mein venedig

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 31.12.2007, 15:19

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Zuletzt geändert von scarlett am 27.10.2009, 20:49, insgesamt 4-mal geändert.

Caty

Beitragvon Caty » 02.01.2008, 12:22

Liebe Scarlett, ein Gesang auf Venedig. Die herabfließenden Treppen. Ja, es ist ein Fließen in Wellen, ich hatte es auch in Prag in der Metro bemerkt mit den hohen Rolltreppen. Schöner, treffender Ausdruck. Und die Liebe. Es gefällt mir, dass du Venedig wie einen Geliebten ansprichst. Eines Tages wird Venedig in den Fluten versinken, aber es wird im Gedächtnis weiterleben. Ich finde diese Gedanken gekonnt in Worte gefasst. Bei Venedig, der Stadt der Touristen, besteht ja immer die Gefahr des nur touristischen Blicks. Ganz ist es dir nicht gelungen, ihn zu vermeiden, aber es ist auch gut so, denn dein LI war ja Tourist, und dieses kurze Aufnehmen der Eindrücke, ein "Antippen" quasi, finde ich gut formuliert. Ich habe schon viele Gedichte zu Venedig gelesen, unter ganz verschiedenen Blickwinkeln. Dies ist eines von denen, die mich Venedig wiedererkennen lassen. Man könnte jetzt darüber diskutieren, ob du auf die berühmtesten Bauwerke hättest eingehen sollen, oder wenigstens eines. Aber ich glaube, Venedig ist so weltbekannt und auch literarisch so ausgebeutet, dass es sehr schwer ist, einen Blick zu finden, der Neues entdeckt. Ich habe dein Gedicht als Monatsgedicht Dezember vorgeschlagen. Caty

scarlett

Beitragvon scarlett » 02.01.2008, 16:55

Liebe Caty,

danke für deinen ausführlichen Kommentar.
Ich dachte schon, dieses Gedicht würde gänzlich unkommentiert in den Tiefen des Salons versinken. *schnief*

Was die berühmten Bauwerke anbelangt, so klingt ja das eine oder andere an in dem Text. Aber du hast sicher recht, es ist sicherlich schwierig, zu Venedig noch was halbwegs Originelles zu schreiben, es sei denn was Originales :)
Freut mich umso mehr, dass du dem Text was abgewinnen kannst.

LG,
scarlett

Nifl
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Beitragvon Nifl » 02.01.2008, 17:35

Huhu Sca.

Ich liebe Rose Ausländer wie keine andere Dichterin und habe alle Bände von ihr. Leider wurde in dem Film über und mit Hilde Domin versäumt, ihre Bekanntschaft zu RA näher zu hinterfragen. Nun ist es zu spät.

In einigen Passagen triffst du sehr gut ihren Ton. ZB. hier:
"zersingt der gondoliere ..."
(auch der Titel)

Mir ist deine "Betrachtungsweise" einen Tick zu konservativ durch Wendungen wie:
sanfte annäherung
oder
spiegeln deine augen

Dennoch ist dir mE. ein Text gelungen, der eine hermetische Stimmung erzeugt.

LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Caty

Beitragvon Caty » 02.01.2008, 18:07

Schnief nicht, Scarlett, kann passieren. Ich glaube nicht an Absicht (weshalb auch?), dass dieser Text so lange nicht kommentiert wurde, eher waren wohl die Feiertage schuld. Sieh mal, auch von mir gibt es etliche Texte, die nicht kommentiert wurden. Ich glaube sowieso, dass hier anscheinend von Zeit zu Zeit alles ein bisschen im Halbschlaf liegt, so wenig Gedichte, wie hier neu gepostet werden. Alles halb so wild. Beim nächsten Gedicht wirst du dich vor Kommentaren nicht retten können. Mit diesem Gedicht hast du ein schwieriges Thema angepackt (was kann man über Venedig schreiben, was nicht schon geschrieben wurde?), und ich denke, du hast es elegant und originell hingekriegt, deshalb auch meine Empfehlung als Monatsgedicht. Caty

scarlett

Beitragvon scarlett » 03.01.2008, 08:34

Danke, nifl, für deinen Kommentar.
Hab mich sehr gefreut.

Mit dem "konservativ" hast du sicherlich nicht ganz unrecht, vielleicht geht ja noch was in einer Überarbeitung, der von dir genannten Beispiele.
Trotzdem schön, dass dir Text dennoch zusagt.

Danke Caty auch dir nochmals für deine Worte.
Ich habe vor allem in der ersten Strophe noch was geändert, paßt m M nach so jetzt besser.

LG euch beiden in einen hoffentlich schönen Tag.

scarlett

Herby

Beitragvon Herby » 05.01.2008, 00:55

Hallo Monika,

ja, das ist eine gelungene Reminiszenz an Venedig. Angesichts der Fülle dessen, was über diese Stadt schon in Prosa und Lyrik geschrieben wurde, braucht es schon fast Mut, noch etwas zu veröffentlichen. Gut, dass du ihn hattest!
Nur angesichts des Titels bin ich etwas zwiespältig. Einerseits betont er die Subjektivität deines Blickwinkels auf die Stadt, andererseits klingt er für mich recht bieder und ... hm... abgenutzt. Könntest du dir eine andere Überschrift vorstellen?

