Am Fennpfuhl

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 17.09.2007, 09:43

Am Fennpfuhl

Die Häuser werfen Nachmittagsschatten
Auf Ahornbäumen rumoren Spatzenvölker.
Blessrallen rudern im Pfuhl fangen
Die Brocken im Fluge. Jemand fährt Kahn.
Die Fontäne tanzt im Wind schickt Tropfen
Auf nackte Sommerarme. Mädchen in Sonntagskleidern
Zerknallen Werbeluftballons kleine Hunde
Erschrecken zu Tode. Radfahrer üben
Gemächlichen Sonntagstritt. Sehr fern
Das Sirren von Autos etlichen Straßenbahnen.
Wir hören die Gräser und Pappeln rascheln.
Von den Ebereschen leuchtets in roten Büscheln.
Die Alten auf den Bänken erzählen von früher
Wärmen die Glieder adrigen Hände unter sanfter
Septembersonne. Im blauen All überm Hochhaus
Hockt ein milchiger Mond wartet auf Action.
In traurigen Teichweiden erste sibirische Krähen.
_____
Der Fennpfuhl liegt inmitten eines Neubaugebiets in Lichtenberg, einem Berliner Stadtteil, unfern einer Hauptstraße.

Nihil

Beitragvon Nihil » 17.09.2007, 10:25

Hi Caty,

schönes Gedicht, nur das Wörtchen "Action" gehört immer in eine Ansprache Arnold Schwarzeneggers und niemals, wirklich niemals in ein Gedicht! ;-)

LG

Nihil

Caty

Beitragvon Caty » 17.09.2007, 15:11

Ich denke, NJKahlen, es wäre jetzt an der Zeit, dass du mal erklärst, was dieses sinnlose Herumgiften eigentlich beabsichtigt. Caty

Gast

Beitragvon Gast » 17.09.2007, 15:21

Liebe Caty -

hier hat Niko nicht gegiftet ... schau mal bei "Morgenspaziergang", hier hast du dich im Faden vertan.

Zu diesem Text möchte ich Folgendes sagen:

Typisch Caty in Sprache, Setzung und Naturschilderung. Mir kommt alles schon ein wenig bekannt vor aus anderen deiner Texte.
Eine freundliche Herbstatmossphäre gut eingefnagen nicht ohne das Ahnen, dass es bald wintert > Krähen ...

Kleinigkeit:

Caty hat geschrieben:Wärmen die Glieder adrigen Hände unter sanfter


entweder der adringen
oder ohne Artikel
adriger Hände

meine ich. ;-)

Liebe Grüße
Gerda

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annette
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Beitragvon annette » 17.09.2007, 15:46

Caty hat geschrieben:Wärmen die Glieder adrigen Hände unter sanfter

Hallo Caty, hallo Gerda,

ich meine, es ist als Reihung zu lesen:
"Wärmen die Glieder(, die) adrigen Hände"

Ähnlich wie auch in
"Das Sirren von Autos(, von) etlichen Straßenbahnen."

Machst Du häufig, Caty, mittlerweile gefällt mir das, aber es ist sehr ungewohnt und man denkt leicht an einen Verschreiber.

Gruß - annette

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Beitragvon annette » 17.09.2007, 15:51

P.S.: Ich denke, das ist nur beim Lesen problematisch, beim Hören ist das sicher eindeutig.

Gast

Beitragvon Gast » 17.09.2007, 16:23

Danke annette ... ich finds gewöhnungsbedürftig,
einerseits verfasst Caty alle Zeilenanfänge in Großbuchstaben, macht aber keine Satzzeichen, die eine Hilfe beim Lesen sein könnten ... nicht so leicht durchzuschauen.


Liebe Grüße
Gerda

Caty

Beitragvon Caty » 17.09.2007, 19:53

Ja, Annette hats begriffen. Da ich Kommas in Aufzählungen nicht setze und mir das "und" spare, stolpert man im ersten Moment. Das ist doch gut so. Beim Sprechen aber ist alles klar. Ich spreche sowieso die Texte immer vor mich hin (nicht nur die eigenen), da erfasst man den Rhythmus besser, und jedes falsche Wort fällt sofort auf. Ich würde ja gern ein paar Texte gesprochen einstellen, habe aber keine Ahnung, wie das technisch vollendet läuft. Sowieso, mein AOL würde nie ein ganzes Gedicht mit einmal als Anhang übersenden können, sie haben da nur ein kleines Limit, ich glaube 8 Bit oder sowas.

Nihil, das Wort Action habe ich ganz bewusst gesetzt. Es gehört in dieses Gedicht, obwohl es wahrlich mit Schwarzenegger nichts zu tun hat. Hier liegt die Assoziation zum Filmscheinwerfer nahe, wenn man so will (der Befehl "Action!" kommt vom Regisseur). Zugegeben, ein bisschen hintenrum gekratzt. Muss ich mir nochmal ansehen, damit das Bild verstanden wird.

Schön, dass du meine Handschrift erkennst, Gerda. Habe ich das nicht schon mal irgendwo gesagt: Der Schreiber sollte dem Leser das Lesen des Gedichts erschweren, damit er ein Gedicht nicht wie einen Prosatext querliest (grins). Was aber NJKahlen angeht, so gab es hier ein Statement, es ist jetzt gelöscht. Da kann natürlich meine Antwort auch gelöscht werden.

Caty

Klara
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Beitragvon Klara » 17.09.2007, 19:56

Hallo Caty,

offtopic Aufnehmen: Du kannst eine kostenlose zweite Email-Adresse bei http://www.googlemail.com eröffnen und mehrere Megabytes damit verschicken.

