Pan sapiens
Seit feststeht, dass die Schöpfung nicht geschöpft wurde und der Mensch nicht ihre Krone ist, vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht daran erinnert werden, dass wir eigentlich nur schachspielende Affen sind.
Neue Erkenntnisse erschüttern nun auch dieses Menschenbild. Zehn Jahre Experimente an lebenden Schachgroßmeistern haben es gezeigt: Wir schlagen nicht einmal eine halbe Portion verkabeltes Silizium. Nun droht auch Gefahr von einer anderen Front. In einer Studie zweier japanischer Wissenschaftler erwiesen sich Schimpansen beim Erinnern von Zahlenreihen College-Studenten deutlich überlegen. Dies ist umso beschämender, als die Affen bei dem Experiment nicht ganz bei der Sache waren: Hauptsächlich konzentrierten sie sich darauf, die Erdnüsse, die sie zur Belohnung für ein korrektes Experiment erhielten, zu verspeisen. Kein Zucken um ihre kauenden Mundwinkel verriet, ob sie wussten, dass sie den homo sapiens gerade in seine nächste Identitätskrise stürzten.
Doch statt in Depressionen zu verfallen, sollten wir uns vor Augen halten, dass Studenten sicher nicht die geeigneten Gegner für hochtrainierte Affen sind. Hätte man stattdessen Aldi-Kassiererinnen antreten lassen, hätte die Sache vielleicht schon ganz anders ausgesehen.
Und wenn nicht, so gibt es für unsere schlauen Verwandten bestimmt jede Menge lohnender Aufgaben. Vielleicht lassen sich die gelehrigen Schimpansen beispielsweise im Schachspielen ausbilden und halten uns so in Zukunft die lästigen Computer vom Halse, vielleicht können wir sie auch zum nächsten Pisatest schicken: Die deutschen Schüler hätten dann zwar ein kleines Problem mit der Körperbehaarung, wären aber Spitze im Rechnen. Ganz sicher aber ließe sich so mancher Politiker durch einen Affen ersetzen. Ein Finanzminister, der mit Zahlen umgehen kann, wäre doch wirklich mal eine Abwechslung (für manch anderes Kabinettsmitglied könnte vermutlich sogar schon altersschwacher Halbaffe einspringen). Kein Zucken um die Mundwinkel würde verraten, wenn uns unsere Regierung mal wieder für dumm verkaufte und als Diäten erhielte sie etwas, was diesen Namen wirklich verdient: Erdnüsse.
Hinweis: Dieser Text bezieht sich auf die hier geschilderten Experimente:
http://de.youtube.com/watch?v=xrIhdbrwy ... re=related
http://www.welt.de/wissenschaft/article ... tml?page=3
Eine Änderung auf Hinweis von Leonie (siehe unten); drei weitere auf Anraten Pjotrs (siehe auch unten), weitere gute Tipps habe ich von Sam und von Jürgen erhalten .. allen ein danke
Pan sapiens
Wahrscheinlich lachen sich die Schimpansen halbtot über uns. Und besser klettern können sie auch noch.
Lieber Max, ich habe das gern gelesen.
In der ersten Zeile irritiert mich das Wort Schöpfung, weil man normalerweise von der Erde als keiner Scheibe spricht. Warum Du "Schöpfung" wählst, erschließt sich erst durch den Begriff "Krone".
Kann man das noch anders lösen?
Im letzten Absatz finden sich ziemlich viele "vielleicht". Hierkönnte man es durch "zwar" ersetzen.
Deine Vorschläge zur Politik begrüße ich sehr, bin mir aber nicht sicher, ob dort nicht schon Affen (rasierte) sitzen...
Liebe Grüße
leonie
Lieber Max, ich habe das gern gelesen.
In der ersten Zeile irritiert mich das Wort Schöpfung, weil man normalerweise von der Erde als keiner Scheibe spricht. Warum Du "Schöpfung" wählst, erschließt sich erst durch den Begriff "Krone".
Kann man das noch anders lösen?
Im letzten Absatz finden sich ziemlich viele "vielleicht". Hierkönnte man es durch "zwar" ersetzen.
Die deutschen Schüler hätten dann vielleicht ein kleines Problem mit der Körperbehaarung, wären aber Spitze im Rechnen.
Deine Vorschläge zur Politik begrüße ich sehr, bin mir aber nicht sicher, ob dort nicht schon Affen (rasierte) sitzen...
Liebe Grüße
leonie
Hallo Max,
mir gefällt Dein Text ebenfalls, er klingt für mich wie eine professionelle, elegant formulierte Zeitungskolumne; gemessen an dieser hohen Latte fallen mir ein paar Winzigkeiten auf:
Seit feststeht, dass die Schöpfung keine Scheibe und der Mensch nicht ihre Krone ist, vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht daran erinnert werden, dass wir eigentlich nur Affen sind, die besonders gut Schach spielen können.
