Weiße Haustür mit drei kleinen Fenstern. Kein Hund wartet aufgeregt hinter dem unteren Fenster. Laminatböden, im Wohnzimmer Parkett (helle Buche). Durchreiche vom Esszimmer zur Küche.
Ihre schulterlangen, gewellten Haare wirken trocken, split ends. Dadurch sind sie nur blassbraun und stehen leicht ab. Sie lächelt warm, auch abgekämpftund s , sieht ihn nicht an. Kein gutes Zeichen.
"Schön, dass du gekommen bist"
"Schon okay"
"Weißt du,…."
"Ja, ich weiß"
Sie setzen sich. Weiße Ledercouch (Chromrohrgestell).
"Sie warten sicher alle auf dich"
"Nein, es ist okay"
"Was hast du ihnen gesagt?"
"Egal"
Sie kaut Kaugummi. Mit den KaubewegungenDabei spannt sich die Haut am dürren Hals bis ins Dekolletee. Immer braungebrannt. Ihre Augen sind wässrig. Die Schminke dick, aber nicht verwischt.
"Schön, dass du gekommen bist"
"Das sagtest du schon. Also, was ist?"
Er fragt es, obwohl er genau weiß, dass er keine verwertbare Antwort bekommen wird. Sie fängt an zu schluchzen.
"Ist ja gut, ich komme ja gerne"
Dann streicht er ihr kurz über den Rücken., als wolle er ihn warm rubbeln. Er sitzt gerade nahe genug. Einmal hoch und runter. Eine Falte ihres schwarzen Oberteils (Romantik-Style, figurbetont, extra lange Ärmel, Raffung und Smok),gewellte Volantabschlüsse) lässt die Bewegung stocken. Sie lächelt wieder. Holt Getränke. Ihm ein Bier, für sich stellt sie ein Glas Wasser auf den dunkelbraun furnierten Wohnzimmertisch. Den kennt er noch nicht.
Er kann sich die Frage nicht verkneifen.
"Wo ist er?"
"Arbeiten"
"Silvester?" Sofort versucht er abzuschwächen.
"Sicher Jahresabschluss"
"Ja"
Jahresabschluss
Klasse, lieber Nifl,
das gefällt mir ausgesprochen gut.
Die Atmosphäre, die du ein gefangen hast, trifft auf so manche Beziehung zu, die auch an Feiertagen darunter leidet, dass einer der Partner nie Zeit hat, abwesend ist und die Berufstätigkeit als Entschuldigung herhalten muss ... vielleicht sogar wider besseres Wissen.
Liebe Neujahrsgrüße
Gerda
das gefällt mir ausgesprochen gut.
Die Atmosphäre, die du ein gefangen hast, trifft auf so manche Beziehung zu, die auch an Feiertagen darunter leidet, dass einer der Partner nie Zeit hat, abwesend ist und die Berufstätigkeit als Entschuldigung herhalten muss ... vielleicht sogar wider besseres Wissen.

Liebe Neujahrsgrüße
Gerda
Lieber Nifl,
sehr spontane Rückmeldung: das ist ein Text, der seine Stärke durch seinen nüchternen Ton sowie die inhaltlichen Anspielungen und Aussparungen bezieht. Gefällt mir in dieser Form gut.
Auch den Titel in seiner Mehrdeutigkeit finde ich passend gewählt.
Eine kleine sprachliche Kritik betrifft die folgende Stelle:
Hier finde ich das dreimalige Kauen auf so engem Raum etwas störend. Das erste wird kaum vermeidbar sein, aber wäre für das dritte "Mund-/Kieferbewegungen" eventuell eine Alternative?
Herzliche Grüße und ein gutes Neues für dich,
Herby
sehr spontane Rückmeldung: das ist ein Text, der seine Stärke durch seinen nüchternen Ton sowie die inhaltlichen Anspielungen und Aussparungen bezieht. Gefällt mir in dieser Form gut.
Auch den Titel in seiner Mehrdeutigkeit finde ich passend gewählt.
Eine kleine sprachliche Kritik betrifft die folgende Stelle:
Sie kaut Kaugummi. Mit den Kaubewegungen spannt sich die Haut am dürren Hals bis ins Dekollete.
Hier finde ich das dreimalige Kauen auf so engem Raum etwas störend. Das erste wird kaum vermeidbar sein, aber wäre für das dritte "Mund-/Kieferbewegungen" eventuell eine Alternative?
