Der Waldpfad, den sie gekommen waren, ging hier in eine gepflasterte, von weißen Marmorsäulen gesäumte Allee über, an deren Ende ein gewaltiges Tor den Zugang zu etwas hinderte, dessen Erbauer sich allem Anschein nach nicht hatte entscheiden können, ob er eine Schule, einen Tempel oder eine Trutzburg hatte bauen wollen: über einem wohl granitenen Fundament erhob sich ein Dschungel von Erkern, Kuppeln, verschieden hohen Türmen und Plattformen, die durch ein selbst aus dieser Entfernung unübersichtliches Geflecht aus Treppen, Gängen, ja selbst für einen solch massiven Bau ganz unpassenden Hängebrücken, Strickleitern und einzelnen Seilen verbunden waren.
Dahinter war undeutlich noch etwas anderes sichtbar, das für sich genommen eine bedeutende Größe haben mußte, von dieser Seite der Lichtung aber durch die atonale architektonische Symphonie davor beinahe verdeckt wurde.
„Nun sind wir also da – gerade zur Mittagszeit, meine ich, wenn ich auch nicht sagen kann, warum. Früher war ich häufig hier um diese Zeit, es ist die Stunde des Alten, mit meinen Freunden machte ich mir oft den Spaß, ihm zuzuhören, wie so mancher – sieh nur, wieviele schon gekommen sind; doch heute ist mein Weg ein anderer.“ Martin ließ seinen Blick der Geste folgen und bemerkte jetzt erst, daß sich nur wenige hundert Meter von ihm entfernt eine große Gruppe von Menschen versammelt hatte, die erwartungsvoll nach oben, und, wie es ihm schien, zur Spitze eines weißen Turmes schauten, der so hoch war, daß sein Schatten die Wartenden fast berührte. Einen Moment lang stellte er sich die Frage, was dort wohl zu sehen sein würde, doch als er sich umdrehte, um sie einem Kundigeren zu stellen, hatten sich die Schwärme schon zu einem vereinigt und der Verhüllte war nur noch eine dunkle Silhouette auf halbem Weg zum Tor. Nicht lange, dann hatte er es erreicht, es öffnete sich langsam, ein kurzes Zögern, er tat – man konnte es auf die Entfernung nicht gut sehen – vielleicht sogar noch einige Schritte rückwärts, dann trat er mit wenigen raschen Schritten ein und verschwand unter wenig freundlich klingenden Beifallsrufen der Menge hinter den sich schließenden Flügeln.
Da Martin sich für keine dieser Richtungen erwärmen konnte, setzte er sich in den Schatten auf das angenehm kühle Pflaster und blickte nach dem Turm hin, der allerdings aus dieser Position das Sonnenlicht so stark auf ihn zurückwarf, daß er geblendet die Arme vor das Gesicht hob. Er erwog, sich zu den anderen zu stellen, die allem Anschein nach ohne Schwierigkeiten hinaufsehen konnten, fand aber, daß er sich nach ihrem Benehmen von zuvor ihrer Gesellschaft schämen müsse und versuchte lieber, das Geschehen vorsichtig zu erblinzeln.
In diesem Moment entrollten sich ein gutes Dutzend Leinwände an der Außenmauer, auf welche – woher wußte Martin nicht auszumachen – ein Gesicht projiziert wurde, das, soweit die Entfernung ein Urteil hierüber erlaubte, das eines bärtigen alten Mannes war. Da ging ein Ruck durch die Wartenden, mit raschen Bewegungen wandten sie sich um und suchten, einen Blick auf die Bilder zu erhaschen; weil dies aber einigen, sonderlich aus der Mitte, nicht gut gelingen wollte, reckten manche die Hälse und setzten sich auf, was wiederum die hinter ihnen Sitzenden nötigte, in kniende oder hockende Positionen zu wechseln – worauf die Vordersten, die bisher sitzengeblieben waren, ihnen an zur Schau getragenem Interesse nicht nachstellen wollten und sich erhoben, worin ihnen nun freilich alle anderen folgen mußten, und so begann ein wüstes Gedränge und ein großer Lärm wie von einer Wolke Fliegen, weil jeder wünschte, das Gesicht des Mannes auf dem Turm zu sehen.
Dieser seinerseits schien sich nicht weiter um sein Publikum zu scheren; weder warf er auch nur einen flüchtigen Blick in Richtung auf die Umstehenden, noch wartete er ab, bis die Gespräche verebbten, um seiner Rede vermehrte Wirkung zu verschaffen. Mit einem schnellen Schritt trat er an die Mauer und obwohl Martin nach den Leinwänden damit gerechnet hatte, seine Rede durch eine Verstärkeranlage vervielfacht zu hören, schrak er doch selbst aus seinem Zustand wachsamer Aufmerksamkeit noch weiter auf, als seine Stimme über die Lichtung donnerte wie eine Welle aus stürmischer See. Dabei war die Stimme selbst eine leise, ein Raunen, Wispern, Murmeln, ein brisenzarter Zuspruch, der mit Übertreibung der Lautstärke, mit der er jetzt verbreitet wurde, nicht wohl zusammenging, weshalb es Martin ein wenig Anstrengung kostete, dem so beständig dem Spott seiner Form preisgegebenen Inhalt der Ansprache zu folgen.
„Wenn ihr von einem hohen Berg aus um euch schaut und euch an Tal und Wald nicht sattzusehen wißt, und niemand eure Betrachtung stört, merkt ihr mit Recht, daß an euch etwas Seltsames geschieht: Sind denn nicht beide euch schon wohlbekannt, habt ihr sie nicht schon dutzendmal durchquert? Nun aber, in der entrückten Aussicht, begegnet Altbekanntes mit einer gemütserschütternden Erhabenheit, heißt euch auf schmalem Grat zwischen Versunkenheit und schöpferischem Übermut bald nach dieser, bald nach jener Richtung neigen, und wer, was er da fühlt, zu deuten weiß, wird merken, daß er sehnt.
Steht der Berg noch nah bei einer Stadt und wird des öfteren begangen, dürft ihr mit gutem Grund erwarten, daß ihr dort ein Instrument vorfindet, das ein geschäftstüchtiger Krämer dort aufgestellt hat und das euch gegen einen kleinen Obulus erlaubt, die Dinge, die ihr aus der Ferne anstaunt, so nah zu sehen, als stündet ihr davor. Möglicherweise seid ihr auch von sparsameren Schlag und trugt etwas der Art mit euch hinauf? Da geht nun euer Blick hindurch, voll Hoffnung, daß sich euch Grund und Ursprung dessen, was euch die Ferne fühlen ließ, nun offenbaren – doch was seht ihr?
Etwa den Ursprung eures Staunens, nur gründlicher als es das Auge zeigen kann?
Etwa das Erhabene, nur größer als zuvor?
Etwa die Antwort auf die Frage nach dem Wovon eurer Sehnsucht?
Nein – Bäume seht ihr, Häuser, Steine, Menschen wie gehabt und Straßen, deren Staub noch auf euch liegt, und alles, was vom Rausch der Ferne bleibt ist jene leise Scham, mit der ihr euch allmählich als Voyeur entlarvt.
Und was konntet ihr wohl sonst zu sehen hoffen – denn aus der Nähe sind dort nichts als Bäume, Häuser, Steine, Menschen und Straßen, deren Staub noch auf euch liegt. Was ihr bestauntet, was euch taumeln, grübeln, sehnen machte, war – die Ferne selbst.
Das Unverfügbare, das eben und nur darum die Gelegenheit hat, euch als das Schöne zu erscheinen, weil es eurem Interesse Schranken setzt; das Unbesitzbare, das mitreißt, indem es sich entzieht. In der Betrachtung, die den Willen still hält und kein Interesse bei sich führt, offenbart ein Ding alleine Schönheit – Sein zu lassen ist zuletzt ihr Grund.
Solange ihr lebt, ist euer Schicksal, warm zu sein – die Ferne aber ist wie Eis.
Ent-fernung – habt ihr die tiefe Prophetie, die dieses Wort birgt, je bedacht?
Daß ihr das Ding aufhebt, indem ihr ihm die Ferne nehmt?
Einer fängt an, einen anderen Menschen anzusehnen – und um sich von dieser Zumutung zu lösen, erstickt er jeden Glanz mit seiner Nähe. Kaum einer hat noch soviel Geist wie jene Ritter der alten Minne, die wußten, wann es innezuhalten galt.
Einem anderen ist ein Tier das Ferne – dann zähmt er es und klagt in eins über das Feuer, das in ihm erloschen ist und über den Rest von Glühen.
Ein Dritter sucht das Heil in angenehmen Dingen – und wenn sie ihm auch alle fade werden, wie er sie erlangt, errafft er immer Neues, und wenn er ausreichend geschickt ist und nicht müde wird, verfliegt sein Leben in der Hoffnung, das immer Nächste werde ihn erlösen.
So lauft ihr unentwegt dem Scheinen nach, welches dem Mond auf Reisen gleich so rasch entweichen muß, als ihr euch nahen wollt.
