Liebes Leid,
der Brief auf dem Tisch schmeckt nach Sonne
im Herbst, wenn das Laub auf den Boden
fällt, dann später vermodert im Frühling,
nach dem Schnee und der Kälte, den
Zapfen aus Eis an den Rinnen der Dächer
der Häuser – die ducken sich in die
Landschaft, die nun ohne Schnee und
Eis und Zapfen so frühlingshaft verspielt,
verträumt wirkt, als wäre etwas erwacht,
eine Möglichkeit, die den Brief auf dem Tisch
nicht
------bedacht
----------------hat
Liebes Leid
Hallo Woitek,
das Gedicht gefällt mir sehr gut, ich weiß aber noch nicht um was für einen Brief es sich handelt .. um einen Abschiedsbrief? Ist die Sonne im Herbst die Vorhut des Todes, dem Winter, auf dem die Wiedergeburt, der Frühling erfolgt? Jedenfalls lese ich in deinem Gedicht den Kreislauf von Werden und Vergehen .. stünde dein Gedicht unter Liebeslyrik, dann würde ich es anders interpretiert haben, eben auf die Vergänglichkeit der Liebe bezogen, aber so .. hmm .. offengestanden erscheint mir meine Interpretation aber ein wenig altbacken ..
Na, vielleicht hilftst du mir ja, wenn ich das Gedicht erstmal richtig verstanden haben werde, dann wird es mir bestimmt noch besser gefallen ..
Ist das vermodernde Laub das Vergessen der Natur? Ihr Vergessen des Individuums, der Erscheinung?
LG
Nihil
das Gedicht gefällt mir sehr gut, ich weiß aber noch nicht um was für einen Brief es sich handelt .. um einen Abschiedsbrief? Ist die Sonne im Herbst die Vorhut des Todes, dem Winter, auf dem die Wiedergeburt, der Frühling erfolgt? Jedenfalls lese ich in deinem Gedicht den Kreislauf von Werden und Vergehen .. stünde dein Gedicht unter Liebeslyrik, dann würde ich es anders interpretiert haben, eben auf die Vergänglichkeit der Liebe bezogen, aber so .. hmm .. offengestanden erscheint mir meine Interpretation aber ein wenig altbacken ..

Ist das vermodernde Laub das Vergessen der Natur? Ihr Vergessen des Individuums, der Erscheinung?
LG
Nihil
Lieber Woitek, eine Möglichkeit, die dein Gedicht nicht bedenkt, ist: Auch die Sonne im Herbst kann ein Anfang sein, denn Herbst, der steht für ein Ende, und ein Ende bedeutet zugleich auch immer einen Anfang. Insofern fehlt der "Pointe" meiner Ansicht nach das, was man "versteckten Sinn" nennt. Auch frage ich mich: Wie schmeckt eigentlich ein Brief? Nach Bittermandel, Stockrosen, abgelutschten Hosenknöpfen? Man muss doch solch einen Brief nicht gleich mit Haut und Haaren verschlucken, aberaber. Ansonsten gefällt mir das Gedicht. Auch dass du das Enjambement eingesetzt hast, erfreut mich außerordentlich.
Herzlich Caty
Herzlich Caty
Hallo ihr Lieben,
vielen Dank für euer Interesse an diesem Text.
@Nihil
Ein "richtiges" Verstehen eines gedichtes gibt es nicht, nur ein angemessenes.
@Hoedur
Der Brief denkt nicht und hat auch nicht etwas nicht bedacht, da hast du nicht genau genug gelesen.
@Caty
Mmm, wo steht denn im Text, dass die Sonne im Herbst kein Anfang ist?
Wie schmeckt ein Brief? Es kommt ganz auf seinen Inhalt an. Lass dir dessen Worte einfach mal auf der Zunge zergehen.
Ich habe schon in anderen Textdiskussionen mitbekommen, dass du das Enjambement vor kurzem entdeckt zu haben scheinst und intensiv für dessen Einsatz plädierst (sollte ich mich irren korregiere mich) Ich denke das Enja. ist eine rhetorische Figur wie jede andere und sollte nur mit Bedacht eingesetzt werde, da durch die Verwendung auch negative Auswirkungen auftreten können.
