Belladonna

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 25.09.2007, 14:17

Bella Donna


Schwarzäugig hast du mich
zum Moriskentanz verführt

Bist mit mir im Kreis getollt
bis ich meine Scheu verlor

Als hochzeitsbereiter Jüngling
liege ich nun still -

an deiner Seite


1. Fassung:

Belladonna


Hast mich
mit der Glut deiner Kirschaugen
zum Moriskentanz gebeten
mich mit funkelndem Blick
in dunkle Säulenhallen entführt

Bist mit mir
solange im Kreis herumgetollt
bis ich den Verstand verlor
begierig die Verheißung
von deinen Lippen trank

Nimm mich
als hochzeitsbereiten Jüngling
in deine Arme
wiege mich in den Schlaf
an deiner kalten Seite
Zuletzt geändert von Perry am 27.09.2007, 08:16, insgesamt 2-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 25.09.2007, 14:51

Hallo Manfred,

seit einer Stunde will ich endlich mal eine PC-Pause einlegen, aber dann trudelte dein Gedicht ein, zu dem ich unbedingt schreiben muss ;-)

Ich finds klasse, wie du die giftige Tollkirsche hier verwirbelst mit einer "ziemlich tödlichen Beziehung",-)

Der Moriskentanz passt hier natürlich ganz hervorragend, da sich die Tänzer ziemlich dabei verrenken, wie sich der Sterbende auch verrenkt, wenn er die Tollkirsche gegessen hat. Klasse!

Zwei Meckerli hab ich aber doch:

Hast mich
mit der Glut deiner Kirschaugen
zum Moriskentanz gebeten
mich mit funkelndem Blick
in dunkle Säulenhallen entführt

Die beiden unterstrichenen Worte drücken dasselbe aus. Vielleicht kannst du eines ersetzen?

Bist mit mir
solange im Kreis herumgetollt --> klasse!
bis ich den Verstand verlor
begierig die Verheißung
von deinen Lippen trank

Nimm mich
als hochzeitsbereiten Jüngling
in deine Arme
wiege mich in den Schlaf
an deiner kalten Seite

Hier passt m.E. das "wiege" nicht, da man einen Tod durch Atemlähmung mit furchtbaren Krämpfen davor schwer als "wiegen" bezeichnen kann, was meinst du?

Sehr gerne gelesen und genossen (aber nicht die Tollkirsche,-)
Saludos
Mucki

Gast

Beitragvon Gast » 25.09.2007, 15:45

Lieber Manfred,

die Idee finde ich wunderbar.
Gut, ich hätte mir ein pfiffigeres Wortspiel denken können mit "bella donna" = schöne Frau.
Insgesamt bleibt der Text hinter dem Titel, der meine Erwartungen genährt hat, zurück.
Der Text gibt sich, als wolle er ernstgenommen werden nicht ohne Humor natürlich, aber
der "hochzeitsbereite Jüngling" ist derart antquiert, dass ich das nur komisch finden kann.

Auch die "Säulenhallen" und "herumtollen", (Kinder, junge Hunde, Zicklein) passt sprachlich nicht zueinander.
Ich meine da könntest du entschieden mehr draus machen, mehr aus dem passiven Wortschatz schöpfen, beispielsweise. Bestimmt kann man Funkeln/ Glut auch anders ausdrücken...
(Mir fällt ein, dass die Schwarze Tollkirsche sehr schön glänzt, vielleicht lässt sich da auf der Bildebene etwas ableiten, um nicht die Feuermetaphern zu bemühen).

