über die stimme springt ein reh

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 02.12.2007, 13:54

 


himmel

noch mal:

himmel

kann jemand für mich fluchen?
bitte

über die stimme springt ein reh

oben stehen falsche hoffnungen
schlagen um sich mit engelsgeduld
brechen das kreuz

ein heiligenschein wird als ufo gesichtet
vom tal ein wunder, der berg fühlt sich nackt

ich trage splitter über die wolken
zu kalt luft, licht und l(i)eben (klammern wir das aus)
klebe kleine können aneinander
baue ein haus, wärme das bild, warte mir den wolf


heile, heile, segen

noch mal:

verdammt und zugehört!

ich vermisse dich

entschuldige
drachen schlucken ihre tränen besser




"mir jemand" in "jemand für mich" geändert. danke Elsa
 
Zuletzt geändert von Ylvi am 07.12.2007, 07:16, insgesamt 1-mal geändert.

Perry

Beitragvon Perry » 05.12.2007, 18:03

Hallo smile,
gelungenes Bild, dieses über die Stimme springende Reh. Ich kann das "Überschlagen" der Stimme gut heraushören.
Mit dem "fluchenden Himmel" kann ich zwar nicht soviel anfangen, dafür enthält der Mittelteil aber ein paar klasse Wendungen (ein heiligenschein wird als ufo gesichtet bzw. klebe kleine können aneinander).
LG
Manfred

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 06.12.2007, 14:17

Hallo Manfred,

danke, dass du dieses Gedicht mal wieder aus der Kommentarlosigkeit geholt hast und auch für die "klasse Wendungen", das freut mich. :-)
(Beim Reh allerdings dachte ich mir das anders. :confused: Denn es springt ja nicht die Stimme wie ein Reh, sondern die Stimme ist so leise und sanft, dass ein Reh darüberspringt ohne sie zu bemerken oder Angst vor ihr zu bekommen. Und es flucht ja auch nicht der Himmel. Das "Ich" will fluchen, schafft es aber nicht, siehe Stimme.)

liebe Grüße smile

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 06.12.2007, 14:59

Liebe smile,

ich habe es auch nicht gesehen, wie schade, hätte ich es nie gesehen!

Ich finde es fantastisch, bis auf:
kann mir jemand fluchen?
bitte
das empfinde ich als zu umgangssprachlich für die Eleganz des Textes.

Warum nicht:

kann jemand für mich fluchen?
bitte


Lieben Gruß
ELsa
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 07.12.2007, 07:13

Hallo Elsa,

das freut mich sehr, sehr :-) Danke.

Deinen Vorschlag übernehme ich gerne, war mir da auch nicht sicher.

liebe Grüße smile

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Beitragvon Elsa » 07.12.2007, 09:35

Liebe smile,

so finde ich das viel ausgewogener!

Achja, meine Lieblingszeile, die berührt:
entschuldige
drachen schlucken ihre tränen besser
Fein!

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Maija

Beitragvon Maija » 07.12.2007, 16:26

Liebe smile,

Deine Sprache spricht mich an und berührt mich stark.

ich trage splitter über die wolken
zu kalt luft, licht und l(i)eben (klammern wir das aus)


Ganz große Klasse finde ich diese Idee!

Gruß, Maija

Gast

Beitragvon Gast » 08.12.2007, 17:59

Liebe smile,

Maija schreibt - und führt ein Bespiel an - dass sie deine Ideen im Text ganz große Klasse findet.

dem kann ich mich gern anschließen. :smile:

Dennoch, oder gerade wegen des Ideenreichtums, der mir inhaltlich noch nicht im Text fest genug zusammenhält ist der Text für mich unrund noch unfertig.

Wenn ich mal mit einem ;-) folgende Aufagbe stellen darf:

fertigen Sie aus folgenden Begriffen einen lyrischen Beziehungstext:
Reh, Stimme, Ufo, Splitter, Fluchen, Engelsgeduld, Drachen, Tränen, Hoffnung.

Verstehst, du was ich meine, mit innerem Zusammenhalt?

Gerade der Titel kommt mir so vor, als hätte dieser außergewöhnliche Einfall Verwendung finden müssen, ich finde im Text nichts (außer der Wdhlg.), womit ich diesen Titel in Verbindung bringen könnte.

Ich weiß, du hast weiter oben erläutert, dass es dir darum geht, zu sagen, dass die Stimme weich und sanft klingt.
Das lese ich nicht. Für mich ist das bild einen springendes Rehs nicht mit einer sanften Stimme in Einklang zu bringen, sondern mit Flucht vor Verfolgern, also mit Bewegung und nicht mit Sprache.

Ich glaube sogar, wenn dieser Titel und die Wdhlg. im Text wegfielen, käme mir dein Text ein Stück näher.

