Schwebend/ down to Earth

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.11.2007, 11:13

neue Fassung

I

schwebend

der schwarzmilan schreibt in den wolken
über mangrovenwäldern kreist er. sein ruf
hebt an die starre linie. horizont. die zeit
zu ziehen. zwischen welt und nacht
reist im muschelseidenlicht die kunde

in der tundra steht sie: eine birke
lehnt sich in den wind. sie trägt
ein kleid aus weißen blättern
der milan zeichnet federzart in zimt

in ihren zweigen ist ein himmel geborgen
erzählt das licht. adern wachsen ins leichte
aus seiner stimme wird ein bild. die schwingen
atmen einen schatten übers land ~ er sinkt
in ihren ~ sie verwehen die grenzen im sand



erste Fassung


Ι

Schwebend


der Schwarzmilan schreibt in den Wolken
über Mangrovenwäldern kreist sein Ruf
hebt an die starre Linie, Horizont, die Zeit
zu ziehen, zwischen Welt und Nacht
reist im Muschelseidenlicht die Kunde

in der Tundra steht sie, eine Birke
lehnt sich in den Wind, sie trägt
ein Kleid aus weißen Blättern
seine Federn zeichnen in Zimt

in ihren Zweigen ist ein Himmel geborgen
erzählt das Licht, Adern wachsen ins Leichte
aus seiner Stimme wird ein Bild, die Schwingen
atmen einen Schatten übers Land, er sinkt…
in ihren, verwehen die Grenzen im Sand



II

down to Earth


there's never enough
reason to travel
beyond doubt
I never heard of a bird loving a tree
or shadows creating orgasmic waves
clouds are clouds are clouds
that's all there is to see

(honey…whisper cinnamon words to me)



Änderungen in "schwebend" auf Gerdas Hinweise hin.
Zuletzt geändert von Ylvi am 06.01.2008, 11:23, insgesamt 1-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 13.11.2007, 11:45

Dank sneakys poetenmist hat sich hier noch etwas dazugefunden. :-)

Perry

Beitragvon Perry » 14.11.2007, 15:51

Hallo Smile,
bevor ich mich weiter mit dem Text auseinandersetzte wüsste ich gern was er mit Liebe zu tun hat.
Außerdem bekomme ich Mangrovenwald und Tundra nicht unter einen Hut, es sei denn, du möchtest ein Weltbild zeichen, wozu mir aber dann ein verbindendes Element fehlt.
LG
Manfred

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.11.2007, 20:00

Hallo Manfred,

:eek: ich hatte ja mit allem gerechnet ... aber nicht damit, dass man nicht erkennt, dass es um Liebe geht. Mmmhh, also ich weiß gar nicht recht, wie ich das erklären soll, ohne das Gedicht nochmal zu schreiben.
Es geht wohl um Sehnsucht, Entfernungen, Möglichkeiten, Annäherungen, Worte, Bilder, Vorstellungen. Das verbindende Element auf dieser Welt ist... die Liebe. :herzchen: Selbst wenn zwischen Mangrovenwald und Tundra (der Schwarzmilan ist in beiden Gebieten zu finden) sowohl kilometermäßig als auch im übertragenen Sinn, wohl ein weiter Weg liegt. Es ist ein Märchen, oder auch nicht, der englische Teil gehört dazu (oder auch nicht). Aber vermutlich sehe nur ich die Zusammenhänge so glasklar vor mir. :rolleyes:
(Hilfe, sieht das wirklich niemand?)

Dir jedenfalls vielen Dank, dein Kommentar war sehr wertvoll für mich. Zeigt er mir doch mal wieder, wie schwierig es ist, verstanden zu werden.
Ich freu mich natürlich, wenn du noch etwas dazu schreibst.

liebe Grüße smile

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leonie
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Beitragvon leonie » 14.11.2007, 22:09

Liebe smile,

der zweite Teil kann für mich auch ohne den ersten bestehen. Er trägt das Geheimnis in sich, benennt es nicht. Gut, es ist die Frage, ob die "cinnamon words" die Entschlüsselung durch den ersten Teil brauchen, ich glaube nicht unbedingt...

Der erste Teil spricht, aber die Bilder machen es schwer, die Distanz zu überbrücken, welche die Liebe ganz locker meistert. Da geht es mir ähnlich wie Manfred.

Liebe Grüße

leonie

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.11.2007, 10:41

Hallo Leonie,

Der erste Teil spricht, aber die Bilder machen es schwer, die Distanz zu überbrücken, welche die Liebe ganz locker meistert.