Wie ihr auch nun, da ihr mir zuzuhören glaubt, weiter nichts als diese Flimmerflächen angafft, weil sie euch etwas Fernes nahe scheinen lassen – und fern bin ich euch in der Tat, wovon die Höhe meines Turms nur einen schwachen Eindruck gibt. Törichtes Volk – wolltet ihr mit den Augen hören? Euer Gesicht ist blind für meine Worte – oder ist einer unter euch, der weise genug war und seine Augen schloß, weil er mich hören wollte?“
Danach brach er in ein abruptes Schweigen aus und war auch durch zahlreiche „Zugabe“- und „da capo“-Rufe aus dem Schwarm zu keinem Wort mehr zu bewegen; als dieser die Vergeblichkeit seines Bemühens einsah, applaudierte er demonstrativ laut und anhaltend und zog davon. Als sie verschwunden waren, wurden die Leinwände eingezogen. Dann, nachdem das erloschene Knistern verriet, daß auch die Verstärker abgeschaltet waren, wurde die Stimme des Alten erneut vernehmlich, leiser nun, unverstärkt, aber dabei kraftvoller und klarer.
„Ja, geht nur alle – besser jetzt als gleich zurück in die Höhle, aus der ihr kamt.“ trug ein leichter Wind seine Stimme herüber, dann aber, in einer Farbe, die nichts mehr von der Resignation des letzten Satzes hatte:
„Wer bist du?“ Als Martin auffiel, daß hier außer ihm niemand war, der gemeint sein konnte, fürchtete er den Unmut des Alten erregt zu haben und wollte sich davonschleichen.
„Bleib! Wer dort sich hinsetzt, begehrt Einlaß, er mag es wissen oder nicht. Nun, im ersten Fall will ich ihn dir nicht wehren – im zweiten jedoch geradezu gebieten. Komm herein!“ Auf dieses Wort hin öffneten sich die Tore.
Die Stadt konnte warten – tatsächlich war es das, was sie in Staub und heißer Luft unentwegt zu tun schien, wenn auch auf ein unkenntliches Worauf – und was des Alte Rede an den Schwarm über das verhieß, was er geladenen Ohren mitzuteilen hatte, reichte Martin als Grund vollkommen aus. Ohne Zaudern schritt Martin den Säulengang ab und hielt erst direkt vor der Toröffnung inne.
Hinter der Schwelle lag spärlich durchfackelte Düsternis, in der er eine Weile vergebens etwas genaueres auszumachen sich bemühte. Einmal drehte er sogar noch kurz seinen Kopf, doch schon die kurze Zeit, da seine Augen in der Schwärze ruhten, hatte dazu geführt, daß er vom grellen Licht geblendet zurückzuckte und durch das Tor stolperte, welches, indem es sich umgehend wieder schloß, ihm jede weitere Entscheidung abnahm.
Was eine Vielzahl von neuen erforderlich machte, denn der Bau war in seinem Inneren das perfekte Abbild das, was sein Äußeres ahnen ließ: von der Vorhalle, in der er nun stand, zweigte eine kaum überschaubare Zahl von Gängen, Korridoren und Treppen ab. Da, wenn sonst nichts genaues auszumachen war, sein Weg zwar sicherlich nach oben führen mußte, darüber hinaus alle Möglichkeiten gleich gut waren, eilte er der nächsten Treppe zu, vorbei an pechschwarzen, niedrigen Felslöchern, aus denen feine Stimmen mit geheimnisvollem Wispern lockend riefen. Jene war eine glückliche Wahl: nach kurzem, atemraubendem Aufstieg stand er in einem kreisrunden Raum, in dessen Wand einige Fenster eingelassen waren; eine Leiter führte zu einem rechteckigen Loch in der Decke, das von weißem Licht erfüllt war – und davor stand lächelnd der Alte.
„Ein solcher Anblick lohnt manche verschenkte Rede.“ sagte er, während er Martin mit Blicken musterte, denen ihre Freundlichkeit nichts von ihrer Schärfe nahm.
„Da du nun den Weg bis hier herauf gefunden hast,“ – fuhr er fort, und es fiel Martin nur einen Moment lang auf, daß er ihn wir selbstverständlich duzte – „sollst du auch sehen, was ich sehe.“ Martin wandte sich der Leiter zu, die zur Plattform führen mußte, von der aus der Alte gesprochen hatte, doch dieser faßte ihn am Handgelenk. „Noch nicht! Wie die meisten hast du vermutlich schon am Tor bemerkt, wie deine Augen die ihnen viel gemäßere Dämmerung in diesen Mauern den Vorzug geben wider diesen Sonnen-schein“ – dies sprach er so, als seien es getrennte Wörter – „dort draußen. Mancher hoffnungsvoller Neuling stürmte schon voll Ungestüm und Tatendrang heraus auf jene Turmspitze, von wo aus man in einem Sinn, den du nun kennen wirst, den Dingen ferner ist als je zuvor. Bisweilen treffe ich einen von jenen Unglücklichen - solche sehen dann ihr Lebtag nur noch gleißend bunte Lichter vor ihren Augen, ein trügerisches Schauspiel der Zerstörung und Vernebelung, doch von offenbar so atemberaubender Schönheit, daß sie zumeist nicht davon abzubringen sind, sie sähen da den tiefsten Grund der Welt vor ihren Augen. Also versuchen sie über das beliebige Blinken und Flackern etwas zu erkennen, bisweilen selbst, die Blitze zu ergreifen, die sie doch so nahe vor sich sehen – ein fürchterliches Schauspiel. Sie torkeln wie rasend ziellos durch die vielen Gänge voller Stimmen, folgen, da sie des eigenen Sinnes beraubt sind, bald dieser, bald jener, verlieren sich in den Tiefen, oder, was nicht selten vorkommt, brechen sich an einer der steilen Stiegen den Hals oder stürzen eine Mauer herab; vor allem aber muß man darauf achten, daß solche Verwirrten nur ja nie mehr hinaus gelangen, denn wo ihr verzückter Wahn der ungeübten Urteilskraft der Äußeren begegnet, bringt er leicht ein ganzes Volk dazu, den Täuschungen zu folgen, die er für Schicksalsboten hält, und führt sie in irgendeinen Abgrund. Kurz:“ setzte er hinzu, als er aus der Befangenheit seines Monologs aufsah und seinem Gesicht entnahm, daß dessen erste Hälfte zu Martins Überredung vollständig genügt hätte „Lasse Vorsicht walten. Neugier ist ein tiefer Antrieb und ein guter, doch wie alles Tiefe und Gute ist er in diesen Mauern nicht ohne Gefahr. Sieh einstweilen lieber einmal durch das Fenster dort.“
Martin gehorchte. Er sah die Stadt, und aus dieser Sicht zeigte sie sich als durch eine solch erdrückenden Übermacht von Wald eingeringt, daß sie kaum mehr als ein Farbfleck zu sein schien. Doch es blieb ihm wenig Zeit, bei dieser Entdeckung zu verharren, da schob sich ein dichter werdender Dunst vor die Scheibe und erschwerte die Sicht bis zur Unmöglichkeit.
„Beeindruckend – doch leider wird es nebelig.“ erklärte er dem Alten.
„Nebel? Das Wort kennst du wohl nur aus alten Märchen. Dieser Magier schleiert nichts mehr ein, das Zeitalter gehört den Blendern – sieh durch jenes Fenster.“
Erneut folgte Martin der Weisung des Alten. Und wieder sah er den Wald, überdeckt von Rauch, denn er stand an unzähligen Stelle zugleich lichterloh in Flammen.
Hunderte gefräßiger Feuersbrünste wälzten sich durch das grün, mal teilte eine sich auf in Teile, die ihr Werk in verschiedene Richtungen fortsetzten, bisweilen trafen zweie aufeinander, vereinigten sich und fielen gestärkt über die umstehenden Bäume her. Andere schlossen sich zu Kreisen, die nach innen wuchsen und verloschen, als sie kein Futter mehr fanden. Was sie hinterließen hatte wenig Ähnlichkeit mit dem, was Martin aus Bildern von verbrannten Wäldern kannte – was hinter ihnen blieb, waren Hänge und Dünen weißer Asche. Als Martin den Blick ein wenig hob, erkannte er, daß der von hier aus sichtbare Teil des Waldes von einer weißen Fläche eingeschlossen war, die sich bis an den Horizont erstreckte. Er schauderte zurück.
„Wie furchtbar! Warum kommt denn niemand, sie zu löschen?“
„Löschen?“ Der Alte lachte traurig. „Löschen stoppt Vernichtung, nicht Verwüstung. Indes würde auch alle meine Redekunst nicht ausreichen, um irgendwen, der solch eine Aktion befehlen könnte, davon zu überzeugen, daß es diese Brände überhaupt gibt. Und was würde das auch nützen? Es brechen ständig neue aus. Sieh durch das dritte Fenster, dann wirst du wissen, wie fruchtlos alle Brandwehrkunst hier wäre.“
Und abermals willfahrte Martin dem Alten und trat an das dritte Fenster, dessen Scheibe nicht klar und durchsichtig, sondern dunkel war wie das Glas einer Sonnenbrille.
Wo blauer Himmel hätte sein sollen, tobte ein Flammenmeer. Von Horizont zu Horizont lag ein gelbes Feuer über dem Wald, so nahe, daß es die obersten Baumspitzen fast zu berühren schien. Darunter begann Baum um Baum zu brennen.