Ich habe für dich noch mal den Text rausgesucht, den ich schrieb, als ich vor einigen Jahren das Enja. ebenfalls ganz frisch für mich entdeckt hatte.
gefallener Engel
Ein Tautropfen auf dem Gesicht
des schweigenden Engels. Marmoriert
die Gestalt des aufstrebenden Wesens. Sehnsuchtsvoller
Blick in die Unendlichkeit. Gebunden
am Sockel, von Menschenhand zementiert. Umwachsen
vom Grün, Mutter Erde entsprossen. Auf den Schultern
Geschmeiß ahnungsloser Vögel. Eine Nachricht
zweier Liebender, achtlos geritzt. Kein Tropfen Blut
fließt in deinen nicht vorhandenen Adern.
Doch du warst vorher da und wirst auch nach mir bleiben!
vielen Dank für euer Interesse an diesem Text.
@Nihil
Ein "richtiges" Verstehen eines gedichtes gibt es nicht, nur ein angemessenes.
@Hoedur
Der Brief denkt nicht und hat auch nicht etwas nicht bedacht, da hast du nicht genau genug gelesen.
@Caty
Mmm, wo steht denn im Text, dass die Sonne im Herbst kein Anfang ist?
Wie schmeckt ein Brief? Es kommt ganz auf seinen Inhalt an. Lass dir dessen Worte einfach mal auf der Zunge zergehen.
Ich habe schon in anderen Textdiskussionen mitbekommen, dass du das Enjambement vor kurzem entdeckt zu haben scheinst und intensiv für dessen Einsatz plädierst (sollte ich mich irren korregiere mich) Ich denke das Enja. ist eine rhetorische Figur wie jede andere und sollte nur mit Bedacht eingesetzt werde, da durch die Verwendung auch negative Auswirkungen auftreten können.
Ich habe für dich noch mal den Text rausgesucht, den ich schrieb, als ich vor einigen Jahren das Enja. ebenfalls ganz frisch für mich entdeckt hatte.
gefallener Engel
Ein Tautropfen auf dem Gesicht
des schweigenden Engels. Marmoriert
die Gestalt des aufstrebenden Wesens. Sehnsuchtsvoller
Blick in die Unendlichkeit. Gebunden
am Sockel, von Menschenhand zementiert. Umwachsen
vom Grün, Mutter Erde entsprossen. Auf den Schultern
Geschmeiß ahnungsloser Vögel. Eine Nachricht
zweier Liebender, achtlos geritzt. Kein Tropfen Blut
fließt in deinen nicht vorhandenen Adern.
Doch du warst vorher da und wirst auch nach mir bleiben!
Hallo woitek,
da gibst du etwas zum Grübeln auf...
das ist ziemlich tricky.
Ich versuche mal:
Rahmenhandlung: Das lyrische Ich schreibt einen Brief an das "Leid", in dem von einem weiteren Brief die Rede ist.
Das "Leid" erfährt, wonach dieser zweite Brief schmeckt (oder ist es derselbe? den das "Leid" erhält?)
Der Geschmack springt durch die Jahreszeiten, zuerst Herbstsonne, dann Laub, dann Frühlings-Moder, dann Winterkälte, dann - unvermittelt und noch sprunghafter - sind wir wieder im Frühling, ohne Eis und Schnee. In einem Frühling, der undenkbar schien im Winter, im Herbst, am Ende, als der Brief so leidensverliebt nach Ende schmeckte.
Der Herbstgeschmack des Briefes birgt die Möglichkeit des Frühlings. Die Endgültigkeit des Briefes scheint - scheint! - widerlegt. Doch die Möglichkeit hat den Brief auf dem Tisch nicht bedacht. Das ist schwierig! Die Möglichkeit oder die Empfindung der Möglichkeit hat den Brief nicht bedacht. Aber vielleicht muss sie das auch gar nicht. Weil der Brief Vergangenheit ist und die Möglichkeit Zukunft und insofern unangreifbar.