Herzliche Grüße und ein gutes Neues für dich,
Herby
Lieber Nifl,
ich halte den Text für gelungen, weil er mi dem ersten Satz eine Simmung erschafft, den solche kurzen Einblenden brauchen: eine bestimmte "typisierte" Emotionsfärbung, die einem als "wahr" erscheint - sehr schön.
Der einzige Satz, der etwas an Schwingung rausfällt ist: als wolle er ihn warm rubbeln, ich denke, wenn dann warmrubbeln (?), aber sprachlich kommt das ewas ungelenk (es fällt beim Lesen "auf").
Und hier würde ich mich vielleich für einen Punkt oder eine Streichung des und erwärmen:
Sie lächelt warm, auch abgekämpft und sie sieht ihn nicht an.
Irritiert bin ich wieder mal über das freie Spiel der Interpunktionen
Gut auch, dass nicht geklärt ist, wer da eigentlich zu wem gerufen wurde (Sohn? Freund? Geliebter?) - das trägt dazu bei, dass das Ende offen bleibt und nicht zur moralischen Pointe mutiert, sondern wie ein kurzer Kameraeinschwenk in eines der vielen Silvesterfenster.
Liebe Grüße,
Lisa
ich halte den Text für gelungen, weil er mi dem ersten Satz eine Simmung erschafft, den solche kurzen Einblenden brauchen: eine bestimmte "typisierte" Emotionsfärbung, die einem als "wahr" erscheint - sehr schön.
Der einzige Satz, der etwas an Schwingung rausfällt ist: als wolle er ihn warm rubbeln, ich denke, wenn dann warmrubbeln (?), aber sprachlich kommt das ewas ungelenk (es fällt beim Lesen "auf").
Und hier würde ich mich vielleich für einen Punkt oder eine Streichung des und erwärmen:
Sie lächelt warm, auch abgekämpft und sie sieht ihn nicht an.
Irritiert bin ich wieder mal über das freie Spiel der Interpunktionen

Gut auch, dass nicht geklärt ist, wer da eigentlich zu wem gerufen wurde (Sohn? Freund? Geliebter?) - das trägt dazu bei, dass das Ende offen bleibt und nicht zur moralischen Pointe mutiert, sondern wie ein kurzer Kameraeinschwenk in eines der vielen Silvesterfenster.
Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Hallo Nifl,
ich kann leider keinen so schönen Stuss schreiben, aber das hier gefällt mir sehr..gif)
Einzig die schon erwähnten Kaugummie und Rubbelstellen würde ich ev. nochmal überdenken.
Und wenn rubbeln bleibt, würde ich auf das "kurz" verzichten.
Das Offenlassen der Beziehungshintergründe finde ich gelungen. Ein Kopfkinokurzfilm der feinen Art.
liebe Grüße smile
ich kann leider keinen so schönen Stuss schreiben, aber das hier gefällt mir sehr.
.gif)
Einzig die schon erwähnten Kaugummie und Rubbelstellen würde ich ev. nochmal überdenken.
Und wenn rubbeln bleibt, würde ich auf das "kurz" verzichten.
Das Offenlassen der Beziehungshintergründe finde ich gelungen. Ein Kopfkinokurzfilm der feinen Art.
liebe Grüße smile
Dekollete
An diesem Wort kaómmt mir was falsch vor. Entweder aufs letzte "e" einen französischen Akzent oder
die deutsche Schreibweise nehmen? Dekolletee (hoffentlich hab ich jetzt nichts falsch gemacht...).
Hm, ich würde gern ein wenig mehr erfahren...
Neugierige Grüße
leonie
Hi Nifl,
deine Geschichte finde ich ausgesprochen gelungen. Obwohl du sachlich schreibst, ist man als Leser total involviert, das ist wirklich gekonnt.
Und was ich an deinen Texten sehr schätze, auch hier: die vielen kleinen Details.
Außer dem Kaugummisatz keinerlei kritische Anmerkungen.
Sehr gern gelesen!
Saludos
Mucki
deine Geschichte finde ich ausgesprochen gelungen. Obwohl du sachlich schreibst, ist man als Leser total involviert, das ist wirklich gekonnt.
Und was ich an deinen Texten sehr schätze, auch hier: die vielen kleinen Details.
Außer dem Kaugummisatz keinerlei kritische Anmerkungen.
Sehr gern gelesen!
Saludos
Mucki
Hallo ihr Lieben.