„Was ist, kann dir hier oben keiner sagen – du müßtest jedes Wort, um ihm zu trauen, so eingehend prüfen, daß du es mit gleichem Aufwand selber hättest finden können. Soviel muß genügen: was du siehst, ist die Folge der größten Ent-fernung, die der Mensch je in die Welt gebracht hat. Du siehst die Sonne.“
Und als Martin herumfuhr und ihn anstarrte wie ein Geisteskranker einen anderen, fügte er ruhig hinzu:
„Darum herrscht andauernder Tag – sie blinzeln sich zu, das sei ihr Glück. Wer anders denkt, findet früher oder später hierher. Dies ist das Haus, das man für Menschen unseres Schlages errichtet hat – ein Haus für jene, denen die Liebe zum Geheimnis tiefer Nacht nicht auszubrennen war. ´Geistig Umnachtete´ nennt man uns.“
„Aber – wie ist das möglich? Sie ist doch weit, ich weiß es, selbst das Licht braucht seine Zeit, von dort hierher zu finden. Wie konnte sie so nahe kommen, daß sie beinahe den Boden berührt?“
Der Alte winkte mit müder Geste ab.
„Man hat dafür schon allerlei ursächlich gefunden. Die wahre Ursache aber kann kein Zeigen dir enthüllen – das ist ein Weg, den du selbst gehen mußt. Ich kann dir nur den Hinweis geben, dich drüben im Neubau umzusehen.
Gehe nun – wenn du zu sehen gelernt hast, wirst du mich hier wiederfinden.“
Mit diesen Worten verschwand er behende über die Leiter auf die Plattform, wohin ihm Martin nicht folgen konnte.
Also stieg er die Treppe wieder hinab, zurück in die Vorhalle, wo alle Wege ihren Anfang nahmen. Sein neues Vorhaben ließ sich erfreulich leichter als sein voriges aus: Schon durch flüchtiges Umsehen machte er einen Wegweiser ausfindig, der einen breiten, geraden, gut beleuchteten Korridor als Richtung Neubau führend auswies. Selbiger war so zuvorkommend, seine Passierbarkeit beizubehalten, bis er vor einer Glastür endete, hinter der ein Mann in einem weißen Kittel hektisch umherwieselte.
Martin blieb stehen und beobachtete, wie der Weißkittel an den Stellschrauben einer einfachen Apparatur justierte, die im wesentlichen aus einer Verstärkerbox und einem Mikrophon, welches auf jene gerichtet war, bestand. Dabei ging er zwar keiner aus der Sache unmittelbar erkennbaren Vorgabe gemäß, aber doch sehr gewissenhaft, zu Werke, und erst nach einer guten halben Stunde zumindest beinahe unmerklicher Modifikationen schien er zufrieden, legte sein Werkzeug zur Seite und trat vor ein reglerreiches Steuerpult, an dem er wiederum einige Einstellungen vornahm und dann mit großer Vorsicht einen großen roten Schalter umlegte. Danach verfiel er in vollkommene Regungslosigkeit; nicht einmal die Hand nahm er vom Schalter, sondern schaute angespannt auf das Mikrophon, während selbst die Hebungen und Senkungen seines Brustkorbs seltener und flacher wurden, als unterdrücke er das Atmen. Die nun entstandene Stille war derart aufdringlich, daß Martin sich ihrer stummen Weisung nicht zu entziehen wußte, sich weder vor noch rückwärts zu regen wagte und so die angespannte Starre des Kittelträgers unfreiwillig teilte. Als ihm nach einer weitere halben Stunde das Warten zuviel wurde, zumal es noch immer nicht den kleinsten Hinweis auf etwas gab, worauf es sich zu warten lohnen mochte, entschied er sich, da er wenig Aussicht auf ein unbemerktes Entkommen hatte, die Flucht nach vorne anzutreten; er heftete sein Gesicht auf das des Mannes und räusperte sich leise.
Die Apparatur begann in einem scheußlich hohen Ton zu kreischen; Martin versuchte, zugleich seine Ohren mit den Händen und sein Gesicht mit dem Armen zu schützen, während eine Reihe gläsernen Chemikerzubehörs unter der hohen Frequenz barst und als Scherbenregen auf ihn niederging, wodurch der Lärm sich noch verstärkte. Er spürte ein Vibrieren in seinem Kopf und fragte sich mit bemerkenswerter Nüchternheit, ob diesem wohl ein ähnliches Schicksal bevorstehe, da drückte der Weißkittel erneut den Knopf und es wurde still.
Wenigstens, insofern man es nach einem solchen Laut für paradiesische Ruhe nimmt, nach Leibeskräften angebrüllt zu werden, wer man sei, wie und zu welchem Behuf man herkäme und was einem einfiele, die Frucht langer Bemühungen so achtlos zu zertrampeln.
Martin, der wenig zu seiner Verteidigung vorzubringen wußte, was nicht so offensichtlich war, daß es zu erwähnen ihm vergebens schien, weil sein Gegenüber es bei seinem Ausbruch schon bedacht haben mußte, beschloß, die Aufmerksamkeit von sich abzulenken, und erkundigte sich in einem Moment, da der Mann in seinem Wüten innehielt, um Luft zu holen, was für ein Ding es denn sei, das er so in Aufregung versetzt habe.
Tatsächlich zeitigte dieses Manöver, das Martin ob seiner Fadenscheinigkeit fast zu versuchen unterlassen hätte, rasche Wirkung. Der Weißkittel warf ihm noch einen bösen Blick zu, dann unterlag sein Zorn seinem Verlangen, sich mitzuteilen, und er erklärte:
„Dies ´Ding´ dort stellt jene groteske Laune der Natur vor, Wesen entstehen zu lassen, die sich selbst erkennen. Was immer aus jenem Verstärker, und es ist ein gewaltiger Verstärker, klingt, erreicht auf geradem Weg das Mikrophon, eines der feinsten seiner Art. Ein fragiles Gebilde, das sich, führt man Strom zu, in ein Sinnbild schwebenden Unheils verwandelt. Es bleibt in Ruhe, solange es um es herum nur still ist – die harmonische Unschuld eines Wesens, das von der Welt noch nichts kennt als sich selbst. Doch tritt auch nur der kleinste Ton hinzu, beginnt es zu schreien, wird mit seinem Schrei des Schmerzes gewärtig, den es ausdrückt, und schreit auch diesen lauter hinaus, als er hineinging, welche Verstärkung wiederum auf ihn zurückgelenkt wird - und es ist nur die Unvollkommenheit der Apparate, daß sie ihren Dienst nur eingeschränkte versehen wie gedacht, die ihn hindert, sich bis zur Unbegreiflichkeit hinauf zu steigern und den ganzen Weltenbau als Quellgrund seines Unglücks zu zerschlagen. Und wer wollte ihm diese Reaktion vergelten – handeln wir denn anders, wenn wir zum ersten Mal die Welt erblicken, als daß wir sie aus Leibeskräften und bis zur Erschöpfung fortzubrüllen suchen?
Sich und die Welt zu sehen – das reicht zum Leiden. Aber zurück zu Ihnen – was hat Sie hierher geführt?“
Und Martin, dessen Zweifel, am rechten Platz zu sein, aus diesen Ausführungen gestärkt hervorgegangen waren, erklärte im entschuldigenden Ton eines Ortsunkundigen, er wünsche etwas über den Neubau zu erfahren.
„Da sind Sie hier goldrichtig. Tatsächlich hat man von nirgends sonst eine so gute Sicht auf den Neubau, den zu untersuchen ich die Ehre habe. Sehen und staunen Sie: Der Neubau in seiner ganzen Scheußlichkeit.“
Er zog einen Vorhang beiseite; und wo Martin eine Wand vermutet hatte, war eine Scheibe aus dickem Glas.
Was dahinter lag, hätte Martin auch nach mehrmaligem Hinsehen noch als ein besonders abschreckendes Beispiel für die Launen der modernen Kunst gelten lassen. Die Grundsubstanz bildete ein offenbar uraltes eingefallenes Mauerwerk, das ein wenig an die Fundamente eines Turms erinnerte, welches Vorstellung aber durch die schiere Größe des Gebildes ad absurdum geführt wurde: die Ruine bildete einen Kreis von sicher mehreren hundert Metern Radius, und obwohl die Mauerreste stellenweise frappierend weit aufragten, was schwindelerregende Rückschlüsse auf ihre frühere Gestalt nahelegte, konnten sie unmöglich je in eine entsprechende Höhe gereicht haben. Es hätte schon der Arbeit vieler Völker bedurft, so etwas aufzurichten, schoß es Martin von irgendwoher in den Kopf, doch ehe er Ursprung oder Sinn dieses Gedankens auszumachen hätte beginnen können, war er hindurch und wieder hinaus; in und über diesen Resten vergangener Gigantomanie wucherte ein Gestrüpp von Stahlträgern, das den Eindruck machte, als habe eine Spinne von unvorstellbaren Ausmaßen es in einem Anfall titanischer Raserei hineingewebt. In dieses metallische Exoskelett war eine Anzahl verspiegelter Scheiben verbaut, die unter dem starken Sonneneinfall unaufhörlich gleißendes weißes Licht nach allen Seiten hin aussannten und es beinahe unmöglich machten, sich von Form und Gestalt des Bauwerks ein klares Bild zu machen.
„Was ist das?“ fragte Martin, der nie etwas Vergleichbares gesehen hatte.
„Was das ist? Was soll es schon groß sein – es ist ein Gebäude wie jedes andere auch, irgendwann von irgendwem errichtet – die Einzelheiten sind nicht völlig klar, doch ein Menschenwerk, und Menschen lenken es. Derzeit und seit einer Weile sehr zu unser aller Schaden. Durch ihre Unvernunft erwärmen sie die Stadt in ungesunder Weise, möglicherweise stecken sie an schwerer einsehbaren Stellen selbst den Wald in Brand, was die Qualität der Luft sehr ungünstig beeinflußt. Ein Wunderwerk, geschaffen und gelenkt von Wunder-Kindern – man kann nur hoffen, daß sie rechtzeitig erwachsen werden, ehe durch ihre Tollheit alles zum Teufel geht. Einstweilen“, seufzte er „verhallen meine Warnungen noch ungehört.“
Martins Frage, ob es wohl möglich wäre, etwas mehr als diese Wirrnis von Blitzen zu sehen, quittierte der Gelehrte, mit einer abfälligen Geste.
