Zug der Sonnenvögel

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 15.11.2007, 14:45

Zug der Sonnenvögel


Hörst du ihre heiseren Rufe
wenn sie aufbrechen
zu den lichten Wäldern im Süden

Reihe dich ein in die Formation
im Schutz ihrer Flügel
findest du den Weg zum Pinienhain

Dann harre ich in leichtem Schlaf
dem Morgen ihrer Rückkehr
mit dem Trompeten des Frühlings

Anton

Beitragvon Anton » 15.11.2007, 20:25

Gefällt mir gut;

einige, ein wenig abgegriffene Ausdrücke(z. B. der 'Pinienhain') sind, wie ich finde, zweideutig verwendet, im Sinne von: Wenn dir die 'lichten Wälder im Süden' noch nicht dunkel/über sind, so glaube auch ich noch an die 'Trompeten des Frühlings'. . .

Grüße,
Anton

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 16.11.2007, 08:07

Hallo Manfred,

ein Vogelgedicht :pfeifen:. Es ist erbaulich zu sehen, dass ich deines auch nicht verstehe. ;-)

Und das fängt schon beim Titel an. Sonnenvögel ziehen nicht. http://www.world-of-animals.de/Tierlexikon/Tierart_Sonnenvogel.html

Oder dachtest du an Kraniche? Oder gibt es in der Mythologie irgendwelche Sonnenvögel, deren Bedeutung mir nicht bekannt ist?

Zur übertragenen Ebene: ich verstehe nicht, weshalb das Du zum Pinienhain im Süden fliegen soll. Das Ich schläft leicht bis die Vögel wiederkommen? Und das Du, bleibt es bei den Pinien?

liebe Grüße smile

Perry

Beitragvon Perry » 17.11.2007, 11:31

Hallo Anton,
der Pinienhain ist die bildliche Fortführung der lichten Wälder und ist wichtig für die Aussage des Gedichts. Das "Trompeten des Frühlings" ist auf das heisere Trompeten der Kraniche (Sonnenvögel) zurückzuführen.
Freut mich, dass dir die Zeilen gefallen haben.
Danke und LG
Manfred

Hallo Smile,
die chinesischen Sonnenvögel sind hier nicht gemeint, sondern die mystische Bezeichnung der Kraniche. Es ist die Seele des LyrDu, die im Schutz der Sonnenvögel zum Tor ins Jenseits (Pinienhain) fliegt. Die Gewissheit, dass es so gut ankommt, lässt das LyrIch "leichter" schlafen und auf die Rückkehr der Kraniche im Frühling warten.
Danke für dein Interesse und LG
Manfred

Anton

Beitragvon Anton » 17.11.2007, 13:57

Hallo Perry,

die Erklärungen fügen dem Gedicht noch eine weitere Dimension hinzu, die ich so nicht gesehen habe.


Grüße,

Anton

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 17.11.2007, 20:56

Hallo Manfred,

Es ist die Seele des LyrDu, die im Schutz der Sonnenvögel zum Tor ins Jenseits (Pinienhain) fliegt. Die Gewissheit, dass es so gut ankommt, lässt das LyrIch "leichter" schlafen und auf die Rückkehr der Kraniche im Frühling warten.

Ich habe dies so im Gedicht nicht gelesen. Zum einen, weil ich mit einem Pinienhain nicht das Jenseits verbinden würde, der Kranich mir in diesem Zusammenhang nicht bekannt war, vor allem aber wohl deshalb, weil ich nicht verstehe, weshalb das LIch dann auf die Rückkehr der Kraniche wartet.

liebe Grüße smile

Perry

Beitragvon Perry » 18.11.2007, 11:57

Hallo Anton,
freut mich, dass du mit meiner Erläuterung was anfangen konntest.
LG
Manfred

Hallo smile,
mag sein, dass Kraniche als mystische Sonnenvögel und der Pinienhain als Metapher fürs Jenseits nicht so bekanmnt sind.
Für das LyrIch sind sie es jedenfalls und sie bringen ihm mit ihrem Trompeten im Frühjahr die Botschft, dass das LyrDu gut angekommen ist.
Danke für dein Interesse und LG
Manfred

Ramona_L

Beitragvon Ramona_L » 18.11.2007, 23:18

Grüß Dich Perry,

soweit ich weiß haben die Kraniche eine vielfältige Bedeutung,
Symbolik ...
in der ägypthischen Mythologie galten sie als Sonnenvogel, dienten als
Grabbeigabe und wurden auch verzehrt.
Dann ist da noch die griechische und keltische Mythologie, ... im chinesischen Kaiserreich
stand der Kranich für Weisheit und ein langes Leben, an dessen Ende die Seele des
Verstorbenen auf dem Rücken eines Kranichs zum Himmel getragen wurde ...
auch in Japan ist der Kranich ein Zeichen für Langlebigkeit und desweiteren ein Symbol
der dortigen Friedensbewegung, seit den Atombombenabwürfen ... Origami-Kraniche sind
sehr bekannt dafür.

Die Pinie ist in der Symbolik vor allem als "Baum des Lebens" bekannt,
siehe in der Bibel, in der Kabbala, in der Mythologie ...
auch kennt man die Pinie in Zusammenhang mit dem Weltenbaum,
siehe auch bei Schamanismus ...

Es ist sehr viel, was in Deinem Gedicht aufeinanderprallt ...
und in gewisser Weise ist da für mich eine Doppelung von Kranich und Pinienhain,
was ich sehr üppig finde ...

Und ein ganz klein wenig stört mich das technisch und sehr sachlich
wirkende Wort "Formation" ... und auch die "Trompeten" - waren es nicht
Fanfaren oder Posaunen, die früher den Boten ankündigten, der sich dem Schloss näherte ?

:rolleyes:

Herzliche Grüße,
Ramona

Perry

Beitragvon Perry » 19.11.2007, 07:48

Hallo Ramona,
freut mich, dass du die mystischen Bedeutungen in meinem Text so genau aufgebröselt hast. Leider hast du den Begriff "Hain" nicht miteinbezogen, weil gerade er ja für einen "religöen kultgeweihten baumbestandenen Bereich" steht.
"Formation" steht hier für den Keilflug der Kraniche aber auch sinnbildlich für einen Trauerzug und greift damit den Titel symbolisch wieder auf. Über den poetischen Klang kann man aber durchaus geteilter Meinung sein. Was die Trompeten anbelangt, haben sie mir gefallen, weil sie den Ruf der Kraniche und das Bild der Frühligsblumenkelche in sich vereinen. Aber wie so Vieles ist das eben auch Geschmackssache.
Danke für die intensive Auseinandersetzung mit den Zeilen, ich werde gern über deine Anmerkungen nachdenken.
LG
Manfred


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