Interessant, wie beide Möglichkeiten - die Depression/HOffnungslosigkeit und die nie vergehende Hoffnung - lesbar sind.
Es sei denn, ich irre mich ganz grauslich.
Viele Grüße
Klara
da gibst du etwas zum Grübeln auf...
das ist ziemlich tricky.
Ich versuche mal:
Rahmenhandlung: Das lyrische Ich schreibt einen Brief an das "Leid", in dem von einem weiteren Brief die Rede ist.
Das "Leid" erfährt, wonach dieser zweite Brief schmeckt (oder ist es derselbe? den das "Leid" erhält?)
Der Geschmack springt durch die Jahreszeiten, zuerst Herbstsonne, dann Laub, dann Frühlings-Moder, dann Winterkälte, dann - unvermittelt und noch sprunghafter - sind wir wieder im Frühling, ohne Eis und Schnee. In einem Frühling, der undenkbar schien im Winter, im Herbst, am Ende, als der Brief so leidensverliebt nach Ende schmeckte.
Der Herbstgeschmack des Briefes birgt die Möglichkeit des Frühlings. Die Endgültigkeit des Briefes scheint - scheint! - widerlegt. Doch die Möglichkeit hat den Brief auf dem Tisch nicht bedacht. Das ist schwierig! Die Möglichkeit oder die Empfindung der Möglichkeit hat den Brief nicht bedacht. Aber vielleicht muss sie das auch gar nicht. Weil der Brief Vergangenheit ist und die Möglichkeit Zukunft und insofern unangreifbar.
Interessant, wie beide Möglichkeiten - die Depression/HOffnungslosigkeit und die nie vergehende Hoffnung - lesbar sind.
Es sei denn, ich irre mich ganz grauslich.
Viele Grüße
Klara
Liebe Klara,
es hat mir großen Spaß gemacht deine recht weit entwickelten Gedanken zu meinem Text zu lesen.
@Nihil
Nehmen wir einfach mal an, dieser Text stände in irgendeinem Zusammenhang zu diesem lange Zeit vorher entstandenen...
Der Abschiedsbrief
Mein Schatz, ich habe mich vor kurzem aufgehängt,
das hab ich übrigens allein für mich getan,
es war der Lebensüberdruss, mir fehlte der Elan,
ich fühlte auf dem Weg zum Strick mich wenig fremd gelenkt.
Weil du dir Sorgen machst, hab ich dir eine Nachricht hinterlassen.
Wenn du dies liest, hast du sie sicherlich gefunden,
sie lag dort unter meinen Psychiatriebefunden,
mit denen kannst du dich dann später noch befassen.
Am besten ist du fängst schnell etwas Neues an,
ein Trauerjahr zu fordern, wäre wohl vermessen,
ich hoffe nur du kannst mich jetzt ganz schnell vergessen.
Bis bald, denn du wirst mir noch folgen – irgendwann.
es hat mir großen Spaß gemacht deine recht weit entwickelten Gedanken zu meinem Text zu lesen.
@Nihil
Nehmen wir einfach mal an, dieser Text stände in irgendeinem Zusammenhang zu diesem lange Zeit vorher entstandenen...
Der Abschiedsbrief
Mein Schatz, ich habe mich vor kurzem aufgehängt,
das hab ich übrigens allein für mich getan,
es war der Lebensüberdruss, mir fehlte der Elan,
ich fühlte auf dem Weg zum Strick mich wenig fremd gelenkt.
Weil du dir Sorgen machst, hab ich dir eine Nachricht hinterlassen.
Wenn du dies liest, hast du sie sicherlich gefunden,
sie lag dort unter meinen Psychiatriebefunden,
mit denen kannst du dich dann später noch befassen.
Am besten ist du fängst schnell etwas Neues an,
ein Trauerjahr zu fordern, wäre wohl vermessen,
ich hoffe nur du kannst mich jetzt ganz schnell vergessen.