„Mehr? Kaum ist er hier, wünscht er schon mehr zu sehen – als es gibt! Dieses Ding dort, in seinem Blitzen und Blinken ist der Neubau, da ist kein Mangel und keine Täuschung bei, dafür haben wir gesorgt – sehen Sie sich nur die Scheibe an, unsere prächtige, klare Scheibe, kein Stäubchen trübt die Sicht, entspiegelt, daß nur ja der eigene Anblick sich nicht in die Betrachtung mischt, glatt geschliffen und poliert, kein Lichtstrahl geht auch nur
im mindesten anders hinaus als hinein – richtiger kann kein Hinblick sein.“
„Aber ich sehe nichts.“ Erwiderte Martin.
„Glatt poliert, entspiegelt, und inzwischen von enormer Größe – wir begannen mit einem Fenster, neben dem eine Briefmarke utopisch erschienen wäre, manch wackerer Forscher ruinierte sich durch längere Beobachtungen seine Augen – nun aber gewährt sie jedermann einen ganz mühelosen Durchblick, nur Narren könnten hier noch Grund zur Klage finden. Was sich durch sie nicht zeigt, ist schlicht nicht da – erhofft, erfunden und hinzugedichtet, und nicht mehr.“
Noch einmal setzte Martin an, zu erklären, daß er keineswegs die optische Lauterkeit der Scheibe in Zweifel ziehen wolle, die sicherlich ein mit großer Meisterschaft gefertigtes Ding sei, sie ihn aber eben die Gestalt des Gebäudes nicht erkennen lasse, doch als sein Gegenüber abermals begann, ihm die Vorzüge seines Fensters aufzuzählen, gar zur Veranschaulichung und Bestärkung seiner Rede die Konstruktionszeichungen heranzuziehen androhte und sich zu diesem Zweck in den Inhalt eines Regals vertiefte, das der Glastür zu nahe stand, um ein unbemerktes Entkommen zu ermöglichen – da öffnete Martin rasch die kleine, aus irgendeinem Grund mit „Silberbesteck“ beschriftete Tür neben ihm und schob sich hinein.
Seinem Vorhaben hatte es entsprochen, von hier aus einen günstigen Zeitpunkt abzupassen und den Raum zu verlassen, doch statt einer Abstellkammer mit Regalwänden war hier ein kurzer Flur, an dessen Ende es bläulich leuchtete.
Als Quelle des Lichtes entpuppte sich schließlich ein kreisrunder, fensterloser Raum, dessen Wände von Computerterminals gesäumt waren, vor denen Männer mit Kugelschreibern in den Taschen ihrer karierten Hemden eifrig umherliefen, dann und wann zu zweit oder dritt zu kurzen Unterredungen zusammen kamen, ansonsten Eingaben über eine der zahlreichen Tastaturen machten und mit gewichtigen Mienen auf einen der Bildschirme schauten, die es hier überall zu geben schien und die zugleich die einzige erkennbare Lichtquelle darstellten. Einer der Schirme war durch seine Größe und Position – er hing dem einzigen Zugang direkt gegenüber und höher als die anderen – deutlich ausgezeichnet. Er zeigte zwei in der solchen Darstellungen eigenen Weise auf ein netzartiges Skelett reduzierte Kugeln, eine blaue und eine gelbe, deren Oberflächen durch eine rote Linie verbunden waren. Dieses Bild schwamm in einer Pfütze von Ziffernkolonnen, die in raschem Wechsel umherwimmelten wie eine Horde geschäftiger Mikroorganismen. Eine der Zahlen war rot und strebte tröpfchenweise gegen 0.
„Ist es nicht herrlich? Bald ist es soweit.“ Einer der Männer hatte seine Arbeit niedergelegt und war auf ihn zu getreten. Offenbar schien er selbstverständlich davon auszugehen, daß Martin über die Vorgänge im Bilde war und nach Einzelheiten gierte, denn ohne ihm Zeit zur Erwiderung zu geben, fuhr er fort. „Dann ist Schluß mit beschwerlichen Wintern und trübsinnigen Regentagen. Das Energieproblem wird ein für allemal gelöst sein, und die Menschheit ihre Tage in Wärme und Licht verbringen. Und wem, was mir nebenbei gesagt ganz unverständlich ist, der helle Gast nicht stets willkommen ist, dem stehen Mittel noch und nöcher zu Gebote – ein Vorhang reicht hierfür vollkommen aus - , ihn aus seiner Stube zu verbannen, wie und wann es ihm beliebt. So hilft uns die moderne Technik, uralte Menschheitsträume wahrzumachen – ich neige nicht zur Schwärmerei, doch in diesem Fall möchte ich behaupten, daß unser Werk im Grunde alle weiteren Anstrengungen unserer Art überflüssig macht, ja diese Maschine gewissermaßen dem ganzen beschwerlichen Gang der Menschheitsgeschichte im Nachhinein seine Rechtfertigung verleiht. Vergangenen Zeiten gebührt Lob dafür, den Speer, die Dampfmaschine und das Flugzeug konstruiert zu haben – wir aber haben getan, was uns die Jahrhunderte zu tun übrigließen: wir haben das Glück erfunden!“ An dieser Stelle fiel ein fehlgelenkter Lichtstrahl von einer der Deckenleuchten in seine Augen, so daß er genötigt war, sie kurz zu schließen; dann fuhr er fort, begann von den technischen Wundern in den Stockwerken über ihnen zu erzählen, eine bis ins letzte durchdachte Komposition von allerneuesten und erst seit kurzer Zeit überhaupt möglichen Errungenschaften, die das eine Wunder fertigbrachte, welches seine Epoche noch ungetan gefunden hatte: Die Sonne zur Erde zu ziehen. Er verströmte eine Begeisterung und Zuversicht angesichts der Segnungen des Kommenden, in die Martin, je länger er zuhörte, allmählich, fast unmerklich hineingezogen wurde, und bald war er ganz in die Ausführungen des Mannes verstrickt, fragte weiter und weiter, bis ihm, was er hier sah, vertraut erschien wie eine Heimat. Nur einen Ring am Boden, der offenbar beim Öffnen einer Falltür behilflich sein sollte, hatte er in seinen Ausführungen nicht erwähnt, und auf Martins Nachfrage, was sich dahinter verberge, antwortete er:
„Dort? Nichts Besonderes – wie Sie sich leicht denken können, hat auch eine moderne Einrichtung wie die unsere Bedarf an den Segnungen einfacher Mechanik – Generatoren für unseren Strom, Heizung, Lüftung – nichts von Bedeutung, da bin ich mir so sicher, daß ich mir in all meiner Zeit hier nie die Mühe gemacht habe, hinein zu sehen.“
Obwohl Martin keinen Grund sah, an diesen Worten zu zweifeln, stimmte ihn dieser letzte Zusatz doch immerhin so bedenklich, daß er, um sich nicht später eine nachlässige Vorgehensweise vorwerfen lassen zu müssen, erbat, den Raum selbst begehen zu dürfen. Der Mann gestattete es ihm ohne zu zögern.
„Wenn Sie mit Ihrer Zeit nichts Sinnvolleres anzufangen wissen – bitte sehr. Nur seien Sie so vorsichtig,, nichts anzufassen – ein fein durchdachter Mechanismus wird von unkundigen Händen eher beschädigt, als Sie glauben werden. Und falls Sie zu Selbstgesprächen neigen, achten Sie genau auf Ihre Worte – die Akustik dieser Räume ist nämlich, wie ich hörte, in der Tat bemerkenswert: dort Gesagtes verfliegt nicht, wie man es sonst gewohnt ist, sondern hallt für Jahre, einige behaupten gar Jahrhunderte, von Wand zu Wand.“
„Man kann also alles hören, was dort unten je gesprochen wurde?“
„Vieles, doch nicht alles. Ein Ton etwa, welcher vom Ohr gefangen wird, setzt seinen Weg in den Gedanken fort, statt fortzuhallen. Es können nicht zwei Personen denselben Zuspruch empfangen, wenn Sie so wollen. Wer viele erreichen will, tut gut daran, sich ab und an zu wiederholen. Also, wenn Sie wollen...“
Damit öffnete er ihm die Klappe und machte eine einladende Handbewegung.
Martin neigte den Kopf zum Dank, trat hindurch und - prallte vor eine Mauer von Maschinenlärm mit einer Härte, die ihm beinahe die Sinne schwinden ließ; von allen Seiten her dröhnte, tuckerte, stampfte, hämmerte, polterte, pfiff, zischte, quietschte, brummte und rumorte es derartig intensiv, daß ihm erst, als er sich zur Flucht entschlossen und die Hände auf die Ohren gepreßt nach der Tür umsah, durch die er gekommen war, die zweite Zumutung des Raumes gegenwärtig wurde, die ihm kaum weniger unlieb als die erste war: er war nämlich beinahe zur Gänze dunkel, was insbesondere bedeutete, daß der Rückweg ihm nicht länger offen stand. Er tastete noch ein Weile verzagt an kalten, glatten Wänden nach Anzeichen einer Tür, was ihn freilich zwang, wenigstens ein Ohr schutzlos dem Getöse auszusetzen, sah aber seine anfängliche Hoffnungslosigkeit schon bald bestätigt und beschloß, einen anderen Ausweg zu suchen. Immerhin gewöhnten seine Augen sich allmählich an die Dunkelheit – oder lernte er dem wenigen diffusen Licht, das es selbst hier noch irgendwoher gab, das letzte an Erkenntnis abzuringen? - und als er sich der steten Zusetzung des Lärms bis zu jenem Maß entwunden hatte, da ihn nicht jeder neue Schlag zusammenfahren ließ, begann er, die Stimmen zu hören.