Der allerletzte affen-relativierende Halbsatz kommt in meinem Lesefluss etwas überraschend. Intuitiv habe ich nach "Affen sind" einen Punkt gelesen. Vielleicht könnte man den vorletzten Halbsatz so konstruieren, dass er eine noch folgende Relativierung erwarten lässt? Andererseits könnte man das auch so lassen, und mit dem unerwarteten letzten Halbsatz eine überraschende Wende anhängen (einige Komiker tun das ja ganz gerne: Johann König, der Unglaubliche Heinz etc.).
Zehn Jahre Experimente an lebenden Schachgroßmeistern haben gezeigt, dass wir auch dieses Spiel nicht genügend gut beherrschen, um eine halbe Portion verkabeltes Silizium zu schlagen.
Hier der gleiche Effekt. In meinem spontanen Lesefluss kam nach "beherrschen" ein Punkt. Der noch folgende Beherrschungs-relativerende Halbsatz wirkte auf mich überraschend.
Wie gesagt, nur Winzigkeiten.
wären aber Spitze im Rechnen
Schreibt man "Spitze" groß? (Bin mir nicht sicher.)
Den Klammersatz mit dem Kabinettsmitglied würde ich weglassen, um das Klischee der "dummen Politiker" nicht zu überdehnen, sonst könnte eventuell die bisherige Eleganz sich am Ende noch in eine Stammtisch-Atmo verwandeln. Eventuell. (Ist auch nur eine Winzigkeit.)
Salud
Pjotr
mir gefällt Dein Text ebenfalls, er klingt für mich wie eine professionelle, elegant formulierte Zeitungskolumne; gemessen an dieser hohen Latte fallen mir ein paar Winzigkeiten auf:
Seit feststeht, dass die Schöpfung keine Scheibe und der Mensch nicht ihre Krone ist, vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht daran erinnert werden, dass wir eigentlich nur Affen sind, die besonders gut Schach spielen können.
Der allerletzte affen-relativierende Halbsatz kommt in meinem Lesefluss etwas überraschend. Intuitiv habe ich nach "Affen sind" einen Punkt gelesen. Vielleicht könnte man den vorletzten Halbsatz so konstruieren, dass er eine noch folgende Relativierung erwarten lässt? Andererseits könnte man das auch so lassen, und mit dem unerwarteten letzten Halbsatz eine überraschende Wende anhängen (einige Komiker tun das ja ganz gerne: Johann König, der Unglaubliche Heinz etc.).
Zehn Jahre Experimente an lebenden Schachgroßmeistern haben gezeigt, dass wir auch dieses Spiel nicht genügend gut beherrschen, um eine halbe Portion verkabeltes Silizium zu schlagen.
Hier der gleiche Effekt. In meinem spontanen Lesefluss kam nach "beherrschen" ein Punkt. Der noch folgende Beherrschungs-relativerende Halbsatz wirkte auf mich überraschend.
Wie gesagt, nur Winzigkeiten.
wären aber Spitze im Rechnen
Schreibt man "Spitze" groß? (Bin mir nicht sicher.)
Den Klammersatz mit dem Kabinettsmitglied würde ich weglassen, um das Klischee der "dummen Politiker" nicht zu überdehnen, sonst könnte eventuell die bisherige Eleganz sich am Ende noch in eine Stammtisch-Atmo verwandeln. Eventuell. (Ist auch nur eine Winzigkeit.)
Salud
Pjotr
Hi Pjotr,
das hat sich überschnitten.
Erstmal danke fürs Lesen und Loben. Die beiden Halbsätze sind tatsächlich ein wenig außer Atem, aber sie beziehen sich aufeinander (was es an sich nicht besser macht) und ich wollte anscheinend unbedingt die halbe Portion verkabeltes Silizium noch unterbringen. Vielleichtt geht das ja auch noch anders.
Mit dem Klammersatz hast Du vermutlich recht. Er ist eine Senke. Also werde ich mal drüber nachdenken ihn zu streichen.
Liebe Grüße
Max
das hat sich überschnitten.
Erstmal danke fürs Lesen und Loben. Die beiden Halbsätze sind tatsächlich ein wenig außer Atem, aber sie beziehen sich aufeinander (was es an sich nicht besser macht) und ich wollte anscheinend unbedingt die halbe Portion verkabeltes Silizium noch unterbringen. Vielleichtt geht das ja auch noch anders.
Mit dem Klammersatz hast Du vermutlich recht. Er ist eine Senke. Also werde ich mal drüber nachdenken ihn zu streichen.
Liebe Grüße
Max
P.S.:
Vielleicht so?
Seit feststeht, dass die Schöpfung keine Scheibe und der Mensch nicht ihre Krone ist, vergeht kaum ein Tag ohne Erinnerung daran, dass wir eigentlich nur schachspielende Affen sind.
Und so?