Stark ist auf jeden Fall, dass Drachen ihre Tränen besser schlucken ... obwohl ich überlege gerade, ob die Spezies der (Haus)drachen überhaupt Tränen hat ... ;-)

Aso insgesamt für mich noch ein Text, der etwas Bearbeitung vertragen könnte.
Selbst dann wenn er Zerissenheit ausdrücken soll.


Liebe Grüße
Gerda

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 08.12.2007, 19:34

Hallo Gerda,

Wenn ich mal mit einem folgende Aufagbe stellen darf:

fertigen Sie aus folgenden Begriffen einen lyrischen Beziehungstext:
Reh, Stimme, Ufo, Splitter, Fluchen, Engelsgeduld, Drachen, Tränen, Hoffnung.

Das ist eine gute Aufgabe, würde mich auch interessieren, was da für Gedichte rauskommen. :nicken:

Ich fürchte ich sehe den inneren Zusammenhalt genau im Titel.
Für mich ist das bild einen springendes Rehs nicht mit einer sanften Stimme in Einklang zu bringen, sondern mit Flucht vor Verfolgern, also mit Bewegung und nicht mit Sprache.

:confused: Aber es heißt doch nicht:
die Stimme flüchtet oder springt wie ein Reh

Die geraden Zeilen sind vom LIch gesprochen. (Vielleicht hörst du sie anders, als ich sie spreche? Das Wort "Himmel" kann doch sehr unterschiedlich klingen.)
Die kursiven Zeilen sind Gedanken, Reflexionen des LIch über seine Situation, seine Vorstellungen.

Also für mich ist das alles sehr logisch. :pfeifen:
Und das wichtigste ist doch, dass das LIch es schafft seinen Satz dem LDu zu sagen.
"Ich vermisse dich"
Und dieser eher unspektakuläre Satz war auch der Ausgangspunkt für das Gedicht, das Reh ist erst hinterher gesprungen.

Selbst dann wenn er Zerissenheit ausdrücken soll.

Sollte er nicht. :blink1: Eher ein "Mutig werden".

Ich danke dir für deine Einschätzung. Immerhin findest du ja die Ideen klasse. ;-) Ich werde über deine Einwände nachdenken.


Elsa und Maija, danke. Freut mich das zu lesen.


liebe Grüße smile

Gast

Beitragvon Gast » 08.12.2007, 20:02

Hm, dann interpretiere ich deinen Text völlig anders, als du intendiert hast, liebe smile, denn mir war schon klar, das das kursiv Gesetzte die Gedanken des Lyrichs sind und das andere Gesprochen.
Aus diesem "Wechselbad" meine ich ja auch, Zerissenheit zu spüren.

Ich habe auch nicht gelesen, dass die Stimme wie ein Reh springt, sondern dass ein Reh über die Stimme springt und weiß nicht was es bedeuten soll.

Was wäre denn, wenn du dieses Passus fort lässt?
Ändert es etwas am Gehalt?
Das sehe ich nicht - was nicht heißt, dass der Unterschied nicht da ist.

Vielleicht sind es auch einfach zu viele Bilder ... (für mich)
Übrigens ist "sich den wolf warten", ist ganz toll, (fällt aber atmosphärisch raus, klingt zu salopp im Kontext, finde ich, übrigens habe ich den Wolf oben in meiner "Aufgabe" sogar noch vergessen) ;-)

Kann sein, den vielen unterschiedlichen Bildern fehlt Luft zu atmen ...
Ich bin sehr unsicher und es ist ganz sicher keine "Einschätzung", die ich abgebe, sondern eine Meinung. :smile:

Liebe Grüße
Gerda

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 08.12.2007, 21:05

Hallo Gerda,

Ich habe auch nicht gelesen, dass die Stimme wie ein Reh springt, sondern dass ein Reh über die Stimme springt und weiß nicht was es bedeuten soll.

Was wäre denn, wenn du dieses Passus fort lässt?
Ändert es etwas am Gehalt?
Das sehe ich nicht - was nicht heißt, dass der Unterschied nicht da ist.

Stell dir die Stimme vor: klein, zart, leise, hauchend, lieb, süß...getarnt auf den Blättern liegend. Da kommt ein Reh daher und bemerkt sie nicht. Springt einfach drüber weg.
Nein, weglassen kann ich das nicht. Das ist doch für das Verständnis des LIch entscheidend, zumindest, wenn man es versteht. :12:

Der Wolf gehört auch zu diesem Sprachbild dazu, bezieht sich auf das Reh. Das LIch verharrt in diesem Warten so lange, bis es sich laut, stark genug fühlt, um sich Gehör zu verschaffen, das Reh zu erschrecken.