Anfänglich waren sie mit Gewißheit nicht von nichts zu scheiden, und als einziger Zeuge ihrer Gegenwart trat eine schüchterne Spur im Gedächtnis auf, die gerade laut genug verlosch, um Martin innehalten zu lassen und einen Zweifel zu wecken, der sich, in Ermangelung eines anderen sichtbaren Kontrahenten, über den Verstand hermachte und Martin eine Weile befürchten machte, er werde über seiner Lage wahnsinnig. Doch als sie allmählich zwar nicht lauter, aber vernehmlicher, deutlicher, klarer wurden, ja bald den einzig erträglichen und verständlichen äußeren Reiz ausmachten, den Martin empfing,, hieß er den Zweifel sich schlafen zu legen und begann zu lauschen.
„Nicht dorthin. Kehre um!“
Unergründlich dünn und fein, und Martin erschien jedes Wort, das er vernahm, kaum weniger als ein Wunder zu sein.
„Spring! Kein Schreiten führt dich weiter! Spring!“ „Vorwärts! Abwärts!“ „Hinab jetzt - in die Höhe!“
kam es flüsternd aus dem Dunkel, viele feine Stimmchen schwirrten um ihn wie in Insektenschwarm, zärtlich, lockend, lauernd sprachen sie wie zu ihm, treue Gefährten des Einsamen in der Finsternis, deren Trost und Zuspruch nur für einen Preis zu haben war, an dessen Höhe sie keinen Zweifel ließen, sie wurden bittend, fordernd, dünner und leiser auch, als wollten sie vergehen und ihn in ewiger Stille allein zurückzulassen, was Martin derart erschreckte, daß er sich schließlich wider jede Vernunft an den Rand stellte, wo er, noch immer den Stimmen lauschend, eine Weile zögernd verharrte, und dann mit ausgebreiteten Armen vornüber kippte. Die Stimmen verstummten.
Er hatte erwartet, in eine finstere Bodenlosigkeit zu fallen, zeitlos, haltlos durch das Nichts zu stürzen mit dem Luftzug als einzigem Anzeichen seiner Bewegung. Um so mehr verblüffte es ihn, als er, da die Füße kaum den Rand verlassen hatten, hart aufschlug, und zwar infolge der dramatischen Pose, die er beim Absprung für angebracht gehalten hatte, der Länge nach und ungedämpft. Er drehte sich auf den Rücken; über ihm war nichts als Schwärze und dem Takt der Maschinen, der nun wie von weit entfernt zu ihm hinunterhallte. Als der Schmerz nachließ, setzten die Stimmen wieder ein. „Selbst Schuld du Narr – du hättest ja die Treppe nehmen können.“, hörte er, und tatsächlich begann eine steinerne Wendeltreppe nicht weit von ihm entfernt und wand sich nach oben in etwas, was wie ein in den Fels gehauener Tunnel aussah, außer Sicht. Ehe er sich recht darüber ärgern konnte, kamen weitere.
„Dies ist ein Krug. Dies eine Tasse, ein Teller, ein Messer.“ wisperte es, und kurz darauf tönte es wie von tausend Kehlen: „DIES IST EIN KRUG. DIES EINE TASSE, EIN TELLER, EIN MESSER. DIES IST EIN KRUG. DIES EINE TASSE, EIN TELLER, EIN MESSER. DIES...“ Die Stimme gewann rasch an Lautstärke und an Geschwindigkeit und glich bald mehr dem rhythmischen Singsang aus einem archaischen Beschwörungsritual als einem menschlichen Sprechen. Martin stand auf und fand sich zwischen einer Mauer und einem Steinring, in dem ein imposantes Feuer brannte. Um ihn herum lag ein Haufen von uraltem Gerümpel, darunter viel tönerne Scherben, aber auch Gegenstände aus Metall. Auf der anderen Seite der Mauer stand eine hölzerne Bank, die lang genug war, um vielen Dutzend Menschen Platz zu bieten; und vor der Bank war eine glatte Felswand, auf dem der Widerschein des Feuers seltsame Spiele trieb. Wie er der Bank näher kam, wurden die Stimmen lauter. „DIES IST EIN KRUG. DIES EINE TASSE, EIN MESSER, EIN TELLER. DIES...“ exklamierten sie, und schienen dessen nicht müde zu werden; und zugleich war da noch ein weiteres Geräusch, das klang wie das Klirren von Metall. Er tastete sich an der Bank entlang (diese wurde kaum vom Feuerschein erreicht), und wirklich fühlte er nach kurzer Zeit etwas, was eine metallische Kette gewesen sein mochte – beziehungsweise es, soweit ein Finger reichten, noch war, doch das war angesichts der Tatsache, daß alles in dieser Höhle sicher seine tausend Jahre hier gelegen hatte, natürlich lächerlich, das Stück in seinen Händen war frappierend gut erhalten, ja, doch würde es bald an einem von Rost zerfressenen Glied enden, wenn man nur eine Weile danach suchte... Doch es fand sich nicht. Glied reihte sich an Glied über viele Meter zur ersten Stufe der Wendeltreppe hin, und diese weiter empor, als Martin ihr zu folgen willens war. Frustriert verweilte er kurz in Gedanken an eine anderen Möglichkeit, des widerborstigen Endgliedes habhaft zu werden; dann atmete er tief durch, packte die Kette mit beiden Armen, tat einen kräftigen Ruck – und ging zu Boden. Offenbar war die Kette irgendwo dort oben an der Treppe festgerostet und der Boden glatter, als es den Anschein hatte. Verärgert rappelte er sich hoch und wiederholte seine Bemühungen mit doppelter Wucht. Diesmal folgte der Sturz noch rascher als beim ersten Mal; außerdem mußte er wohl ungeschickt aufgetreten sein, denn an seinem rechten Fußgelenk nagte ein grimmiges Weh. Er stand erneut auf, mühsamer diesmal, doch mit gemehrtem Zorn, preßte er seine Fäuste um die Kette, biß die Zähne zusammen und zog mit aller Kraft, die er im Leibe hatte. Das darauffolgende häßliche Knirschen brachte er gerade noch mit dem stechenden Schmerz in seinem Fuß zusammen, ehe sein Kopf auf den Stein aufschlug und er für eine Weile besinnungslos wurde.
„DIES IST EIN KRUG. DIES EINE TASSE, EIN MESSER, EIN TELLER. DIES...“ Diesmal war es anders; als hielte man sein Ohr speziell auf sie gerichtet, war der vielkehlige Choral in den Hintergrund getreten und damit der Dominanz einer einzigen Stimme gewichen, die sich von den übrigen kaum sagbar unterschied – doch wieviel mehr ist über Stimmen mehr zu wissen, als sich sagen läßt! Sie war ein wenig heller als die meisten anderen, dabei nicht leiser, aber schwächer, zögerlicher, und wenn der Sprecher auch kein Wort, noch gar einen ganzen Durchlauf, ausließ, so waren seine Atempausen doch länger, als man zum Atemholen eigentlich gebraucht hätte und sicherlich die längsten, die zu hören waren.
„Unfug. Du arme Kreatur – ich will dir wahre Krüge, Tassen, Messer, Teller zeigen – und noch vieles mehr. Komm mit.“
„Ein ´wahrer Krug´ - was soll das sein? Was könnte wahrer sein, als das, was ich direkt vor mir sehe?“
„Jener, der den Schatten wirft, den du siehst. Nichts als Schattentanz ist alles, was du siehst.“
„Eine Stimme gegen alle – und ausgerechnet dieser soll ich folgen?“ Dann ein Lachen, doch es war nicht so voll und stark, wie man es ob solcher Anmaßung sonst zugemessen hätte.
„Ich bin nicht gekommen, um zu streiten, sondern um dich sehen zu lassen.“ Ein Stimmengewirr, ein Klopfen wie von Stein auf Metall, etwas barst. „Packt ihn. Schleppt ihn zum Feuer.“ Schreie.
„Siehst du nun, wie es zugeht, Tor?“ „Nichts sehe ich. Es blendet. Es brennt. Laßt mich!“
Geräusche wie von einem Kampf. Dann, lauter, zugleich auf seltsame Art zerhackt, ein Patchwork von Rufen, und es waren nicht mehr nur zwei, die man hörte, es mischten sich weitere hinein, dutzende, hunderte riefen durcheinander:
Beschwörend: „Nicht wirklich.“ Weinerlich: „Nein, laßt mich!“ „Es ist zu hell! Zu hell!“ Ohnmächtig wütend: „Zeigt mir das Höllenfeuer und nennt es Wahrheit!“ Im Chor: „Stellt sie an! Stellt sie an!“ „Sie kommt!“
Väterlich:„Nur Schatten. Du wirst sehen.“ Trotzig, unsicher: „Ich sehe nichts mehr. Du machst mich blind.“ Unerbittlich, hart: „Empor, empor“. Dann ein Schrei, laut wie keiner vorher: „Zeigt sie uns! Holt sie doch her!“
Das war die Spitze des Crescendos. Die Rufe verebbten, und es wurde still. Martin hatte verstanden.