Liebe Grüße
Gerda

Perry

Beitragvon Perry » 25.09.2007, 22:38

Hallo Mucki,
freut mich, dass du dir Zeit genommen hast meinen Text zu kommentieren. Ich bin mittlerweile selber schon bei der 7. Version und wollte einfach mal andere Meinungen dazu hören.
Danke für deine Hinweise über die ich gerne nachdenke, wobei natürlich nicht jedes Bild den Todeskampf ausdrücken soll. Der Aspekt der liebenden Hingabe im Tod will ja auch dargestellt sein.
LG
Manfred

Hallo Gerda,
danke für deinen kritischen Blick, den ich aber so nicht ganz teilen kann.
Für mich ist das Wortspiel Belladonna in seiner Doppeldeutigkeit pfiffig genug.
Der "hochzeitsbereite Jüngling" ist eine Figur aus den Moriskentänzen
und was das Herumtollen in den Säulenhallen (Wald) anbelangt, so sind damit keine Kinderspiele gemeint, sondern es wird die verwirrende Wirkung der Tollkirsche umschrieben.
Das "Glut und funkelnd" noch verbesserungswürdig sind gebe ich gerne zu, aber ob glänzende Augen einen bessere Alternative sind wage ich zu bezweifeln.
Trotzdem danke für deine sicher gut gemeinten Hinweise.
LG
Manfred

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 25.09.2007, 23:01

Hallo Manfred,

Belladonna! Das ist schön. Ich denke auch gleich an die Damen, die sich früher ein bisschen was als Glutverstärker in die Augen tropften.

Daher ist der hochzeitsbereite Jüngling für mich passend, auch im Zusammenhang mit dem Tanz.

Ich habe einen kleinen Vorschlag:

Bist mit mir
solange im Kreis herumgetollt

Das finde ich passender. Herumtollen erinnert tatsächlich an Kindertollen.

In den Schlaf wiegen, ich weiß nicht, ob das klappt mit Belladonna.
Weil es in Wahrheit ziemlich heftig abgeht: Bei starker Vergiftung befällt den Patienten Unruhe, er leidet unter Weinkrämpfen und Rededrang sowie unter Tobsuchtsanfällen. Bei entsprechender Vergiftung kommt es zur Bewußtlosigkeit und zum Tod durch Atemlähmung.

Erst wenn die Bewusslosigkeit eingetreten ist, könnte man davon reden.
Dann könnte es aber heißen:

wiege mich im schlaf
an deiner kalten seite

Gefällt mir!

Lieben Gruß
Elsa
Schreiben ist atmen

Gast

Beitragvon Gast » 25.09.2007, 23:22

Lieber Manfred,

ich hatte von ableiten geschrieben, (Mir fällt ein, dass die Schwarze Tollkirsche sehr schön glänzt, vielleicht lässt sich da auf der Bildebene etwas ableiten, um nicht die Feuermetaphern zu bemühen).

nicht davon "glänzend" zu verwenden ...

Das wäre wohl recht einfallslos gewesen. ;-)

Eine Frage tut sich mir auf, durften Frauen diesen Tanz mitmachen (ich habe Null-Ahnung)?
@ Wilden Sprüngen etc...

Liebe Abendgrüße
Gerda

Perry

Beitragvon Perry » 26.09.2007, 09:21

Hallo Elsa,
freut mich, dass du ein wenig "mit getollt" bist. Das "herum" ist tatsächlich entbehrlich. Das Wiegen in den (ewigen) Schlaf passt von der Grundaussage her schon, trotzdem wäre eine deutlichere Formulierng vielleicht hilfreich. Ich denke gerne über deinen Vorschlag nach. Dein Hinweis, dass die Tollkirsche auch zur Pupillenerweiterung benutzt werden kann und dadurch die Augen dunkler und glänzender wirken, unterstreicht das Bild der "glutäugigen" Augen.
Danke und LG
Manfred

Hallo Gerda,
der Moriskentanz hat viele Ausprägungen und kommt soviel ich weiß aus Nordafrika. Bei uns wurde er meist von Gaukler in Form von getanzten Geschichten aufgeführt. Es ist also naheliegend, dass Figuren beiderlei Geschlechts darin vorkamen. Mir ging es hier vor allem um den Aspekt der Wildheit und der Verführung.
Ansonsten werde ich gerne versuchen noch etwas mehr "abzuleiten" :smile: .
LG
Manfred


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