Vögel

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 31.10.2007, 06:18

Vögel

Laubabschüttelnde Jahreszeit
Mit Winden von gottweiß woher.
Die hiergebliebenen Vögel ahnen
Was von Schnee und eisigen Nächten.
Mittags, als Sonne kam, zwitscherten
Spatzenvölker in entblätterten Büschen
Eine Elster glitt charmant auf das
Rathaustürmchen, lautlos kreiste
Ein Mäusebussard über der Hauptstraße.
Aus dem siebzehnten Stock segelte
Eine mitfühlende Papierschwalbe.

Gast

Beitragvon Gast » 31.10.2007, 09:14

Liebe Caty,

ein hübsche Jahreszeitimpression in einer Kleinstadt (Rathaustürmchen), nachdem wohl die Zugvögel schon fort sind, also ein wenig dem "Ist-Status" vorweggenommen.
Das Rathaustürmchen aber kollidiert mit dem 17. Stock am Schluss des Textes.
Meine Imagination der Örtlichkeit wird gestört. Da wo es 17. Stockwerke gibt, kann ich mir ein Rathaustürmchen nicht recht vorstellen, eher einen Turm ... Auch den Bussard über der Haupstraße, kann ich mir nicht vorstellen - an Autobahnen und Schnellstraßen ja, da sitzen sie besonders im Winter während der Frostperiode, und warten darauf dass Tiere überfahren werden.

Auch hier sehe ich kleine Unstimmigkeiten.

Das "gottweiß", - aber ich nehme an, dass dir das wichtig ist bezüglich deiner dir eigenen saloppen Sprache im Text.
Dann ist da das "charmant" als Attribut für die Elster, das mit meinen Beobachtungen, was Elstern angeht nicht übereinstimmt.
Auch frage ich mich, wie es ausschauen mag, wenn ein Vogel eine "charmante" Bewegung macht.

Elstern speziell gleiten auch nicht wirklich. Sie sind keine eleganten Flieger, vielleicht bist du deshalb auf charmant ausgewichen... weil dir das etwas Unbeholfenw, das gerade dem Start und der Landung innwohnt, vor Augen war. Sie haben eher wie auch der Eichelhäher eine Art kurzschlagenden Schwirrflug, (die Flügelbewegung wirkt manchmal wie Stakkato) ich sehe das oft , wenn sie in den Koniferen vor meinem Fenster landen.
Daher erscheint mir das "charmant" nicht treffend gewählt.

Nach Außen geschlossen wirkend, möchte ich meinen, dass der Text noch der inneren Abrundung bedarf.

Liebe Grüße in den Tag
Gerda

Caty

Beitragvon Caty » 31.10.2007, 09:40

Liebe Gerda. Hab Dank für die eingehende Beschäftigung mit dem Text. Nur ein paar Richtigstellungen: Wenn ich nicht ausdrücklich über eine andere Landschaft schreibe, schreibe ich immer über meinen Wohnort, über Berlin. Hier gibt es noch ziemlich viele grüne Ecken (Berlin ist für sein Grün bekannt), und zwar mitunter direkt an der Hauptstraße, ich wohne an einer Hauptstraße, nicht weit entfernt vom Stadtpark. Und dort hat den Sommer über ein Mäusebussard genistet. Vielleicht ist es bekannt, zahlreiche Greifvögel zieht es in Großstädte, weil sie hier eher Nahrung finden als in den Wäldern. Also, es ist tatsächlich ein Mäusebussard (ich kenne sein Flugbild). Was aber das Rathaustürmchen angeht, so gehört es zu einem Gebäude an der Hauptstraße, während der 17. Stock sich in einem Hochhaus, ebenfalls an der Hauptstraße, befindet. Ich glaube nicht, dass hier eine Verwechslungsmöglichkeit vorliegt. Niemand kommt doch auf die Idee, dass ein Hochhaus mit Rathaustürmchen aufgemotzt wird. Und was Elstern angeht, so haben sie in meinen Augen (und um die geht es hier) tatsächlich etwas Charmantes mit ihrem schönen Federkleid, und ganz sicher landen sie auf freiem Feld anders als auf der Spitze eines Türmchens. Elstern sind immerhin keine Elefanten beim Spitzentanz.