Er sah die Kette, die er noch immer in seinen Händen hielt, mit einer Mischung aus Furcht und Ekel an; dann legte er sie ab, las einen scharfkantigen Stein vom Boden auf, und prügelte damit wie ein Wahnsinniger auf das kalte Metall ein, bis es barst. Etwas klirrte, und augenblicklich war der Schmerz an seinem Fuß wie weggeblasen.
Da ließ er den Stein zu Boden gleiten und begann, die Treppe zu ersteigen. Diesmal fand er seinen Weg mit
der Sicherheit nicht eines Traumwandlers, sondern eines aus langem Traum Erwachten, nahm bald diesen, blad jenen Abzweig, und wunderte sich nicht im mindesten darüber, wo er nach nicht allzu langer Zeit wieder anlangte, denn nichts anderes hatte er erwartet: nämlich wieder dort, von wo ihn der Alte losgeschickt hatte. Dort war die Leiter, und darüber ein kreisförmiger Ausschnitt voller Licht. Das Licht war grell und häßlich, doch nicht mehr unerträglich, denn es mischte sich noch etwas anderes hinein, ein sanftes, aber doch kraftvolles Scheinen. Er wartete keine Sekunde, um Atem zu holen oder die Erfolgsaussichten zu überschlagen, sondern er schloß die Hände fest um das alte Holz der Leiter, stieg hinauf zur Plattform und blickte sich um.
Über dem Land erstreckte sich, so weit sein Auge reichte, ein gläsernes Gestell, ein Ungeheuer aus Lupen und Spiegeln, die sich von unsichtbarer Hand gesteuert bald nach dieser, bald nach jener Richtung wandten, Licht von überall her fingen und es über eine unbegreifliche Zickzacklinie schließlich zum Boden sandten.
Darüber aber stand die Sonne. Sie hatte den Zenit längst hinter sich gelassen, rotglühend schwand sie am Horizont, und während das Spiegelmeer ihr Licht aus der Ferne herüber in Stadt und Wald lenkte, sah Martin zum ersten Mal in seinem Leben einen Sonnenuntergang. Die erste Welle ehrfurchtsvollen Staunens war noch nicht ganz über ihn hinweg, da sprach der Alte hinter ihm.
„Versuche garnicht erst, dich an ihr sattzusehen – es widerspricht dem Wesen jenes Hungers, welchen du nun spürst, ihn zu stillen. Es ist im übrigen kein Betrug dabei – jene aus dem Neubau sind der festen Überzeugung, sie hätte über sich die Sonne und um sich die Welt. Erst dem Sehenden ist diese Spiegelei ein Nichts.“
„Und dieses – Ding?“
„Es ist gewiß das Scheußlichste, was je ersonnen wurde. Doch es birgt auch Hoffnung: Gerade indem es verstellt, betont es das Verstellte. Und sie, die Verstellte? Sie ist stark genug, dies ganze Blendwerk im Handumdrehen zu entlarven – dazu bedarf es nur, es in das rechte Licht zu stellen. Sie vermag die plötzliche Lichtung – den Blitz. Vielleicht läßt sie es eines Tages blitzen – wer weiß? Es ist nicht an uns, darüber zu befinden oder diesen Zeitpunkt zu bestimmen. Wir können uns nur ihrem Zuspruch öffnen von ihr künden, und, uns offenhaltend – warten. Komm.“
Martin entsprach dem Willen des Alten, stellte sich an seine Seite, und so standen die beiden Weisen, der alte und der junge, auf ihrem Turm und blickten ernst und sinnend in die Ferne. Und da sie nicht gestorben sind, warten sie noch heute.
Die Entfernung der Sonne
- Thomas Milser
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"... war ihm die Zimmerdecke alles andere als selbstverständlich."
Wenn ich sowas Wunderbares zu Anfang einer Geschichte lese, und dann keine Zeit bzw. Muße habe, sie adäquat zuende zu lesen, ist das voll schade ... :o)
Ziemlich langes Ding, aber das nehme ich mir in den nächsten Tagen vor.
Gruß,
Tom.
Wenn ich sowas Wunderbares zu Anfang einer Geschichte lese, und dann keine Zeit bzw. Muße habe, sie adäquat zuende zu lesen, ist das voll schade ... :o)
Ziemlich langes Ding, aber das nehme ich mir in den nächsten Tagen vor.
Gruß,
Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hallo Mnemosyne,
wunderbar! Ich habe es gerade gebannt gelesen. Die Geschichte selbst ist flüssig, die Sprache passt zu dieser Mischung aus Märchenhaftem und Zukünftigem, die Sätze verschachteln sich wie die Wege.
...vor allem aber muss darauf achten, daß solche Verwirrten nur ja nie mehr hinausgelangen...
hier fehlt ein "man"?
Tatsächlich zeitigte dieses Manöver, das Martin ob seiner...
"zeigte"?
- handeln wir denn anders, zum wir zum ersten Mal
"wenn"?
In dem Abschnitt:
Als Quelle des Lichtes entpuppte sich schließlich ein kreisrunder, fensterloser Raum...
Später:
An dieser Stelle fiel ein fehlgelenkter Lichtstrahl durch das Fenster ...
Wo ist dieses Fenster?
Mein Lieblingssatz:
Euer Gesicht ist blind für meine Worte - oder ist einer unter euch, der weise genug war und seine Augen schloß, weil er mich hören wollte?
Um zum Inhalt, den einzelnen Gedankengängen etwas sinnvolles Sagen zu können, muss ich erst nochmal lesen. Aber du hast viele nachdenkenswerte Sachen hier hineingewebt. Das Höhlengleichnis am Ende war mir fast zu viel oder zu zeigend, erklärend. Das Ende ist ein wenig... vielleicht zu prophetisch? Auch, dass es einige Wenige sind, die "eingeweiht" sind, die sich von der blinden Masse abheben, ist ein Aspekt, der mich immer ein wenig skeptisch macht. Aber die Geschichte bietet denke ich genug Spielraum oder Spiegel ihr auch kritisch gegenüberzutreten.
liebe Grüße smile
wunderbar! Ich habe es gerade gebannt gelesen. Die Geschichte selbst ist flüssig, die Sprache passt zu dieser Mischung aus Märchenhaftem und Zukünftigem, die Sätze verschachteln sich wie die Wege.
...vor allem aber muss darauf achten, daß solche Verwirrten nur ja nie mehr hinausgelangen...
hier fehlt ein "man"?
Tatsächlich zeitigte dieses Manöver, das Martin ob seiner...
"zeigte"?
- handeln wir denn anders, zum wir zum ersten Mal
"wenn"?
In dem Abschnitt:
Als Quelle des Lichtes entpuppte sich schließlich ein kreisrunder, fensterloser Raum...
Später:
An dieser Stelle fiel ein fehlgelenkter Lichtstrahl durch das Fenster ...
Wo ist dieses Fenster?
Mein Lieblingssatz:
Euer Gesicht ist blind für meine Worte - oder ist einer unter euch, der weise genug war und seine Augen schloß, weil er mich hören wollte?
Um zum Inhalt, den einzelnen Gedankengängen etwas sinnvolles Sagen zu können, muss ich erst nochmal lesen. Aber du hast viele nachdenkenswerte Sachen hier hineingewebt. Das Höhlengleichnis am Ende war mir fast zu viel oder zu zeigend, erklärend. Das Ende ist ein wenig... vielleicht zu prophetisch? Auch, dass es einige Wenige sind, die "eingeweiht" sind, die sich von der blinden Masse abheben, ist ein Aspekt, der mich immer ein wenig skeptisch macht. Aber die Geschichte bietet denke ich genug Spielraum oder Spiegel ihr auch kritisch gegenüberzutreten.
liebe Grüße smile
Hallo Smile,
danke, daß du dir die Zeit genommen hast, alles durchzulesen; wenn es dir auch noch Freude gemacht hat, bin ich sehr zufrieden
.
Zu deinen Kommentaren:
" Die Geschichte selbst ist flüssig, die Sprache passt zu dieser Mischung aus Märchenhaftem und Zukünftigem, die Sätze verschachteln sich wie die Wege. "
DAS wollte ich hören, denn genau das ist meine Absicht. Dabei läuft man natürlich leicht Gefahr, über die Stränge zu schlagen und in Stilblüten abzugleiten - und Fehler sind bei diesem Tonfall noch störender als sonst.
"hier fehlt ein "man"?"
Yep. Habe ich im Text behoben, das ganze nochmal zu posten, würde doch zu unübersichtlich.
"Zeitigte" meinte ich aber schon so. Daß etwas "Erfolge zeitigt" ist doch eine legitime Redewendung?
- handeln wir denn anders, zum wir zum ersten Mal
"wenn"?
Auch ja.
"In dem Abschnitt:
Als Quelle des Lichtes entpuppte sich schließlich ein kreisrunder, fensterloser Raum...
Später:
An dieser Stelle fiel ein fehlgelenkter Lichtstrahl durch das Fenster ...
Wo ist dieses Fenster?"
Äh... guck mal, was ich kann? *mit Bällen jonglier*
Das passiert, wenn man nicht linear schreibt, sondern mal hier, mal da. Die Stelle ist eine Anspielung auf einer Stelle im Zarathustra, wo es um die letzten Menschen geht: ""Wir haben das Glück erfunden" sagen die letzten Menschen und blinzeln...". Die Fensterlosigkeit wiederum soll die Beschränktheit einer technischen Weltsicht anzeigen. Mal sehen, was ich da tue. Im Zweifelsfall hat der Raum eben doch ein Fenster, aber ein kleines, oder die Blendung erfolgt durch eine Neonröhre
.