Was das andere technische Krams betrifft (ich musste damit auch arg kämpfen, wie sich hier vielleicht noch so mancher erinner), steht das Wesentliche im Hörbar-Faden oben in dem Tipp-Thread. Man kann außerdem im Cafe bei technische Fragen (glaub ich) seine Fragen stellen, und ich ich wette, dass in Kürze einer der vielen netten UND technisch begabten Menschen hier antwortete (Pjotr).

Das Gedicht: finde ich wiederum gelungen (das langweilt dich wahrscheinlich), wenn auch etwas trocken.

Grüße
Klara

Caty

Beitragvon Caty » 17.09.2007, 20:36

Danke, Klara, fürs Technische. Hab schon reingekuckt in den technischen Teil, aber irgendwas funktioniert (bei mir) nicht. Muss auf meinen PC-Spezialisten warten, meinen Sohn.

Ja, das Gedicht ist trocken gegenüber anderen. Mir fehlt noch ein Gedanke, der das Ganze hochreißt. Die sibirischen Krähen bringens nicht. Dachte, ich krieg hier nen Tipp. Obwohl ich glaube, dass ich es im großen und ganzen so lassen werde, es gehört zu einer Reihe, die ich vorläufig "Orte" genannt habe.

Caty

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Beitragvon Pjotr » 17.09.2007, 21:03

Hallo Caty,

welche Funktion haben hier die Zeilenumbrüche? Weisen sie auf akustische Pausen hin? Sind es visuelle Mittel für ein schlankeres Textbild (keine akustischen Pausen)? Dienen sie grammatischen Doppeldeutungen (dann mit oder ohne akustische Pause?)?


Salute

Pjotr

Caty

Beitragvon Caty » 18.09.2007, 19:57

Pjotr, die nicht sinngemäßen Zeilenumbrüche (im Gegenteil zu denn sinngemäßen) werden Enjambement genannt. Ich habe dazu schon öfter was geschrieben. Es verwundert mich eigentlich, dass du danach fragst, das Enjambement als Wort- und Stilfigur müsste eigentlich unter Lyrikern bekannt sein. Ich habe aber festgestellt, dass es so manchem Autor völlig neu ist. Am besten ist es wohl, du siehst mal in Wikipedia rein, da steht eine ganze Menge dazu. Mit akustischen Pausen hat das Enjambement aber tatsächlich auch zu tun. Am Ende jeder Verszeile wird, ungeachtet des Sinns, beim Sprechen eine winzige Zäsur gemacht. Es wird also auch in Maßen gegen den Sinn gesprochen, obwohl die Zäsur nicht so stark ist wie beim sinngemäßen Zeilenbruch. Wo der Autor die Zeile bricht, ist beim Enjambement ihm völlig überlassen, es ist also nicht zwingend, dass dadurch ein neuer "Sinn" entsteht, obwohl das ganz reizvoll sein kann. Habe ich da irgendwas deutlich machen können? Caty

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Beitragvon Pjotr » 18.09.2007, 20:55

Caty, (ich sehe mich übrigens nicht als Lyriker), was ein Enjambement ist, war mir bereits bekannt. Auch Deine Erklärungen dazu vor einigen Wochen sind mir noch im Gedächtnis. Der Witz meines Problems ist ja gerade der, dass Du einst den Hinweis schriebst, man solle bei Deinen Werken das Enjambement nicht mitlesen. Daher meine Frage nach den akustischen Pausen (oder Zäsuren, wie Du es nennst). Falls mein Gedächtnis mich trügen sollte, und Du willst, dass man sehr wohl bei Deinem Enjambement pausieren sollte, dann korrigiere mich bitte. Oder ist es einfach egal? Du betonst manchmal, dass ein veröffentlichtes Gedicht nicht mehr Dir gehöre. Das klingt nach "egal". Ich sehe dieses Fort-und-Tschüss-Prinzip nicht so radikal. Mich interessiert schon auch der Gedankengang des Schöpfers, wie in anderen Künsten auch. Aber nicht aus wissenschaftlich-analytischen Gründen, sondern einfach aus spontaner naiver Neugier. Ich finde es spannend. Außerdem steckt direkt oder indirekt oft etwas drin, was mich wiederum auf anderer Ebene inspiriert.

Also, gilt Dein Hinweis noch, man solle bei Deinem Enjambement keine Pause machen?


Pjotr

Caty

Beitragvon Caty » 18.09.2007, 21:13

Pjotr, dass man beim Enjambement keine Pause machen soll, habe ich so niemals geschrieben. Das wäre ja das Gegenteil dessen, was ich meine. Und was heißt "das Enjambement nicht mitlesen"? Irgendwas hast du da in die falsche Kehle gekriegt.

Du schreibst also selbst keine Gedichte? Prosa? Aber das ist wirklich gleich, denn wenn ein Text fertig ist, ist man ja als Autor innerlich mit dem Thema "fertig". Daraus folgt doch aber nicht, dass einem der Text dann "egal" ist. Es gibt Texte, die ein wichtiger Schritt für den Autor sind - wegen des Themas oder der Art der Behandlung, neben Texten, die zu Recht untergehen.

Den "Gedankengang des Schöpfers" herauszufiltern ist ganz allein die Arbeit des Lesers. So habe ich es gemeint, dass ein Text nicht mehr mir gehört, wenn ich ihn aus der Hand gebe. Ich kenne keinen Schreiber, der auf sich hält und des langen und breiten seinen Text erklären würde. Es ist auch völlig gewollt, dass, wie du schreibst, der Text dich auch wieder auf anderer Ebene inspiriert, das wäre der Idealzustand. Das voyeristische Interesse (z. B. nach autobiographischen Anhaltspunkten) des Lesers interessiert mich als Schreiberin überhaupt nicht.

Habe ich irgendwas geklärt?

Caty


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