Ich hoffe, ich konnte einige Ungereimtheiten, die sich dir aufdrängten, beseitigten. Dass ich aber, um etwas Unbestimmtes auszudrücken, den Begriff "gottweiß" benutze, dafür möchte ich mich bei allen, denen diese Umschreibung nicht geläufig ist, entschuldigen. Ich bin manchmal wirklich ein bisschen salopp, aber das werde ich mir wohl in diesem Leben nicht mehr abgewöhnen können. Bin nun mal gestandene Berlinerin, und das will ich auch nicht verheimlichen. Aber das alles ist unwesentlich in bezug auf die Textaussage. Hauptsache, es ist bei meinen Schreibereien sowas Ähnliches wie ein Gedicht über Vögel in der Stadt geworden. Nochmal meinen besten Dank, Gerda.

Caty

Gast

Beitragvon Gast » 31.10.2007, 10:12

LiebeCaty,

Caty hat geschrieben:Niemand kommt doch auf die Idee, dass ein Hochhaus mit Rathaustürmchen aufgemotzt wird.

Natürlich nicht, das habe ich auch nicht geschrieben oder gemeint.

Mir geht es um das Nebeneinader der beiden Bauwerke: Hier das "Türmchen", und wenig weiter der "17. Stock" im Text. Es folgt vielleicht zu dicht im Text, sodass es mir schwer fällt, den Schwenk zu machen

Ich glaube ich dir, das alles, genauso bei dir zu Hause vorkommt.
Aber vielleicht sollte sich der Leser das auch genau so vorstellen können.
(Manche wahre Geschichte wurde auch schon so geschrieben, dass sie keiner glauben konnte, da hift es dem leser nicht, wenn der Autor sagt, aber es ist authentisch ) ;-
Verstehst du was ich meine?

Du weißt ja sicher, dass Interpretation und Verstehen immer auch die Summe nicht nur der Lese - sondern auch der Lebenserfahrung sind.
(Ich kenne einige Großstädte, sicher am besten inzwischen Frankfurt und als Landschaft natürlich den Taunus)
Würde ich (im Titel z. B.) einen Hinweis auf einen konkreten Ort finden, dann wüsste ich, hier ist eine konkrete Erfahrung beschrieben und nicht typische, allgemeingültige Verhaltensmuster.

Ich hoffe, dass ich mich verständlich ausgedrückt habe.

Liebe Grüße
Gerda

Caty

Beitragvon Caty » 31.10.2007, 13:02

Liebe Gerda, ich muss dir in allem recht geben. Das ist ein unter jedem Gesichtspunkt missglückter Text. Macht nichts, der nächste wird besser. Caty

woitek

Beitragvon woitek » 31.10.2007, 14:23

Hallo Caty

Liebe Gerda, ich muss dir in allem recht geben. Das ist ein unter jedem Gesichtspunkt missglückter Text. Macht nichts, der nächste wird besser.


Ne, so ist es doch auch nicht und so hat es Gerda, denke ich, auch nicht gemeint. Die entscheidende Aussage liegt hier:

Du weißt ja sicher, dass Interpretation und Verstehen immer auch die Summe nicht nur der Lese - sondern auch der Lebenserfahrung sind.


Für mich war der Text sofort plausibel, hat er mich doch an die Kulissen vieler amerikanischer Großstädte erinnert. Dort wurde im Gegensatz zu Europa mitte des letzten Jahrhunderts nicht alter Stadtkern zerstört und so stehen oft in tiefen Häuserschluchten niedlich betürmte Gebäude.

Die charmante Elster fiel mir auch auf, aber eher als ungewohnte Wortverknüpfung. Wirklich gestört hast mich das "gottweißwoher".

Auf jedenfall ist der Text eine Überarbeitung wert!

Gruß
Woitek

Caty

Beitragvon Caty » 31.10.2007, 15:50

Lieber Woitek, ich merk schon, du verstehst mein Dilemma. Hab vielen Dank für den freundlichen Kommentar. Leider war ich noch nie in Amerika und bin in dieser Hinsicht nicht aussagefähig. Caty

woitek

Beitragvon woitek » 01.11.2007, 09:39

Hallo Caty,

mir ist noch etwas an deinem Text aufgefallen.

