Kreta 2 - minotaurus

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.09.2007, 23:36

minotaurus

im schatten dreier säulen
hörner neigen dir den kopf
nicht demut

(den heißen atem fühlte ich erst später)

bereit durch tod dein labyrinth zu schützen
(frucht des betrugs und selber opfer)

gehetzte

rollen augen unter schweißbenetzter stirn
und laufen gegen minos mauern

durchbohrt die beute
brandet jubel blutig auf

(ich weiß darum – und dennoch lieb ich dich)


(c)Elsa Rieger




verworfen

2. Fassung (Versuch des Enjambements)

minotaurus

im schatten dreier säulen hörner
neigen dir den kopf nicht
demut (den heißen atem
fühlte ich erst später)

bereit durch tod dein labyrinth
zu schützen (frucht des betrugs doch
selber opfer)

gehetzte

rollen augen unter
schweißbenetzter stirn und laufen
gegen minos mauern

durchbohrt die beute brandet
jubel blutig auf (ich weiß darum
– und dennoch lieb ich dich)
Zuletzt geändert von Elsa am 21.09.2007, 17:53, insgesamt 5-mal geändert.
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pandora

Beitragvon pandora » 09.09.2007, 10:53

hallo elsa,

mir scheint, dein kretaaufenthalt hat dich sehr inspiriert...

ich mag dieses gedicht sehr, es geht mir viel näher, als kreta 1, möglicherweise, weil es sich mit dem mythos von könig minos beschäftigt und ich derartige stoffe sehr liebe.

die zeilen sind "sperrig", ein wortlabyrinth, durch das sich der leser finden muss. ohne ariadnefaden.

hinter der sagenhaften ebene, die vom minotaurus erzählt, seiner herkunft ("frucht des betrugs und selber opfer"), lese ich, und das hört sich blöd an, von einem sehr menschlichen begreifen.
das geschehen wird nicht nur punktuell erfasst, sondern in seiner gesamtheit. es geht nicht nur um teile der geschichte. das bild vom grausigen stiermonster, das von theseus erledigt werden wird, erhält einen hintergrund.

ich würde kein einziges wort verändern, aber vielleicht die zeilensetzung überdenken.

lg
p

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 09.09.2007, 11:57

Liebe Pe,

ich muss sagen, das hätte ich nun nicht erwartet und deswegen lege ich erstmal eine Runde Hüpfen ein!

Danke! Ich freu mich so, dass es, deiner Replik nach, genauso ankommt, wie ich es geschrieben habe. Ich glaube auch, ich kann kein Wort dran verändern, ja.

Zum Umbruch, wie hättest du gedacht? Kannst du es mir zeigen?

Frohe Grüße,
ELsa
Schreiben ist atmen

pandora

Beitragvon pandora » 09.09.2007, 12:15

liebe elsa, vielleicht so:

minotaurus

im schatten dreier säulen

hörner neigen dir den kopf
nicht demut
(den heißen atem fühlte ich erst später)

bereit durch tod dein labyrinth zu schützen
(frucht des betrugs und selber opfer)

gehetzte

rollen augen unter schweißbenetzter stirn
(und) laufen gegen minos mauern

durchbohrt die beute
brandet jubel blutig auf

(ich weiß darum – und dennoch lieb ich dich)

lg
p

Gast

Beitragvon Gast » 09.09.2007, 13:16

Liebe Elsa,

mir geht es ähnlich wie pandora, mit dem Unterschied, dass ich nicht eine Vorliebe für Mythologisches habe, aber diesen Text dennoch besser finde - außergewöhnlicher - als dein Kreta I, in dem mir zu vieles enthalten ist, was das Bekannte skizziert.

Hier geht es in die Tiefe, die sich im "Labyrinth" versteckt (bildlich für mich) und ich finde, dass du Mythologisches gekonnt übertragbar verdichtet hast.
Ein guter Text.

Liebe Grüße
Gerda

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 09.09.2007, 14:17

Liebe Pan,

danke fürs Zeigen! Das ist in der Tat zu überdenken. Ich muss das erst sacken lassen - aufs erste gefällt es mir.

Liebe Gerda,

ich bin auch kein Mythologiefan, aber wenn sie einem dauernd begegnet - vielleicht entdecke ich noch mein Herz für diese ganz eigene Dramatik der Götter und Halbgötter. Ein weites Feld wäre es allemal.

Noch etwas zu Kreta 1, Pan und Helga, ja. Ich gebe es zu. Ein erster Überschwang und mehr nicht.