Bis bald, denn du wirst mir noch folgen – irgendwann.
Lieber Woitek,
dann lag ich ja gar nicht so verkehrt mit meiner Interpretation, obwohl ich diese Zeilen von dir zuvor nicht gelesen hatte ..
Psychiatriebefunde sind das eine, der Selbstmord ist das andere .. ich persönlich sehe im Tod nur eine Illusion, nicht das Ende, sondern vielmehr das Ende, dem ein Anfang innewohnt .. und das ist nicht unbedingt positiv zu verstehen, weil es bedeutet, dass man dem Dasein, dem samsarischen Kreislauf, auf diese Weise nicht entkommen kann .. lies doch mal die Abhandlung Schopenhauers über den Selbstmord .. der Selbstmord ist, philosophisch gesprochen, eine Torheit, weil er nicht das Ding an sich als vielmehr nur dessen Erscheinung aufhebt, die sich sodann neu objektiviert, d.h. als ein neues Individuum ins Dasein geworfen wird, ebenso leidet und nichts ist gewonnen .. die Erlösung führt über das Beharren im Leiden und in die letztliche Verneinung des Willens zum Leben .. der Selbstmord hingegen ist ein Akt der Bejahung des Willens zum Leben, bei welcher der Wille, als das Ding an sich, seine Erscheinung zugunsten seines wahren Wesen zerstört, weil dessen Erscheinung sich in Umständen befunden hat, welche jenen Willen gehemmt haben, d.h. großer Schmerz entstanden ist, welcher zur Aufhebung der Erscheinung (Selbstmord), nicht aber des Dings an sich geführt haben .. das ist das Problematische am Selbstmord - wäre er die Erlösung, dann wäre philosophisch nichts dagegen einzuwenden .. der Selbstmörder, er landet nicht in der Hölle - er landet immer wieder in der Natur!
LG & Kopf hoch!
Nihil
P.S.: Überhaupt ist Schopenhauer ein großer Trost - seine Philosophie wird dich trösten, denn Schopenhauer hat für die intelligenten und sensiblen und darum umso mehr leidenden Menschen geschrieben und seine Philosophie ist ein Geschenk - ähm - des Herrn!.gif)
dann lag ich ja gar nicht so verkehrt mit meiner Interpretation, obwohl ich diese Zeilen von dir zuvor nicht gelesen hatte ..
Psychiatriebefunde sind das eine, der Selbstmord ist das andere .. ich persönlich sehe im Tod nur eine Illusion, nicht das Ende, sondern vielmehr das Ende, dem ein Anfang innewohnt .. und das ist nicht unbedingt positiv zu verstehen, weil es bedeutet, dass man dem Dasein, dem samsarischen Kreislauf, auf diese Weise nicht entkommen kann .. lies doch mal die Abhandlung Schopenhauers über den Selbstmord .. der Selbstmord ist, philosophisch gesprochen, eine Torheit, weil er nicht das Ding an sich als vielmehr nur dessen Erscheinung aufhebt, die sich sodann neu objektiviert, d.h. als ein neues Individuum ins Dasein geworfen wird, ebenso leidet und nichts ist gewonnen .. die Erlösung führt über das Beharren im Leiden und in die letztliche Verneinung des Willens zum Leben .. der Selbstmord hingegen ist ein Akt der Bejahung des Willens zum Leben, bei welcher der Wille, als das Ding an sich, seine Erscheinung zugunsten seines wahren Wesen zerstört, weil dessen Erscheinung sich in Umständen befunden hat, welche jenen Willen gehemmt haben, d.h. großer Schmerz entstanden ist, welcher zur Aufhebung der Erscheinung (Selbstmord), nicht aber des Dings an sich geführt haben .. das ist das Problematische am Selbstmord - wäre er die Erlösung, dann wäre philosophisch nichts dagegen einzuwenden .. der Selbstmörder, er landet nicht in der Hölle - er landet immer wieder in der Natur!
LG & Kopf hoch!