Eure zahlreiche Resonanz freut mich riesig. Ich wünsche allen natürlich auch einen gelungenen Jahresabschluss (dass ihr alle Rechnungen gefunden habt *hihi)… ä, nein...froh! froh! (o je, geht das schon wieder los?…)
Ich finde eure Antworten sehr spannend.
Den Tripplekaugau habe ich beschnitten.
Auch das Rubbeln gestrichen. Wobei mich das etwas schmerzte. Weil ich den Nachsatz sehr wichtig finde…die Berührung ist ihm unangenehm… eigentlich will er die Grenze zum "Somatischen" nicht überschreiten… aber er sieht sich gezwungen und dadurch macht er es "steif" als wollte er eine Oma trösten. Hm, muss ich noch drüber nachdenken.
Es ist sehr schön, wie tolerant ihr seid. Da kann sich der Nörgelnifl mal eine Scheibe von abschneiden. Ich hätte geschrieben: "Der Text schreit nach einem Ich-Erzähler!
Ein auktorialer und dann auch noch allwissend und wertend, was soll das denn?" ("Kein gutes Zeichen")… Oder: "wieso bleibt die er-Figur explizit "unsichtbar"?
Und: Rettet die schöne, deutsche Grammatik! Ein Satz besteht immer noch aus Subjekt, Prädikat und Objekt!
…. aber, um mir selbst zu antworten, ich wollte nicht ich *hihi und ich mag Gehacktes… finde in letzter Zeit alles Ausformulierte grausam "betulich". Deshalb.
Danke für die bestätigenden Kommentare und Verbesserungsvorschläge!
LG
Nifl
Eure zahlreiche Resonanz freut mich riesig. Ich wünsche allen natürlich auch einen gelungenen Jahresabschluss (dass ihr alle Rechnungen gefunden habt *hihi)… ä, nein...froh! froh! (o je, geht das schon wieder los?…)
Ich finde eure Antworten sehr spannend.
Den Tripplekaugau habe ich beschnitten.
Auch das Rubbeln gestrichen. Wobei mich das etwas schmerzte. Weil ich den Nachsatz sehr wichtig finde…die Berührung ist ihm unangenehm… eigentlich will er die Grenze zum "Somatischen" nicht überschreiten… aber er sieht sich gezwungen und dadurch macht er es "steif" als wollte er eine Oma trösten. Hm, muss ich noch drüber nachdenken.
Es ist sehr schön, wie tolerant ihr seid. Da kann sich der Nörgelnifl mal eine Scheibe von abschneiden. Ich hätte geschrieben: "Der Text schreit nach einem Ich-Erzähler!
Ein auktorialer und dann auch noch allwissend und wertend, was soll das denn?" ("Kein gutes Zeichen")… Oder: "wieso bleibt die er-Figur explizit "unsichtbar"?
Und: Rettet die schöne, deutsche Grammatik! Ein Satz besteht immer noch aus Subjekt, Prädikat und Objekt!
…. aber, um mir selbst zu antworten, ich wollte nicht ich *hihi und ich mag Gehacktes… finde in letzter Zeit alles Ausformulierte grausam "betulich". Deshalb.
Danke für die bestätigenden Kommentare und Verbesserungsvorschläge!
LG
Nifl
Hi Nifl,
schön, wenn sich der Autor selbst kritisiert...
Ist aber in diesem Fall gar nicht nötig, finde ich.
Eine Berührung des Rückens zu der er sich genötigt fühlt.....
In diesem Fall würde ich das Ganze als "tätscheln" bezeichnen, vielleicht. Oder als beiläufiges, kurzes Streichen mit dem Handrücken. (Komisch, den Handrücken finde ich weniger persönlich als die Innenseite oder die Fingerspitzen) Etwas "warm rubbeln" finde ich relativ intim, es dauert, etwas warm zu rubbeln und impliziert, das ich das tun möchte, mich damit befaße und eben diese Zeit investiere....
Nicole
schön, wenn sich der Autor selbst kritisiert...

Eine Berührung des Rückens zu der er sich genötigt fühlt.....
In diesem Fall würde ich das Ganze als "tätscheln" bezeichnen, vielleicht. Oder als beiläufiges, kurzes Streichen mit dem Handrücken. (Komisch, den Handrücken finde ich weniger persönlich als die Innenseite oder die Fingerspitzen) Etwas "warm rubbeln" finde ich relativ intim, es dauert, etwas warm zu rubbeln und impliziert, das ich das tun möchte, mich damit befaße und eben diese Zeit investiere....