Zehn Jahre Experimente an lebenden Schachgroßmeistern haben es gezeigt: Wir schlagen nicht einmal eine halbe Portion verkabeltes Silizium.
Vielleicht so?
Seit feststeht, dass die Schöpfung keine Scheibe und der Mensch nicht ihre Krone ist, vergeht kaum ein Tag ohne Erinnerung daran, dass wir eigentlich nur schachspielende Affen sind.
Und so?
Zehn Jahre Experimente an lebenden Schachgroßmeistern haben es gezeigt: Wir schlagen nicht einmal eine halbe Portion verkabeltes Silizium.
Hallo Max,
flüssig und gut lesbar geschrieben
.
Es ist schon seltsam. Wir Menschen sind so intelligent, bekommen aber unsere Problemchen, wenn wir die Möglichkeit sehen, jemand anderes könnte noch schlauer sein. Vielleicht ist das doch nicht so überraschend, wie man erst denkt. Jeder Hund kann besser riechen, jeder Greifvogel besser sehen, jedes Eichhörnchen besser klettern als wir. Die Intelligenz war immer die Überlebensgarantie des Menschen gewesen, Da zuckt man schon zusammen, wenn man vom ersten Platz verdrängt werden könnte, und sei es auch nur beim fotografischen Gedächnis (um nichts anderes ging es bei diesem Test)
Diese Formulierung wirkt etwas sperrig:
Stellung geht sicher, besser erscheint mir aber "erschüttern dieses Weltbild" oder "erschüttern dieses Menschenbild".
Ansonsten sauber geschrieben.
Guten Rutsch ins neue Jahr
Jürgen
flüssig und gut lesbar geschrieben

Es ist schon seltsam. Wir Menschen sind so intelligent, bekommen aber unsere Problemchen, wenn wir die Möglichkeit sehen, jemand anderes könnte noch schlauer sein. Vielleicht ist das doch nicht so überraschend, wie man erst denkt. Jeder Hund kann besser riechen, jeder Greifvogel besser sehen, jedes Eichhörnchen besser klettern als wir. Die Intelligenz war immer die Überlebensgarantie des Menschen gewesen, Da zuckt man schon zusammen, wenn man vom ersten Platz verdrängt werden könnte, und sei es auch nur beim fotografischen Gedächnis (um nichts anderes ging es bei diesem Test)
Diese Formulierung wirkt etwas sperrig:
Neue Erkenntnisse erschüttern nun auch diese Stellung
Stellung geht sicher, besser erscheint mir aber "erschüttern dieses Weltbild" oder "erschüttern dieses Menschenbild".
Ansonsten sauber geschrieben.
Guten Rutsch ins neue Jahr
Jürgen
Hallo Max,
eine witziger und frecher Text. Aber wie Leonie stört mich die Schöpfung am Anfang. Du opferst um einer gewissen Pointe willen die Sinnhaftigkeit deiner Aussage. Niemand sagt Schöpfung, wenn er die Erdkugel meint. Allerdings ist es erstaunlich, wieviel Menschen noch das Wort Schöpfung gebrauchen, obwohl sie nicht an eine Schöpfung, sondern an die Evolution glauben. Wenn man diesen Gedanken mit einbindet, dann könnte der erste Satz vielleicht lauten:
- Seit feststeht, dass die Schöpfung eigentlich gar keine ist und der Mensch somit auch nicht ihre Krone, vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht daran erinnert werden, dass wir eigentlich nur schachspielende Affen sind. -
Im Übrigen habe ich keine Probleme damit, dass es Affen gibt, die besser zählen können als Menschen. Solange ich noch keinen guten Text gelesen habe, der von einem Affen geschrieben wurde, gönne ich mir weiterhin das Gefühl, den haarigen Kollegen etwas voraus zu haben.
Liebe Grüße
Sam
eine witziger und frecher Text. Aber wie Leonie stört mich die Schöpfung am Anfang. Du opferst um einer gewissen Pointe willen die Sinnhaftigkeit deiner Aussage. Niemand sagt Schöpfung, wenn er die Erdkugel meint. Allerdings ist es erstaunlich, wieviel Menschen noch das Wort Schöpfung gebrauchen, obwohl sie nicht an eine Schöpfung, sondern an die Evolution glauben. Wenn man diesen Gedanken mit einbindet, dann könnte der erste Satz vielleicht lauten:
- Seit feststeht, dass die Schöpfung eigentlich gar keine ist und der Mensch somit auch nicht ihre Krone, vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht daran erinnert werden, dass wir eigentlich nur schachspielende Affen sind. -
Im Übrigen habe ich keine Probleme damit, dass es Affen gibt, die besser zählen können als Menschen. Solange ich noch keinen guten Text gelesen habe, der von einem Affen geschrieben wurde, gönne ich mir weiterhin das Gefühl, den haarigen Kollegen etwas voraus zu haben.
Liebe Grüße
Sam
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