Nihil
P.S.: Überhaupt ist Schopenhauer ein großer Trost - seine Philosophie wird dich trösten, denn Schopenhauer hat für die intelligenten und sensiblen und darum umso mehr leidenden Menschen geschrieben und seine Philosophie ist ein Geschenk - ähm - des Herrn!
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Zuletzt geändert von Nihil am 15.08.2007, 17:56, insgesamt 1-mal geändert.
Lieber Woitek, weil du mich deshalb angesprochen hast, will ich mal noch was zum Enjambement sagen. Es ist nicht irgendeine Stilform, wie du schreibst. Es ist sowohl optische als auch Satzstilfigur.
In dem Beispiel setzt du es für mein Verständnis doch ein bisschen schematisch ein, es gibt entschieden mehr Möglichkeiten für das E., dennoch, es ist akzeptabel, wie du es verwendest.
Ich verstehe nur nicht, was du mir damit sagen willst.
Herzlich Caty
In dem Beispiel setzt du es für mein Verständnis doch ein bisschen schematisch ein, es gibt entschieden mehr Möglichkeiten für das E., dennoch, es ist akzeptabel, wie du es verwendest.
Ich verstehe nur nicht, was du mir damit sagen willst.
Herzlich Caty
Hallo,
das gereimte Gedicht, das du postest, woitek, legt nahe, das auch das obige Gedicht im Zusammenhang mit Selbsttötung steht. Allerdings würde ich das dann nicht so eins-zu-eins lesen. Mir drängt sich da eher der Eindruck auf, der Schreiber verarbeitet die Selbsttötung einer anderen Person.
Das gereimte Gedicht ist beeindruckend in seiner - in dieser Thematik - herausfordernden Ironie, die die Wut verdeckt - aber nur fast. Die Wut bleibt. So lese ich das jedenfalls. Selbstttötung ist ein aggressiver Akt - nicht nur gegen sich selbst, sondern gegen alle, die leben bleiben und damit leben müssen, dass ein geliebter Mensch sich selbst umgebracht hat. Wenn jemand aus meiner Nähe sich umbringen würde (bitte nicht! bitte nicht!), dann würde ich nicht nur trauern und Schuld empfinden, sondern auch unermesslich wütend sein. "Wie kann er mir so was antun? Wie kann er dem Leben so etwas antun?" Ein lebenslänglicher Tritt in die Magengrube - das ist Selbstmord auch, für die Hinterbliebenen.
Wie auch immer: ich finde, beide Texte sind stark in Stil und Aussage. Das nicht gereimte lässt die Trauer mehr zu und öffnet sich einer Hoffnung, auch wenn sie vorbei ist. Das gereimte Gedicht verbeißt sich - locker! - in Ironie und wirkt dadurch bissiger, schmerzlicher, weniger "schön", trotz der Reime - und deshalb nahegehend.
Wie gesagt: Ich bin beeindruckt von diesem Weg, das Thema zu behandeln. Erscheint mir mutig, vielleicht sogar gewagt, und auch herausfordernd.
Klara
das gereimte Gedicht, das du postest, woitek, legt nahe, das auch das obige Gedicht im Zusammenhang mit Selbsttötung steht. Allerdings würde ich das dann nicht so eins-zu-eins lesen. Mir drängt sich da eher der Eindruck auf, der Schreiber verarbeitet die Selbsttötung einer anderen Person.
Das gereimte Gedicht ist beeindruckend in seiner - in dieser Thematik - herausfordernden Ironie, die die Wut verdeckt - aber nur fast. Die Wut bleibt. So lese ich das jedenfalls. Selbstttötung ist ein aggressiver Akt - nicht nur gegen sich selbst, sondern gegen alle, die leben bleiben und damit leben müssen, dass ein geliebter Mensch sich selbst umgebracht hat. Wenn jemand aus meiner Nähe sich umbringen würde (bitte nicht! bitte nicht!), dann würde ich nicht nur trauern und Schuld empfinden, sondern auch unermesslich wütend sein. "Wie kann er mir so was antun? Wie kann er dem Leben so etwas antun?" Ein lebenslänglicher Tritt in die Magengrube - das ist Selbstmord auch, für die Hinterbliebenen.