Dir ist ein Präsens in die dritte Zeile gerutscht. Er wirkt zwischen dem ganzen Präteritum etwas deplatziert ;)

Ich habe jetzt eine Weile über Ersatz für die zweite Zeile gegrübelt. Mir wollte so recht nichts einfallen außer "Mit wechselnden Winden aus Nordostwestsüd" doch während der ganzen Grübelei gefiel mir dein Originalsatz "gottweißwarum" ;) immer besser und ist jetzt eine meiner Lieblingsstellen im Text.

Gruß
Woitek

Gast

Beitragvon Gast » 01.11.2007, 15:15

Liebe Caty,

ich möchte dir nur noch einmal ausdrücklich schreiben, dass ich nicht der Meinung bin, dass der Text misslungen ist. Davon habe ich auch nichts geschrieben.

Lieber woitek,

du liegst völlig richtig mit Deiner Annahme. Dankeschön.

Liebe Grüße
Gerda

Caty

Beitragvon Caty » 03.11.2007, 06:25

Nein, davon nichts, Gerda. Das musstest du auch gar nicht nach diesem Kommentar. Ich bin nicht schwer von Kapé. Gestatte, aber ich habe den Eindruck, dass du den Text als Transportvehikel benutzt hast, mir deine Abneigung zu verdeutlichen. Ich biete dir die Möglichkeit, diesen Eindruck zu korrigieren. Falls du noch kannst. Caty

Niko

Beitragvon Niko » 03.11.2007, 08:59

der text, caty, will unauffällig erscheinen, verpatzt es sich aber durch eingestreute attribute wie: ahnen, charmant, lautlos. das "mitfühlend" als kontrapunkt erzielt dann unter umständen größere wirkung. die hiergebliebenen vögel empfinde ich als redundant. den präsens halte ich persönlich in der durchgängigkeit für angebrachter. ebenso das "gott weiß woher" ist für mich entbehrlich. das ganze sähe dann für mich wie folgt aus:

Vögel

Laubabschüttelnde Jahreszeit
Mit Winden von überall.
Mittags, in der Sonne, zwitschern
Spatzenvölker in entblätterten Büschen
Eine Elster gleitet auf das
Rathaustürmchen,
Ein Mäusebussard kreist
über der Hauptstraße.
Aus dem siebzehnten Stock segelt
Eine Papierschwalbe.
mitfühlend

ich schätze, das wird dir nicht zusagen, was ja auch ok ist. es ist lediglich als gedankenanregung gedacht.

lieben gruß: Niko
PS offtoppel:

ich habe den Eindruck, dass du den Text als Transportvehikel benutzt hast, mir deine Abneigung zu verdeutlichen. Ich biete dir die Möglichkeit, diesen Eindruck zu korrigieren. Falls du noch kannst.
eine textkritik als transportmittel für abneigungssignale zu nutzen...- wo kommen wir denn dahin? wer nicht für mich ist, ist gegen mich und das sind die, die den text "schlecht reden"? - da hätte ich dir mehr contenance zugetraut, caty.

Caty

Beitragvon Caty » 03.11.2007, 09:33

Niko, du kannst schon wieder mal die Tinte nicht halten. Caty

Gast

Beitragvon Gast » 03.11.2007, 09:39

Liebe Caty,

mir liegt es fern, in einem Textfaden Zu- oder Abneigung einfließen zu lassen.
Ich finde es sehr schade, dass du mir das unterstellst, aber was kann ich dagegen tun?


Ich kann dir nur versichern dass es mir ausschließlich um den Text geht.

Ich habe sachbezogen kommentiert, so wie es meine Art ist, fast schnörkellos, aber das hat weder hier in diesem Fall, noch bei anderen Kommentaren mit der Person des Autors zu tun.

Ich kann das sehr gut trennen, selbst im Realen habe ich ausreichend Gelegenheit mich darin zu üben.

Einen schönen Tag
Gerda

Caty

Beitragvon Caty » 03.11.2007, 11:34

Gerda, meine Lust, hier irgendwas zu verhandeln, ist sehr gering. Caty


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