Ich bin sehr unsicher und es ist ganz sicher keine "Einschätzung", die ich abgebe, sondern eine Meinung.

Also, dann danke für deine Meinung, wahrscheinlich bist du damit nicht allein. :rolleyes: Vielleicht brauchen die Bilder auch nur Zeit, um sich als Gesamtbild zu zeigen? Oder sie finden sich irgendwann in neuen Gedichten wieder.


liebe Grüße smile

Gast

Beitragvon Gast » 08.12.2007, 21:14

Liebe smile,

aha, ich glaube, jetzt dämmert mir etwas, hat dich Zefiras Text, " Wie ich zweitstimmig wurde" zu deinem Text inspiriert?

Betrachtest du die Stimme als Wesen - als Lyrich?

Ach, das ist bestimmt ganz falsch. :confused:

Ich schlafe besser mal Nacht über dem Text.

Abendgrüße
Gerda

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Beitragvon Ylvi » 08.12.2007, 21:52

Zefiras Text hat mir sehr gut gefallen, aber er war nicht die Inspiration.

Ich betrachte die Stimme schon als Teil des LIch. Leg also ein kleines, zartes...Ich dazu. Die Stimme vermittelt, erzeugt ja auch einen Teil des Bildes, das man sich von einem Menschen (sich selbst) macht.

Ich schlafe besser mal Nacht über dem Text.

Das ist ja schon fast eine Gedichtzeile. ;-)
Vielleicht "Ich schlafe Nacht über den Text."

Nachtgrüße smile

edit: ich freue mich sehr, dass du dir gedanken über den text machst, danke fürs nachfragen!

Gast

Beitragvon Gast » 09.12.2007, 11:31

Liebe smile,

ich habe Nacht drüber geschlafen ;-) .
Ich versuche jetzt mal abschnittweise etwas zu sagen


smile hat geschrieben:


himmel

noch mal:

himmel

kann jemand für mich fluchen?
bitte

über die stimme springt ein reh


Soll das heißen, dass sich die Stimme zurückzieht, klein wird?
Das kann ich aber nur erraten, auf Grund deiner bisherigen Ausführungen.
Dennoch, ich weiß nicht weshalb, vielelicht nur, weil ich es immer und immer wieder gelsen habe, meine ich dass diese Aussage etwas Spezielles, Außergewöhnliches hat und in einem anderen Kontext vollends zur Geltung kommen könnte.( (Du gabst schon den Hinweis auf "andere" Gedichte.
oben stehen falsche hoffnungen
schlagen um sich mit engelsgeduld
brechen das kreuz


Können falsche Hoffnungen mit Engelsgeduld um sich schlagen?
Oder ist es nicht so, dass Engelsgeduld gerade nicht "Schlagen" beinhaltet?

smile hat geschrieben: ein heiligenschein wird als ufo gesichtet
vom tal ein wunder, der berg fühlt sich nackt


Den ersten Teil finde ich gekonnt, vielleicht ein bisschen pastos, zum Heiligenschein auch noch "wunder" hinzugefügt.
Nur wie habe ich das im Kontext zu lesen?
Da ist die sensible zarte Stimme des Lyrichs, die sich im weiteren ein wenig traut etwas zu äußern ...
Ich komme damit (noch) nicht zurecht.

smile hat geschrieben: ich trage splitter über die wolken
zu kalt luft, licht und l(i)eben (klammern wir das aus)
klebe kleine können aneinander
baue ein haus, wärme das bild, warte mir den wolf


Hier beeindrucken mich, wahrscheinlich weil ich es inhaltlich als zu dem, was ich verstehe zugehörig lesen kann, die "kleinen Können" sehr und da passt auch (nach meinem Verstehen), das "Warten" und "Haus bauen" sowie "Bild wärmen"
smile hat geschrieben:
heile, heile, segen


diesen Satz finde ich obsolet, ist mir zu abgedroschen und erinnert natürlich an "Heile, heile Gänschen, es wird bald wieder gut"

smile hat geschrieben:
noch mal:

verdammt und zugehört!

ich vermisse dich

entschuldige
drachen schlucken ihre tränen besser


Der Schluss, insgesamt ist sehr ausdrucksstark.

Meine Interpretation, wäre folgende:

Esgibt es eine Lyrich, das dem Du nur mit Mühe sagen kann, dass es das Du vermisst ... eigentlich würde ich darauf tippen, dass dieses "ich vermisse dich" sogar für "ich liebe dich" Platzhalter ist.

Lyrich traut sich unter den Qualen der selbstreflektierenden Gedanken, die etwas verworren, wie Traumsequenzen hervorquellen, "es" dann doch auszusprechen.



Liebe Sonntagsgrüße
Gerda :smile:


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