Wie auch immer: ich finde, beide Texte sind stark in Stil und Aussage. Das nicht gereimte lässt die Trauer mehr zu und öffnet sich einer Hoffnung, auch wenn sie vorbei ist. Das gereimte Gedicht verbeißt sich - locker! - in Ironie und wirkt dadurch bissiger, schmerzlicher, weniger "schön", trotz der Reime - und deshalb nahegehend.
Wie gesagt: Ich bin beeindruckt von diesem Weg, das Thema zu behandeln. Erscheint mir mutig, vielleicht sogar gewagt, und auch herausfordernd.
Klara
Hallo Alex,
ich glaube, es ist ganz gut, dass ich Schopenhauer nicht gelesen habe. Vieles von dem, was du da schreibst, entspricht genau meinem Credo.
Aber dennoch vermute ich, dass er mich ziemlich deprimieren bzw. noch mehr deprimieren würde, ich dann solche "Abschiedsbriefe", wie von dir, woitek, schreiben würde, die einem ziemlich dicht "auf den Pelz" rücken.
Saludos
Mucki
ich glaube, es ist ganz gut, dass ich Schopenhauer nicht gelesen habe. Vieles von dem, was du da schreibst, entspricht genau meinem Credo.
Aber dennoch vermute ich, dass er mich ziemlich deprimieren bzw. noch mehr deprimieren würde, ich dann solche "Abschiedsbriefe", wie von dir, woitek, schreiben würde, die einem ziemlich dicht "auf den Pelz" rücken.
Saludos
Mucki
Liebe Mucki,
Schopenhauer nimmt viel (die rosa Brille z.B. ..), aber er gibt auch sehr viel .. allein schon durch seine reiche Persönlichkeit, die in jedem Wort mitschwingt, durch seinen unsäglichen Scharfsinn, seinen überirdischen Stil, durch seinen köstlichen Humor .. für mich selbst ist die Schopenhauer-Lektüre ein Genuss ohne Gleichen, den ich derart noch nirgendwo anders gefunden habe .. er ist einzigartig und jedes seiner Sätze erregt Interesse, Schopenhauer ist niemals langweilig und immer obenauf, immer auf dem Standpunkt vernünftiger Reflexion .. aber natürlich - seine Schlussfolgerungen können erstmal deprimieren .. aber ist es nicht ein großer Trost zu wissen, dass man leidet, weil dieses Leiden seine tiefen Wurzeln in dem Ding an sich hat und das ein trauriger Lebenslauf das normalste von der Welt ist? Ist es besser zu glauben, dass man selbst versagt hätte und nun unglücklich darüber ist, während alle anderen ein glückliches Leben führen? Dass wir geboren wären um glücklich zu sein, ist ein angeborener Irrtum, wie ein jeder weiß .. und ich möchte Woitek auch nicht deprimieren, ich meinte das ernst mit dem Trostspenden .. Schopenhauer ist einer, der versteht und keine verkehrten Dinge sagt .. ob man ihn lesen möchte, das muss jeder für sich selbst entscheiden, ich kann es auch nicht jedem empfehlen .. man sollte in etwa gleich schwingen, ansonsten mag es deprimierend sein .. ich kann da nur für mich selbst sprechen. Ich bin mittlerweile ja schon soweit, dass ich denke, dass sich mein Leben schon allein aus dem Grunde gelohnt hat, dass ich ihn lesen durfte und darf .. Schopenhauer ist ein großes Geschenk an die Welt, an die Menschheit!
