Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Herby

Beitragvon Herby » 23.10.2007, 00:23

Nur der Clown weiß
wie grau sein Weiß
wie eckig das Rund ist

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.10.2007, 01:00

Mal bin ich Clown
für die anderen
Mal bin ich wirklich ich
für mich
Spielt es für andere
ein Rolle
wann ich Clown oder ich bin?

Gast

Beitragvon Gast » 23.10.2007, 08:34

Als der Clown lächelte
füllten sich seine Augen mit Tränen.
Er sagt, es käme vom Einatmen kleinster Sägespäne ...

Danach hüstelt er abwesend.

Herby

Beitragvon Herby » 23.10.2007, 10:34

Ihm war zum Heulen.
Als er sich im Spiegel sah,
weinte er
vor Lachen.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.10.2007, 22:24

Das ist schon eine Ironie

dass das Haus (das Haus, nicht die Pflanze)
im Winter (Winter, nicht Frühling)
Raupenbefall hat
(ja genau, Raupenbefall)


Es ist nicht die Zeit der Schmetterlinge

Das ist schon eine Ironie
oder dass ich auch zufällig zugegen bin
oder dass ich das ironisch finde
(dann aber gibt es Gott doch, denn einer muss sie ja empfinden können)


"Hallo, Herr Kammerjäger, wir haben Raupenbefall"
"Hallo, Gott, wir haben Glücksbefall"

Ich lebe im Land der verpassten Ladenöffnungzeiten
(und das nur, weil es diese Zeitform überhaupt gibt).

Libu, Libu...

Was für eine Ironie. Ich tipp drauf, sie ist ein --- Mädchen!
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.10.2007, 00:47

Ein Mädchen war sie.
Himmel,
du hast Mist gebaut!
Wäre sie ein Junge geworden,
hättes du ihr vieles erspart
und sie
würde sich nicht jeden Tag wünschen,
ein Junge zu sein.

Ironie des Schicksals?

Nifl
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Beitragvon Nifl » 27.10.2007, 10:07

Moos bedeckt
die Gestürzten
stiehlt alle Rechenschaft

Vergällen sollte Güte!
vergällen!

Ein Wohl liegt auf den Kissen
doch erst zu Ostern wird gebettet

Ihr Himmlisch zieht ländlich zu
(plötzlich ist Nacktheit obszön)

Eigentlich wollte sie mir volle Lippen zeigen
nachdem wir uns liebten
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Max

Beitragvon Max » 27.10.2007, 19:08

Welch eine Idee:
Täglich wird gekreuzigt
Nur an Karfreitag ruht der Mob

Drei Tage später dann eine Massenauferstehung

Die Kirchen
würden sich schwindelig
preisen

Gast

Beitragvon Gast » 28.10.2007, 12:13

bei den preisen heutzutage
fällt das beten schwer
das betten auch

denn der tod
ist nicht kostenlos
sondern teuer

nicht selten dass kinder bei
der preiswertesten methode -
ihren eltern eine würdevolle
letzte ruhe geben zu wollen
überfordert sind

©GJ 20071028

Max

Beitragvon Max » 30.10.2007, 18:49

Die Mutter Gottes
aus Porzellan
die dort zwischen Zwiebeln
und einem Säckchen Kartoffeln
auf der Fensterbank stand
habe ich schon einmal gesehen

Damals betete
meine Großtante zu ihr
(und die kleine Statue stand auf ihrem Schrank
wie auf einem kleinen Altar)

Ihr Gesicht
nahm dann den verklärten Gesichtsausdruck
der Heiligen an

Heute scheint mir
als fände ich ihre besorgten Fältchen
im Porzellan
Zuletzt geändert von Max am 30.10.2007, 22:00, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 30.10.2007, 18:57

porzellanzarte finger
halten das teetäschen
an dem schmale lippen
nippen während die linke -
der handrücken gleicht feinstem pergament
- dein seidenkissen liebkost

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.10.2007, 19:27

Porzellanhaut
kleine Finger
graziles Püppchen
Nicht anfassen
zerbrechlich
aber saufen
wie ein Kerl

Klara
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Beitragvon Klara » 06.11.2007, 21:49

Wenn ich bei jedem kleinen Star ins Weinen komme
nur weil er starb
oder mutmaßlich bald sterben wird
an den Drogen, am Ruhm, am Leben
dann muss ich mir wohl Sorgen machen?

Doch: um wen?

Max

Beitragvon Max » 06.11.2007, 22:05

Als Du starbst
zählte ich vermutlich die Eicheln im Schwarzwald
oder blätterte in einem ganz unbedeutenden Buch
oder dachte mit einem nichtigen Gedanken berühmt zu werden

Dabei verlor die Welt deine Worte

Damit sie dich nicht würgen
damit du nicht so allein bist
damit du weißt wir sind noch da

versenkten wir
sieben Tage später
den sprechenden Stein

S'is Feierobnd
sang ich dabei leise
das Tagwerk ist vollbracht


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