Nicole
Hallo Nifl,
ich kann verstehen, dass du dem hier nachtrauerst:
Auch das Rubbeln gestrichen. Wobei mich das etwas schmerzte. Weil ich den Nachsatz sehr wichtig finde…die Berührung ist ihm unangenehm… eigentlich will er die Grenze zum "Somatischen" nicht überschreiten… aber er sieht sich gezwungen und dadurch macht er es "steif" als wollte er eine Oma trösten.
Ich hab das genau so gelesen, wie du es intendiert hast, und ich würde dieses Detail im Text auch vermissen, gerade weil es nochmal ausdrückt, wie sumpf eigenlich unter der Gefälligkeit das Verhältnis der beiden zueinander wird, weil er es ausführt wie man zur Arbeit geht (und ich der Meinung bin, dass diese Diskrepanz oft vorherrscht - irgendeine echte Zuneigung/Bindung muss zwischen den beiden dasein, sonst käme er nicht, aber auf die Weise, wie er kommen muss, ist es stumpf - das sehen viele in ihren Verhältnissen nicht; ich kann von mir z.B. sagen, dass ich genau aus diesem Grund nicht zu vielen Menschen ein Verhälnnis aufbauen kann, weil ich es schizophren und seelisch grausam finde, in einem Sinne, gegen den man machtlos ist und trotzdem "schuldig", obwohl der Wortgebrauch unangebracht und unsinnig ist.
Dshalb sehe ich die Streichung des Satzes nicht als die geeignete Lösung an - bisschen mehr Arbeit muss sein, denke ich. 8Ich habe gehört, mir fehl aber jeder Praxisbezug, dass man Sätze auch variieren sollen können kann getun kann! Jawoll!)
Liebe Grüße,
Lisa
ich kann verstehen, dass du dem hier nachtrauerst:
Auch das Rubbeln gestrichen. Wobei mich das etwas schmerzte. Weil ich den Nachsatz sehr wichtig finde…die Berührung ist ihm unangenehm… eigentlich will er die Grenze zum "Somatischen" nicht überschreiten… aber er sieht sich gezwungen und dadurch macht er es "steif" als wollte er eine Oma trösten.
Ich hab das genau so gelesen, wie du es intendiert hast, und ich würde dieses Detail im Text auch vermissen, gerade weil es nochmal ausdrückt, wie sumpf eigenlich unter der Gefälligkeit das Verhältnis der beiden zueinander wird, weil er es ausführt wie man zur Arbeit geht (und ich der Meinung bin, dass diese Diskrepanz oft vorherrscht - irgendeine echte Zuneigung/Bindung muss zwischen den beiden dasein, sonst käme er nicht, aber auf die Weise, wie er kommen muss, ist es stumpf - das sehen viele in ihren Verhältnissen nicht; ich kann von mir z.B. sagen, dass ich genau aus diesem Grund nicht zu vielen Menschen ein Verhälnnis aufbauen kann, weil ich es schizophren und seelisch grausam finde, in einem Sinne, gegen den man machtlos ist und trotzdem "schuldig", obwohl der Wortgebrauch unangebracht und unsinnig ist.
Dshalb sehe ich die Streichung des Satzes nicht als die geeignete Lösung an - bisschen mehr Arbeit muss sein, denke ich. 8Ich habe gehört, mir fehl aber jeder Praxisbezug, dass man Sätze auch variieren sollen können kann getun kann! Jawoll!)
Liebe Grüße,
Lisa
Zuletzt geändert von Lisa am 02.01.2008, 12:30, insgesamt 1-mal geändert.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Haiii Nifl
Nö nicht streichen, sondern ausarbeiten, hier kannst du doch dem Leser endlich zeigen, was die 2 verbindet, zumindest geschickter andeuten, was da zwischen denen läuft, brennt, erloschen ist, irgendwas muss ja sein, sonst wäre "er" nicht gekommen.
Mir ist das, so gut es auch geschrieben ist, zu kurz.
Lieben Gruß
ELsa
Dann streicht er ihr kurz über den Rücken., als wolle er ihn warm rubbeln.
Nö nicht streichen, sondern ausarbeiten, hier kannst du doch dem Leser endlich zeigen, was die 2 verbindet, zumindest geschickter andeuten, was da zwischen denen läuft, brennt, erloschen ist, irgendwas muss ja sein, sonst wäre "er" nicht gekommen.
Mir ist das, so gut es auch geschrieben ist, zu kurz.
Lieben Gruß
ELsa
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