Das ist eine sehr schöne Beobachtung. Es verhält sich mit den beiden Teilen tatsächlich so, dass das vermeintlich leichte "schwebend" einen schweren, dunkleren Klang in sich trägt und das "down to earth", bodenständige, geerdete das Geheimnis, als sei es ein Leichtes, Helles.
Ich denke deiner Feststellung, dass Liebe diese Distanz locker meistern oder überbrücken könnte, widersprechen die Gedichte.
Vielleicht ist es auch die Schwierigkeit, dass man bei Bildern, die einem selbst so vertraut sind, so natürlich sprechen, als Autor nicht mehr sehen kann, was die Worte ohne diese "Verknüpfung" sagen.
Deshalb finde ich es sehr wichtig, diese Rückmeldungen zu erhalten.

Danke, liebe Grüße smile

Perry

Beitragvon Perry » 15.11.2007, 14:15

Hallo Smile,
nun gut, den 2. Teil könnte ich, wenn auch nur schwer- als Liebesgedicht akzeptieren (liegt vermutlich an meinen mangelhaften Englischkenntnissen) .
Beim Teil 1 soll vermutlich der Schwazmilan als Liebesbote zwischen Mangrovenwald und Tundra fungieren. Leider taucht er in der Tundra so "verwaschen" auf, dass ich die besagten Stellen erst einmal als Gramatikfehler gelesen habe. Vielleicht kannst du ja das LyrIch und DU noch etwas deutlicher zeichnen.
LG
Manfred

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.11.2007, 14:38

Hallo Manfred,

ich heul jetzt gleich. :eek:
Also...eigentlich ist es ja so, dass Herr Schwarzmilan und Frau Birke sich lieben. :pfeifen:

liebe Grüße smile

Gast

Beitragvon Gast » 05.01.2008, 15:18

Liebe smile,

gut, dass ich das noch einmal für mich entdecken konnte.

Den englischsprachigen Text habe ich übersprungen, ich beziehe mich also auf den deutschsprachigen.

Mein Eindruck insgesamt ist, dass dieses Gedicht durch und durch poetisch ist, da ist es mir zunächst auch gleich, ob es sich um die Liebe des Milans zur Birke handelt ... oder zwischen zwei Menschen, für die du den Milan und die Birke als Metapher gebraucht hast.
Ich mag den Milan und ich mag die Birke, das ist wahrscheinlich schon mal eine gute Voraussetzung dafür, auch diesen Text einfach zu mögen.
Kleine Details:
Im letzten Vers von Str. 2 „seine Federn zeichnen in Zimt“, nimmst du Bezug auf den Milan in der Str. 1 nehme ich an, dieser Bezug ist aber nicht hergestellt, weil sich das Relativpronomen „sein“ nur auf „wind“ beziehen kann … Es wirkt sogar ein wenig komisch an dieser Stelle, auch dass seine Federn „Zimt“ zeichnen … der Rotmilan hat einen roten resp. zimtfarbenen Bürzel, meinst du an dieser Stelle, dass er sich gegen den Himmel abzeichnet? Dann gehört diese Zeile inhaltlich wohl zur Str. 1. Darüber würde ich noch einmal nachdenken.

Bei Z 2 in Str. 1 würde ich mit „er“ beginnen, weil sich die Aussage doch nicht auf den „Ruf“ des Vogels bezieht, aber unweigerlich so gelesen werden muss, wenn das „er“ fehlt.

Ich weiß ja nun nicht, ob du überhaupt an diesem Gedicht arbeiten möchtest, aber die Großschreibung, so finde ich macht den Text unnötig schwer, der doch inhaltlich ganz leicht daherkommt ,schwebend, übrigens wie die meisten Texte von dir. Ich setze die Großschreibung beim Lesen immer auch gedanklich um und mit ein.

Ich glaube der Text braucht noch ein wenig Überarbeitung, aber er spricht mich sehr an.