"Das Höhlengleichnis am Ende war mir fast zu viel oder zu zeigend, erklärend."
Zu plakativ zu werden ist auch immer meine Sorge. Aber da der Text auch als Interpretation des Höhlengleichnisses gedacht war - vielleicht auch in Form einer Wiederbelebung, seit ich mit zwei professionellen Platonisten darüber gesprochen habe, halte ich es für weit weniger abgedroschen als vorher - muß das schon bleiben. Wenn du aber eine Idee hast, es etwas subtiler einzuführen/darzustellen, bin ich ganz Ohr.
"Das Ende ist ein wenig... vielleicht zu prophetisch? Auch, dass es einige Wenige sind, die "eingeweiht" sind, die sich von der blinden Masse abheben, ist ein Aspekt, der mich immer ein wenig skeptisch macht."
In der Tat - dem sollte der letzte Satz Rechnung tragen und der Umstand, daß das Irrenhaus nach "Trutzburg" aussieht. Denn letztlich mögen die beiden Weisen jetzt auf dem richtigen Erkenntnisweg sein, haben aber auch keine konstruktiven Gegenentwürfe anzubieten und beschränken sich darauf, im Bewußtsein ihrer Herrlichkeit "sinnend in die Ferne" zu schauen. Das Ende verstehe ich durchaus als Kritik an dem darin liegenden elitären Selbstverständnis und Rückzug aus der Verantwortung. Siehst du einen Weg, das deutlicher zu machen?
"Aber die Geschichte bietet denke ich genug Spielraum oder Spiegel ihr auch kritisch gegenüberzutreten."
So sollte es sein. Es ist ja auch eher die Darstellung eines Denkweges als ein Pamphlet.
Nochmal vielen Dank für deine Anmerkungen und alles Gute
Merlin
danke, daß du dir die Zeit genommen hast, alles durchzulesen; wenn es dir auch noch Freude gemacht hat, bin ich sehr zufrieden

Zu deinen Kommentaren:
" Die Geschichte selbst ist flüssig, die Sprache passt zu dieser Mischung aus Märchenhaftem und Zukünftigem, die Sätze verschachteln sich wie die Wege. "
DAS wollte ich hören, denn genau das ist meine Absicht. Dabei läuft man natürlich leicht Gefahr, über die Stränge zu schlagen und in Stilblüten abzugleiten - und Fehler sind bei diesem Tonfall noch störender als sonst.
"hier fehlt ein "man"?"
Yep. Habe ich im Text behoben, das ganze nochmal zu posten, würde doch zu unübersichtlich.
"Zeitigte" meinte ich aber schon so. Daß etwas "Erfolge zeitigt" ist doch eine legitime Redewendung?
- handeln wir denn anders, zum wir zum ersten Mal
"wenn"?
Auch ja.
"In dem Abschnitt:
Als Quelle des Lichtes entpuppte sich schließlich ein kreisrunder, fensterloser Raum...
Später:
An dieser Stelle fiel ein fehlgelenkter Lichtstrahl durch das Fenster ...
Wo ist dieses Fenster?"
Äh... guck mal, was ich kann? *mit Bällen jonglier*

Das passiert, wenn man nicht linear schreibt, sondern mal hier, mal da. Die Stelle ist eine Anspielung auf einer Stelle im Zarathustra, wo es um die letzten Menschen geht: ""Wir haben das Glück erfunden" sagen die letzten Menschen und blinzeln...". Die Fensterlosigkeit wiederum soll die Beschränktheit einer technischen Weltsicht anzeigen. Mal sehen, was ich da tue. Im Zweifelsfall hat der Raum eben doch ein Fenster, aber ein kleines, oder die Blendung erfolgt durch eine Neonröhre

"Das Höhlengleichnis am Ende war mir fast zu viel oder zu zeigend, erklärend."
Zu plakativ zu werden ist auch immer meine Sorge. Aber da der Text auch als Interpretation des Höhlengleichnisses gedacht war - vielleicht auch in Form einer Wiederbelebung, seit ich mit zwei professionellen Platonisten darüber gesprochen habe, halte ich es für weit weniger abgedroschen als vorher - muß das schon bleiben. Wenn du aber eine Idee hast, es etwas subtiler einzuführen/darzustellen, bin ich ganz Ohr.
"Das Ende ist ein wenig... vielleicht zu prophetisch? Auch, dass es einige Wenige sind, die "eingeweiht" sind, die sich von der blinden Masse abheben, ist ein Aspekt, der mich immer ein wenig skeptisch macht."
In der Tat - dem sollte der letzte Satz Rechnung tragen und der Umstand, daß das Irrenhaus nach "Trutzburg" aussieht. Denn letztlich mögen die beiden Weisen jetzt auf dem richtigen Erkenntnisweg sein, haben aber auch keine konstruktiven Gegenentwürfe anzubieten und beschränken sich darauf, im Bewußtsein ihrer Herrlichkeit "sinnend in die Ferne" zu schauen. Das Ende verstehe ich durchaus als Kritik an dem darin liegenden elitären Selbstverständnis und Rückzug aus der Verantwortung. Siehst du einen Weg, das deutlicher zu machen?
"Aber die Geschichte bietet denke ich genug Spielraum oder Spiegel ihr auch kritisch gegenüberzutreten."
So sollte es sein. Es ist ja auch eher die Darstellung eines Denkweges als ein Pamphlet.
Nochmal vielen Dank für deine Anmerkungen und alles Gute
Merlin
Zuletzt geändert von Mnemosyne am 16.02.2008, 15:01, insgesamt 1-mal geändert.
Hallo Merlin,
ich bin noch am wiederlesen.
und habe eine kleine Frage:
Wolltest du den Alten tatsächlich als "Weise" im Sinne von eine Wahrheit sprechend zeigen? Denn seinen Ausführungen zum Thema Sehnsucht würde ich ein wenig widersprechen. (Oder widerspreche ich da auch einem verstecken Philosophen?)
Beim Höhlengleichnis habe ich das Gefühl im Setting stimmt es noch nicht so ganz. (z.B. wo kommt der Rand auf einmal her, wie kann es stockdunkel sein, aber gleich darunter brennt ein Feuer...)
liebe Grüße smile
ich bin noch am wiederlesen.

Wolltest du den Alten tatsächlich als "Weise" im Sinne von eine Wahrheit sprechend zeigen? Denn seinen Ausführungen zum Thema Sehnsucht würde ich ein wenig widersprechen. (Oder widerspreche ich da auch einem verstecken Philosophen?)
Beim Höhlengleichnis habe ich das Gefühl im Setting stimmt es noch nicht so ganz. (z.B. wo kommt der Rand auf einmal her, wie kann es stockdunkel sein, aber gleich darunter brennt ein Feuer...)
liebe Grüße smile
Hallo Smile,
eigentlich versuche ich, selbst möglichst wenig Stellung zu beziehen. Die Position, die der Alte bezieht, ist mir aber zumindest sympathisch. Du kannst mir gerne deine Gedanken dazu schreiben. (Und widersprächest damit keinem versteckten Philosophen, wogegen aber auch nichts einzuwenden wäre
). Als einen "Weisen" bezeichne ich ihn doch aber auch nur im vorletzten Satz, wo es spöttisch-kritisch gemeint ist. Der Alte ist im Wesentlichen der Gegenpol zum Aneigungsstreben der Neubaubewohner.
Welcher Rand? Den, den er hinab springt? Ist es denn problematisch, daß er einfach da ist?
Daß das Licht aus der Höhle nicht hinaufdringt, sollte anzeigen, daß hier eben kein bloßes Hinsehen zur Erkenntnis führt und der Sprung unvermeidlich ist. Insofern ist der Abstand zwischen der Maschinenhalle und der Höhle durchaus riesig - von unten führt ja auch nur eine längere Treppe wieder hinauf. Die Dunkelheit oben trotz Feuer unten ist also ein gewollter "Stolperstein". Natürlich könnte man das Feuer leicht so platzieren, daß von dort aus einfach kein Licht nach oben gelangt - fändest du das plausibler?
Viele Grüße
Merlin
eigentlich versuche ich, selbst möglichst wenig Stellung zu beziehen. Die Position, die der Alte bezieht, ist mir aber zumindest sympathisch. Du kannst mir gerne deine Gedanken dazu schreiben. (Und widersprächest damit keinem versteckten Philosophen, wogegen aber auch nichts einzuwenden wäre

Welcher Rand? Den, den er hinab springt? Ist es denn problematisch, daß er einfach da ist?
Daß das Licht aus der Höhle nicht hinaufdringt, sollte anzeigen, daß hier eben kein bloßes Hinsehen zur Erkenntnis führt und der Sprung unvermeidlich ist. Insofern ist der Abstand zwischen der Maschinenhalle und der Höhle durchaus riesig - von unten führt ja auch nur eine längere Treppe wieder hinauf. Die Dunkelheit oben trotz Feuer unten ist also ein gewollter "Stolperstein". Natürlich könnte man das Feuer leicht so platzieren, daß von dort aus einfach kein Licht nach oben gelangt - fändest du das plausibler?
Viele Grüße
Merlin
Zuletzt geändert von Mnemosyne am 16.01.2008, 11:54, insgesamt 1-mal geändert.