Ich freu mich, Gerda, dass du den Text hier gut findest, danke für deine Gedanken dazu!

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Caty

Beitragvon Caty » 11.09.2007, 10:43

Liebe Elsa, mich spricht dieser Text sehr an, denn ich bin ein Mythologiefan. Das Labyrinthische finde ich in deinem Text wieder, auch im Zeilenbruch, gerade in ihm. Ich würde an diesem Gedicht noch mehr Enjambement einsetzen, um das Labyrinthische zu verstärken. Zum Beispiel gleich in der ersten Verszeile: "Im Schatten dreier Säulen Hörner/neigen dir den Kopf nicht/Demut (den heißen Atem/fühlte ich erst später)".

Ich spring mal beiseite, sonst erwischt mich noch der Minotaurus. In Kreta 2 behandelst du die Sage, während Kreta 1 die Landschaft beschreibt, ich kann das eine gegen das andere nicht abwägen. Wobei die Versuchung sehr nahe liegt, ein bisschen in Touristenkitsch zu verfallen, aber er hält sich in Kreta 1 in Grenzen, der Text gefällt mir auf andere Weise.

Liebe Grüße Caty

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 11.09.2007, 12:15

Liebe Caty,

Ich spring mal beiseite, sonst erwischt mich noch der Minotaurus.
:)

Danke für deine Überlegungen dazu. Mit der Formatierung bin ich eh noch nicht fertig, könnte sein, ich probiere deinen Vorschlag aus. Du bist also auch Mythologiefan, dann hab ich es ja erwischt. Eins ist in Arbeit über Penelope. Mal sehen, ob es auch ein Renner wird oder versagt.

Ja, Kreta 1 ist schon auch kitschig, aber ich denke, so zu denken (siehe mich) ist eine erste Reaktion auf Ferienfreude, daher werde ich es wohl so stehen lassen.

Lieben Gruß
ELsa
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Heidrun

Beitragvon Heidrun » 11.09.2007, 13:38

Liebe Elsa,

auch in mir findest du eine Freundin alter Mythen. Oft spiegeln sich in ihnen ja Archetypen wider, die später in einigen Wissenschaftsbereichen Einlass & Beachtung gefunden haben. Das finde ich ziemlich spannend. -

In deinem Gedicht hast du der "Liebe" des Jägers zu seinem Wild (und umgekehrt) in bilderreicher Sprache Ausdruck verliehen.

Ich finde das Gedicht sehr gut gelungen; in der von Pandora vorgeschlagenen Formatierung gefällt es mir noch ein kleines bisschen besser.

Schöne Grüße
Heidrun

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 11.09.2007, 13:44

Liebe Heidrun,

herzlichen Dank dafür. Die Schule hat mir die Mythologie vermiest, jetzt entdecke ich sie für mich neu :)

Lieben Gruß
ELsa
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Heidrun

Beitragvon Heidrun » 11.09.2007, 13:52

Das erging mir seinerzeit genauso. Vor allem dann, wenn ich sie haarklein wiedergeben sollte. Brrrrh.

Grüßle
Heidrun

scarlett

Beitragvon scarlett » 11.09.2007, 22:08

Liebe Elsa,

spät aber nicht zu spät, hoffe ich, kommt auch von mir noch ein kleiner Kommentar zu deinem gelungenen Gedicht.
Was mir besonders gut gefällt, ist gerade das Sperrige daran, daß es sich nicht so flüssig liest, daß es immer wieder zum Innehalten, Nachdenken zwingt. Der Leser muß sich immer wieder neu "orientieren", Zusammnehängendes zusammenfügen usw. wie in einem Labyrinth ... eben.
Catys Idee, das Enjambement noch stärker einzusetzen, kann ich deshalb nur unterstützen.

Das hab ich sehr gern gelesen.

Grüße,
scarlett

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Beitragvon Elsa » 12.09.2007, 15:01

Liebe Scarlett,

es ist niemals zu spät :-)

Danke, dass du etwas dazu sagst. Am Enjambement bin ich dran.

Herzlich,
ELsa
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Beitragvon Elsa » 12.09.2007, 17:18

Liebe Caty,

ich habe mal versucht, ein Enjambement hinzukriegen.
Ich würde mich über ein Wort dazu von dir freuen.

Ich weiß nicht recht, was nun besser ist. (vielleicht mache ich es auch nicht richtig)

Lieben Gruß
ELsa
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