Nur ein ungutes Gefühl

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Jürgen

Beitragvon Jürgen » 14.10.2007, 13:15

Nur ein ungutes Gefühl

Der Kieselstein
wirft Wellen
auf Wasser
die langsam verebben
Wir verstehen uns gut
Ruhig liegt der See vor mir
Keine besonderen Vorkommnisse
meldet der Nachrichtensprecher
in meinem Kopf

und doch sticht
dein Lachen
jedes Mal
wenn du
mich besiegst
beim Schiffe versenken

Erste Fassung


Nur ein ungutes Gefühl

Der Kieselstein
wirbelt Wellen
auf Wasser
die langsam verebben
Wir verstehen uns gut
Ruhig liegt der See vor mir
Keine besonderen Vorkommnisse
meldet der Nachrichtensprecher
in meinem Kopf

und doch sticht
dein Lachen
jedes Mal
wenn du
meine Figur
schlägst beim
Mensch ärgere dich nicht


Geändert nach Vorschlägen von Perry, Sneaky & Max
Zuletzt geändert von Jürgen am 15.10.2007, 10:33, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.10.2007, 14:15

Lieber Jürgen,

sehr treffend geschrieben!
Du sprichst mir aus der Seele ...
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 14.10.2007, 14:45

Lieber Jürgen,

du triffst den Nagel auf den Kopf. Da mag man einen Menschen total gern, liebt ihn vielleicht sogar, und doch ... es gibt Worte/Spiele/Spitzen. Dann kommt, wenn man's nicht beherrscht, zumindest Unmut auf. Unsere Vorfahren hätten den Fehdehandschuh ...

Sehr gern gelesen und nachgedacht.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 14.10.2007, 14:50

Hallo Mucki, Hallo Elsa,

Danke Euch. Ehrlich gesagt bin ich mir bei dem Text unsicher, ob das nicht eher zwei Gedichte sind (Bild See/Mensch ärgere Dich nicht). Freut mich, dass es in dieser Form bei euch ankommt.

Schönen Sonntag

Jürgen
Zuletzt geändert von Jürgen am 14.10.2007, 14:52, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.10.2007, 14:51

Lieber Jürgen,

ich finde nicht, dass es zwei Gedichte sind. Das passt schon sehr gut so zusammen!
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 14.10.2007, 15:07

Jürgen, ich finde, eine Strophe ohne die andere geht doch nicht!

Ich würd es anders formatieren, bemerke ich eben:

Nur ein ungutes Gefühl

Der Kieselstein
wirbelt Wellen
auf Wasser
die langsam verebben
Wir verstehen uns gut

Ruhig liegt der See vor mir
Keine besonderen Vorkommnisse
meldet der Nachrichtensprecher
in meinem Kopf und doch sticht
dein Lachen jedes Mal
wenn du meine Figur
schlägst beim
Mensch ärgere dich nicht
Schreiben ist atmen

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 14.10.2007, 16:09

Hallo Jürgen,

wirbelt Wellen ist ein wuchtiges Wort für den Kieselstein. langsam verebben sehe ich als Alternative für die Kreise, die sich auf dem Wasserspiegel ausbreiten.

Das Bild als solches und die Überletiung nach ruhig liegt der See vor mir, gefällt mir rundum ebenso der zweite Absatz.

Gruß

Sneaky

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.10.2007, 16:30

Hi Sneaky,

darum geht es doch gerade: dass eben ein Kiesel es fertigbringt, Wellen zu wirbeln und diese eben nur langsam verebben. Für mich ist das die essentielle Aussage des Textes.
Saludos
Mucki

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 14.10.2007, 16:36

Hallo mucki,

das kleine-Ursache-große-Wirkung-Bild funktioniert mit dem LAchen bei mir schon. Aber ein Kieselstein und Wellen auf einem See gehen für mich nicht zusammen.

Wenns ein Kieselstein von der Größe des Ayers Rock wäre (und sag jetzt bitte nicht der ist Sandstein), dann ja.

Ich habe mehr das dolchspitze Lachen vor mir. Das wirkt. Der Kiesel erzeugt bei mir nunmal keine Wellen, kann ich mir nicht helfen sry.

Das Lachen ist unmittelbar für mich. Dringt sofort durch und durch.

Der Kieselstein gibt seine Energie im Aufprall ab, dann sinkt er auf den Grund. Um das Gewicht des Kieselsteins steigt der See, Kräusel bilden sich.

Das sehe ich als etwas langsames. Es liegt an der Beschreibung, wie der Kieselstein wirkt.

So als Beispiel, soll keine Anregung an dich sein Jürgen, ein Erklärungsversuch
der Pegel steigt
ich spüre die Kringel von Ufer zu Ufer


Gruß

Sneaky

Trixie

Beitragvon Trixie » 14.10.2007, 17:50

Huhu!

