cocktail

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Chiquita

Beitragvon Chiquita » 10.12.2007, 16:19

cocktail




wie früh es dämmert
der affe vor der spiegelwand
schlägt kreischend purzelbäume
aus einem strohhalm sauge ich
geschmackvolle chemie
in meine mundhöhle
der alkohol betäubt mich nicht
denke ich, er macht mich wacher
ich bin zwar kein philologe
aber wenn was falsch aussieht
dann kriegt meine
dichterseele eine negative
erektion
möglich, dass ich morgen
mit tränensäcken aufwache, wenn
ich weiter an diesem strohhalm
ziehe
ich stelle mir vor, dass ich meine
tränen mit der zungenspitze
auffange
riesenaquarien voll tränen hinter
meiner stirn, in denen meeresschild-
kröten paddeln
bald brülle ich vor durst
wie ein baby
bald pinkele ich, was in mir steckt
stundenlang stehe ich an die
deckenschräge gelehnt
über der kloschüssel und
höre es plätschern
vor 13 milliarden jahren entstand
das universum
vor gut 4 milliarden jahren
machte sich unsere sonne an die
arbeit
vor 40 jahren war ich auf dem
weg
in diese welt
voller tränen
voller tränenmeere
was für ein elendes gesöff, das
ich hier und jetzt mit einem
trinkhalm
einsauge





28.10.2002

Catrin

Beitragvon Catrin » 16.01.2008, 09:11

Hallo Chiqu,

ich finde, dieses Gedicht passt sehr gut zu "8 Uhr"!
Es ist das notwendige Gegenstück. "20 Uhr" ;-)
Das Lebensgefühl kommt klar rüber. Richtig ansteckend!
Bei beiden habe ich stark den Eindruck von Authentizität.
(Bei den andern Sachen, die ich von dir gelesen habe, ist ein Anspruch drin oder ein Affront.)

Grüße, Catrin

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 16.01.2008, 20:44

Lieber Chiqu!

Ich finde den Text einfach nicht ausgereift, ja unter dem Niveau, was du sonst schriebst, wenn ich es mal gelinde sage.

Moshe

Caty

Beitragvon Caty » 18.01.2008, 09:54

Chiquita, du beschreibst hier, wie einer sich systematisch besäuft. Er steht vor dem Spiegel und heult dabei. Der Ausflug ins All ist realistisch, weist auf die beschädigte Seele hin. Ich finde den Text gut geschrieben und sehr realistisch. Als Gedicht aber reicht er mir nicht aus, mir fehlt ein bisschen das, was die Wandlung andeutet. Du kannst natürlich sagen, der will gar nicht aufhören zu saufen. Aber genau das ist es, was ich ihm nicht abnehme. Immerhin erkennt er, dass ihn sein Gesöff versklavt und zerstört. Da ist nach meinem Eindruck nichts als der pure Katzenjammer.
Ich bin ein bisschen gespalten bei diesem Gedicht. Caty


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