Mir gefällt übrigens Venedig im November bzw. Winter (außerhalb des Karnevals!) wesentlich besser als zu Sommerzeiten. Die Atmosphäre ist unvergleichlich dann.

Liebe Grüße
Herby

scarlett

Beitragvon scarlett » 05.01.2008, 05:24

Lieber Herby,

hab lieben Dank für deine Gedanken zu meinem Gedicht. Schön, dich wieder mal zu lesen.

Einen anderen Titel? Ja, warum nicht, wüßte aber zur Zeit nicht, was ich nehmen könnte. Hast du eine Idee oder evtl. einen Vorschlag?
Ich nahm diesen in Anlehnung an Rose Ausländer (müßte ihn vielleicht deshalb vielleicht noch kursiv setzten), als Gegenstück sozusagen mein Gedicht.

Ich habe Venedig seither nie wiedergesehen (seither heißt seit über 20 Jahren), für mich bleibt es für immer an dieses eine, erste, besondere Mal gebunden. Mein Gott, war ich damals jung ... *g*

Liebe Grüße,
Monika

Gast

Beitragvon Gast » 05.01.2008, 09:55

Liebe Monika,

was mich beeindruckt ist die dichte Atmosphäre die du meines Erachtens dadurch schaffst, dass du die baulichen Besonderheiten nicht beim Namen nennst, sie aber indirekt als Bilder für die Begegnung der beiden Liebenden benutzt. Besonders natürlich der "brückenschlag" ist sehr speziell und gut eingesetzt.
Sehr schön, ich habe nichts zu meckern.

Liebe Grüße
Gerda

Catrin

Beitragvon Catrin » 05.01.2008, 10:46

Hallo Scarlett,

ich finde dein Gedicht ganz toll!
Besonders sprechen mich die Zeilenumbrüche an, die immer wieder eine neue, überraschende Wendung bringen.
Es hat eine ganze Weile gedauert, bis mir klar, war, dass nicht nur der Morgen sich in den Augen des LD spiegelt, sondern der Gondoliere ihn zersingt. Und das Herz im Rhythmus der Wellen schlägt, statt zersungen zu werden. Damit hast du die Zeile
„zersingt der Gondoliere mein Herz“
vorm Kitsch gerettet!
Das wird nicht jeder Leser merken. Deshalb verstehe ich nicht, warum du das nicht konsequent durchziehst?
Zum Beispiel so (nur als Anregung):

die warme nacht am bahnhof
herabfließende treppen
*annäherung unter der sternendecke
lieben sich fremde
sprachen musikalisch
und auf andere weise

lagunengrün spiegeln deine augen
den nächsten morgen zersingt
der gondoliere mein herz
schlägt im splitterrhythmus
geheftet an deine braunen fersen
der wellen von san marco –

tauben seufzer und paläste
der brückenschlag gelingt
für kurze zeit und für immer
unvergessen geht mein venedig
niemals unter nur dein bild
verblaßt

Liebe Grüße, Catrin ;-)

Gast

Beitragvon Gast » 05.01.2008, 11:23

Liebe Catrin,

- übrigens ein 'Herzliches Willkommen im Blauen Salon' - wenn du magst, dann stell dich doch im Café kurz vor, das wäre fein.
***
Im Gegensatz zu deinem Einwand finde ich diese Stelle, so wie von scarlett gesetzt "konsequent", da sich in scarletts Setzung eben auch das Herz an die Fersen geheftet haben kann.
Gerade diese Leseart soll mMn angeregt werden, insofern finde ich die Setzung genau richtig.
Leser, die das nicht merken, dürften wohl ungeübte Lyrikleser sein, oder sich zu wenig Zeit nehmen, denke ich.

Liebe Grüße
Gerda

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Beitragvon Elsa » 05.01.2008, 11:24

Liebe Monika,

ganz fein ist das jetzt!

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Catrin

Beitragvon Catrin » 05.01.2008, 13:07

Liebe Gerda,

danke für dein Willkommen!
(Ich bin in Wirklichkeit etwas schüchtern und möchte mich lieber per Kommentar bei den Einzelnen vorstellen, bevor ich im Cafe was sage).
Ganz verstehe ich deinen Einwand nicht:

den nächsten morgen zersingt
der gondoliere mein herz
geheftet an deine braunen fersen
schlägt im splitterrhythmus
der wellen von san marco

ändert doch nichts an der andern Zeilenbruchtechnik?

Grüßlein Catrin

Gast

Beitragvon Gast » 05.01.2008, 13:30

Liebe Catrin,

du hast doch die Zeilen 4 und 5 (Zeilenangabe bezieht sich aufs Original von scarlett) vertauscht ... das meine ich ...

Liebe Grüße
Gerda


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