Also, an sich funktioniert der Titel mit der Umsetzung für mich schon, aber ich stimme Sneaky zu mit dem Kieselstein. Ich finde zwar die Alliteration ganz schön mit dem Wirbel-Wellen-Wasser , aber was für mich nich passt, ist, dass der See ruhig da liegt. Das scheint ja eine Momentaufnahme zu sein - zwei sitzen am See, spielen Mensch-ärgere-dich-nicht. Aber wenn es so lange dauert, bis die Wellen (die es für mich nicht unbedingt sind in dem Zusammenhang) wieder weg sind um dann erst wieder fortzufahren mit dem ruhigen See...Ich weiß nicht, das stimmt für mich irgendwie nicht. Vielleicht sind es doch diese zwei Teile: Einmal sehe ich zwei am Ufer stehen. Einer davon lässt einen Stein übers Wasser springen. Szenenwechsel: Der See ist ruhig, man spielt MÄDN. In dem Sinne sind es schon zwei Gedichte. Zumindest zwei Szenen. Vielleicht kann man das ja einbauen?

Teil eins
-Szenenwechsel-
Teil zwei

Grüße
Trixie

Perry

Beitragvon Perry » 14.10.2007, 20:05

Hallo Jürgen,
ich hätte einen Vorschlag, wie man den Szenenwechsel etwas "stimmiger" vollziehen könnte. Warum ersetzt du das "Mensch ärgere dich nicht" nicht durch "Schiffe versenken", dann kannst du im Wasserbild bleiben.
Ansonsten gutes Beziehungsbild.
LG
Manfred

Max

Beitragvon Max » 14.10.2007, 20:25

Lieber Jürgen, lieber Manfred,

meine spontane Idee zu Manfred ist: genialer Vorschlag.

Ich habe, lieber Jürgen, Deinen Einwand gegen das eigene Gedicht gesehen (manchmal hat man ja selbst das genaueste Gefühl zu einem Gedicht) und darüber nachgedacht, wie man es an dieser Stelle glätten könnte. meine eigenen Gedanken gingen eher in die Richtung, das Eingangsbild mit den Wellen zu ändern, als ich auf "reload" drückte. Manfreds Idee leuchtet mit spontan ein (vielleicht ließe sich in diesem Zuge auch noch der Nachrichtensprecher in einen Nachrichtenoffizier oder Funker oder was es da seemännisches gibt, verwandeln, dann wäre das Bild vollständig aus einem Guss) .

Der Einwand bezüglich des "Kiesel" und dem "wirbeln" kann ich nachvollziehen, für mich müsste es aber auch kein Kiesel sein (es sei denn, Du willst hier ausdrücken, dass es eine Nichtigkeit ist, die das Gemüt bauscht - irgendwie eine bekannte Situation) und es müsste auch nicht "wirbeln" heißen. Eine Alliteration ließe sich doch auch mit

Der Stein
wirft Wellen
im Wasser
...

erzielen.

Nun sollte ich noch rasch hinzufügen, dass eine längere Kritik bei mir eher ein gutes als ein schlechtes Zeichen ist: die Iddee gefällt mir sehr.

Liebe Grüße
Max

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.10.2007, 20:49

Lieber Jürgen,

ich möchte Perrys Vorschlag auch unerstützen! Vielleicht wirst du sagen, das in der Formel "Mensch ärgere dich nicht" noch mehr thematisches mitschwingen lässt, aber ich finde das poetische Zusammenstimmen würde deutlich gestärkt dadurch...und die Aussage an sich bleibt ja erhalten, zudem rufen kleine Schiffe und "versenken" passende Assoziationen hervor. Das unterschwellige Machtspiel kommt so gut zur Geltung. Ich frage mich ob du den Nachrichtensprecher nicht sogar noch in einen Leuchtturmwärter verwandeln könntest oder dergleichen und den Nachrichtensprecher mit in einen neuen Text nehmen könntest (den finde ich nämlich für sich gut).

Ich würde noch einmal die Großschreibung der Zeilenanfänge überprüfen, mir scheint sie manchmal kontraintuitiv (z. B. keine besonderen Vorkommnisse)

Was ich an deinem Text interessant finde, ist, dass er die Frage aufwirft, ob diese Machtstrukturen immer vorhnaden sind (also auch im tatsächlichn "idyll") oder ob sie Kennzeichen einer eben nur scheinbar stimmigen Beziehung ist.

Da der Text sehr stark von eigentlich erzähltechnischen Elementen geprägt ist, würde ich ihn insgesamt etwas breiter setzen, so wirkt er etwas auf "Lyrik gesetzt", was er ja gar nicht nötig hat.

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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leonie
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Beitragvon leonie » 14.10.2007, 21:05

Lieber Jürgen,

ich schließe mich an, finde Perrys Idee würde dem Gedicht gut stehen.
Ich war sofort im Text, die Bilder sind klasse und das ungute Gefühl kommt regelrecht hoch!
Sehr gelungen!

Liebe Grüße

leonie


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