LG
Nihil
Schopenhauer nimmt viel (die rosa Brille z.B. ..), aber er gibt auch sehr viel .. allein schon durch seine reiche Persönlichkeit, die in jedem Wort mitschwingt, durch seinen unsäglichen Scharfsinn, seinen überirdischen Stil, durch seinen köstlichen Humor .. für mich selbst ist die Schopenhauer-Lektüre ein Genuss ohne Gleichen, den ich derart noch nirgendwo anders gefunden habe .. er ist einzigartig und jedes seiner Sätze erregt Interesse, Schopenhauer ist niemals langweilig und immer obenauf, immer auf dem Standpunkt vernünftiger Reflexion .. aber natürlich - seine Schlussfolgerungen können erstmal deprimieren .. aber ist es nicht ein großer Trost zu wissen, dass man leidet, weil dieses Leiden seine tiefen Wurzeln in dem Ding an sich hat und das ein trauriger Lebenslauf das normalste von der Welt ist? Ist es besser zu glauben, dass man selbst versagt hätte und nun unglücklich darüber ist, während alle anderen ein glückliches Leben führen? Dass wir geboren wären um glücklich zu sein, ist ein angeborener Irrtum, wie ein jeder weiß .. und ich möchte Woitek auch nicht deprimieren, ich meinte das ernst mit dem Trostspenden .. Schopenhauer ist einer, der versteht und keine verkehrten Dinge sagt .. ob man ihn lesen möchte, das muss jeder für sich selbst entscheiden, ich kann es auch nicht jedem empfehlen .. man sollte in etwa gleich schwingen, ansonsten mag es deprimierend sein .. ich kann da nur für mich selbst sprechen. Ich bin mittlerweile ja schon soweit, dass ich denke, dass sich mein Leben schon allein aus dem Grunde gelohnt hat, dass ich ihn lesen durfte und darf .. Schopenhauer ist ein großes Geschenk an die Welt, an die Menschheit!

LG
Nihil
Hallo ihr Lieben,
aufgrund technischer Probleme, in deren Folge ich nicht auf das Internet zugreifen konnte, meine Antwort erst heute.
Mmm, schon ist eure Wahrnehmung des Textes in eine ganz bestimmte Richtung gelenkt, gar zu Schopenhauer führte es...
(Kleine Anekdote am Rand: Ich hatte mal irgendeins der Werke Schopis, weiß nicht mehr genau welches als Hörbuchfassung. Ich musste irgendwann abschalten, weil es mir zu gruselig wurde. Einserseits war die dominant-harsche Sprecherstimme eine Herausforderung andererseits schien die gelesene Abhandlung aus einem stark syphilitischen Schub Schopenhauers zu stammen)
Achso, aus Autorensicht haben die hier vorgestellten beiden Texte vordergründig nichts miteinander zu tun, jedenfalls nicht erstehensgeschichtlich. Viel mehr scheint mir das "Liebes Leid" auf Reflektionen über das Bild "Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster" von van Delft zu beruhen. Ganz sicher kann ich mir da aber auch nicht sein.
Gruß
Woitek
aufgrund technischer Probleme, in deren Folge ich nicht auf das Internet zugreifen konnte, meine Antwort erst heute.
Nehmen wir einfach mal an, dieser Text stände in irgendeinem Zusammenhang zu diesem lange Zeit vorher entstandenen...
Mmm, schon ist eure Wahrnehmung des Textes in eine ganz bestimmte Richtung gelenkt, gar zu Schopenhauer führte es...
(Kleine Anekdote am Rand: Ich hatte mal irgendeins der Werke Schopis, weiß nicht mehr genau welches als Hörbuchfassung. Ich musste irgendwann abschalten, weil es mir zu gruselig wurde. Einserseits war die dominant-harsche Sprecherstimme eine Herausforderung andererseits schien die gelesene Abhandlung aus einem stark syphilitischen Schub Schopenhauers zu stammen)
Achso, aus Autorensicht haben die hier vorgestellten beiden Texte vordergründig nichts miteinander zu tun, jedenfalls nicht erstehensgeschichtlich. Viel mehr scheint mir das "Liebes Leid" auf Reflektionen über das Bild "Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster" von van Delft zu beruhen. Ganz sicher kann ich mir da aber auch nicht sein.
Gruß
Woitek
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