Liebe Grüße
Gerda

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Beitragvon Ylvi » 06.01.2008, 11:41

Hallo Gerda,

da hast du mir eine große Freude gemacht, ich wußte nur nicht recht, wo ich ansetzen sollte, um weiter daran zu arbeiten. Deshalb vielen, vielen Dank für deine Hinweise. Ich habe versucht, sie in einer neuen Fassung umzusetzen. Die Steuerfedern des Milans sind an der Unterseite (also Innenseite) zimtfarben. Die Birke hat an den Rindenblättern diese charakteristischen braunen Zeichen, Linien, auf die sich diese Stelle bezieht.
(Ich hatte die Bilder schon als Metaphern gedacht. ;-))

Ich würde mich freuen, wenn du dich nochmal zur neuen Fassung meldest.

liebe Grüße smile

Caty

Beitragvon Caty » 06.01.2008, 13:52

Ich kann mich mit diesem Gedicht nicht recht anfreunden. Die Bilder sind starr, unverbunden, sie ergeben kein "Bild". Der Milan hat eine weite Reise bis zur Birke in der Tundra hinter sich - für mich ergibt das kein Bild, keinen Zusammenhang. Ich meine, wenn ich sarkastisch sein wollte, würde ich sagen, Bäume gibts in den Mangrovenwäldern auch, also genug Schatten vorhanden. Was sucht der Milan eigentlich dort in der Tundra? Aber ich bin nicht sarkastisch, ich frage mich ehrlich, welche Aussage dieser Text eigentlich beabsichtigt. Für mich ist er lediglich eine Abfolge von sogenannt schönen Bildern, noch dazu nicht sehr glücklichen, ihm fehlt nach meiner Einschätzung die "poetische Seele". Caty

P.S. Eh ich es vergesse: Der arme Vogel muss sich sonstwohin verirrt haben, aber nicht in die Tundra. Denn dort wachsen lediglich Moose und Flechten und niedrigwüchsige Überlebenskünstler, aber niemals, Smile, Birken. Wennschon, dennschon.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 06.01.2008, 15:29

Hallo Caty,

wenn ich jetzt sarkastisch sein wollte, könnte ich sagen: himmel caty, wenn du es nicht verstehst, kann ich auch nichts machen. Will ich aber nicht.
Die Bilder sind starr, unverbunden, sie ergeben kein "Bild".
Nein, sie erzählen eine Geschichte.
Was sucht der Milan eigentlich dort in der Tundra?

Vielleicht seine Birke?
Aber ich bin nicht sarkastisch, ich frage mich ehrlich, welche Aussage dieser Text eigentlich beabsichtigt.

Also ich denke so furchtbar kompliziert ist das nicht. Es geht um Entfernungen, Unterschiede, Vorstellungen, Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Liebe. :herzchen:
Für mich ist er lediglich eine Abfolge von sogenannt schönen Bildern, noch dazu nicht sehr glücklichen, ihm fehlt nach meiner Einschätzung die "poetische Seele".

Danke für deine Einschätzung, unsere poetischen Seelen scheinen nur relativ wenige Überschneidungen zu haben.
P.S. Eh ich es vergesse: Der arme Vogel muss sich sonstwohin verirrt haben, aber nicht in die Tundra. Denn dort wachsen lediglich Moose und Flechten und niedrigwüchsige Überlebenskünstler, aber niemals, Smile, Birken. Wennschon, dennschon.

Niemals Caty sollte man diesen Tonfall anschlagen, wenn man nicht recht hat. ;-)
Falls du an näheren Informationen interessiert bist, z.B. hier: http://www.rittershofer.com/Wald/Baumarten/Birke/birke.html
oder hier:http://www.aktuell.ru/russland/lexikon/natur/ oder bei Wikipedia.

smile

Peter

Beitragvon Peter » 06.01.2008, 15:32

Hallo Smile!

So schöne Punkte habe ich selten in einem deiner Gedichte gelesen. Sie sind so windig, so umhaucht. Gleich beim ersten Punkt, der ganz entscheidend gesetzt ist, geht das Schweben auf. Der Horizont. Die Linie. Und dann diese seltsame Weiche. Jede Zeile erscheint mir getragen, bis zuletzt, bis zum Reim von Land und Sand - ich hatte wirklich im Lesen das Gefühl, dass dann ein Sinken ist, eine Rückkehr, ein Zusammenkommen, also eben zu diesem höheren Reim, in dem sich Wind (Wolken), Himmel und Sand vereinen, und die Grenzen (auch Sprachgrenzen) verweht werden. Inhalt und Form werden eins.

Zur Birke würde ich sagen, dass sie behauptend gesetzt ist. Es heißt ja nicht: In der Tundra wachsen Birken. Es heißt: In der Tundra steht sie... Für mich gehört sie der Sprachlust an des Gedichtes, nicht den Naturverhältnissen.

Liebe Grüße,
Peter

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Beitragvon Ylvi » 06.01.2008, 16:12

Hallo Peter,

das ist eine wunderschöne Rückmeldung von dir. Danke, es freut mich sehr, wie du das Gedicht verstanden hast. :blumen:

liebe Grüße smile


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