Hallo Merlin,
ich glaube ich fände die erzählerische Distanz deutlicher, wenn am Ende stünde:
Martin entsprach dem Willen des Alten, stellte sich an seine Seite, und so standen die Beiden, der alte und der junge, mit ihrer Weisheit auf dem Turm und blickten ernst und sinnend in die Ferne. Und da sie nicht gestorben sind, warten sie noch heute.
oder so ähnlich.
Ich finde es wichtig, dass der Leser sich mit dem Prot. in den Räumen bewegen kann, dass sie in sich stimmig sind, damit sich der Leser auf die Bedeutung, den Inhalt, die Aussage einlassen kann. (Der Rand in dieser Dunkelheit hat mich an eine andere Geschichte erinnert, schau mal hier: http://www.gutenberg-for-kids.de/poe/pendel/pendel.htm)
liebe Grüße smile
ich glaube ich fände die erzählerische Distanz deutlicher, wenn am Ende stünde:
Martin entsprach dem Willen des Alten, stellte sich an seine Seite, und so standen die Beiden, der alte und der junge, mit ihrer Weisheit auf dem Turm und blickten ernst und sinnend in die Ferne. Und da sie nicht gestorben sind, warten sie noch heute.
oder so ähnlich.
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Ich finde es wichtig, dass der Leser sich mit dem Prot. in den Räumen bewegen kann, dass sie in sich stimmig sind, damit sich der Leser auf die Bedeutung, den Inhalt, die Aussage einlassen kann. (Der Rand in dieser Dunkelheit hat mich an eine andere Geschichte erinnert, schau mal hier: http://www.gutenberg-for-kids.de/poe/pendel/pendel.htm)
liebe Grüße smile
Deine Geschichte ist voll mit interessanten philosophischen Gedanken und erinnert mich oft an meiner Idee, in dieser Richtung etwas zu schreiben.
Wir scheinen über das gleiche Thema schreiben zu wollen, aber ich erkenne unterschiedliche Wege und Lösungen.
Über die Stimmigkeit (s.Räume) könntest du wirklich noch arbeiten, da der Leser schnell ermüdet, wenn er Dinge nicht richtig in Verbindung bringen kann.
Gruß, Maija
Wir scheinen über das gleiche Thema schreiben zu wollen, aber ich erkenne unterschiedliche Wege und Lösungen.
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Über die Stimmigkeit (s.Räume) könntest du wirklich noch arbeiten, da der Leser schnell ermüdet, wenn er Dinge nicht richtig in Verbindung bringen kann.
Gruß, Maija
@Smile
Guter Vorschlag. Ich denke darüber nach. Danke dafür.
Den Rand nehme ich auch nochmal unter die Lupe, wenn ich mir angesehen habe, woran ich dich da erinnert habe
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@Maija
Genau deswegen interessiert mich ja auch dein Plan. Wo siehst du denn noch Unstimmigkeiten (außer am Rand)?
Guter Vorschlag. Ich denke darüber nach. Danke dafür.
Den Rand nehme ich auch nochmal unter die Lupe, wenn ich mir angesehen habe, woran ich dich da erinnert habe

@Maija
Genau deswegen interessiert mich ja auch dein Plan. Wo siehst du denn noch Unstimmigkeiten (außer am Rand)?
Die Blicke aus dem Fenster wechseln mir zu schnell und über den Rand habe ich mich gewundert. Allerdings weiß ich, das Mathematik dein Spezialgebiet ist und ich nur aus dem Bauch heraus etwas darüber weiß. Ich weiß nur, das Mannigfaltigkeit und Topologie ohne Punkte nicht zu denken geht und du diesen Gedanken gut eingefädelt hast. Raum und Zeit spielt auch eine große Rolle, aber ich kann mit den Fenstern nicht viel anfangen, obwohl ich verstehe, was du damit ausdrücken willst. (Blicke in die Zukunft und Gegenwart) Ich verstehe die Punkte nur, weil sich diese Idee in meinem Kopf gebildet hat, als ich Nietzsches Werk gelesen habe. Dabei sehe ich die Punkte in einer einfachen Dimension als Bild eher, aber darüber muss ich noch viel lesen und nachdenken.
Vielleicht bin ich noch nicht so weit im Denken wie du...? Oder ich habe durch meine innere Erfahrung andere Erlebnisse als du?
Vielleicht bin ich noch nicht so weit im Denken wie du...? Oder ich habe durch meine innere Erfahrung andere Erlebnisse als du?
Hallo Maija,
kann es sein, dass du mich (smile) und Merlin (Mnemosyne) verwechselst, oder beziehst du dich nicht auf: http://www.blauersalon.net/online-literaturforum/viewtopic.php?t=6927 ?
Mit dem Spezialgebiet Mathematik kannst du mich jedoch nicht meinen. .gif)
Liebe etwas verwirrte Grüße smile
kann es sein, dass du mich (smile) und Merlin (Mnemosyne) verwechselst, oder beziehst du dich nicht auf: http://www.blauersalon.net/online-literaturforum/viewtopic.php?t=6927 ?

.gif)
Liebe etwas verwirrte Grüße smile
Hallo smile,
Ich meine, das ich einmal las, das M. für eine Weile Mathematik studiert hat
Stimmt das nicht?
Du smile kennst dich in diesem Bereich auch gut aus.
Falls Mnemosyme wirklich Mathematk studiert hat, würde mich interessieren, wie er auf die Fenster kommt. Weil die Fenster mich eigentlich stören, da sie meiner Meinung nicht ins Bild passen. Die Räume sehe ich auch anders, jedenfalls wenn ich mir mit Punkten den Raum vorstellen soll. (Topologie und Mannigfaltigkeit) Vielleicht ist ein Raum sinnvoller und im Raum befindet sich eine Person die sich mit Hilfe von einer Brille (nur als Beispiel gedacht) eine neue Dimension erschafft. Man muss doch im Raum bleiben, um andere Räume betreten zu können. Soll heißen: Die gedachten Anfangspunkte (Ursprung) bleiben im ersten Raum (eindimensional) und werden dann durch Drehungen (nur als Beispiel genommen) weiter betrachtet. So fände ich es interessanter, aber dies ist nur meine innere Erfahrung ohne Kenntnisse über Topologie und Mannigfaltigkeit (Mathematik).
Jedenfalls lässt mich das Thema nicht mehr los und ich muss noch vieles darüber lesen.
Meine Tochter studiert ja Mathematik und ich habe ihre Bücher schon durchgeblättert und viele interessante Dinge darin gefunden. Obwohl die Zeichen für mich nur Hieroglyphen sind.
Aber ich muss lernen, welches Bild in Punkten von Anfang an in meinem Kopf waren, als ich Nietzsches Werke begann zu lesen und so meine Erlebnisse hatte.
Vielleicht ist dieses Bild auch kein Hirngespinst und will mir nur etwas mitteilen. Deshalb muss ich noch viel lesen und vielleicht erfahre ich durch meine Tochter später noch mehr und ich komme an mein Ziel.
(Philosophie)
Gruß, Maija
(Merlin bitte nicht dich verwirren lassen, ich bin nur so aufgeregt, weil es meine Hauptgedanken sind, seit ich mich mit Philosphie und vieles mehr beschäftige und jeder Mensch hat andere Bilder im Kopf wenn er sich damit wirklich beschäftigt.
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Ich meine, das ich einmal las, das M. für eine Weile Mathematik studiert hat

Du smile kennst dich in diesem Bereich auch gut aus.
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Falls Mnemosyme wirklich Mathematk studiert hat, würde mich interessieren, wie er auf die Fenster kommt. Weil die Fenster mich eigentlich stören, da sie meiner Meinung nicht ins Bild passen. Die Räume sehe ich auch anders, jedenfalls wenn ich mir mit Punkten den Raum vorstellen soll. (Topologie und Mannigfaltigkeit) Vielleicht ist ein Raum sinnvoller und im Raum befindet sich eine Person die sich mit Hilfe von einer Brille (nur als Beispiel gedacht) eine neue Dimension erschafft. Man muss doch im Raum bleiben, um andere Räume betreten zu können. Soll heißen: Die gedachten Anfangspunkte (Ursprung) bleiben im ersten Raum (eindimensional) und werden dann durch Drehungen (nur als Beispiel genommen) weiter betrachtet. So fände ich es interessanter, aber dies ist nur meine innere Erfahrung ohne Kenntnisse über Topologie und Mannigfaltigkeit (Mathematik).
Jedenfalls lässt mich das Thema nicht mehr los und ich muss noch vieles darüber lesen.
Meine Tochter studiert ja Mathematik und ich habe ihre Bücher schon durchgeblättert und viele interessante Dinge darin gefunden. Obwohl die Zeichen für mich nur Hieroglyphen sind.
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Aber ich muss lernen, welches Bild in Punkten von Anfang an in meinem Kopf waren, als ich Nietzsches Werke begann zu lesen und so meine Erlebnisse hatte.
Vielleicht ist dieses Bild auch kein Hirngespinst und will mir nur etwas mitteilen. Deshalb muss ich noch viel lesen und vielleicht erfahre ich durch meine Tochter später noch mehr und ich komme an mein Ziel.

Gruß, Maija
(Merlin bitte nicht dich verwirren lassen, ich bin nur so aufgeregt, weil es meine Hauptgedanken sind, seit ich mich mit Philosphie und vieles mehr beschäftige und jeder Mensch hat andere Bilder im Kopf wenn er sich damit wirklich beschäftigt.
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